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Ich muss die Augen verdrehen, schüttle den Kopf und gehe in die Wohnung, er folgt mir.
Lizzy und Andy sitzen gerade beim Frühstück.
„Guten Morgen, ich bin gleich wieder weg ich muss mich nur kurz umziehen.“
Lizzys Mund steht offen als ich Max vorstelle, sie sieht komplett planlos aus und das kommt nicht oft vor. Trotzdem lasse ich die drei kurz allein und ziehe mich um. Ich habe gerade meine Haare fertig frisiert als es an der Tür klopft. Max steckt seinen Kopf ins Zimmer.
„Nimm auch gleich für morgen noch mit was du brauchst, ich hoffe du bleibst so lange bei mir?
„Wenn du mich so lange aushältst?“
„Ich hab keine Bedenken, aber im Notfall bin ich mir sicher wir finden eine Ablenkung.“
Er blinzelt mir zu.
„Deine Hosentaschen sind leer“, entgegne ich beiläufig.
Jetzt schüttelt er den Kopf und verdreht die Augen.
„Ich glaube wir beide haben noch viel Spaß zusammen…“
Ich hoffe das richtige Outfit für heute gewählt zu haben, Max sieht immer besonders gut und elegant aus. Ich bin mir nicht sicher ob ich da so richtig dazu passe und betrachte mich noch einmal im Spiegel. Die dunkle Hose sitzt knackig auf meinen Hüften und dazu trage ich eine seidige rosa Bluse mit Stehkragen. Meine Haare habe ich locker hochgesteckt. Max scheint es zumindest zu gefallen. Lizzy kann ihre Aufregung kaum verbergen und flüstert mir noch ins Ohr wie toll sie Max findet, bevor wir gehen. Als wir am Flughafen ankommen, warten Selma und Richard schon in der Maschine die bereits auf dem Rollfeld steht.
„Sag bloß du hast auch noch ein Flugzeug?“, frage ich mit Bewunderung.
„Nein leider, da muss ich dich enttäuschen, unser Geschäftspartner stellt uns die Maschine zur Verfügung, aber ich bin mir sicher du wirst den Flug dennoch genießen."
Selma ist sichtlich erfreut mich wieder zu treffen und auch ich bin froh dass sie dabei ist, alles ist so ungewohnt für mich. Sie schiebt mich gleich zum Platz neben ihr.
„Die Männer wollen sich bestimmt noch ein wenig vorbereiten, ich freue mich dass du mitkommst, es ist doch in Ordnung wenn wir du sagen? Wir werden uns jetzt vermutlich öfter sehen?“
„Ja gerne natürlich.“
Ich setzte mich neben sie, Max und Richard sitzen gegenüber und besprechen noch einige Details zum bevorstehenden Termin. Max sieht kurz auf und lächelt mir zufrieden zu, als er sieht dass ich mich gut unterhalte. Die Zeit vergeht schnell, Selma ist wirklich eine lustige aufgeweckte Person.
„Ich freue mich für Max, dass er dich kennen gelernt hat. Er scheint sehr glücklich zu sein“, flüstert sie mir ins Ohr.
„Das bin ich auch, er ist ein beeindruckender Mann.“
Selma nickt zustimmend. In Philadelphia angekommen werden wir bereits von einem Wagen erwartet der uns in die Stadt zum Termin bringt, dieser findet in einem wunderschönen, luxuriösen Hotel statt.
„Wir werden inzwischen ein bisschen die Stadt unsicher machen“, freut sich Selma
„Ich brauche dringend neue Schuhe, schließlich muss Richard sehen wofür er sein Geld verdient, wenn er schon am Wochenende arbeiten muss.“
Richard rollt mit den Augen, scheint seiner Frau aber nichts entgegnen zu wollen. Bevor wir uns trennen stellt mir Max aber noch seinen Geschäftspartner vor, auch seine Frau ist mit dabei. Andrew Hanson und seine Frau Claire. Sie kommt unüberhörbar aus Frankreich. Ich wechsle ein paar Worte auf Französisch mit ihr, worüber sie sich sichtlich freut. Max schaut mich komplett verwundert an.
„Du sprichst fließend Französisch?“
„Ich habe fünf Jahre ein französisch geführtes Mädcheninternat in der Schweiz besucht“, kläre ich ihn auf.
Er ist sichtlich überrascht.
„Claire würde uns sehr gern begleiten“, frage ich Selma die sofort einverstanden ist.
Während Max und Richard mit Andrew den Termin wahrnehmen, haben wir einen wundervollen Tag in der Stadt. Wir bummeln und shoppen und ich hätte mir nicht gedacht, so viel Spaß zu haben. Zum Abschluss nehmen wir noch einen Cocktail in einer gemütlichen Bar. Claire und Selma sind unglaublich nett, die Zeit vergeht wie im Flug. Vollbepackt mit Tüten kehren wir am Abend in das Hotel zurück. Die drei Männer erwarten uns bereits mit einem Aperitif an der Hotelbar. Meinem Eindruck nach ist der Termin gut verlaufen und alle erfreuen sich bester Laune. Max nimmt mich zur Begrüßung völlig selbstverständlich in den Arm und gibt mir einen Kuss.
„Hattest du einen schönen Tag?“
„Ja, es war ein erfolgreicher Tag.“
Ich zeige auf meine Tüten.
„Bei uns auch“, entgegnet er zufrieden.
Wir essen gemeinsam. Ich fühle mich richtig wohl. Es ist spät geworden als wir am Flughafen zum Rückflug nach New York eintreffen. Wir sitzen im Flugzeug bereit zum Abflug, als Max die Stewardess um eine Flasche Champagner und Gläser bittet, scheint also wirklich alles gut gelaufen zu sein.
„Also Ladys, das habt ihr wirklich grandios hinbekommen, das müssen wir feiern!“
Richard trippelt nervös wie ein kleiner Junge auf seinem Sitz.
„Der Deal ist unter Dach und Fach!“, ergänzt Max. „Und das haben wir nur euch zu verdanken. Andrew war so begeistert davon wie ihr Claire aufgenommen habt. Sie hatte in letzter Zeit gesundheitliche Probleme und der heutige Tag hat ihr scheinbar richtig gut getan.“
Ich freue mich, obwohl ich die ganze Aufregung gar nicht verstehen kann. Claire ist eine sehr nette Person und meiner Meinung nach haben wir nichts getan was außergewöhnlich war, und nichts was ich nicht sonst auch tun würde. Wir stoßen an, Max und Richard plaudern noch ausgelassen darüber wie gut alles gelaufen ist. Selma und ich unterhalten uns noch über den erfolgreichen Shopping Tag.
„Würde mich freuen wenn wir noch viel Gelegenheit haben etwas gemeinsam zu unternehmen. Ich hoffe Max tauscht mich nicht allzu bald aus, du hast ja schon bestimmt viele Damenbekanntschaften von Max miterlebt“, scherze ich mit dem Hintergedanken etwas mehr über seine Verflossenen zu erfahren.
„Glaub mir, es ist nicht Max Art jede Bekanntschaft so ernst zu nehmen.“
Klingt jetzt nicht gerade wie ein Plus für eine feste Beziehung, hätte ich besser nicht gefragt. Selma beugt sich näher zu mir. „Ja sicher, da gab es einige Frauen, aber eben Bekanntschaften, nichts ernstes.“ Sie denkt kurz nach. „Er hat noch nie eine Frau zu einem Geschäftstermin mitgebracht, ehrlich gesagt habe ich ihn noch nie so erlebt wie heute mit dir. Ich glaube du hast ihm so richtig den Kopf verdreht.“
Das wiederum klingt sehr gut. Es war ein anstrengender Tag und ich bin schon ziemlich müde als wir zurück zu Max Haus fahren, ich habe Mühe meine Augen offen zu halten.
„Du hast mich heute ein weiteres Mal überrascht.“
Er legt seine Hand auf meinen Oberschenkel.
„Fünf Jahre in einem Schweizer Mädcheninternat?“
Er blickt zu mir herüber als würde er eine Erklärung erwarten. Ich bin mir nicht sicher, ob ich jetzt dazu etwas sagen will, schließlich ist der Grund für meine Ausbildung dort nicht gerade einen abendlichen Smalltalk mit einem Mann den ich erst so kurz kenne wert. Vielleicht sieht er mich dann mit anderen Augen. Ich bin nicht stolz auf meine Vergangenheit, der richtige Zeitpunkt wird schon kommen, aber dieser Moment ist auf keinen Fall passend dafür.
„Mein Vater sah sich nach dem Tod meiner Mutter nicht meiner Erziehung mächtig.“
Ich mache eine kurze Pause und blicke auf meine Hände. „Außerdem war er damit beschäftigt seine Affäre zu heiraten. Ich hätte sie nie als Mutterersatz akzeptiert und so war es vermutlich die beste Entscheidung für mich und ihn.“
Auch wenn das jetzt meinem Vater gegenüber ein bisschen unfair ist, sehe ich das für den Moment als beste Erklärung und gelogen ist es nicht, es ist eben nur ein Teil der Wahrheit. Ich entnehme Max Blick ein wenig Unverständnis.
„Glaub mir ich bin ein absoluter Fan von guten Schulen und solider Ausbildung, aber in deinem Fall bin ich mir dieser Entscheidung nicht sicher. Er hat seine Affäre geheiratet und dich ins Internat gesteckt?“
Jetzt ist sein Blick entgeistert. Ich nicke nur, mehr will ich dazu momentan nicht sagen, er scheinbar aber schon.
„Bitte versteh mich nicht falsch, du bist eine äußerst wohlerzogene und sensible Frau, aber genau deshalb glaube ich du hättest eine Familie gebraucht, du hast doch schon deine Mutter verloren?“
„Es ist gut so wie es war, meine Mum hätte niemand ersetzten können“, antworte ich leise, seine Worte sind warmherzig und doch fühle ich mich schlecht ihm nur die halbe Wahrheit erzählt zu haben.
„Ich kenne deinen Vater nicht, ich kann zwar nicht verstehen warum er so drastisch gehandelt hat, aber es steht mir auch nicht zu darüber zu urteilen.“
Ihm ist scheinbar nicht entgangen das mir dieses Thema zu schaffen macht.
„Bist du nach dem Internat gleich wieder zurückgekommen?“
„Nein, ich habe meine Ausbildung in der Schweiz absolviert und dort einige Jahre gelebt, so lange bin ich noch nicht zurück in New York.“
„Haben die Schweizer Männer denn keine Augen im Kopf?“ Er schaut mich ungläubig an. „Kann doch nicht sein, dass du dort keinem den Kopf verdreht hast? “
Ich schüttle nur den Kopf gepaart mit einem verlegenen Lächeln. Wir warten kurz bevor sich das Einfahrtstor öffnet, er beugt sich zu mir herüber.
„Gut so. Jetzt hast du mir den Kopf verdreht, zum Glück bist du zurückgekommen.“
Er wirkt so stark in seinem Anzug und der Krawatte, aber wenn er mich so ansieht ist er einfach nur süß, ich streiche ihm zärtlich über sein Gesicht, bevor das Tor offen ist und wir in die Garage einfahren. Ich dusche noch heiß und falle dann völlig fertig ins Bett. Meine Nase drücke ich in Max Kissen. Als er sich an mich schmiegt, mir sanft über die Haare streicht und mir einen Kuss in den Nacken gibt, wache ich noch einmal kurz auf.
„Ich wollte dir noch etwas sagen“, flüstert er in mein Ohr.
Ich öffne noch einmal kurz meine Augen.
„Jede Narbe heilt Luisa, auch die im Herzen, es braucht nur die richtige Medizin und ich glaube ich habe meine gefunden.“
Ich liege mit dem Kopf zum Fenster gedreht als ich aufwache. Draußen ist es schon hell und es stürmt und schneit. Ich drehe mich auf die andere Seite, heute liegt Max neben mir und wartet scheinbar schon darauf, dass ich munter werde. Er lächelt mich mit einem „Guten Morgen“ an.
„Heute noch nicht beim Arbeiten?“, frage ich noch müde.
„Nein, heute nicht. Heute nur wir beide.“
Er umschlingt mich fest. Ich schließe meine Augen noch einmal und schmiege mich fest an ihn.
Beim Frühstück fällt mir das Sonntagsessen bei Dad ein. Ich rufe ihn kurz an, wobei er nicht versteht warum ich heute keine Zeit habe, aber ich ignoriere seine Einwände, für mich gibt es jetzt wirklich Wichtigeres. Danach führt mich Max durch das ganze Haus. Es hat nur ein Geschoss mit Ess- und Wohnbereich, Schlafzimmer, Kleiderzimmer Bad, Gäste-WC und einem Wirtschaftsraum. Im Untergeschoß befindet sich noch Max Büro und ein Gästezimmer mit Gästebadezimmer. Es gibt auch einen Durchgang in die Garage. Das Haus ist durchdacht bis in das letzte Detail ich bin wirklich beeindruckt.
„Hast du hier schon mit deiner Frau gelebt?“
„Ich habe mit meiner Frau nie in den USA gelebt. Wir lebten in Irland nahe dem Haus meiner Schwester. Lauras Bruder wohnt jetzt mit seiner Frau dort. Ich musste nach Lauras Tod einfach weg, ich brauchte Veränderung. Richard war mein bester Freund seit dem Studium und als uns die Idee unserer eigenen Firma bei einigen Whisky kam, war ich sofort dafür alles aufzugeben und neu anzufangen. Das haben wir dann auch getan und den Rest der Geschichte kennst du ja. Ich habe einige Jahre in einer kleinen Wohnung in der Stadt gelebt bis Selmas Bruder, ein aufstrebender junger Architekt, mit der Idee für dieses Haus zu mir kam. Als er mir das Grundstück zeigte, konnte ich einfach nicht widerstehen.“
„Das kann ich gut verstehen, die Aussicht ist unglaublich, besonders von diesem Fenster aus. Das Licht spiegelt sich hier so wunderschön.“
Er stellt sich neben mich.
„Ja, tatsächlich. Ich habe hier noch gar nie so bewusst hinaus gesehen. Du siehst viele Dinge aus einem anderen Blickwinkel, das gefällt mir.“
„Das einzige was ich momentan sehe ist, dass ich unglaubliches Glück hatte dich zu treffen, ich habe noch nie einen Mann wie dich kennen gelernt.“
Ich lege meine Arme um seinen Hals. Ja er ist etwas Besonderes und trotzdem habe ich nicht den Mut ihm alles von mir zu erzählen. Wir verbringen den Tag gemütlich, am Nachmittag kuschle ich mich auf dem Sofa an ihn, ich wünsche mir die Zeit könnte still stehen.
„In ein paar Wochen ist Weihnachten. Ich werde meine Schwester besuchen und wir werden dann gemeinsam ein paar Tage in Island verbringen, zwar gekoppelt mit einigen Terminen aber ich bin zuversichtlich das die schnell erledigt sind. Ehrlich gesagt kann ich mir nicht vorstellen ohne dich zu sein, würdest du mich begleiten?“
Ich bin überrascht, damit habe ich nicht gerechnet. Meine Feiertage sind schon verplant, das ich plötzlich an Weihnachten nicht mehr allein bin, damit war vor ein paar Wochen noch nicht zu rechnen.
„Wir machen zu Weihnachten immer Familienurlaub, auch Lizzy und ihre Familie sind mit dabei. Das ist bei uns Tradition geworden seit ich ins Internat gekommen bin, es war die einzige Möglichkeit die Feiertage gemeinsam zu verbringen.“
Ich habe fast ein schlechtes Gewissen, obwohl es vielleicht besser so ist, alles ist noch ziemlich frisch. Max scheint ein wenig enttäuscht zu sein, zeigt aber Verständnis.
„Verstehe, ich weiß zwar noch nicht wie ich das aushalten werde, aber wir haben bestimmt noch viele Möglichkeiten das nachzuholen.“
Er küsst mich liebevoll auf die Stirn. Das hoffe ich auch, am liebsten würde ich aber alles absagen und mit ihm kommen, es fällt mir schon schwer über den heutigen Abschied nachzudenken.
„Bringst du mich nachher nach Hause?“
„Möchtest du nicht hier bleiben?“
„Ich muss morgen schon um sieben Uhr im Krankenhaus sein.“
„Ich bringe dich morgen früh hin.“
Er zieht mich auf seinen Schoß und vergräbt seine Nase in meinen Haaren.
„Das heißt aber früh aufstehen morgen.“
„Ich denke dann wird es Zeit ins Bett zu gehen.“
Als er mit seinen Händen unter mein Shirt fasst und mich fest an sich zieht, hat er mich längst überredet. Er streicht zärtlich über die Haut auf meinem Rücken, jedes Haar auf meinem Körper stellt sich zustimmend auf.
„Jetzt schon ins Bett gehen?“, flüstere ich ihn sein Ohr und küsse seinen Hals.
„Ich habe kein Wort von schlafen gesagt“, entgegnend er.
„Schade.“
Ich inszeniere einen enttäuschten Blick der ihn zu überraschen scheint, bevor ich weiterspreche.
„Ich dachte du schläfst mit mir.“
Mir steigt über meine eigenen Worte etwas Röte zu Gesicht, ihm scheint das aber zu imponieren, seine Augen funkeln mich an. Er zieht mir mein Shirt über den Kopf und küsst mich innig. Dann dreht er mich mit einem Ruck auf das Sofa und legt sich auf mich.
„Du bringst mich um den Verstand, keine Ahnung wie ich jemals ruhig neben dir schlafen kann.“
Ich genieße jede Berührung und schließe meine Augen, Ich werde gleich den Verstand verlieren. Das ist das letzte woran ich noch denke. Um 05.30 Uhr reißt mich der Weckton meines Handys aus dem Schlaf. Ich öffne schlaftrunken meine Augen, Max Arme sind fest um mich geschlungen. Ich drücke den Wecker ab. Er sieht kurz auf und zieht mich noch fester an sich, ich habe Mühe mich zu bewegen
„Bleib hier“, grummelt er müde.
Das würde ich am liebsten auch tun, ich bin so müde, aber ich möchte nicht zu spät zur Arbeit kommen. Daher löse ich mich schweren Herzens mit mehreren Küssen aus seiner Umklammerung und hoffe, dass mich die Dusche munter macht. Max hat inzwischen Tee gemacht und mir sogar ein Frühstücksbrot gestrichen. Mir fehlt heute der Appetit und auch sonst bin ich schlapp, aber ihm zuliebe beiße ich ein paarmal ab.
„Komm ich fahre dich jetzt, sonst kommst du noch zu spät.“
Im Wagen muss ich ihn die ganze Zeit ansehen, ich kann es selbst nicht ganz glauben, aber ich habe mich wirklich ganz und gar verliebt.
„Alles ok Luisa?“
„Ja.“ Ich schnaufe tief durch. „Ich werde dich nur so vermissen, musst du wirklich die ganze Woche weg?“
Er lächelt mich an. „Ich vermisse dich auch jetzt schon, aber ja ich muss. Du kannst mich jederzeit begleiten. Du an meiner Seite, das könnte ich mir sehr gut vorstellen.“
Sein Vorschlag schmeichelt mir, obwohl ich mir niemals vorstellen könnte meine Arbeit aufzugeben. Ich löse mich nur schwer aus seiner Umarmung vor dem Krankenhaus und sehe ihm noch hinterher bis der Wagen in der Ferne verschwindet.
Kapitel 6
Die Wochen bis Weihnachten vergehen wie im Flug. Ich habe im Krankenhaus viel zu tun und auch Max ist beruflich viel unterwegs. Wir haben wenig Zeit uns zu treffen, die Woche vor Weihnachten sehe ich ihn gar nicht mehr, weil er bereits unterwegs nach Europa ist. Das passt mir zwar gar nicht, aber es lässt sich nicht ändern, er hat mir auch wiederholt angeboten ihn zu begleiten. Vielleicht hätte ich es doch tun sollen, sogar Lizzy hat mich ermutigt den Familienurlaub zu schwänzen, aber meine Beziehung zu Max ist noch frisch und so hat, wenn auch widerwillig, meine Familie Vorrang.
Am 23.12. breche ich gemeinsam mit meinem Vater und Alice in unseren Weihnachtsurlaub auf. Das Haus ist wirklich idyllisch gelegen und schmiegt sich romantisch in die weihnachtliche Landschaft. Alice und Lizzys Mum Betty machen sich gleich an die Vorbereitungen für das Weihnachtsessen, die zwei sind begnadete Köchinnen. Die Männer fahren in die Stadt um einige Einkäufe zu erledigen. Lizzy und ich übernehmen die Weihnachtsdekoration. Vor dem Abendessen lümmeln Andy und Matt mit einem Bier am Sofa, während wir den Baum fertig schmücken.
„Du bist sichtlich erfreut über unseren Familienurlaub heuer“, stichelt mich Andy an.
„So wie jedes Jahr“, antworte ich forsch.
„Wieso hast du deinen Lover nicht mitgebracht?“, legt Matt noch ein Schäufelchen nach.
„Also ich würde dich an seiner Stelle zu Weihnachten nicht allein lassen“, fügt er noch spitz hinzu.
Langsam werde ich sauer und Lizzy versucht die beiden zu bremsen. Scheinbar ist mein Liebesleben interessanter für Andy und Matt als ich vermutet habe.
„Deshalb hast ja du auch deine Freundin dabei, oder Matt?“
Sie blitzt ihn böse an. Matt ist einer der Sorte Männer die grundsätzlich keine fixe Beziehung anstrebt, so empfinde ich das zumindest. Da gibt es mal hier und mal da eine Freundin, die dann meist blond, langbeinig und sportlich durchtrainiert ist. Auch wenn Betty keine Gelegenheit auslässt ihrem Sohn zu sagen, dass es nun endlich an der Zeit wäre „die Richtige“ zu finden, frönt er weiter dem Junggesellenleben.
„Ich habe gar keine Freundin liebes Schwesterchen, aber Luisa hat ja einen Freund wie ich gehört habe.“
Er grinst mich an, ich ignoriere seine Ansage und drehe mich zum Baum.
„Der Engel muss noch auf die Baumspitze, hilfst du mir Andy.“
Lizzy wackelt mit dem Engel vor Andys Nase, er springt sofort auf um einer möglichen Auseinandersetzung mit ihr zu entgehen.
„Ihr schafft das ohne mich, ich brauche frische Luft.“
Ich habe das Gefühl mir platzt gleich der Kragen. Ich ziehe meine Jacke und Stiefel an und gehe nach draußen wo es gerade ausgelassen schneit. Lizzys Dad Robert und mein Dad hacken Brennholz im Schuppen und gönnen sich dazu einen Drink. Hier draußen haben sie es mit Sicherheit gemütlich denke ich mir und stapfe an ihnen vorbei.
„Wohin des Weges junge Frau?“, ruft mir Robert noch nach.
„Den Weihnachtsfrieden suchen“, entgegne ich sarkastisch.
Ich gehe ein paar Schritte durch den Schnee und genieße die Ruhe an der kalten frischen Luft, es wird schon dunkel. Ich schließe die Augen und atme tief durch. Wie gern würde ich jetzt Max Stimme hören, aber ich weiß dass er jetzt im Flugzeug sitzt, aber über eine Nachricht von mir freut er sich bestimmt:
Ich vermisse dich. Ich hätte doch mit dir kommen sollen. Ich hoffe die Tage vergehen schnell. Viele Küsse, ich umarme dich, Luisa.
Neben mir taucht plötzlich Matt auf, scheinbar hat er jetzt doch ein schlechtes Gewissen, ich kenne ihn. Er stellt sich dicht neben mich.
„Ich habe schon vergessen wie schön es hier ist.“
Er atmet ein und mit einem lauten Seufzer aus.
„Und ich habe vergessen dass du ein Arsch bist“, entgegne ich trocken.
Er ist es zwar gewohnt das ich mir kein Blatt vor dem Mund nehme, dafür kennen wir uns zu lang, damit hat er jetzt aber sichtlich nicht gerechnet. Er sieht mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.
„Und du bist eine Zicke. Ich hab das nicht so gemeint. Warum bist du so unentspannt?“ „Doch du hast das so gemeint, und leider hast du ja auch irgendwie recht, aber ich wollte hier mit euch sein und ich bin keine ZICKE.“
Er legt seinen Arm freundschaftlich um meine Schulter.
„Tut mir leid, aber ich will nicht, dass er dich unglücklich macht. Bist du sicher du verrennst dich da nicht in etwas, ist er nicht zu alt für dich?“
„Ich bin mir auf jeden Fall sicher dass dich das gar nichts angeht.“ Ich boxe ihm freundschaftlich in die Seite, was ihn nur einen kurzen Lacher kostet. Schnell drückt er mir einen Kuss auf die Wange. Alice ruft uns bereits zum Abendessen, wir stapfen im Schnee zurück zum Haus.
Ich liege schon im Bett als ich eine Nachricht bekomme.
Max: Habe vor dem zu Bett gehen einen Brief an den Weihnachtsmann geschrieben. Den habe ich in meinen alten Weihnachtsstrumpf gesteckt. Ich hab mir gewünscht dass du bei mir bist. Vielleicht erhört er meinen Wunsch ja noch. Ich umarme und küsse dich. Max.
In Irland ist es jetzt mitten in der Nacht, deshalb verkneife ich mir einen Anruf, obwohl ich es wirklich gern tun würde, aber ich antworte noch auf die Nachricht.
Warum bist du noch wach? Ich hoffe du bist in keiner Bar und scharst die Damen um dich und tröstest dich, weil ich nicht bei dir bin? Ich zumindest liege schon im Bett, Gute Nacht, ich vermisse dich, vergiss mich nicht. L.
Ich knipse gerade die Nachttischlampe aus, als ich prompt eine Antwort erhalte.
Max: Keine Bar, keine Damen. Nur DU Luisa. Ich liege auch im Bett. Schlafen kann ich aber nicht. Der Gedanke von dir im Bett hilft mir nicht weiter. Gute Nacht? Ohne dich nicht möglich, Ich küsse dich. Max.
Ich muss einfach noch zurück schreiben.
Mach deine Augen zu und träum von mir. Ich mache das jetzt auch. Schlaf gut Liebster. Eine Million Küsse, deine Luisa.
Ich kuschle mich fest in meine Decke und stelle mir vor wie er mich festhält und schließe meine Augen.
Heute ist Heiliger Abend. Alice und Betty haben sich ein feudales Weihnachtsmenü vorgenommen. Alle haben Küchenverbot, sogar Lizzy und ich. Darüber bin ganz froh. Der Rest der Familie hat sich für einen Spaziergang im Wald entschieden und so machen wir uns auf den Weg. Als wir auf dem Rückweg sind geht mein Dad ein Stück mit mir.
„Warum sprichst du nicht mit mir Luisa?“, fragt er mich.
Ich schaue ihn verwundert an.
„Ich spreche doch mit dir, warum?“
„Ich meine du erzählst mir nichts.“
„Ich wüsste nicht was es zu erzählen gibt, vor allem nichts was dich interessiert, Dad.“
„Du glaubst das mich nicht interessiert was meine Tochter macht? Ich wäre froh wenn du mit mir sprechen würdest wie eine Tochter mit ihrem Vater.“
Ich sehe ihn stumm an, bevor ich ihm antworte.
„Dad, hast du nicht schon vor vielen Jahren entschieden, dass ich niemals deinen überzogenen Ansprüchen gerecht werde? Nach dem Tod von Mum war zwischen uns nichts mehr wie zuvor. Du hast mich allein gelassen mit meinen Gefühlen. Weder das was ich tue, noch mit wem ich zusammen bin ist und war jemals richtig. Was willst du denn von mir hören? Es würde dir sowieso nicht gefallen und dir würden ein dutzend Gründe dagegen einfallen. Du hast Ben gehasst und kein Mann den ich liebe wird jemals deinen Vorstellungen entsprechen.“




