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„Du hast im Traum mehrmals Ben gerufen“, setzt er fort.
Ich versuche meine Gedanken, die gerade Karussell in meinem Kopf fahren, zu ordnen. Ja ich wollte ihm einmal alles erzählen, aber dann wenn ich darauf vorbereitet bin, dann wenn ich es will. Ich merke wie ich nervös werde, es muss ein komisches Bild auf ihn machen.
„Die Frage ist dir unangenehm, es tut mir leid, du musst nicht darüber sprechen wenn du nicht willst.“
Es fühlt sich für ihn bestimmt eigenartig an, wenn ich den Namen eines anderen Mannes im Traum rufe, ich würde mir auch so meine Gedanken machen wenn er Frauennamen im Traum ausspricht. Ich schließe kurz die Augen und atme langsam ein und aus.
„Er ist niemand auf den du eifersüchtig sein musst, er ist jemand aus meiner Vergangenheit. Leider habe ich daran keine guten Erinnerungen und ich spreche auch nicht gerne darüber.“
Er nickt und streicht mir über den Arm. „Ich bin deshalb nicht eifersüchtig, es geht mich auch nichts an.“
„Doch, doch. Ich dachte zwar ich könnte es noch etwas hinauszögern dir davon zu erzählen, aber ich will keine Geheimnisse vor dir haben. Nicht mehr.“
Er sagt nichts und scheint überrascht, aber auch erwartungsvoll. Ich weiß nicht wie ich anfangen soll, ich habe das Gefühl mein Gesicht glüht förmlich. Ich nehme erst einmal den Handtuchturban von meinem Kopf ab, der fühlt sich so heiß wie ein Vulkan kurz vor dem Ausbruch an.
„Es gibt einen Teil in meinem Leben, an den ich nicht gerne zurück denke, ich habe vieles getan, das ich heute bereue und ich habe Angst, dass du mich anders siehst, wenn ich dir alles erzähle.“
Er nimmt meine Hand. „Also wenn du niemanden umgebracht hast, wird es schon nicht so schlimm sein.“
Er lächelt, aber ich kann das Lächeln nicht erwidern, er hat keine Ahnung davon, wie ernst es ist.
„Doch es ist schlimm. Bitte Max, das ist kein Spaß, ich habe wirklich Angst vor deiner Reaktion.“
„Lass mich bitte selbst entscheiden was ich denke, du kannst mir alles erzählen wenn du willst, du musst aber nicht.“
„Jetzt stecke ich mittendrin, ich muss.“
Ich nehme all meinen Mut zusammen um ihm zu sagen was ich selbst nicht gerne höre. Irgendwie bin ich auch froh endlich alles loszuwerden.
„Alles fing kurz nach dem Tod meiner Mutter an. Ich habe viel Mist gebaut und wäre schlussendlich fast selbst daran gestorben.“
Es sprudelt nur so aus mir heraus, es ist als ob ein Stein nach dem anderen von mir abfällt. Ich erzähle alles, von den Drogen und dem Alkohol, von Ben, von unserem Unfall und von Bens Selbstmord bis zu den Problemen mit Dad. Alles von Anfang bis zum Ende. Max hört mir geduldig zu und verzieht keine Miene. Ich kann seinen Blick nicht einordnen, was mich ziemlich verunsichert, aber jetzt gibt es sowieso kein Zurück mehr.
„Ich glaube ich habe das noch niemals jemanden so im Detail erzählt“, sage ich abschließend tief ausatmend. Alles ist draußen und wenn ich so zu ihm sehe habe ich plötzlich Angst vor dem was er jetzt sagt, aber er sagt kein Wort und streicht monoton mit seinem Finger über die Knöchel meiner Hand. Erst nach ein paar Augenblicken sieht er mich wieder an.
„Du warst fünfzehn Jahre alt und danach kamst du deshalb ins Internat?“
Ich nicke.
„Was hast du denn genommen?“
Fühlt sich ein bisschen nach Verhör an, aber ich kann verstehen, dass er es wissen will.
„Am Anfang Cannabis und Marihuana, danach Extasy einmal Kokain ich habe viel getrunken, eigentlich so ziemlich alles.“
Er verzieht keine Miene. „Hast du einen Entzug gemacht?“
„Nein, das war nicht nötig, ich war lange genug im Krankenhaus und auf Reha nach dem Unfall. Du kennst ja meine Narbe am Bein. Ich habe den Absprung gerade noch so geschafft, ohne gröbere Beeinträchtigungen.“
„Du hast seither nie mehr etwas genommen, oder?“
Die Frage schockiert mich etwas, aber dennoch verstehe ich sie.
„Nein natürlich nicht, ich würde es auch nie wieder tun, glaub mir ich habe genug erlebt um ein Leben lang genug davon zu haben.“
„Und es hat dir nie gefehlt?“
Ich schüttle den Kopf mit gesenktem Blick.
„Gefehlt hat mir nur das Gefühl weg von der Realität und dem Schmerz zu sein. Das ging sehr leicht wenn ich etwas genommen habe, danach fühlte sich alles gut und leicht an. Alle Probleme ließen sich so für einige Zeit verdrängen. Ich musste erst lernen die Wirklichkeit zu akzeptieren, das Leben so wie es ist, das war nicht einfach.“
Er schweigt kurz. „Hast du ihn geliebt?“
Ein komisches Gefühl in meinem Magen macht sich breit, ehrlich gesagt fällt es mir schwer das zu beantworten. Wie fühlt sich denn Liebe mit fünfzehn Jahren an? Er war alles für mich, er war der erste Mann in meinem Leben. Er war da, als ich ihn brauchte nachdem meine Mutter starb. Ja vermutlich habe ich ihn geliebt, auf meine eigene Art und Weise.
„Damals dachte ich Liebe fühlt sich so an, jetzt bin ich mir nicht mehr sicher, aber es tat unglaublich weh ihn zu verlieren. Er tat mir weh, und er hat mich einfach so zurück gelassen.“
Ich versuche etwas aus seinem Gesicht ablesen zu können, was mir aber zu meinem Leidwesen weiterhin nicht gelingt.
„Denkst du noch oft an ihn?“
Jetzt ist es ein Verhör. Was will er denn noch alles hören? Ich beherrsche mich um meine Augen nicht zu verdrehen.
„Für mich ist das Schlimmste, dass ich mich nie von ihm verabschieden konnte, er war einfach weg von einem Tag auf den anderen. Ich denke oft darüber nach, ob ich seinen Tod hätte verhindern können.“ Ich senke meinen Kopf. „Ich weiß erst seit ein paar Wochen wie sich richtige Liebe anfühlt Max. Noch nie habe ich für jemanden so empfunden wie für dich und jetzt weiß ich nicht einmal, ob deine Gefühle für mich noch dieselben sind. Ich habe Angst. Angst davor, dass mich meine Vergangenheit immer und immer wieder einholt.“
Ich warte auf eine Reaktion von ihm, aber er sitzt nur da und sieht mich an, so als ob er noch auf etwas warten würde.
„Willst du jetzt den ganzen Abend so dasitzen und mich anschauen?“, frage ich darum schnell.
„Solange bis du fertig bist Luisa.“
Ich bin fertig und von einer Sekunde auf die andere macht mich seine undurchschaubare Reaktion so unsicher, wie ich schon lange nicht mehr war. Er ist ein Gentleman, ein feiner Mann und ich komme mir vor wie ein abgetragener Lumpen. Das wir aus zwei verschiedenen Welten kommen, ist mir seid unserer ersten Begegnung klar, aber so klar wie in diesem Moment war es mir noch nie.
„Ich bin nicht so makellos wie du es bis jetzt vielleicht gedacht hast. “
Mehr bringe ich nicht mehr heraus, es fühlt sich an als würde mir jemand die Kehle zuschnüren, am liebsten würde ich heulend davon laufen. Ich stehe auf, ich habe Angst vor seiner nächsten Frage, und Angst davor was er jetzt von mir hält.
„Wohin willst du denn jetzt?“ Er hält meine Hand fest und zieht mich zurück. „Setzt dich bitte wieder hin.“
Ich befolge seine Anweisung ausnahmsweise ohne Widerstand. Er wischt mir zärtlich eine Träne die sich nicht mehr zurückhalten ließ von meiner Wange, bevor er seine Arme um mich legt.
„Du glaubst doch nicht wirklich, dass sich deshalb an meinen Gefühlen zu dir irgendetwas ändert?“
Ich zupfe nervös an meinem Pflaster, er legt sanft seine Hand auf meine um mich davon abzuhalten. Er fasst mein Gesicht sanft am Kinn und dreht mein Gesicht so zu ihm das ich seinem Blick nicht mehr ausweichen kann.
„Nichts was du je getan hast würde meine Liebe zu dir ändern.“
Sein Blick ist tief und durchdringend, seine Stimme ist ernst aber einfühlsam.
„In deiner Jugend ist einiges schief gegangen. Na und, sieh dich an, du bist eine wunderbare Frau, auch wenn du den ersten Anlauf verpatzt hast, beim Zweiten hast du alles richtig gemacht. Ich bewundere dich, du hast dich nicht aufgegeben, auch wenn du allen Grund dazu gehabt hättest. Nicht viele schaffen es ihr Leben zu ändern, du hast aus deinen Fehlern gelernt.“
Sanft streicht er mit seinem Daumen über mein Kinn und schenkt mir ein Lächeln.
„Ich hatte mich aufgegeben. Ich war ganz unten, es gab für mich keinen Grund am Leben zu sein, aber irgendwie hab ich es geschafft. Meine Mum hat mir schon früh beigebracht, dass nichts im Leben aus Zufall passiert und man den Weg den man geht selbst bestimmen kann, das war mein Antrieb.“
Er fasst mein Gesicht mit beiden Händen und küsst mich lang, bevor er mich ganz fest an seine Brust zieht.
„Deine Mutter war eine kluge Frau, genau wie du, und das mit fünfzehn, das ist außergewöhnlich.“
Es ist komisch, ich fühle mich jetzt wirklich besser, ich habe nicht gedacht das er es so ruhig aufnimmt, ich hätte es ihm schon viel früher sagen sollen. Ich bin total am Ende und müde. Ich lasse mich zurück aufs Bett fallen und schnaufe tief aus.
„Auch wenn dir das vermutlich nicht gefällt, ich verstehe jetzt deinen Vater. Er hat aus Liebe so gehandelt, das Internat hat dir geholfen dein Leben in den Griff zu bekommen. Glaub mir hätte ich eine Tochter, ich würde sie in den letzten Winkel der Welt verbannen, damit sie so einen Mist kein zweites Mal macht, auch wenn es mir noch so wehtun würde.“
Bravo, jetzt ist er auch noch auf Dad`s Seite, aber vielleicht hat er recht. Ich hoffe ich komme nie in die Situation eine solche Entscheidung treffen zu müssen, leicht hatte Dad es wirklich nicht mit mir.
„Außerdem musst du dich von Ben verabschieden um deine Vergangenheit ruhen lassen zu können, du musst endlich loslassen. Am besten du sprichst mit seiner Mutter wenn du zurück in New York bist.“
„Ich bin mir nicht sicher ob sie erfreut ist mich wiederzusehen.“
„Das wirst du dann schon herausfinden.“
Vermutlich hat er auch in dem Fall recht. Darüber habe ich noch nie nachgedacht, aber jetzt möchte ich über all das nicht mehr sprechen. Ich bin froh, dass er nicht mehr weiter bohrt. Er weiß jetzt alles von mir und er liebt mich trotzdem. Morgen ist Silvester. Ich habe in diesem Jahr gelernt was wahre Liebe bedeutet und ich hätte nie gedacht das ein Mensch mein Leben so verändern kann. Ich habe einmal gelesen, ein neues Jahr kann nur ein neues Jahr werden wenn man Neues zulässt. Könnte diesmal klappen, ich bin zuversichtlich.
Kapitel 8
Heute haben wir unser Ferienhaus verlassen und sind in die Stadt in eine schicke Suite im Stadthotel übersiedelt. Hier wird heute auch der Silvesterball stattfinden. Vorhin war ich noch einmal beim Arzt um meine Wunde ansehen zu lassen, er ist ganz zufrieden, dann bin ich es auch. Eine Narbe mehr, naja auch egal, in circa zehn Tagen soll ich mir die Fäden ziehen lassen. Das werde ich dann wohl am besten gleich selbst übernehmen. Im Hotel herrscht schon geschäftiges Treiben und die Vorbereitungen für den Abend laufen auf Hochtouren. Nigella ist beim Frisör während Max, Sam und Daniel an der Hotelbar sitzen als ich gerade zurückkomme.
„Und was sagt der Arzt?“
Max deutet auf den Barhocker neben ihm.
„Tja, muss wohl amputiert werden, mein Bein ist vermutlich nicht mehr zu retten.“
Ich zucke mit den Schultern und drücke ihm einen Kuss auf die Wange.“
„Freut mich, scheint also alles ok zu sein.“
Wie erwartet geht er nicht auf meinen Scherz ein. Ich setze mich auf den Barhocker und bestelle mir einen Tee.
Sam schaut auf die Uhr. „Nigella ist schon seit zwei Stunden beim Frisör, kann das wirklich so lange dauern? Was ist mit dir Luisa, keine Aufhübschung für heute Abend?“
„Mal sehen, lass dich überraschen“, entgegne ich in meiner Tasse rührend.
Ehrlich gesagt hab ich keine Lust den halben Tag beim Frisör zu sitzen, aber eine Hochsteckfrisur wie von der Verkäuferin empfohlen wäre schon toll.
„Brauchst du alles nicht, du bist sowieso schon so schön, dass ich alle Hände voll damit zu tun habe potentielle Rivalen von dir fern zu halten.“
Max küsst mich liebevoll hinterm Ohr.
„Ah da kommt sie ja, endlich, ich wollte schon einen Suchtrupp nach dir ausschwärmen lassen.“
Sam umarmt seine Frau, die ihn ob ihrer neuen Frisur zur Vorsicht ermahnt. Sie sieht wahnsinnig elegant aus, wie eine Hollywood Diva.
„Darauf trinken wir jetzt noch eine Runde.“
Daniel winkt den Barkeeper her. Ich höre mein Handy in der Tasche klingeln.
„Ich gehe nur kurz ran, es ist mein Dad.“ Ich hüpfe vom Barhocker und gehe in den Nebenraum.
„Hi Dad.“
„Hallo Luisa, ich wollte mich nur vergewissern ob bei dir alles in Ordnung ist. Du hast dich seit deiner Abreise nicht mehr gemeldet.“
„Danke, mir geht es gut, es ist wunderschön hier. Hattet ihr schöne Tage am See?“
„Ja, es hat geschneit. Ich wollte dir noch einen guten Rutsch in das neue Jahr wünschen.“
„Danke Dad, das wünsche ich dir auch. Geht es allen gut?“
„Natürlich.“
„Gut, wir sehen uns ja bald. Grüß alle von mir.“
„Bis bald Luisa.“
„Dad.“ Ich stocke kurz. „Es tut mir leid wegen unserem Streit.“
Kurz ist es ganz leise am anderen Ende.
„Das braucht es nicht. Ich habe einen Fehler gemacht.“
„Wir haben beide Fehler gemacht, ich war nicht immer fair zu dir“, falle ich ihm ins Wort.
„Luisa, du bist doch mein Mädchen.“
Ich fühle mich plötzlich wieder wie das kleine Mädchen von damals, als Dad mich in dem Arm nahm und sagte: „Luisa du bist mein Mädchen, meine Prinzessin auf dem schönsten Stern im Universum.“ Dann hob er mich hoch und wirbelte mich durch die Luft.
„Ja ich bin dein Mädchen, gutes neues Jahr Dad.“
Wir verabschieden uns mit dem Versprechen uns bald in New York zu sehen und dann noch einmal in Ruhe über alles zu sprechen. An der Bar ist gerade die neue Runde Getränke eingetroffen, ich trinke den letzten Schluck von meinem Tee aus.
„Alles ok bei deinem Dad?“
Ich weiß, er merkt genau, dass mir das Telefonat nahe geht, ich möchte aber nicht darüber sprechen, ich habe meinen Sprechbedarf bereits gestern gesprengt.
„Er hat mir ein gutes neues Jahr gewünscht.“
Ich lächle ihn an, was mir nur recht verkrampft gelingt, es fällt mir wirklich schwer ihm etwas vorzumachen und das weiß er.
„Ich leg mich ein bisschen hin.“
Ich küsse ihn auf die Wange, er sieht mich verwundert an.
„Ist sicher alles in Ordnung Luisa?“
„Ja klar, es ist alles ok, ich habe nur keine Lust mehr hier zu sitzen, ich bin müde und es wird noch ein langer Tag heute.“
Ich streiche ihm über die Wange.
„Ich komme mit, warte auf mich.“ Er hält meine Hand fest.
„Bleib doch noch sitzen, ihr habt es doch gerade so gemütlich.“
„Bist du ganz sicher?“
„Ja sicher, aber trink nicht zu viel“, flüstere ich ihn sein Ohr und gebe ihm noch einen Kuss. Nigella verspricht mir auf die Jungs aufzupassen.
„Wenn du möchtest, helfe ich dir später mit deinen Haaren?“, ruft sie mir noch hinterher.
„Ja gerne!“ Ich nicke ihr zu und gehe zum Lift.
Als sich die Lifttür schließt atme ich tief durch. Ich war so viele Jahre weg von meiner Familie und doch fühlt es sich heute komisch an das erste Mal zum Jahreswechsel allein zu sein, aber manche Dinge ändern sich eben und jetzt ist Max da, alles ist anders. Ich lasse mich aufs Bett fallen und zappe durchs TV Programm, wo ich bei einem Liebesfilm hängen bleibe, ich kuschle mich in die Decke. Meine Naht zwickt unangenehm und ganz allgemein fühle ich mich nicht in Bestform. Schon seit ein paar Wochen habe ich das Gefühl etwas auszubrüten. Mir fallen gerade die Augen zu, als mich das Klacken der Tür wieder munter werden lässt. Max ist verwunderlicher Weise schon da und springt zu mir ins Bett.
„Schon da?“, frage ich überrascht, freue mich aber.
„Ich kann dich schließlich nicht allein lassen in dem großen Bett, ich hätte es keine Sekunde länger ausgehalten.“
Er küsst mich stürmisch vom Ohr bis zum Hals.
„Bitte Max, ich sehe gerade fern und ich bin müde.“
Ich deute zum Fernseher wo gerade Richard Gere unter der Dusche steht.
„Ernsthaft? Richard Gere?“
Er verdreht die Augen. Ich schmunzle frech, obwohl Richard Gere absolut nicht mein Typ ist, wofür ich einen kleinen Klaps auf den Hintern kassiere.
Das lasse ich mir nicht einfach so gefallen, ich befreie mich von meiner Decke, während ich mich auf ihn setzte halte ich seine Arme und Hände fest über seinem Kopf.
„Willst du Streit, wir hatten doch vereinbart keine Gewalt.“
Meine Ansage kostet ihn einen Lacher, auch ich muss lachen und drücke dabei seine Hände noch fester zurück, zur Strafe.
„Korrigiere mich bitte wenn ich mich täusche, aber ich habe das Gefühl du bist hier gerade gewalttätig.“
Er grinst breit, macht aber keine Anstalten sich zu wehren.
„Ja das kann schon sein…Jetzt lasse ich dich nicht mehr los.“
Ich küsse seinen Hals liebevoll, ohne locker zu lassen. Erst nach ein paar Augenblicken packt er meine Arme und rollt mich scheinbar ohne Mühe auf den Rücken und legt sich auf mich. Sein Gesicht ganz dicht neben meinem Ohr spüre ich seinen Atem in meinen Haaren, meine Arme drückt er fest an meinen Körper. Ich kann mich auf keinen Fall mehr bewegen, aber ich finde es keineswegs unangenehm, ganz im Gegenteil, ich versuche auch gar nicht mich zur Wehr zu setzen.
„Ich hoffe sogar sehr du lässt mich nie mehr los“, haucht er atemlos.
Meinen Körper durchströmt eine unglaubliche Wärme, ich drücke meine Nase an seinen Hals. Ich liebe seinen Duft, ich atme tief ein.
„Ich liebe dich. Ich liebe dich so sehr, dass es mir fast den Verstand raubt.“
Die Worte verlassen meine Lippen förmlich von selbst. Seine Augen strahlen zufrieden, dann presst er seine Lippen leidenschaftlich auf meine und drückt sich noch ein wenig fester an mich.
Im Fernsehen läuft gerade eine Talkshow die ich beiläufig ansehe inzwischen ich mir die Fingernägel lackiere. Max ist gerade im Bad und rasiert sich.
„Wirklich schade, dass wir morgen schon zurück nach New York müssen.“
„Ja, finde ich auch, ich hätte mich schon fast an dich gewöhnt“, entgegne ich.
Er schaut mit Rasierschaum im Gesicht aus dem Bad. „Du wirst dich noch so an mich gewöhnen, dass du dir nicht mehr vorstellen kannst ohne mich zu sein.“
„Ist schon passiert“, murmle ich konzentriert den Nagellack sauber aufzutragen und sicher dass er mich nicht hören kann.
„Ich weiß.“ Er steht plötzlich hinter mir und ich zucke vor Schreck zusammen.
„Du sollst mich nicht erschrecken.“
„Und du sollst nicht frech sein.“
Er streicht meine Haare zur Seite und gibt mir einen Kuss in den Nacken. Ich lege meinen Kopf zurück und bekomme noch einen Kuss auf den Mund.
Max zupft sich gerade seine schwarze Fliege zurecht, als es an der Tür klopft. Ich sitze noch immer im Bademantel da und experimentiere mit meinen Haaren. Nigella steht in ihrem Schneewittchenkleid in der Tür, um den Hals trägt sie eine außergewöhnliche Perlenkette mit einem diamantbesetzten Verschluss in Form einer Rose, bildschön.
„Du siehst unglaublich aus und diese Kette erst.“ Ich mustere sie bewundernd.
„Die habe ich von meinem lieben Bruder zu meinem vierzigsten Geburtstag bekommen, wenn es um guten Geschmack geht kann man ihm nichts vormachen.“
Sie zwinkert Max zu. Er streicht seiner Schwester liebevoll über die Schulter und gibt ihr einen Kuss auf die Wange. Da hat sie ohne Zweifel recht. Ich schaffe nicht einmal eine halbwegs plausible Frisur ohne fremde Hilfe, ich hoffe der gute Geschmack hat ihn bei mir nicht verlassen. Max steht bereits geschniegelt und gestriegelt da, er sieht so heiß aus in seinem Smoking, ich himmle ihn schon wieder an.
„Am besten du gehst mit Sam schon mal vor“, schlägt Nigella vor. „Wir haben hier noch zu tun.“
„Na gut, wie ihr wollt, wie es aussieht werde ich hier nicht gebraucht. Wir sehen uns dann unten.“
Im Gehen drückt er uns beiden noch einen Kuss auf die Wange.
„So und jetzt kümmern wir uns um deine Haare.“
Sie stürzt sich sofort auf Kamm, Glätteisen und Haarklammern und schafft mit wenigen Griffen was ich vermutlich in zwei Stunden nicht vollbracht hätte.
„Kein Frisör hätte das besser gemacht“, bewundere ich mich selbst im Spiegel. „Danke.“
Ich schlüpfe in Kleid und Schuhe und betrachte mich zufrieden im Spiegel. Es war wirklich eine gute Wahl das Kleid zu nehmen, an den Preis denke ich besser nicht mehr und ich hoffe, das Max bei seiner Kreditkartenabrechnung nicht der Schlag trifft.
„Perfekt, so können wir gehen“, stellen wir bei einem letzten Blick in den Spiegel prüfend fest.
Heute gehe ich nicht die Treppe hinunter, nein ich schreite. Etwas vorsichtig um nicht hinten auf das Kleid zu treten und womöglich noch einen ungewollten Stunt hinzulegen. Max und Sam plaudern unten in der Empfangshalle und sehen uns zuerst gar nicht hinunter kommen. Dann aber schaut Max zufällig zur Treppe und ich bemerke wie er ein zweites Mal zu uns blickt, als ob er seinen Augen nicht trauen kann. Er kommt mir ein paar Schritte entgegen und reicht mir seine Hand.
„Ich bin sprachlos. Du siehst atemberaubend aus.“
„Danke, du aber auch, ich bin mir nicht sicher ob du noch so voller Bewunderung bist wenn du den Preis von dem Kleid siehst.“
„Um mit der schönsten Frau des Abends Silvester feiern zu dürfen, ist mir kein Preis zu hoch.“
„Darf ich Sie zu ihrem Tisch begleiten?“
Ein im Butlerstyle gekleideter Kellner mit weißen Handschuhen führt uns zu unserem Tisch. Ich fühle mich heute wie eine Prinzessin, mit einem traumhaften Prinzen an meiner Seite. Meinem Prinzen. Während der Kellner die Vorspeise aufträgt, lege ich meine Hand auf Max Oberschenkel der links von mir sitzt. Er neigt sich ein wenig zu mir und zwinkert mir zu. „Willst du mich aus der Verfassung bringen?“
Ich schenke ihm mein schönstes Strahlelächeln um ihm zu zeigen wie gut es mir geht. „Meinst du das gelingt mir?“
„Ja zweifellos.“
„Mir hätte in diesem Jahr nichts Besseres als du passieren können.“
Ich nehme seine Hand und gebe einen Kuss darauf.
„Das geht mir genauso Luisa.“
Kurz vor Mitternacht tanzen wir gerade und ich schmiege mich fest an ihn, als er auf seine Uhr blickt.
„Wir müssen jetzt los.“
„Wohin müssen wir jetzt noch?“
„Überraschung, komm.“
Grundsätzlich bin ich nicht so der Typ für Überraschungen, aber er hat ein Händchen dafür und bislang hat mir auch immer alles gefallen. Wir verlassen den Saal und steigen in den Lift. Der Page im Lift lächelt verlegen als wir einsteigen, er weiß scheinbar schon Bescheid wohin die Reise geht. Wir fahren bis ganz nach oben, als wir aussteigen ist das ganz Stockwerk dunkel. Es sind nur einige Kerzen am Gang angezündet die uns den Weg weisen. Wir sind ganz allein, Max nimmt mich an der Hand und führt mich weiter. Ich folge ihm bis wir einen großen Raum erreichen in dem einige große Tische und Stühle stehen, auch hier sind mehrere Kerzen entzündet. Auf einem Tisch stehen eine Flasche Champagner und zwei Gläser, alles sieht sehr romantisch aus.
„Von hier oben hat man einen wunderschönen Blick auf das Feuerwerk. Ich dachte es wäre schön wenn wir das ganz allein genießen können, wir gehen nach draußen auf den Balkon.“ Er gießt den Champagner ein. Auf einem Sessel hängt mein Mantel.
„Du denkst auch wirklich an alles“, stelle ich bewundernd fest.
„Damit du dich nicht auch noch erkältest, eine Verletzung für diese Woche reicht aus.“
Wir gehen nach draußen, ich lehne mich mit dem Glas in der Hand an ihn. Um Mitternacht startet das Feuerwerk, ich komme mir vor als wäre ich mittendrin. Max nimmt mich ganz fest in den Arm.
„Ich wünsche dir, das alles was du dir je gewünscht hast in Erfüllung geht. Ein glückliches neues Jahr Luisa.“
Ich streiche durch seine Haare. „Ich wünsche dir auch ein gutes neues Jahr. Ich habe jetzt schon mehr als ich mir je gewünscht habe, ich habe dich.“
Wir küssen uns lange und er hält mich ganz fest in seinen Armen.
Ich würde diesen Moment am liebsten einfrieren, ich war noch nie im Leben so glücklich wie heute.




