Der Ausschluss des Gattenwohls als Ehenichtigkeitsgrund

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Auf diese Grundsatzkritik wurde geantwortet, dass wegen des Beschlusses der Congregatio Plenaria, eine Beschreibung der Ehe einzuführen, diese Beschreibung nicht gestrichen werden könnte. Gleiches würde für den adspectus personalis gelten. Die ordinatio ad bonum coniugum sollte im Canon erhalten bleiben, weil „[d]ie Hinordnung auf das Gattenwohl wirklich ein wesentliches Element des Ehebundes ist und keinesfalls ein subjektiver Zweck eines Nupturienten.“131 Zur Frage nach der Zweckhierarchie wurde darauf verwiesen, dass in GS 48 auf die Festlegung einer Rangfolge der Güter und Zwecke der Ehe verzichtet worden war.132 Das Attribut totius sei synonym zum in den Digesten verwendeten omnis133 und daher auch nicht zu streichen.134 Weil communio im Schema nicht einheitlich verwendet wurde, wurde der Begriff schließlich durch consortium ersetzt. Weiterhin wurde intima als nicht mehr länger passend betrachtet und getilgt.135 Der resultierende c. 1055 § 1 SchemaNov ist identisch mit der später als c. 1055 § 1 CIC/1983 promulgierten Fassung.136
Die Textgeschichte von c. 1055 § 1 zeigt deutlich, dass der in Gaudium et spes etablierte personale Sinngehalt der Ehe nach der Intention der Redaktoren seinen kodikarischen Niederschlag im bonum coniugum finden sollte. Er steht damit für ein bestimmtes, nämlich ein personales Eheverständnis. Wie der Begriff näherhin formal zu bestimmen und inhaltlich zu füllen ist, wird dadurch aber noch nicht festgelegt, sondern bleibt offen für die Interpretation der Rechtsanwender.
13Vgl. c. 1055 § 1: § 1. „Matrimoniale foedus, quo vir et mulier inter se totius vitae consortium constituunt, indole sua naturali ad bonum coniugum atque ad prolis generationem et educationem ordinatum, a Christo Domino ad sacramenti dignitatem inter baptizatos evectum est. – Der Ehebund, durch den Mann und Frau unter sich die Gemeinschaft des ganzen Lebens begründen, welche durch ihre natürliche Eigenart auf das Wohl der Ehegatten und auf die Zeugung und die Erziehung von Nachkommenschaft hingeordnet ist, wurde zwischen Getauften von Christus dem Herrn zur Würde eines Sakramentes erhoben.“
14Bis zu einer genauen Begriffsbestimmung unter Berücksichtigung des kodikarischen Befundes unten in Kapitel 3 wird zunächst im Anschluss an Hans-Günter Gruber der kanonistisch nicht besetzte Ausdruck „Sinngehalt“ als Oberbegriff für Elternschaft und Paarbeziehung verwendet; vgl. Gruber: Ehe, 110–145.
15Da es erst im Umfeld der Kodifizierung von 1917 zu theologischen und lehramtlichen Zuspitzungen kommt, wird hier ein entsprechend späterer Ausgangspunkt gewählt. Für die vorangehende Zeit sei auf die Übersicht von Enrica Montagna verwiesen; vgl. Montagna: Bonum, 400–429.
16Vgl. Leo XIII.: Arcanum, 395: „Si consideretur quorsum matrimoniorum pertineat divina institutio, id erit evidentissimum, includere in illis voluisse Deum utilitatis et salutis publicae uberrimos fontes. Et sane, praeter quam quod propagationi generis humani prospiciunt, illuc quoque pertinent, ut meliorem vitam coniugum beatioremque efficiant; idque pluribus caussis, nempe mutuo ad necessitates sublevandas adiumento, amore constanti et fideli, communione omnium bonorum, gratia caelesti, quae a sacramento proficiscitur. Eadem vero plurimum possunt ad familiarum salutem […].“
17Vgl. Lüdecke: Ausschluß, 123f.; Montagna: Bonum, 417–419; Mörsdorf: Lehrbuch, 137: „Auf die Gültigkeit des Ehevertrages haben die Nebenzwecke keinen Einfluß […].“ Für den Hinweis auf Thomas von Aquin vgl. STh Suppl. q. 65 art. 1. Zum Verständnis der Ehezwecke im CIC/1917 vgl. Knecht: Handbuch, 37–43; Lüdicke: Ehezwecke, 40–42 sowie unten Kapitel 6.1.1.
18Vgl. Pius XI.: Casti connubii, 561: „Habentur enim tam in ipso matrimonio quam in coniugalis iuris usu etiam secundarii fines, ut sunt mutuum adiutorium mutuusque fovendus amor et concupiscentiae sedatio, quos intendere coniuges minime vetantur, dummodo salva semper sit intrinseca illius actus natura ideoque eius ad primarium finem debita ordinatio.“
19Ebd.: Casti connubii, 548f.: „Haec mutua coniugum interior conformatio, hoc assiduum sese invicem perficiendi studium, verissima quadam ratione, ut docet Catechismus Romanus, etiam primaria matrimonii causa et ratio dici potest, si tamen matrimonium non pressius ut institutum ad prolem rite procreandam educandamque, sed latius ut totius vitae communio, consuetudo, societas accipiatur.“ (Übersetzung B. V.). Die im Text angegebene Stelle aus dem Catechismus Romanus (pars II, cap. VIII, q. 13) zählt zwei causae für die eheliche Verbindung zwischen Mann und Frau auf: 1. die Gemeinschaft (societas) der Eheleute und 2. die Zeugung von Nachkommen. In der folgenden q. 14 wird als dritter Grund die Vermeidung der Sünden der Wollust angeführt. Die eheliche Gemeinschaft als causa prima wird allerdings nicht wie in der Enzyklika im Sinne einer conformatio oder einer gegenseitigen Vollendung der Gatten beschrieben, sondern ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der gegenseitigen Hilfe (mutuum auxilium) in den Widrigkeiten des Lebens und der Schwäche des Alters charakterisiert; vgl. Catechismus Romanus, pars II, cap. VIII, q. 13 : „Prima igitur est haec ipsa diversi sexus naturae instinctu expetita societas, mutui auxilii spe conciliata, ut alter alterius ope adiutus vitae incommoda facilius ferre et senectutis imbecillitatem sustentare queat.“ Papst Pius XI. ging in seiner Interpretation demnach über die ursprüngliche Aussage im Catechismus Romanus hinaus.
20Vgl. Gruber: Ehe, 101f.
21Vgl. Koch: Lehrbuch, 602: „Wenn auch mit vollem Rechte die natürliche Geschlechtsgemeinschaft als Zweck der Ehe bezeichnet wird, um die Begierlichkeit zu dämpfen und durch Kindererzeugung das Geschlecht fortzupflanzen, so ist doch ihr höchster oder Hauptzweck die ungeteilte Lebensgemeinschaft von Mann und Frau.“ Für weitere Belege vgl. Montagna: Bonum, 415–417.
22Zur Person und zum Werk Herbert Doms vgl. Glombik: Zweieinigeit.
23Vgl. Doms: Sinn, 73f: „Die Kinder sind zunächst die natürliche Frucht des ehelichen Aktes, die gar nicht direkt gewollt werden kann, sie wachsen naturhaft aus dem natürlichen ehelichen Verkehr hervor. Umgekehrt ist aber die eheliche Gemeinschaft und Vollendung der Gatten selbst etwas, was unmittelbar gewollt wird und was sodann viel näher und naturhafter an der Einzelpersönlichkeit und ihrer naturgemäßen Vollendung steht, als jede andere Gemeinschaftsform und -betätigung. […] Selbst wo, wie etwa in einem Erziehungsheim, Menschen ihren Beruf ganz der Erziehung von Kindern widmen, ist die Vollendung der Persönlichkeit durch die Berufshingabe an die Kinder doch eine akzidentelle. Aber in der Ehe vollendet dadurch außerdem ein Gatte den anderen, und dies nicht nur als akzidentelle Rückwirkung, sondern als primären und wesentlichen Inhalt ehelichen Lebens selbst.“
24Ebd., 93.
25Ebd., 94.
26Vgl. ebd., 92–94.
27Vgl. ebd., 79: „Damit ist angesprochen, daß für die rechtliche Sphäre allerdings die Nachkommenschaft mit bester Begründung als der finis primarius der Ehe in einem werthaften Sinne anzusehen ist, weil sie dasjenige Gut der Ehe ist, an dem die Allgemeinheit das stärkste Interesse hat, und weil das Wohl der Allgemeinheit dem Wohle des einzelnen vorgeht. Diese Auffassung steht völlig im Einklang mit can. 1013 § 1 des C.I.C. […]. Unter diesem Gesichtspunkte gesehen, erscheint der can. 1013 § 1 unter allen Umständen als innerlich berechtigt, mag man im übrigen über das metaphysische Verhältnis der Ehezwecke zueinander und zum Wesen der Ehe noch so verschieden denken.“ (Hervorhebung i. O. – sofern nicht anders vermerkt, sind Hervorhebungen stets aus dem Original übernommen.) Vgl. auch Lüdecke: Eheschließung, 142–146.
28Vgl. Muckermann: Sinn, 136.
29Ebd., 104.
30Ebd., 106.
31Vgl. ebd., 107.
32Ebd., 136f.
33Vgl. Lüdecke: Eheschließung, 171f. Für zahlreiche weitere Beispiele und eine ausführliche Darstellung der hier skizzierten Positionen vgl. ebd., 130–171. Vgl. auch Montagna: Bonum, 415–417.421–425.
34Vgl. Pius XII.: Rota-Ansprache 1941, 423.
35Vgl. ebd., 423. Vgl. auch Lüdecke: Eheschließung, 234: „Während der c. 1013 §1 CIC1917/18 die Zweckhierarchie lediglich konstatiert, erfolgt hier erstmals eine lehramtliche Erläuterung des Zuordnungsverhältnisses der Zwecke als eines der ‚Abhängigkeit‘ und der ‚wesentlichen Unterordnung‘ – ein Gedanke, der für die Ehelehre Pius XII. bestimmend bleiben und kennzeichnend sein wird.“
36Vgl. SC Off: Dekret, 103: „De matrimonii finibus eorumque relatione et ordine his postremis annis nonulla typis edita prodierunt, quae vel asserunt finem primarium matrimonii non esse prolis generationem, vel fines secundarios non esse fini primario subordinatos, sed ab eo independentes.“
37Vgl. ebd., 103: „Hisce in elucubrationibus primarius coniugii finis alius ab aliis designatur, ut ex. gr.: coniugum per omnimodam vitae actionisque communionem complementum ac personalis perfectio; coniugum mutuus amor atque unio fovenda ac perficienda per psychicam et somaticam propriae personae traditionem; et huiusmodi alia plura.“
38Vgl. ebd., 103: „Novatus hic cogitandi et loquendi modus natus est ad errores et incertitudines fovendas; quibus avertendis prospicientes Emi ac Revmi Patres huius Supremae Sacrae Congregationis, rebus fidei et morum tutandis praepositi, in consessu plenario feriae IV, die 29 Martii 1944 habito, proposito sibi dubio: «An admitti possit quorundam recentiorum sententia, qui vel negant finem primarium matrimonii esse prolis generationem et educationem, vel docent fines secundarios fini primario non esse essentialiter subordinatos, sed esse aeque principales et independentes»; respondendum decreverunt: Negative.“
39Vgl. Pius XII.: Hebammenansprache, 848f.: „Ora la verità è che il matrimonio, come istituzione naturale, in virtù della volontà del Creatore non ha come fine primario e intimo il perfezionamento personale degli sposi, ma la procreazione e la educazione della nuova vita. Gli altri fini, per quanto anch’essi intesi dalla natura, non si trovano nello stesso grado del primo, e ancor meno gli sono superiori, ma sono ad esso essenzialmente subordinati. […] Precisamente per tagliar corto a tutte le incertezze e le deviazioni, che minacciavano di diffondere errori intorno alla scala dei fini del matrimonio e ai loro reciproci rapporti, redigemmo Noi stessi alcuni anni or sono (10 marzo 1944) una dichiarazione sull’ordine di quei fini, indicando quel che la stessa struttura interna della disposizione naturale rivela, quel che è patrimonio della tradizione cristiana, quel che i Sommi Pontefici hanno ripetutamente insegnato, quel che poi nelle debite forme è stato fissato dal Codice di diritto canonico (can. 1013 § 1). Che anzi poco dopo, per correggere le contrastanti opinioni, la Santa Sede con un pubblico Decreto pronunziò non potersi ammettere la sentenza di alcuni autori recenti, i quali negano che il fine primario del matrimonio sia la procreazione e la educazione della prole, o insegnano che i fini secondari non sono essenzialmente subordinati al fine primario, ma equipollenti e da esso indipendenti.“ Für weitere Belege vgl. Lüdecke: Eheschließung, 232–246.
40Die sog. augustinischen Ehegüter (bona matrimonii) bzw. das ius in corpus sind Konzepte, die für das kanonische Eherecht bzw. das kirchliche Eheverständnis lange Zeit prägend waren und bis heute in Doktrin und Judikatur begegnen. Vgl. für eine ausführlichere Bewertung unten Kapitel 3.2 bzw. Kapitel 7.2.2.
41Vgl. Jemolo: Matrimonio, 76. Während Jemolo der Aufassung war, dass ein so beschaffener Ehewille den damaligen rechtlichen Anforderungen an den Ehekonsens genüge, wurde diese Position von anderer Seite bestritten: So ist in einer Sentenz der Apostolischen Signatur aus dem Jahr 1975 zu lesen, dass der Mann aus dem Beispiel keine gültige Ehe schließen würde, weil er sich nicht selbst schenken wolle und das von ihm verfolgte Ziel nicht nur dem Wesen der Ehe fremd, sondern konträr dazu sei; vgl. Apostolische Signatur: Sententia coram Staffa v. 29.11.1975, n. IV b. Das geht jedoch an der Pointe des Exempels vorbei: Bereits 1941 war offenkundig, dass dieser Mann etwas anderes will, als kirchliches Lehramt und Moraltheologie unter Ehe verstehen. Jemolo machte jedoch darauf aufmerksam, dass das rechtliche Instrumentarium des alten Codex bzw. die diesem zugrunde liegende Ehetheologie diese Abweichung nicht zu fassen vermochten.
42Vgl. Wrenn: Essence, 533.
43Vgl. Lüdecke: Eheschließung, 172–195.
44Vgl. Johannes XXIII.: Gaudet, 790f.
45Vgl. Alberigo: Aggiornamento, 231. Papst Johannes XXIII. bezeichnete das Konzil ausdrücklich als „Concilio di aggiornamento“; vgl. Johannes XXIII.: Ansprache v. 01.08.1962, 576.
46GS 1.
47Vgl. Sander: Kommentar, 710.
48GS 47. Das Ehekapitel der Pastoralkonstitution umfasst die Kapitel 47–52. Zur Struktur von Gaudium et spes vgl. Sander: Kommentar, 704–724.
49Norbert Lüdecke hat in seiner Dissertationsschrift diese Vorgeschichte und die einzelnen „Entwicklungsschritte“ des Ehekapitels der Pastoralkonstitution äußerst detailliert aufgearbeitet und umfassend dargestellt. Vgl. daher insgesamt zur Textgeschichte und Kommentierung des Ehethemas in GS Lüdecke: Eheschließung, 56–821.
50Vgl. Schema De castitate, 909. In den Anmerkungen wurde hierfür u. a. auf c. 1013 § 1 CIC/1917 sowie das o. g. Dekret des Hl. Offiziums zurückgegriffen; vgl. Schema De castitate, 915. Zum Inhalt des Schemas vgl. ausführlich: Lüdecke: Eheschließung, 321–329.
51Vgl. Schema De castitate, n. 16: „Severe improbat errores et theorias, quibus dicitur non adesse ordinem divinum immutabilem circa proprietates et fines matrimonii. […] Improbat insuper theorias, quibus recto ordine valorum subverso, finis primarius matrimonii postponitur valoribus biologicis et personalibus coniugum et amor coniugalis, in ipso ordine obiectivo, proclamatur tamquam finis primarius.“ Dabei wurde ausdrücklich auf „Sinn und Zweck der Ehe“ von Herbert Doms verwiesen; vgl. ebd., 917f. Vgl. auch Glombik: Zweieinigkeit, 206.
52Vgl. Caprile: Concilio, 510.
53Vgl. Schema Constitutio dogmatica de castitate, 116–119. Zu den marginalen Modifikationen vgl. Lüdecke: Eheschließung, 371–373.
54Vgl. ebd., 411–420.
55Vgl. ebd., 421–690.
56Ebd., 679. Vgl. Expensio modorum, 477: „Ob easdem rationes, ad recolendam doctrinam catholicam hucusque traditam et ad melius indicandam hierarchiam finium 190 Patres sequentem immutationem pericopae proponunt: «Ita actu voluntatis legitime manifestato, quo utraque pars tradit et acceptat ius in corpus, perpetuum et exclusivum in ordine ad actus per se aptos ad prolis generationem, institutum ordinatione divina firmum oritur; hoc dein vinculum sacrum intuitu boni tum personarum tum societatis libere contractum a quolibet humano arbitrio minime pendet. Ipse vero Deus est auctor matrimonii, variis praediti bonis ac finibus hierarchice connexis».“
57Vgl. Lüdecke: Eheschließung, 680f. Vgl. Expensio modorum, 477: „In textu pastorali qui dialogum cum mundo instituere intendit elementa iuridica non requiruntur.“ Bezüglich der Zweckhierarchie verwies die Kommission auf ihre Replik zum Vorschlag, die augustinischen Ehegüter ausdrücklich im Text zu nennen; vgl. ebd., 477. In dieser Replik wurde zunächst mit Casti connubii festgestellt, dass in dieser Frage unterschiedliche Sichtweisen möglich seien. Weiterhin sei mit Rücksicht auf den Charakter der Konstitution von rechtlichen Fachtermini Abstand zu nehmen. Ferner sei das „momentum primordiale“ der Nachkommenschaft mehrfach im Text erwähnt; vgl. ebd., 478: „Notetur hierarchiam bonorum sub diverso aspectu considerari posse: cf: Casti Connubii: A.A.S., 22 (1930), 547. Insuper in textu, qui stylo directo et pastorali mundum alloquitur, verba nimis technica (hierarchia) vitanda apparent. Ceteroquin momentum primordiale procreationis et educationis saltem decies in textu exponitur, de sacramento pluries sermo fit, fidelitas et indissolubilitas saltem septies in textu sublineantur.“ Bemerkenswerterweise wurde dem prokreativen Sinngehalt der Ehe dabei eine „ursprüngliche Bedeutung“ (momentum primordiale) zugeschrieben und auf diese Weise die Terminologie des CIC/1917 (finis bzw. primarius) vermieden. Auf die Frage nach dem Zueinander des personalen bzw. prokreativen Sinngehalts ging die Kommission an dieser Stelle nicht weiter ein, sondern stellte lediglich die ausreichend häufige Nennung der Sakramentalität, der Treue und der Unauflöslichkeit fest; vgl. Lüdecke: Eheschließung, 671–673.
58Vgl. Moeller: Geschichte, 276. 2209 Stimmen wurden abgegeben; 2047 placet; 155 non placet; 1 placet iuxta modum; 6 ungültige Stimmen; vgl. Congregatio generalis, 631.
59Vgl. Moeller: Geschichte, 277. 2391 Stimmen wurden abgegeben; 2309 placet; 75 non placet; 7 ungültige Stimmen; vgl. Sessio publica, 860.
60Vgl. Gruber: Ehe, 134.
61Ausdrücklich werden Abtreibung und Kindestötung als „verabscheuungswürdige Verbrechen“ genannt. Die Frage, welche weiteren Methoden als moralisch unzulässig bzw. als erlaubt anzusehen sind, hat das Konzil nicht behandelt. Anmerkung 14 in GS 51 weist darauf hin, dass Papst Paul VI. dieses Thema von einer Expertenkommission beraten lassen und anschließend die Entscheidung in dieser Frage selbst treffen wollte: „Bestimmte Fragen, die noch anderer sorgfältiger Untersuchungen bedürfen, sind auf Anordnung des Heiligen Vaters der Kommission für das Studium des Bevölkerungswachstums, der Familie und der Geburtenhäufigkeit übergeben worden, damit, nachdem diese Kommission ihre Aufgabe erfüllt hat, der Papst eine Entscheidung treffe. Bei diesem Stand der Doktrin des Lehramtes beabsichtigt das Konzil nicht, konkrete Lösungen unmittelbar vorzulegen.“ Für einen Überblick zur Errichtung und Arbeit der Kommission vgl. Lüdecke: Königstein, 365–377. Den Text der verschiedenen Gutachten der Kommission gibt Friedrich von Gagern wieder; vgl. Gagern: Geburtenregelung, 82–179. Paul VI. gab mit seiner Enzyklika Humanae vitae v. 25.07.1968 die lehramtlich verbindliche Antwort auf die Methodenfrage.
62Vgl. GS 48: „Proinde familia christiana […] vivam Salvatoris in mundo praesentiam atque germanam Ecclesiae naturam omnibus patefaciet, tum coniugum amore, generosa fecunditate, unitate atque fidelitate, tum amabili omnium membrorum cooperatione.“
63Vgl. GS 51: „Moralis igitur indoles rationis agendi, ubi de componendo amore coniugali cum responsabili vitae transmissione agitur […]. “ Vgl. Gruber: Ehe, 145.
64Vgl. Lüdecke: Eheschließung, 747–764. Zur mehrdeutigen Charakterisierung der Liebe in der Pastoralkonstitution vgl. auch Gruber: Ehe, 145f.
65Vgl. GS 48: „Intima communitas vitae et amoris coniugalis, a Creatore condita suisque legibus instructa, foedere coniugii seu irrevocabili consensu personali instauratur.“
66Vgl. GS 48: „Christus Dominus huic multiformi dilectioni, e divino caritatis fonte exortae et ad exemplar suae cum Ecclesia unionis constitutae, abundanter benedixit.“
67Vgl. GS 48: „Indole autem sua naturali, ipsum institutum matrimonii amorque coniugalis ad procreationem et educationem prolis ordinantur iisque veluti suo fastigio coronantur.“ Bzw. vgl. GS 50: „Matrimonium et amor coniugalis indole sua ad prolem procreandam et educandam ordinantur.“
68Lüdecke: Eheschließung, 748f.
69Vgl. ebd., 744.
70GS 48: „Intima communitas vitae et amoris coniugalis, […] hoc vinculum sacrum intuitu boni, tum coniugum et prolis tum societatis, non ex humano arbitrio pendet.“
71Vgl. Lüdecke: Eheschließung, 771.
72GS 48: „Ipse vero Deus est auctor matrimonii, variis bonis ac finibus praediti; quae omnia pro generis humani continuatione, pro singulorum familiae membrorum profectu personali ac sorte aeterna, pro dignitate, stabilitate, pace et prosperitate ipsius familiae totiusque humanae societatis maximi sunt momenti.“
73Dass die Begriffe bona bzw. fines in GS 48 in einem untechnischen Sinn gebraucht werden und die Konzilsväter damit weder auf die augustinische Lehre von den Ehegütern noch auf die kanonistische Zweckterminologie zurückgreifen wollten, geht eindeutig aus der Textgeschichte hervor; vgl. Häring: Kommentar, 430f.; Lüdecke: Eheschließung, 770–778. Vgl. auch Lüdicke: Familienplanung, 120: „Das Wohl der Gatten und das Wohl der Nachkommenschaft werden keineswegs getrennt, aber beide Zielrichtungen auf eine Stufe gestellt, nicht mehr die eine gänzlich in den Dienst der anderen verwiesen, wie es bei Pius XII. geschah. Vor dem Hintergrund der Entscheidung des Hl. Offiziums vom 1. April 1944, die jede Lehrmeinung über die Gleichordnung der Eheziele verwarf, ist das in der Tat eine bedeutsame Änderung im Grundverständnis der Ehe.“
74Lüdecke: Eheschließung, 778.
75Aus beiden Aussagen geht eine Wertschätzung des prokreativen Sinngehaltes hervor, jedoch nicht eine hierarchische Zuordnung; vgl. ebd., 786f.
76Vgl. Mt 19, 5f. bzw. Gen 2, 24. Die Metapher zielt insgesamt auf die enge Bindung der Partner und nicht allein auf Geschlechtsverkehr ab; vgl. Konradt: Evangelium, 298 sowie Scharbert: Genesis, 53: „«Zu einem Fleisch werden» bedeutet nicht nur den Vollzug der Ehe im Geschlechtsverkehr, sondern auch und vor allem die Aufnahme der innigen Lebensgemeinschaft zwischen zwei Menschen.“
77GS 48: „Vir itaque et mulier, qui foedere coniugali «iam non sunt duo, sed una caro» (Matth. 19, 6), intima personarum atque operum coniunctione mutuum sibi adiutorium et servitium praestant, sensumque suae unitatis experiuntur et plenius in dies adipiscuntur. Quae intima unio, utpote mutua duarum personarum donatio, sicut et bonum liberorum, plenam coniugum fidem exigunt atque indissolubilem eorum unitatem urgent.“ Das itaque, das den Anschluss an den Vorsatz über die Nachkommenschaft herstellt, ist allerdings nicht kausal zu übersetzen, da es die Kommission durch insuper (= überdies) ersetzen wollte, diese Änderung irrtümlich aber nicht erfolgte; vgl. Häring: Kommentar, 431; Lüdecke: Eheschließung, 651f. Bei kausaler Übersetzung wäre die Hinordnung der Ehe auf Nachkommenschaft der Grund für die partnerschaftliche Beziehung der Gatten und dieser insofern übergeordnet. Das jedoch entspräche nicht dem Anliegen, einen eigenständigen Sinngehalt der Ehe neben der Fortpflanzung festzustellen.
78Heylen: Würde, 255.
79Häring: Kommentar, 431. Vgl. auch Heylen: Würde, 255f.
80Vgl. ebd., 255f.
81Vgl. GS 48: „Quae intima unio, utpote mutua duarum personarum donatio, sicut et bonum liberorum, plenam coniugum fidem exigunt atque indissolubilem eorum unitatem.“
82Vgl. Häring: Kommentar, 431: „Die volle Treue und die unauflösliche Einheit der Ehe werden nicht einseitig wie in vielen alten Naturrechtstraktaten vom Ehegut der Nachkommenschaft her, sondern ebenso aus dem Wesen dieser Liebesgemeinschaft als solcher begründet.“ Vgl. auch Lüdecke: Eheschließung, 788–791.
83Diese Balance wird dabei nicht von solchen Aussagen infrage gestellt, welche die Bedeutung der Elternschaft hervorheben. Wenn bspw. in GS 48 die Nachkommenschaft als Krönung der Ehe bzw. in GS 50 als „vorzüglichste Gabe“ beschrieben wird, drückt das eine Achtung dieses Sinngehaltes aus, will dabei aber nicht den eigenständigen Wert der Partnerschaft mindern; vgl. Lüdecke: Eheschließung, 792–802.
84GS 48: „Familia suas divitias spirituales cum aliis quoque familiis generose communicabit. Proinde familia christiana, cum e matrimonio, quod est imago et participatio foederis dilectionis Christi et Ecclesiae, exoriatur, vivam Salvatoris in mundo praesentiam atque germanam Ecclesiae naturam omnibus patefaciet, tum coniugum amore, generosa fecunditate, unitate atque fidelitate, tum amabili omnium membrorum cooperatione.“