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Ungemütlich, wenn man ein wechselwarmes Tier ist, wie es die Dinosaurier waren. Die immer häufigeren Vulkanausbrüche und Erdbeben haben auch nicht gerade zur Gemütlichkeit beigetragen. Das heißt, die Dinos hatten ihre Blütezeit schon hinter sich, bevor der berühmte Meteorit auf die Erde knallte und mit einem Schlag einen Großteil alles Lebens auslöschte. Das war‘s auch schon, willkommen zurück in der Gegenwart. Wozu dieser kleine Ausflug? Weil klassisches Marketing so tot ist wie die Dinos – und Growth Marketing die nächste Evolutionsstufe ist. Was bedeutet das?
Die 4 Marketingtrends der Digitalisierung
Es gibt mehrere langfristige Trends, die das Leben für klassische Marketer unbequem gemacht haben. Der Größte und Wichtigste ist die Digitalisierung. Ich spreche jetzt noch nicht mal über Programmatic Advertising, Automatisierung oder Künstliche Intelligenz. Ich spreche davon, wie sich der Medienkonsum (und damit die Grundlage jeglicher werblichen Kommunikation) radikal verändert hat.
Dank der Digitalisierung sind Technologieunternehmen wie Apple & Co. die erfolgreichsten und wertvollsten Unternehmen der Welt. Was dazu führt, dass diese Unternehmen einen Großteil der Aufmerksamkeit und damit der Werbebudgets auf sich vereinen und was dazu geführt hat, dass Werbung „demokratisiert“ worden ist.
Von der Garage an die Börse: Der Erfolg der Start-ups
Sieht man sich den Nasdaq an, wird dieser nicht mehr von „Old-School“-Unternehmen wie Exxon, General Electric oder Shell dominiert, wie es jahrzehntelang der Fall war. Sieben der aktuell zehn wertvollsten Unternehmen sind reine Technologieunternehmen. Keine Familienunternehmen oder Konzerne, die jahrzehntelang gewachsen sind, sondern ehemalige Start-ups, die ein skalierendes Businessmodell zum globalen Erfolg geführt haben.
Dieser Druck durch internetbasierte Start-ups und Mitarbeiter, die früher in einem Start-up und jetzt im Konzern arbeiten, ist einer der Gründe dafür, dass inzwischen auch viele mittelständische Unternehmen und Konzerne Growth Hacking für sich entdecken, wie beispielsweise IBM oder der finnische Schiffsbau- und Energiekonzern Wärtsilä.
Deswegen entstehen immer mehr Corporate Start-ups und Accelerators, deswegen wird auch in etablierten Unternehmen immer mehr nach der agilen Scrum- statt nach der Wasserfall-Methodik entwickelt. Die Lean-Start-up-Bewegung ist eine Inspiration für jedes Unternehmen, das sich weiterentwickeln und wachsen möchte. Growth Hacking überträgt diese Dynamik auf das Marketing.
Menschen schauen kein Fernsehen mehr
Der zweite wichtige Grund ist die Änderung im Medienkonsum, insbesondere bei der für die werbetreibende Industrie besonders attraktiven Zielgruppe der unter 30-Jährigen. Konnte man sich jahrzehntelang sicher sein, mit einer gut geplanten Werbekampagne im Fernsehen, auf Plakaten und in Zeitschriften einen Großteil seiner Zielgruppe erreichen zu können, so ist das nicht mehr länger zwingend der Fall. Junge Menschen verbringen inzwischen mehr Zeit mit dem Medienkonsum auf YouTube, Facebook und Instagram als mit Fernsehen. Warum? Weil diese Medien nicht nur den passiven Konsum erlauben, sondern auch das aktive Produzieren von eigenem Content.
Wir leben im Zeitalter der „Prosumenten“, das heißt, wir sind gleichzeitig Konsumenten und Produzenten von Content. Jede Minute, in der ich das Video eines Freundes auf TikTok sehe, ist eine Minute weniger, die ich Fernsehwerbung konsumieren könnte.
Menschen mögen keine Werbung
Dazu kommt, dass insbesondere diese junge, für Werber attraktive Zielgruppe vermehrt zu Adblocking-Software greift und damit über traditionelle Werbung im Internet wie Banner oder Pre-Roll-Ads nicht mehr erreichbar ist. In Deutschland nutzen bereits knapp 30 Prozent der Nutzer einen Adblocker. Auch die Wachstumsraten der On-Demand-Streaming-Dienste wie Netflix und Amazon Prime sorgen dafür, dass die Nutzer zwar mehr Medien konsumieren, aber Werbung umschiffen – ein Problem für jeden Marketer.
Jeder kann Werbung machen
Die klassischen Einstiegshürden in den Werbemarkt, wie große Medienbudgets, Tools zur Mediaplanung, Kontakte zu Vermarktern und Publishern, sind auf diesen neuen Medien nicht nur niedriger, sie sind gefallen. Jeder kann eine Werbekampagne auf Facebook anlegen und schon mit geringem Budget starten. Daher gibt es immer mehr werbetreibende Unternehmen und Unternehmer, was die Nachfrage nach effizienten und smarten Marketingmethoden erhöht. Reichweite und Branding spielen für große Konzerne nach wie vor eine große Rolle. Aber selbst Unternehmen wie Adidas, Unilever oder BMW sind heute bemüht, ihre Marketingaktivitäten möglichst datenlastig, sprich effizient und zielgerichtet, zu planen. Hohe Streuverluste kann sich keiner mehr leisten. Was bedeuten diese Trends für das Marketing?
Vieles hat sich bereits geändert:
•„Samstag Abend, RTL, DSDS“ ist keine ausreichende Strategie mehr. Die Zeiten, in denen man „seine“ Zielgruppe ausschließlich mit Fernsehwerbung erreichen konnte, sind vorbei.
•Apropos Zielgruppe: Statt von Zielgruppen sprechen wir zunehmend von Personae. Denn anstatt soziodemografischer Zielgruppen berücksichtigen sie die Probleme, die Motivation und das Mediennutzungsverhalten der Kunden und erlauben deshalb bessere Produkte und bessere Werbung.
•Anstatt bezahltem Outbound-Marketing und störender „Unterbrecher“-Werbung nehmen Unternehmen große Anstrengungen auf sich, um mit Inbound-Marketing Erfolg zu haben. Sie erschaffen mannigfaltigen Content, der Mehrwert (oder zumindest Unterhaltung) stiften soll.
•Die Macht ist nicht mehr länger beim werbetreibenden Unternehmen, sondern zunehmend beim Verbraucher. Er entscheidet, welche Marke zur neuen Love Brand wird, welche Clips viral gehen und dank Social Media gibt es einen Rückkanal, der Unternehmen sofort Feedback über ihre neueste Kampagne gibt.
Und als ob das nicht schon genügend Veränderung gewesen wäre, wurde es dieses Jahr stressig: Corona war für klassisches Marketing das, was der Meteorit für die Dinos war. Die alten Regeln gelten nicht mehr. Jahresstrategien sind schon veraltet, wenn die Präsentation verschickt wird. Omnichannel-Wasserfall-Kampagnen mit hohem Budget und langen Laufzeiten sind zu statisch und können nicht optimiert werden. Klassisches Marketing ist tot – es lebe das Growth Marketing!
Was ist Growth Marketing?
Growth Marketing unterscheidet sich von klassischem Marketing anhand der folgenden drei Merkmale:
Growth Marketing ist holistisch
Betrachten wir einmal die Customer Journey und nehmen anstatt der bekannten AIDA-Formel einmal den detaillierteren und damit sinnvolleren Pirate-Funnel (Abbildung 1).

Abb. 1: Beispiel eines Pirate-Funnels. Der Pirate-Funnel heißt Pirate-Funnel, weil die Anfangsbuchstaben der einzelnen Schritte AAARRR ergeben… Bekanntlich ein häufig gebrauchter Begriff der meisten respektablen Freibeuter.
Klassisches Marketing zielt zumeist nur auf die vorderen zwei, drei Schritte der Kundenreise:
1.Das Produkt bekannt(er) machen.
2.Die potenzielle Kundschaft auf eine Website oder in ein Geschäft zu lotsen.
3.Die Kontaktdaten der Kundschaft zu bekommen und damit einen Lead zu generieren.
Aber was geschieht danach? Ob und wie viel Umsatz das Unternehmen durch die neue Kundschaft erzielt, ob sie ein einmaliger oder Stammkundschaft wird und ob sie ihren Freunden, Kollegen und Familienmitgliedern von dem Produkt erzählt, wird außer Acht gelassen.
Und genau das trägt nicht zum Wachstum des Unternehmens bei. Denn „hinten ist die Ente fett“, sprich am Ende der Customer Journey entscheidet sich, ob das Unternehmen nachhaltig wächst oder nicht. Ein Unternehmen, dessen Produkte nur einmal gekauft werden und deren Qualität nicht ausreicht, damit Kunden sie empfehlen, wird nicht dauerhaft wachsen können. Aus diesem Grund untersuchen Growth-Marketer den kompletten Funnel auf mögliche Wachstumshebel. Sie begnügen sich nicht damit, neue Leads zu gewinnen – sie wollen zufriedene Kunden, die immer wieder kommen und von ihren Produkten schwärmen.
Und genau an dieser Stelle verlassen wir das Hoheitsgebiet der meisten klassischen Marketer und begrüßen die Produktmanager, UX-Designer, Vertriebler und Support Manager in unserem Growth-Team. Denn der zuvor genannte Anspruch kann nur erfüllt werden, wenn Marketing, Produkt und Vertrieb Hand in Hand arbeiten. Deswegen sind Growth-Teams heterogen. Experten aus verschiedenen Fachbereichen arbeiten auf ein gemeinsames Ziel hin und sind deswegen gezwungen, ganzheitlich zu denken. Manchmal geht es darum, die Kampagne zu optimieren. Ein andermal um das Onboarding neuer Kunden. Und ein dritter Wachstumshebel kann die Empfehlungsrate in schwindelerregende Höhen katapultieren.
So ist es bei Dropbox geschehen. Die Lösung war einer der ersten dokumentierten Growth Hacks: Zu Beginn experimentierte man bei Dropbox noch mit bezahlten Ads, fand dann aber relativ schnell heraus, dass die Kosten den anschließenden Nutzen um ein Vielfaches überstiegen. Also suchte man nach alternativen Wachstumsmöglichkeiten.
Mit einer genialen Idee schaffte man es dann, in einem Jahr über vier Millionen neue User zu generieren: Die Gründer bemerkten, dass der Speicherplatz für die Nutzer schnell zu einem limitierenden Faktor wurde, und sie entschlossen sich, daraus ein Angebot zu bauen, das sowohl den Nutzern wie auch dem Unternehmen helfen würde. Jeder Nutzer hatte die Möglichkeit, durch E-Mail-Empfehlungen an Freunde mehr Speicherplatz zu erhalten. Meldeten sich die Freunde anschließend bei Dropbox an, profitierten sowohl der Einladende als auch der Eingeladene (Abbildung 2).
Doch die Gründer beließen es nicht bei diesem einen Growth Hack. So konnte man seinen Speicherplatz weiter erhöhen, indem man zum Beispiel den Dropbox-Account mit seinem Twitter-Account verknüpfte oder dem offiziellen Dropbox-Account auf Twitter folgte. Wie bei vielen anderen Erfolgsgeschichten waren es aber nicht allein die einzelnen Hacks, die das enorme Wachstum für Dropbox ermöglichten. Es war vielmehr eine Kombination aus uneingeschränkter Verfügbarkeit und einer sehr ansprechenden User Experience.

Abb. 2: Beispiel des erfolgreichen Growth Hack von Dropbox.
Growth Marketing ist ein (Lern)Prozess
„If you double the number of experiments you do per year, you’re going to double your inventiveness.“ (Jeff Bezos [1]) Dem Growth Marketing liegt eine entscheidende und uralte These zugrunde: „Ich weiß, dass ich nichts weiß“ [2]. Was Sokrates vor 2000 Jahren formuliert hat, hat auch heute noch Bedeutung. Denn wenn ich weiß, dass ich nichts weiß, hilft nur eines: testen und messen! – Was bedeutet das im Growth Marketing?
Im klassischen Marketing ist häufig die „Hippo“ (Highest Paid Person's Opinion) ausschlaggebend: Die Meinung des Ranghöchsten, also beispielsweise des Geschäftsführers. Seine Entscheidungen basieren auf jahrelangen Erfahrungen mit der Zielgruppe. Das Problem ist nur: Der Meteorit ist eingeschlagen, die Erfahrungen können mitunter wertlos sein. Betonung liegt auf können.
Denn im Growth Marketing denkt man nutzerorientiert. Wir suchen die Kanäle, Werbeformate, Ansprachen, Inhalte und Produktfeatures, die der Kunde präferiert. Und weil wir diese Vorlieben nicht kennen, werden wir Tests (oder wie die ganz Mutigen sagen „Experimente“) durchführen, um herauszufinden, was der Kunde will. Dabei ist die Meinung des Kunden zwar wichtig, aber nicht ausschlaggebend. Denn seine Taten sind aussagekräftiger als seine Worte. – Was bedeutet das für uns? – Wir folgen dem Growth-Marketing-Prozess (Abbildung 3).

Abb. 3: Growth-Marketing-Prozess.
1.Zunächst wird ein Ziel definiert, das man erreichen möchte. Wie jedes gute Ziel sollte es SMART sein: Spezifisch, Messbar, Attraktiv, Relevant und Termin-basiert.
2.Die Mitglieder des Growth-Teams generieren Ideen, wie dieses Ziel erreicht werden kann.
3.Die entstandenen Ideen werden priorisiert. Denn Quantität und Geschwindigkeit der Tests sind wichtig, aber Aktionismus soll trotzdem vermieden werden. Deswegen muss gut überlegt werden, mit welcher Idee man startet. Für die Priorisierung stehen mehrere Scoring-Modelle zur Verfügung, wie beispielsweise ICE, BRASS oder PIE.
4.Die Ideen mit der höchsten Bewertung werden innerhalb von zwei bis vier Wochen umgesetzt. Und zwar mit einem sogenannten „Minimum Viable Test“. Ziel dieses Tests ist es, mit möglichst geringem Ressourcen-Einsatz (Media-Budget, Zeit, interner Aufwand) zu testen, ob die Maßnahme greifen kann oder nicht. Das bedeutet, es sollte ein aussagekräftiger Test sein, von dem man ableiten kann, ob die Maßnahme greift oder nicht.
5.Der Test wird gemessen und analysiert. Wurde das Ziel erreicht? Dann sollte die Maßnahme wiederholt und skaliert werden. Wenn das Ziel nicht erreicht worden ist und auch eine Optimierung der Maßnahme vermutlich nicht den nötigen Erfolg bringt, wird der Test dokumentiert. So stellt man sicher, dass man nicht zweimal den gleichen Fehler macht und baut Schritt für Schritt eine Wissensdatenbank auf.
Growth Marketing ist ein Mindset
„I have not failed. I have just found 10.000 ways that don’t work.“ (Thomas A. Edison [3])
Zwei wichtige Fähigkeiten eines erfolgreichen Growth-Marketers wurden bereits genannt:
1.Die Fähigkeit, mit Experten aus anderen Fachgebieten zusammenzuarbeiten,
2.die Fähigkeit, Erfahrungswerte über Bord zu werfen und möglichst „akademisch“ zu denken und zu testen. Dazu gehört es auch, Fehler als notwendigen Bestandteil des Lernprozesses zu akzeptieren
Die dritte Fähigkeit bezeichnen wir als das Growth Mindset – die Lust auf Veränderung.
Carol S. Dweck ist Professor für Psychologie an der Stanford University. In ihrem Bestseller „The Growth Mindset“ beschreibt sie zwei unterschiedliche Mentalitäten: das „Fixed Mindset“ sowie (wer hätte es erraten) das „Growth Mindset“ [4].
Im Kern geht es darum, dass Menschen mit dem Fixed Mindset glauben, dass Dinge „in Stein gemeißelt“ wären. Entweder ist man gut im Sport oder nicht. Entweder ist man schlau oder nicht. Entweder ist man eine gute Führungspersönlichkeit oder nicht. Alles Begabung, Talent und Veranlagung. Problematisch wird es dann, wenn Menschen mit diesem Mindset den Erwartungen nicht mehr entsprechen können – seien es die Erwartungen anderer oder der eigenen. Denn wenn man trotz hoher Begabung scheitert, ist man in einer Sackgasse (Abbildung 4).

Abb. 4: The Growth Mindset [4].
Menschen mit einem Growth Mindset glauben daran, dass sie sich jederzeit verändern können, dass sie wachsen können. Egal wie gut oder schlecht sie in einer Sache sind: Durch Lernen und harte Arbeit können sie jeden Tag ein bisschen besser werden. Ihr einziger Gegner ist das gestrige Ich – und solange man dieses gestrige Ich überwinden kann, gewinnt man.
In vielen Studien hat Dr. Dweck bewiesen, dass es nicht nur Menschen mit dem einen oder dem anderen Mindset gibt, sondern dass wir immer wieder zwischen den beiden Mentalitäten wechseln - je nach Situation. Vielleicht haben wir ein Growth Mindset in Sachen Unternehmertum und zeichnen uns als herausragende Führungspersönlichkeiten aus, die der persönlichen Entwicklung ihrer Mitarbeiter oberste Priorität einräumen. Aber sobald es um die Kindererziehung geht, verfallen wir in das Fixed Mindset und loben die guten Noten unserer Kinder, statt des Lernprozesses.
Unternehmen und Menschen, die nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg anstreben, sei das „Growth Mindset“ empfohlen. Es geht um Anpassung und um pro-aktive Veränderung. Es geht darum, neue Erfahrungen zu suchen, sich außerhalb der Komfortzone zu bewegen und mit einer gewissen Dreistigkeit auch die Dinge zu versuchen, von denen andere behaupten „das geht bei uns nicht!“. Um die Metapher der Evolution aufzugreifen: Nur solche Spezies werden Krisen überleben, die sich schnell anpassen können.
Growth Marketing in der Praxis
Wachstumshebel oder „Growth Hacks“ müssen nicht zwingend dem Marketing entstammen. Je nachdem, auf welche Stufe der Kundenreise man den Fokus legt, kann eine produkt-, vertriebs- oder serviceorientierte Maßnahme sinnvoller sein (Abbildung 5). Wir haben die folgenden Ansatzpunkte ausfindig gemacht:

Abb. 5: Ansatzpunkte des Growth Marketings.
Der „Ich kenne den ganzen Club“-Hack
Nehmen wir an, man hat einen ausführlichen Blogartikel, eine Podcast-Episode oder ein Video erstellt und will es jetzt distribuieren. Dann informiert man die Menschen, die man in seinem Blog-Post verlinkt und erwähnt hat, und lässt sie wissen, dass man sich freuen würde, wenn sie den Artikel mit ihrem Netzwerk teilen würden. Man markiert erwähnte Menschen und Unternehmen in seinen Social-Media-Posts, mit denen man den Blogbeitrag bewirbt. – Das Ergebnis? Der Großteil der angesprochenen Menschen wird nicht nur den Post lesen, sondern ihn auch liken, teilen und kommentieren. Somit bekommt man mehr Interaktion und mehr Reichweite.
Diese beiden Tipps haben weitere positive Nebeneffekte: Indem man etablierte Quellen in seinen Blog-Posts angibt, erhöht man seine eigene Glaubwürdigkeit und verbessert seinen Content. Außerdem beginnt man ganz automatisch, Beziehungen zu den Experten in seinem Gebiet aufzubauen und sein Netzwerk zu vertiefen.
Wachstumshebel für mehr Awareness: Der „Newsjacking“-Hack
Live-Events eignen sich hervorragend, um neue Follower, Nutzer und Kunden für das eigene Unternehmen zu gewinnen. Mit provokanten Plakaten zu tagesaktuellen Ereignissen hat das Mietwagenunternehmen Sixt viel Aufsehen erregt. Dank digitaler Medien kann man einen ähnlichen Effekt mit deutlich weniger Kosten erzielen. Der richtige Post zum richtigen Zeitpunkt mit dem richtigen Hashtag kann schnell viral gehen und eine sehr große Reichweite erzielen. Beispiele sind Messen, Konferenzen, populäre Fernsehshows, Feiertage oder Live-Sport-Events.
Wichtig: Man sollte sich im Vorfeld des Events Gedanken dazu machen, wie man die Ereignisse mit seinem Produkt verknüpfen kann, und bereitet entsprechenden Content auf. Man kann die Veröffentlichung des Posts über Redaktionstools wie „Buffer“ planen und dann live mit den Nutzern interagieren und beispielsweise auf Kommentare so schnell wie möglich reagieren. Gerade auf öffentlichen Plattformen wie Twitter und Instagram kann man auch als kleineres Unternehmen mit innovativen, hilfreichen oder humorvollen Posts eine erhebliche Reichweite bekommen. Viele inspirierende (deutschsprachige) Beispiele findet man auf dasbesteaussocialmedia.de.
Wachstumshebel für mehr Traffic: Der „Minion“-Hack
Das Ziel: mehr Traffic von Quora (wobei man die Mechanik auch bei anderen Portalen wie zum Beispiel Medium anwenden kann). Und so kann man vorgehen:
1.Man sucht auf quora.com nach Fragen, die sich auf das eigene Gebiet beziehen.
2.Gibt es noch keine passenden Fragen? Dann erstellt man einen Dummy-Account, und stellt sie selbst.
3.Man liefert eine hervorragende Antwort, und verlinkt auf seine Website.
4.Um die Top-Platzierung zu bekommen, kauft man Likes beziehungsweise „Upvotes“ auf microworkers.com. Dort sind die „Minions“, die kleine Aufgaben für kleines Geld erledigen. Es soll Menschen geben, die sogar „Downvotes“ für den Wettbewerb einkaufen, aber das gibt ganz schlechtes Karma!
5.Durch die Upvotes ist die eigene Antwort die beste Antwort und wird dementsprechend oft gesehen, und die Wahrscheinlichkeit, dass die Nutzer auf diesen Link klicken, ist deutlich größer.
Der „Zur Hölle mit normalen Formularen“-Hack
Jeder kennt Internetformulare, denn es hat sich inzwischen ein globaler Standard hinsichtlich Inhalt und Optik der Formularfelder durchgesetzt. Es kann sich lohnen, sich von der Masse abzuheben und sein Formularfeld „menschlicher“ zu gestalten. Warum sollte man den Nutzer nicht einen umgangssprachlichen Text ausfüllen lassen? Dadurch baut man bereits früh eine persönliche Beziehung zu ihm auf (Abbildung 6).

Abb. 6: Beispiel eines umgangssprachlichen Textes.
Ein Alternative zu den bekannten, untereinander stehenden Textfeldern ist die Aufteilung eines Formulars auf mehrere Seiten, wie es beispielsweise HubSpot testet (Abbildung 7).

Abb. 7: Beispiel von HubSpot.
Besonders wichtig: der Ladebalken unter den Formularfeldern. Denn wir Menschen lieben Dinge, die vollständig sind. Daher sind wir unterbewusst bestrebt, den Ladebalken auf 100 Prozent zu bringen (und damit das Formular vollständig auszufüllen). Diese Mechanik machen sich auch viele Onlineunternehmen im Rahmen ihres Onboarding-Prozesses zunutze. Das Business Network LinkedIn motiviert auf diese Weise seine Kunden, ihr Profil vollständig auszufüllen und der Lieferdienst Lieferando, schnell die nächste Bestellung aufzugeben (Abbildung 8 und 9).

Abb. 8: Beispiel Lieferando.

Abb. 9: Beispiel LinkedIn Sales Navigator
Der „Columbo“-Hack von Canva
Viele Unternehmen haben herausgefunden, dass die Akquise eines neuen Kunden deutlich teurer ist als einen bestehenden Kunden zu binden. Besonders auffällig ist es bei Mobilfunkbetreibern: Kaum hat man den Vertrag gekündigt, bietet ein freundlicher Berater einen besseren Tarif zu einem günstigeren Preis an – wenn man sich erneut für mehrere Jahre verpflichtet. Auch Onlineunternehmen machen sich diese Mechanik zunutze, indem sie eine „emotionale Hürde“ vor der finalen Bestätigung der Kündigung einbauen. Ähnlich wie der TV-Kommissar Columbo überraschen sie den Nutzer im allerletzten Moment, indem sie ihm die Nachteile seiner Kündigung vor Augen führen (wie es beispielsweise Facebook tut) oder ihm ein alternatives Angebot machen.