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Meinem tollkühnen Vorhaben einen anderen Namen zu geben wirkte Wunder. Ein »Gastroman«! Das gefiel den beiden. Plötzlich stieß die einst undenkbare Idee doch auf, sagen wir, eine gewisse Offenheit. Darüber müsse man mal nachdenken, meinte der Chefredakteur, der inzwischen keine grünen Haare mehr hatte. Vielleicht, sagte er an Robert Feldhoff gewandt, wenn man die Handlung so lenke, dass ein Bereich entstehe, in dem ich im schlimmsten Fall nicht viel kaputtmachen könne?
Klaus Frick formulierte es natürlich weitaus höflicher, aber das war es, was er meinte. Wobei mir jede Lösung recht war, Hauptsache, ich durfte mich in der Hauptserie verewigen! Denn das und nichts anderes, so viel war mir in der Zwischenzeit klar geworden, reizte mich: selber für eben die Serie zu schreiben, die mich schon als Steppke fasziniert hatte. Nur eine Einladung von Sir Paul McCartney, auf seinem nächsten Album die Triangel zu spielen, hätte das noch überbieten können.
Der Anruf von Paul McCartney lässt bis heute auf sich warten, doch der Anruf von Klaus N. Frick kam: Wir würden das machen mit dem Gastroman, das sei ein interessantes Konzept. Termine wurden vereinbart, Textumfänge abgesprochen, ein Vertrag unterzeichnet. Die ersten Exposés trudelten ein, damit ich mich schon mal einlesen konnte.
Und dann folgte wildes Gedrängel: Das Exposé für Band 1935, meinen Gastroman, traf fast gleichzeitig mit dem lektorierten Manuskript von »Jesus Video« ein, dem Roman, den ich damals gerade fertiggestellt hatte. Und der Abgabetermin für die Einarbeitung der Korrekturen war noch enger als der für den PERRY RHODAN-Roman! So gestalteten sich die folgenden Wochen nicht ganz unstressig, doch der Zeitdruck blieb ohne nachteilige Auswirkung auf die beiden Romane, die da sozusagen nebeneinander entstanden: Das »Jesus Video« sollte mir später bescheren, was man in der Branche den »Durchbruch« nennt, und PR 1935 geriet zu einem Heft, das ich heute noch gerne lese und das in einer Umfrage zu den beliebtesten Heften der Serie auf einem sagenhaften 19. Platz landete.
So also wurde der »Gastroman« erfunden.
Man sagt ja, wenn man einer Idee so richtig zum Erfolg verhelfen will, muss man erreichen, dass andere sie für ihre eigene halten. Das scheint in diesem Fall – wenn auch unbeabsichtigt – gelungen zu sein. Der »Gastroman« ist zur Tradition geworden. Inzwischen haben viele bekannte Autoren, oft aus verblüffend weit entfernten literarischen Regionen, auf diesem Weg einen Auftritt in der Serie absolviert, und das Ganze beginnt eindeutig, Kult zu werden. Etwas, »das man einfach mal gemacht haben muss«.
In Veröffentlichungen zu den verschiedenen Jubiläen steht bisweilen zu lesen, »die PERRY RHODAN-Redaktion« habe die Idee mit den Gastromanen gehabt. Doch wo, wann und wie die Idee aufkam, ist in Vergessenheit geraten.
Tatsächlich war es so, wie ich es geschildert habe: Nicht »P.R.« war schuld – sondern »J.R.«.
(Andreas Eschbach, 05.09.2012)
Doch noch zwei Neue im ATLAN-Team
Zwar blieb Wilfried Hary ATLAN nicht erhalten, aber zwei andere junge Nachwuchsautoren taten es: Arndt Ellmer und Falk-Ingo Klee. Während Arndt Ellmer, der mit bürgerlichem Namen Wolfgang Kehl heißt, ab 1983 auch für PERRY RHODAN schrieb, war Falk-Ingo Klee, von den PERRY RHODAN-Taschenbüchern »Im Bann des Kometen« (Band 235) und »Geiseln der Sterne« (Band 248) abgesehen, ausschließlich bei PRs »Schwesterserie« aktiv, für die er, beginnend mit »Stadt der Außenseiter« (ATLAN 526), bis zu ihrer Einstellung im Januar 1988 insgesamt 31 Bände verfasste.
Kurzbiografie: Falk-Ingo Klee
Falk-Ingo Klee wurde am 21. Dezember 1946 in Bochum geboren. Er ist gelernter Großhandelskaufmann, staatlich geprüfter Ausbilder für kaufmännische Berufe, Mitglied im Prüfungsausschuss der Industrie- und Handelskammer und Handlungsbevollmächtigter eines großen Autohauses. Zur SF-Literatur kam er durch einen Krankenhausaufenthalt während seiner Schulzeit. Nachdem erste Manuskripte unangenommen zurückgeschickt worden waren, nahm er Kontakt zu TERRA ASTRA-Lektor und -Redakteur Günter M. Schelwokat auf, der ihm wertvolle Tipps und Anregungen gab. Das darauf folgende Manuskript wurde dann auch angenommen und erschien unter dem Titel »Das neue Leben« 1978 in TERRA ASTRA. In der Folge behandelte der frischgebackene SF-Autor in seinen Romanen die unterschiedlichsten Themen, wobei das Unterhaltungselement immer im Vordergrund stand: »Sklaven für Anur« (1979), »Planet der Saurier« (1979), »Station der Biorobots« (1. Abenteuer der Crew der TOBRA), »Der Anticomputer« (1980), »Zielplanet Mercaror« (1980), »Insel der Manipulierten« (1980), »Intelligentes Leben unbekannt« (1980; TOBRA 2), »Im Zeichen des Schwertes« (1981), »Formel des Seins« (1981), »UFO-Kontakt« (1981), »Friedensmusik« (1983), »Der mystische Planet« (1983) und »Der kybernetische Despot« (1984). 1981 erhielt Klee die Chance, bei ATLAN einzusteigen. Sein Proberoman »Stadt der Außenseiter« erschien Anfang November 1981 als ATLAN-Heft 526, er wurde ins ATLAN-Autorenteam aufgenommen. Bis zur Einstellung von ATLAN mit Band 850 war er regelmäßig mit Beiträgen zur Schwesterserie von PERRY RHODAN vertreten; insgesamt veröffentlichte er hier 31 Bände. Klee, der ein Faible für Roboter und Computer hat, publizierte daneben noch die PR-Taschenbücher »Im Bann des Kometen« und »Geiseln der Sterne« sowie zwei Kurzgeschichten in Anthologien von Thomas Le Blanc. Große Resonanz hatte er mit seinem Sachbuch »Jasmin K. (3 Jahre), Diagnose: Krebs« (1986), in dem er den verzweifelten, schlussendlich aber erfolgreichen Kampf um das Leben seiner jüngeren Tochter aufs Eindringlichste schilderte.
Wolfgang Kehl erzählte dem Chronisten in einer Mail vom 24. September 2012, wie es zu seinem Einstieg bei ATLAN kam und wie er seine Arbeit dort im Rückblick sieht:
»Damals gab es keine Vernetzung wie heute. Die ›Macher‹ kannten ganz selten ›Macher‹ anderer Verlage. Entsprechend fehlte die interdisziplinäre Kommunikation, wie ich es mal nenne. Deshalb hat mein Eintritt ins ATLAN-Team ungefähr dieselbe Vorgeschichte wie die der meisten anderen ATLAN-Autoren.
Auf mich aufmerksam wurden die ›Macher‹, sprich Willi Voltz und Günter Schelwokat, durch ein paar Kurzgeschichten, die ich für die Leserseiten geschrieben hatte. Dort erschienen sie in PERRY RHODAN IV und ATLAN II. Parallel dazu habe ich mit einem Bekannten aus dem Umfeld des Fanzines SCIENCE-FICTION-BAUSTELLE einen Heftroman geschrieben, jeder abwechselnd ein Kapitel nach dem anderen. Besagtes Manuskript lehnte Lektor Schelwokat ab, aber er fragte mich, ob ich Lust hätte, eine Storysammlung für die Reihe TERRA ASTRA zu schreiben. Ich hatte. Danach kam ein Einzelroman für TERRA ASTRA, ein Doppelroman, dann der zehnbändige Sternenkinder-Zyklus. Die Exposés schrieb ich im England-Urlaub. Das Okay kam wenig später. Im Oktober 1980 nahm ich das Projekt in Angriff, schrieb den ersten Band, las Korrektur, verfasste ein paar Passagen neu, erledigte die Reinschrift und gab das Manuskript am Freitagnachmittag zur Post. Eine Stunde später war ich auf dem Weg zum WeltCon nach Mannheim. Dort fragte mich Willi Voltz, ob ich Lust hätte, bei ATLAN mitzuschreiben.
Weihnachten und Ostern auf einem Tag – meine Güte!
Es dauerte dann noch ein halbes Jahr, bis es soweit war. Wir waren drei Neue, Wilfried Hary, Falk-Ingo Klee und ich. Übrig blieben Falk und ich. Noch immer erinnere ich mich an eine Leserzuschrift, die damals auf der ATLAN-LKS erschien. Man merkt sofort, meinte der Leser sinngemäß, dass Falk-Ingo Klee ein Pseudonym sei und Arndt Ellmer ein Realname. Die Wahrheit: Es ist umgekehrt.
Die ersten Exposés für den neuen ATLAN-Zyklus ›Die Solaner‹ schrieb Willi selbst. Dann übernahm Marianne Sydow für ca. 20 Bände. Anschließend machten Marianne und Peter Griese es, und schließlich PeGe allein. (Ich hoffe, meine Erinnerung täuscht mich hier nicht. Möglich ist auch, dass Peter es ab 530 schon allein gemacht hat.)
Ab Band 750 dann übernahmen es Peter und H.G. Ewers gemeinsam, das Schiff zu steuern. Sie schufen zwei völlig grundverschiedene Ebenen, so dass es sich stellenweise wie zwei Serien nebeneinander las.
Aus der Erinnerung heraus ist es mir, als sei damals die Thematik und die Solaner, die SOLAG und die Entwicklung der Menschen in dem Generationenschiff die beliebteste aller Handlungsebenen gewesen. Danach wimmelte es für damalige Verhältnisse zu sehr von körperlosen Entitäten, der xten Ableitung von Anti-ES usw. Ab 750 brachte die Ewers-Handlung um Tuschkan, die Hathor, die Chadda etc. historisches kosmisches Flair.
Die Einstellung der Serie mit 850 kam überraschend, unerwartet. Irgendwie wähnten sich Leser wie Autoren im falschen Film.«
Hier kommt die SOL!
Im PERRY RHODAN MAGAZIN Nr. 4/1981 stimmte Willi Voltz die Leser in seinem Editorial, das sich mit der Bedeutung, die Raumschiffe in der Science Fiction haben, auseinandersetzte, auf den Start des neuen ATLAN-Zyklus »Die Abenteuer der SOL« ein, der im April starten sollte:
Essay: William Voltz über Raumschiffe
Bei der Definition des Begriffs »Science Fiction plagen sich Kritiker und Fachleute genauso wie bei den Versuchen, einmal exakt zu erklären, was »Country Music« ist. Nun gibt es Leute, die mir auf dem Gebiet der »Country Music« mehr Sachverständnis zuerkennen als auf dem Gebiet der »Science Fiction«. Es sind jene, die unzweideutig »erkannt« haben, dass »Country Music« reaktionär ist und denen es darum auch nicht schwerfällt, Beziehungen zwischen dieser Art von Musik und einem PERRY RHODAN-Autor zu konstruieren, die in einem höchsten Maße politisch sind. Aber hier geht es nicht um Politik, sondern um Eisenbahnen. Sie spielen in der »Country Music« eine fast mystische Rolle, wie so populäre Titel wie »Orange Blossom Special« oder »Wasbash Cannonball« beweisen. Züge dieser Art sind übrigens weiblichen Geschlechts. Diese Mystifizierung finden wir auch bei den Schiffen, die die Meere dieser Welt befahren; seltsamerweise gibt es sie nicht bei Flugzeugen.
Eine hauptsächliche Technik der »Science Fiction ist die Extrapolation. Es ist daher kein Wunder, dass Raumschiffe in dieser Art von Literatur mitunter ein Gewicht haben, das sie über den Status seelenlosen Beiwerks weit hinaushebt. Von »Raumschiff Enterprise« und »Raumschiff Orion« wissen wir, dass sie sogar den entsprechenden Fernsehserien ihren Namen liehen.
Es gibt Themen, deren sich fast jeder Science-Fiction-Autor im Laufe seines Schaffens einmal auf die eine oder andere Weise annimmt; in Zusammenhang mit den weiter oben gemachten Aussagen denke ich hier natürlich an das Thema des »Generationsraumschiffs«. In der Regel haben die Besatzungsmitglieder an Bord solcher Schiffe vergessen, wo sie sich befinden (eine elitäre Clique, die es noch weiß, gehört ebenso regelmäßig natürlich dazu!), und es ist fast immer der Held, der die Wahrheit herausfindet und (es gibt Ausnahmen) ein Happy-End herbeiführt. Von Brian W. Aldiss bis Robert Heinlein haben sich fast alle berühmten Science-Fiction-Autoren damit befasst.
In der PERRY RHODAN-Serie erlangten einige Raumschiffe ebenfalls eine Bedeutung, die nicht mehr allein der des technischen Instrumentariums entspricht, so z.B. die CREST IV, die ihre Popularität bei den Lesern einem unfreiwilligen Dilatationsflug verdankt, die MARCO POLO, die lange Zeit die größten Entfernungen überbrückte, und die BASIS, die nach einem (zunächst) geheimnisvollen »Plan der Vollendung« gebaut wurde. Von allen Raumschiffen der PERRY RHODAN-Serie aber steht eines an besonders exponierter Stelle: die SOL. Das hantelförmige Fernraumschiff tauchte erstmals in Band Nr. 700 auf. Es war in jahrelanger Arbeit erbaut worden, um Perry Rhodan und immun gebliebene Menschen von einer Erde hinwegzutragen, auf der die gefühllosen Aphiliker das Sagen hatten. In einer Odyssee ohnegleichen erreichte die SOL schließlich die Milchstraße. Dies – und die später auftauchenden Solaner, die das Schiff für sich beanspruchten und schließlich auch von Perry Rhodan zur Verfügung gestellt bekamen – sind offenbar die Gründe für die Popularität dieses Schiffes bei den PERRY RHODAN-Lesern. Nicht minder populär bei den Freunden der PERRY RHODAN-Serie ist die Figur des Arkoniden Atlan. Davon konnte ich mich überzeugen, als ich in PERRY RHODAN Band Nr. 982 Atlan vorübergehend aus der Handlung verbannte; eine Flut von Protestschreiben war die Reaktion. Eine (eigentlich nicht geplante) Handlungsfolge fügte es nun, dass Atlan und die SOL in einem Zyklus die Hauptrolle spielen, der in dem Jubiläumsband Nr. 500 der ATLAN-Serie (er erscheint Ende April) beginnt. Der Zyklus »König von Atlantis« wird mit Band Nr. 499 abgeschlossen, danach beginnt der Zyklus »Die Abenteuer der SOL«. An anderer Stelle (vor allem in den laufenden Leserkontaktseiten der PR- und ATLAN-Serien) berichte ich ausführlich über die Handlung, wie sie in diesem Jubiläumsband beginnt. Johnny Cash, neben dem legendären Jimmie Rodgers und dem erst in jüngster Zeit in Europa bekannt gewordenen Boxcar Willie immer noch der Country-Sänger mit der schönsten Röhre, wenn es gilt, das Pfeifen eines Zuges nachzumachen, interpretiert eine Zeile aus »Orange Blossom Special« so:
»Lookin’ on, she’s coming!« Auf unsere Verhältnisse übertragen: Schaut her, da kommt die SOL!
(Auszug aus SF-Perry Rhodan Magazin 4/1981)
Jubiläumsband zum Zweiten
Im Herbst 1980 war anlässlich des Erscheinens von Band Nr. 1000 der weltberühmten SF-Serie ein von Günter M. Schelwokat herausgegebener »Perry Rhodan Jubiläumsband« mit acht neuen Geschichten der PERRY-RHODAN-Autoren Kurt Mahr, H.G. Ewers, Ernst Vlcek, William Voltz, K.H. Scheer, Clark Darlton, Hans Kneifel und H.G. Francis erschienen. 1981 gab es einen neuen Grund zum Feiern: Die PERRY RHODAN-Serie feierte ihren 20 Geburtstag. Und nachdem sich der Jubiläumsband als Verkaufshit erwiesen hatte, lag es nahe, dieses erfolgreiche Konzept zu wiederholen.
So erging mit Datum von 13. April 1981 folgendes Rundschreiben von Walter A. Fuchs an Frau Sydow, die Herren Ernsting, Franciskowsky, Gehrmann, Griese, Kneifel, Mahn, Ritter, Scheer, Vlcek und Voltz sowie an Herrn Schelwokat zur Kenntnisnahme:
»Anlässlich des zwanzigjährigen Bestehens der PERRY RHODAN-Serie erscheint im Herbst dieses Jahres ein PERRY RHODAN JUBILÄUMSBAND, in dem alle PR-Autoren mit einer Kurzgeschichte aus dem PR-Milieu vertreten sein sollen.
Dieser Jubiläumsband ist ein Dankeschön an die Treue unserer Leser und soll wieder zu einem Jubiläumspreis abgegeben werden. Senden Sie bitte ein Kurzexposé ihrer geplanten Erzählung an Herrn Schelwokat, um Doppelgleisigkeiten zu vermeiden und eine Koordination zu ermöglichen.
Der Umfang der Story soll 78.000 bis 85.000 Anschläge betragen und bis spätestens 20. Mai d. J. an Herrn Schelwokat zum Redigieren gesandt werden.
Aller weiteren Details wegen setzen Sie sich bitte direkt mit Herrn Schelwokat in Verbindung.«
In der Tat schrieben alle genannten Teamautoren einen Beitrag für den zweiten Jubiläumsband, der im September 1081 erschien, einen Umfang von 430 Seiten aufwies und zum Spottpreis von DM 5,80 erhältlich war. G. M. Schelwokat ging in seinem Vorwort dann auch auf Jubiläum und Inhalt ein:
»Am 8. September 1961 erschien der erste Band einer SF-Heftserie, deren Dauer und Bestand in der ganzen Welt bisher einmalig ist.« – So steht es auf Seite 1010 des Lexikons der Science-Fiction-Literatur, und es gibt keinen Grund, diese Aussage des Lexikons in Zweifel zu ziehen. Mit der SF-Serie ist natürlich PERRY RHODAN gemeint, und da wir inzwischen 1981 schreiben, feiert die Serie jetzt ihr 20-jähriges Bestehen.
PERRYs 20. Geburtstag ist allen, die aktiv an der Serie mitarbeiten, Anlass genug, eine gehörige Portion Stolz zu empfinden, sich anerkennend auf die Schultern zu klopfen oder klopfen zu lassen und sich eventuell kräftig die Nase zu begießen.
Doch wem verdanken die stolzgeschwellten Rhodanisten im Grunde dieses Erfolgserlebnis? Sie verdanken es IHNEN, den PERRY-RHODAN-Lesern, die der Serie so lange die Treue gehalten haben und – hoffentlich – auch weiter halten werden. IHNEN gebührt ein ganz großes und dickes Dankeschön!
Als ein solches Dankeschön von Seiten des Verlages soll die vorliegende Jubiläumsausgabe verstanden werden. Elf Autoren haben sich mit Eifer (wenn auch zähneknirschend ob der knappen Terminierung des Projekts) an die Arbeit gemacht und ihr Garn gesponnen – kein schlechtes, wie wir meinen.
Der Zeitraum, in dem die Storys dieses Jubiläumsbandes angesiedelt sind, ist diesmal besonders weit gespannt. Er reicht vom 11. nachchristlichen Jahrhundert, in dem Hans Kneifels Atlan-Abenteuer bei den Mauren spielt, bis hin zu Icho Tolots Rettungsaktion von H.G. Francis, die in das Jahr 425 der Neuen Galaktischen Zeitrechnung fällt.
Was die Thematik der meisten Erzählungen angeht, so werden darin Probleme behandelt, die uns hier und heute auf unserem Planeten Erde bewegen. Es geht um Frieden und Verständigung, um Umweltprobleme, Konflikte zwischen den Generationen und Ähnliches mehr.
Der Tenor der Stories ist somit ernster Natur, zu schmunzeln gibt es nichts. Und wenn Sie sich darüber beschweren wollen, bitte tun Sie es und schreiben Sie uns. Wir werden uns dann zum Ausgleich verpflichtet fühlen und dem nächsten Jubiläumsband eine weniger ernsthafte Grundnote verleihen. Einen Aufhänger für ein weiteres PERRY-RHODAN-Jubiläum im Jahre 1982 glauben wir schon gefunden zu haben.«
(Auszug aus PERRY RHODAN JUBILÄUMSBAND 2 (1981))
Damit wurde eine Tradition begründet, die bis zum Jahr 1986 Bestand haben sollte. Auch wenn im Laufe der Jahre der Umfang auf bis zu 256 Seiten schrumpfte und der Preis um eine D-Mark angehoben wurde.
Der erste Todesfall
Am 8. Mai 1981 verstarb der SF-Autor W. W. Shols, der in der Frühzeit der Serie auch vier Romane zu PERRY RHODAN beigesteuert hatte, während eines Urlaubs in Portugal. Er war 55 Jahre alt.
Kurzbiografie: W. W. Shols
W. W. Shols wurde am 30. August 1925 in Bielefeld unter dem bürgerlichen Namen Winfried Scholz geboren. Er besuchte die Mittel- und Aufbauschule und wurde nach dem Kriegsabitur 1942 zur Wehrmacht eingezogen. Nach dem Krieg arbeitete er als Kaufmann im grafischen Gewerbe. In den fünfziger Jahren begann er sich mit der Schriftstellerei ein zweites Standbein zu schaffen und war bis in die siebziger Jahre hinein einer der fleißigsten und produktivsten Leihbuchautoren. Sein Erstling erschien 1959 unter dem Titel »Tödlicher Staub«. Ihm folgten zahlreiche weitere SF-Titel, teilweise unter dem Verlagspseudonym William Brown. Zu seinen interessantesten SF-Leihbüchern, die zumeist im Heftformat eine gekürzte Neuauflage erlebten, gehören die Tetralogie »Der Prokaskische Krieg« um Perry (!) Barnett und die dreizehn Bände umfassende Serie UTO-SPION, die es nur im Leihbuch gibt. Von seinen Einzeltiteln wären vor allem »Die Zeitpatrouille«, »Seine Heimat war der Mars«, »Zweimal Weltgericht«, »Der Hexer vom Mars« und »Mooreland vererbt einen Krater« zu erwähnen. Er schrieb die PERRY RHODAN-Bände Nr. 6, 9, 23 und 31 sowie fünf Romane für die erste PR-Konkurrenz MARK POWERS, bevor er sich 1962 aus dem Genre zurückzog, da er sich aus beruflichen Gründen nicht mehr in der Lage sah, für periodisch erscheinende SF-Serien zu schreiben. In der Folge veröffentlichte Shols zahlreiche Kriminalromane, in erster Linie für die KOMMISSAR X-Taschenbücher. Zu PERRY RHODAN steuerte er nicht nur vier Romane bei – ein fünfter wurde nicht angenommen und von musste von K.H. Scheer neu geschrieben werden –, er trug auch zur Namensfindung der japanischen Mutanten bei. Er arbeitete nämlich 1961 in einer Bielefelder Großdruckerei und hatte Zugriff auf ein japanisches Adressbuch, was ihn in die Lage versetzte, K.H. Scheer mit einer Liste tatsächlich existierender Personen zu versorgen, die dann als Mitglieder des legendären Mutantenkorps Geschichte schrieben.2
Die Universität Tübingen und PERRY RHODAN
Auch der Verlag war in Sachen PERRY RHODAN nicht untätig. Vor allem Walter A. Fuchs war bemüht, die Sicht der Öffentlichkeit auf PERRY RHODAN, die Fans der Serie und die SF-Freunde insgesamt ins rechte Licht zu rücken. Deshalb verschickte er mit Datum vom 12. Juni 1981 ein Rundschreiben folgenden Inhalts an die Redaktionen diverser Zeitungen und Zeitschriften:
»Die neuphilologische Fakultät der Uni Tübingen hat eine sehr interessante Untersuchung der Science-Fiction-Leser am Beispiel der Teilnehmer des 1. PERRY RHODAN-Weltkongresses durchgeführt.
Eine mit dem Forschungsleiter abgestimmte Zusammenfassung der Untersuchung möchten wir Ihnen heute übermitteln, da bisher das Verhalten der Käufe rund Leser von Science-Fiction-Lesern noch nicht erforscht worden ist.
Wir würden uns sehr freuen, wen Sie in Ihrem Blatt über dieses Untersuchung berichten würden. Für Rückfragen steht Ihnen der Unterzeichner jederzeit gerne zur Verfügung.«
Das Schreiben trug die Unterschrift von Walter A. Fuchs.
Die Reaktion war enorm und reichte von ganzseitigen Berichten bis zu kurzen News-Einschaltungen. Die Überschriften trugen Titel wie »Ein sehr aktives Fremdwesen – Umfrage korrigiert das Bild von Science-Fiction-Fan«, »Perry Rhodan – Gründer der Kosmischen Hanse«, »Heim zu den Sternen… – Eine Lanze für die Leser der Science-Fiction-Hefte«, »SF-Held Perry Rhodan – Leser-Untersuchung der Universität Tübingen«, »Kein Wilder Westen im Weltall – Die Leser von Science-Fiction-Literatur und ihre Vorlieben«, »Wo, bitte, geht’s zur Zukunft? – Verlag räumt mit Vorurteilen gegen PERRY RHODAN-Freunde auf«, »Viel besser als ihr Ruf … – Universität Tübingen revidiert Urteil über PERRY RHODAN-Fans« oder »Ihr Romanheld ist 2000 Jahre jung – Eine Uni-Untersuchung ergab: PERRY RHODAN-Leser sind besser als ihr Ruf«. In mehr oder weniger ausführlicher Form wurde auf die Ergebnisse der Untersuchung eingegangen. So meldete das MÜNCHNER BUCH-MAGAZIN in Ausgabe 3/1981: »Die neuphilologische Fakultät der Universität Tübingen untersuchte die soziologische Struktur der Science-Fiction-Leser anlässlich des 1. PERRY RHODAN-Weltkongresses. Die Auswertung der Fragebogen ergab, dass PERRY RHODAN-Leser politisch und vor allen Dingen wissenschaftlich aufgeschossener sind als der Durchschnittsjugendliche. So lehnen sie etwa in großer Überzahl die Zwangsrückführung von Gastarbeitern in ihre Heimat oder den Einmarsch westlicher Truppen in die OPEC-Länder zur Sicherung des Energiebedarfs ab. Sie wählen mehrheitlich die Grünen oder die SPD und lesen zu über 75% Tageszeitungen.«
Diese Untersuchung der Uni Tübingen trug nicht unwesentlich dazu bei, dass sich das Bild, das sich die Öffentlichkeit von PERRY RHODAN und seinen Lesern machte, deutlich verbesserte und so unberechtigte und aus der Luft gegriffene Anschuldigungen, wie sie der Serie in den 70er Jahren gemacht worden waren, der Vergangenheit angehörten.
Scheers Rückkehr, die erste!
Seit K.H. Scheer aus gesundheitlichen Gründen seit Band Nr. 500 keinen neuen Roman für PERRY RHODAN geschrieben hatte, war von Leserseite immer wieder der Wunsch geäußert worden, der Altmeister solle doch wieder zum Autorenteam der von ihm mitkonzipierten Serie stoßen. Doch Scheer fühlte sich nicht in der Lage, regelmäßig an der Serie mitzuschreiben, bei der er nach wie vor für die technischen Belange zuständig war – eine Aufgabe, die später von Kurt Mahr übernommen wurde und die jetzt Rainer Castor wahrnimmt. So widmete er sich, unterbrochen von gesundheitlichen Rückschlägen, von 1972 bis 1977 der überarbeiteten Neuherausgabe und Weiterführung seiner ZBV-Serie in Taschenbuchform, wobei auch andere Autoren nach seinen Exposés die Abenteuer von Thor Konnat alias HC-9 und Hannibal Othello Xerxes Utan alias MA-23 schilderten. Der letzte Band 50 erschien erst 1980 und war eigentlich der Beginn eines mehrbändigen Abenteuers. Zu einer Fortsetzung kam es nicht, weil sich Scheer und der Verlag nicht einigen konnte, was zuerst kommen sollte: das Huhn oder das Ei; im speziellen Fall, ob Scheer erst mehrere fertige Manuskript vorlegen musste, bevor ZBV fortgesetzt wurde, oder ob Scheer erst mit dem Schreiben beginnen würde, wenn es eine verbindliche Zusage zur Weiterführung von Verlagsseite gäbe. Scheer war nicht bereit, gewissermaßen »auf Luft« neue ZBV-Romane zu verfassen, deshalb wurde ZBV nicht fortgesetzt und das begonnene Abenteuer auch nicht abgeschlossen.