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Musstest du nicht auch diesen gedanklichen Gegenstand irgendwie hervorholen? Dies erforderte doch auch eine Berührung. Wenn auch nicht mit diesen Händen, mit welchen du ansonsten Gegenstände anfasst.
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Ohne eine Berührung der geistigen Denkinhalte wäre es nicht möglich, diese Inhalte in Sichtweite deiner Wahrnehmung zu bringen. Dass selbst dies einer Berührung bedarf, um sie hervorzubringen, ist nunmehr kaum bestreitbar. Es braucht also auch einen geistigen Körper. Gibt es denn zwischen dem geistigen und materiellen Körper einen großen Unterschied? Wir werden sehen.
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Ohne Anfassen funktioniert es also auch im geistigen oder gedanklichen Bereich nicht. Verweilen wir noch ein wenig in dieser geistigen Sphäre. Wechsle das zuvor ausgewählte geistige Objekt gegen ein anderes aus und nimm es in deine Hand. Deine Hand ist nun aber der Denkvorgang, der Impuls, das Gefühl, dies jetzt zu tun.
Du befindest dich nun in deiner inneren Landschaft, um Dinge zu bewegen, anzugreifen, zu halten, auszutauschen, wegzugeben, wieder hervorzuholen. Genau so, wie es in der gewohnten physischen Form der Welt vor sich geht.
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Du hast also das neu ausgewählte Gedankenobjekt vor dir. Es erfordert ein gewisses Halten, um dieses Bild über einen etwas längeren Zeitraum zu betrachten. Die Hand, die dieses Bild hält, ist dieses Gefühl des Denkens. Dieses bestimmte Gefühl, das du wahrnimmst, wenn du etwas in deinem Erinnerungsspeicher suchst und – hast du es gefunden – in deine Wahrnehmung bringst. Also, solange du diesen Denkvorgang mit dieser bestimmten ausgewählten Sache bestehen lässt, solange hältst du auch daran fest. Spiele ein wenig weiter. Dazu lass den soeben untersuchten Gegenstand aus und suche nach einem anderen Objekt.
Genieße es einfach, durch dein inneres Revier zu schreiten. Lass dir ruhig Zeit. So als würdest du genussvoll auf einem Weg am Rande eines lichtvollen Waldes wandern. Du beobachtest spielende Vögel im Flug, hörst die Klänge dieses speziellen Ortes, vernimmst den verlockenden Duft der Blüten am Wegrand und siehst dabei zufällig ein Reh, das aufgescheucht sich tiefer in das Waldinnere flüchtet. Doch weder versuchst du, diesem Reh nachzulaufen, die Blüten zu pflücken, noch die Vögel einzufangen, sondern gehst aufmerksam und entspannt weiter deines Weges. Auf diese Weise betrachte nun auch deinen inneren Spaziergang durch deine Gedanken und die Landschaft deiner Erinnerung. Mach dir dabei erst gar nicht die Mühe, an diesen Gedankenbildern festzuhalten oder ihnen nachzulaufen.
Wie fühlt sich dieser Impuls des Denkens an? Und wie das Gefühl des Denkvorganges, die verschiedenen Gedanken und Erinnerungsbilder zu betrachten, ohne jedoch eine Auswahl zu treffen?
Dieses Gefühl, dies zu tun? Wer fühlt dies alles nun? Gerade jetzt?
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Sagtest du gerade Ich? Genau. Jetzt sind wir bei diesem Ich-Gefühl angelangt, das ja eigentlich die ganze Zeit über bereits hier und dir spürbar war.
Betrachten wir dieses Ich-Gefühl genauer. Erkennst du, dass so gut wie alle Handlungen damit ausgeführt werden? Sind es nun Aktionen in der materiellen Welt oder in den als feinstofflich bezeichneten Gefilden.
Es ist dieses Ich-Gefühl, mit dem du dich in der Form deiner bisher erlebten Vergangenheit identifizierst. Dazu gehören dein Körper und eben der ganze mentale Bananenkarton, angefüllt mit Wissens- und Erfahrungsgegenständen, die du dein Eigen nennst.
Du siehst dich selbst mit deinen eigenen Qualitäten und andere mit den Qualitäten, die du vermeintlich an ihnen wahrnimmst. Sozusagen bleibt es sowieso in der Familie, oder besser, es bleibt bei dir. Denn dies alles sind Inhalte aus deiner geistigen Vorratskammer. Ein glücklicher Umstand ist, dass diese Qualitäten keine festen Formen haben, denn ansonsten müsstest du bei jeder Begegnung mit anderen Menschen in Deckung gehen, damit all die vorgefassten Meinungen, die dir entgegengeworfen werden, ihr Ziel verfehlen.
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Führen wir gemeinsam eine neue Meditation durch. Deine Hände legst du für diese Meditation seitlich neben das Buch: gerade soweit entfernt, dass sie es nicht berühren. Dabei sollte es dir möglich sein, die Zeilen darin lesen zu können. Sitze bequem und ruhig, am besten ohne die geringste Körperbewegung. Gut, das war die Vorbereitung. Nun geht es los.
Richte nun deinen Fokus sehr genau auf den inneren Vorgang. Gib dir jetzt den Impuls, das Buch zu berühren, jedoch führst du den Impuls nicht aus.
Du spürst dieses bestimmte Gefühl, das Buch zu berühren, aber du tust es nicht. So gerne würdest du es anfassen. „Ich möchte es einfach nur berühren. Nur ein klein wenig mit dem Finger antippen, nichts weiter.“ Doch nein.
Sende immer wieder diesen Impuls, dass du es gerne tun möchtest. Aber zumindest für dieses eine Mal gib diesem Impuls, deine Hände in Richtung Buch zu bewegen, nicht nach. Deine Hände bleiben völlig ruhig seitlich neben dem Buch liegen. Betrachte dabei sehr genau dieses Ich-Empfinden gerade jetzt.
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Machen wir mit unserer Meditation weiter. Du hältst also nach wie vor dieses bestimmte Gefühl, das Buch zu berühren, aufrecht. Dabei spürst du diesen gewissen Sog. Wahrscheinlich vibriert deine Hand schon förmlich. Denn alles in dir ist darauf programmiert, diese Bewegung zu vollführen. Es ist völlig gewitzt, es wäre ja nur eine winzige Bewegung, überhaupt nicht weit, nur ein paar Millimeter. Ja, du könntest sogar schon mit deinem Finger das Buch anschubsen, und dies auch noch ohne deine Hand zu rühren. Aber nein.
Spüre dein Ich.
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Bei dieser Aufmerksamkeit auf dein Ich-Gefühl werden dir deine subtilsten inneren Regungen bewusst. Deine Empfindsamkeit gegenüber deiner inneren Welt wird sehr sensibel. Diese Empfindsamkeit, die du bei diesem illusionären Wettlauf um die besten Plätze in der gesellschaftlichen Rangordnung ein wenig eingebüßt hast.
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Dieses Ich, das sich fast immer im Tun-Modus befindet und deshalb meist nicht wahrgenommen wird, ist nun ziemlich präsent.
Das bedeutet, du spürst dieses bestimmte Ich-Empfinden gerade in diesem Moment. Durch das Ich möchtest du nun eine bestimmte Bewegung ausführen, obwohl du es doch nicht tust. So hast du nun auf der feinstofflichen Ebene auch noch etwas anderes in der Hand, nämlich dieses Ich-Gefühl. Dies ist das erste Gefühl, der erste Gedanke, der Ursprung allen Tuns. Mit diesem Ich-Gefühl bewegst du sogar diesen Körper in der materiellen Welt. Einen Unterschied zwischen feinstofflich und materiell zu machen, klingt nun fast schon ein wenig eigenartig. Auf jeden Fall halte dieses Ich-Gefühl ganz fest und spüre es bis in das letzte Detail.
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Gut. Jetzt lass selbst dieses Ich-Gefühl los. Halte dich nicht mehr an diesem Ich-Gefühl fest. Lass es einfach los. Auch wenn es dir immer noch wahrnehmbar sein mag, so arbeitest du dennoch nicht mehr mit diesem Ich-Gefühl. Erscheint irgendeine Frage, ein Zweifel, so sind das bereits schon wieder geistige Objekte, die du mit diesem Ich hervorgeholt hast. Im selben Moment, wenn dir dies bewusst wird, lass diese Gedanken einfach los. Halte dich nicht an ihnen fest, genau so wenig wie an deinem Ich-Gefühl, berühre es einfach nicht.
Sieh es dir an, ohne es anzurühren. In diesem Fall muss ich wirklich ein Verbot aussprechen. Bleib als Beobachter, tue nichts; das Ich-Empfinden ist noch hier; schau es an, aber tue nichts. Kommt die Frage: „Aber wer ist denn der Beobachter?“, dann hast du bereits schon wieder mit diesem Ich gearbeitet und es wieder berührt. Die geringste Vorstellung, die dir sichtbar wird und mit der du dich beschäftigst, bedeutet, dass du bereits wieder diesem scheinbaren Ich in die Falle gelaufen bist. Bleib einfach cool. Für diesen Moment berühre dieses Ich nicht.
Beginne nicht mit dem Denken. Bleibe still, völlig still. Genieße dieses Stillsein. Diese Stille ist so entspannend. Die Versuchung des neuerlichen Nachdenkens mag sehr groß sein, doch bleib still. Keine Erklärung, keine Antwort, grenzenlose Stille, gerade jetzt.
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Fragen & Antworten
Michael:
Also, sich immer wieder bewusst sein, wer tut das?
Schau, wer hat jetzt gerade diese Frage gestellt? Was war das für ein Gefühl? Diese Empfindung, diese Frage zu stellen?
Michael:
Das war ein Impuls, das war ich!
Sehr schön und jetzt bleib bei diesem Ich. Für diesen Moment bleibe bei diesem Ich.
Keine Fragen, kein Erwarten von Antworten mehr. Dies alles ist jetzt nicht mehr wichtig.
Du hast gesagt: Ich. Gut, nun empfinde dich, bleibe dort. Weiche nicht aus. Starte nicht mit dem Denken. Beginne nicht mit dem Überlegen von Fragen, sondern bleibe einfach bei dir, bei diesem Ich. Lass dich nicht von feinen Gedankenbildern verwirren, die vielleicht kommen mögen.
Das ist jetzt dein Ich und dort verbleibe. Weiche nicht aus. Entspanne dich in dieses Ich. Dieses Ich, das diesen Impuls verspürt hat, diese Frage zu stellen. Genau dort verbleibe. Um nicht nur dort zu sein, sondern es auch richtig zu empfinden. Ohne dieses Gefühl erklären zu wollen, sondern einfach diese reine Empfindung spüren. Reines Wahrnehmen, jetzt, in diesem Moment.
Es ist gar nicht schwer. Siehst du es? Bereits beim Verbleiben, Verweilen, Entspannen, beim reinen Empfinden dieses Ichs ereignet sich langsam eine Auflösung. Alleine schon, wenn du dabeibleibst. Dieses Empfinden des Gefühls ist reine Betrachtung, ein Fokus auf dieses Ich-Empfinden; dieser Fokus ist das Licht, das nichts unterteilt. Dieses Licht sagt nicht so oder so, es ist einfach. Es ist alles. Gerade jetzt. Dieses Licht bist du.
Sarah:
Den Körper mehr zu empfinden, ist dies gleichzusetzen mit dem Ich-Gefühl?
Sarah, du hast den Impuls verspürt, dies zu fragen. Natürlich möchtest du ja auch verstehen, was gesagt wird. Und damit ist auch dein Körper-Geist-System verbunden. Der Geist, der mit diesem Körper herangewachsen ist. Der Geist, mit dem du all diese Erfahrungen und Eindrücke gesammelt hast, mit dem du auch arbeitest, nicht nur im mentalen Bereich, sondern auch mit dem Körper in der materiellen Welt. Natürlich ist dann mit dieser Vorstellung des Ich auch der Körper verbunden. Du empfindest, siehst alles aus diesem Körper heraus. Dein Ich-Gefühl steuert sozusagen auch deinen Körper. Fühle dich in dieses Körperempfinden hinein, ohne eine Erklärung. Nur Empfinden. Du nimmst alles wahr, was um dich herum geschieht. Inklusive der Vorgänge im Körper. Vielleicht hast du ein wenig Durst oder Hunger, aber du benennst diese Gefühle nicht. Gib all dem Wahrnehmbaren keinen Namen, sondern bleibe völlig beim Empfinden. Für ein paar Sekunden, vielleicht für zwanzig Sekunden oder auch etwas länger, eine Minute. Höre mit allen Benennungen und Beschreibungen auf. Nimm alles so wahr, als ob für all das weder ein Name noch ein Wort existiert. Du kennst also weder das Wort „Körper“ noch das Wort „Geist“, du kennst nicht einmal das Wort „Gefühl“. Nichts dergleichen. Du besitzt nun kein Wort, keine Bezeichnung, nur deine Wahrnehmung. Bleibe einfach beim Betrachten. Beim völligen Wahrnehmen deiner selbst. Was bleibt da übrig?
Sarah:
Ich
Und von wo kommt dieses Ich?
Sarah:
Ich weiß es nicht!
Ein sehr guter Ort, bleibe dort.
Weiß-nicht-Geist
Bewahrt einfach einen Weiß-nicht-Geist
Seung Sahn
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