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Als er wieder herunterkam, trug Chris wieder die Jogginghose und das T-Shirt. Er saß im Schneidersitz auf der Couch und telefonierte. „Ja, Mama, weiß ich“, sagte er gerade. „Nein, ich bin nicht bei Phillip, ich bin bei einem Freund. Nein, du kennst ihn nicht, habe ihn erst kürzlich kennen gelernt, ja, beim Tanzen, Mama! Sein Name ist Viktor, ja, schöner Name“, meinte er und verdrehte die Augen, als sich Viktor neben ihn setzte und ihn ansah. „Mama“, sagte er genervt, „ich weiß nicht, wann ich nach Hause komme, ja, ich weiß, dass die Schule wieder anfängt, ja, entweder heute oder spätestens morgen! Geht doch erst am Dienstag los! Du Mama, ich muss jetzt Schluss machen, sonst brennt die Lasagne an! Ja, hab` dich auch lieb“, antwortete er dann ein wenig verlegen und Viktor grinste ihn an. Chris zog ihm eine Grimasse und Viktor lachte. „Ja, Mama, das war er, er sitzt hier neben mir, nein, kannst du nicht! Mama! Ich muss jetzt echt aufhören, Ciao! Mensch Mama, was soll schon sein? Ja, du kannst mich unter der Nummer erreichen“, sagte er und schüttelte seinen Kopf. „Ciao, jetzt, ja“, meinte er noch und legte auf. „Oh Mann, Alter, die war vielleicht drauf“, sagte er und verdrehte erneut die Augen. „Was war denn?“, fragte Viktor. „Ach, sie war `n bisschen sauer, weil ich mich so spät gemeldet habe“, antwortete Chris abwinkend, „die wollte doch glatt, mit dir reden!“, meinte er dann kopfschüttelnd. „Ach?! Warum hast du sie mir nicht gegeben?“, fragte Viktor verwundert. „Sonst noch was? Geht`s noch? Damit sie dir die Ohren volljammert, dass du ja auf mich aufpassen sollst?“, erwiderte Chris und stand auf. „Essen ist gleich fertig, deckst du schon mal den Tisch?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, ging er in die Küche und Viktor folgte ihm. „Muss ich denn, auf dich aufpassen?“, fragte er etwas amüsiert. „Quatsch!“, antwortete Chris empört, „kann ich schon selber! Bin doch kein kleines Kind mehr! Ph!“ „Ja, du bist ja schon so erwachsen“, meinte Viktor spöttelnd und holte zwei Teller aus dem Schrank. „Bin ich auch!“, sagte Chris überzeugt, „und mit einem wie dir, werde ich allemal fertig!“ Viktor nickte nur. „Auf alle Fälle“, meinte er und deckte den Tisch. Chris holte die Lasagne aus dem Ofen und stellte sie auf einen Untersetzer, auf den Tisch. „Perfekt“, meinte er zufrieden, „jedenfalls, sieht sie perfekt aus. Hoffentlich, schmeckt sie dir auch!“ „Oh, wenn sie so schmeckt, wie sie duftet, dann ist sie sicher köstlich!“, sagte Viktor und schnupperte verzückt. „Da läuft einem ja das Wasser, im Mund zusammen!“ Er setzte sich und sah ihn erwartungsvoll an. „Warte noch einen Moment“, sagte Chris, „sie muss noch ein, zwei, Minuten ruhen!“ Er schenkte ihnen Wein ein und lächelte Viktor verheißungsvoll an. „Du hast ja schon alles aufgeräumt“, meinte Viktor und sah sich um. „Ja, Mama sagt immer, wenn man gleich alles wegräumt, dann hat man hinterher die halbe Arbeit!“ „Du bist ja eine richtige, kleine Hausfrau“, meinte Viktor und sah ihn grinsend an. „Naja, nicht ganz“, gab Chris zu, „meine Eltern werfen mir immer vor, dass ich ziemlich schlampig wäre“, er zuckte seine linke Schulter, „hab`s eigentlich nicht so, mit dem Aufräumen. Aber ich koche gerne und backe!“, sagte er dann begeistert. „Am liebsten, Plätzchen, zu Weihnachten und Kuchen!“ „Wäre das nicht eher etwas, für deine Schwester?“, fragte Viktor. „Lilly? Du liebe Zeit! Sie hasst alles, was mit Küchenarbeit zu tun hat! Ich glaube, sie könnte sich nicht mal ein paar Spiegeleier braten“, lachte Chris. „Sie sagt immer, dass eigentlich sie der Junge hätte werden sollen und ich das Mädchen! Als Kind, wollte ich auch immer als Prinzessin zum Karneval gehen und war dann immer voll enttäuscht, wenn ich ein Cowboy- oder Indianerkostüm bekommen habe und sie ein Krönchen tragen durfte! Ich war dann immer voll neidisch auf sie, weil sie so hübsch aussah und ich naja, halt wie ein normaler Junge!“ Sie lachten beide und Chris schnitt die Lasagne auf. „Ist ziemlich viel geworden“, meinte Viktor, „da könnte ja eine ganze Familie davon satt werden.“ „Naja, für vier Personen halt“, antwortete Chris, „macht nichts, dann haben wir noch was, für
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morgen Mittag!“ „Vier Personen? Wohl eher acht“, erwiderte Viktor zweifelnd, „oder willst du mich mästen?“ „Quatsch! So `ne Lasagne, putzen wir zu Hause weg, wie nichts!“, sagte Chris und schaufelte ihm ein riesen Stück auf den Teller. „Wirst schon sehen!“ Er nahm sich selbst ein nicht ganz so großes Teil und setzte sich. „Vorsicht, heiß!“ Viktor sah ihn liebevoll an, ergriff seine Hand und küsste sie sanft. „Meine kleine Hausfrau“, sagte er verklärt, „na dann, guten Appetit!“ Chris nickte ihm zu. „Ja, guten Appetit!“ Er beobachtete, wie Viktor den ersten Bissen, in den Mund nahm. „Mmmmh“, machte Viktor und schloss für einen Moment die Augen. „Köstlich“, sagte er mit vollem Mund und sog sogleich die Luft ein. „Und, heiß! Wow!“, meinte er und fächerte sich Luft zu. Chris lachte erst einmal. „Sagte ich dir doch! Aber wenn du nicht warten kannst? Selbst schuld!“ Er zerteilte seine Lasagne in mehrere kleine Stücke und schob sie ein wenig auseinander. „So, macht man das!“ „Aber ich habe solchen Hunger und sie duftet so unglaublich gut“, sagte Viktor ein wenig beschämt. Chris sah ihn schief an. „Ich dachte, du bist so geduldig, wenn sich das Warten lohnt?“ „Biest!“, sagte Viktor, doch es klang nicht ein bisschen böse. Er machte es ihm nach und schob die dampfenden Stücke auseinander. „So?“ „Ja“, meinte Chris zufrieden. „Weißt du, ich habe sogar früher immer heimlich mit Lillys Barbiepuppen gespielt, wenn sie in der Schule war. Ich habe sie stundenlang an und ausgezogen und ihnen die Haare gekämmt. Einmal, hat sie zu Weihnachten, so einen Schminkkopf bekommen. Kennst du die? Das ist ein großer Puppenkopf, mit ganz tollen Haaren und man kann dann super hübsche Frisuren machen und die Puppe immer wieder neu schminken! Ich habe ein ferngesteuertes Auto bekommen, voll langweilig“, sagte er dann abwinkend, „tja, wir haben dann einfach getauscht, Lilly hat mein Auto genommen und ich den Schminkkopf, kannst dir ja vorstellen, dass meine Eltern ziemlich überrascht waren, besonders mein Dad!“, lachte er und Viktor sah ihn schmunzelnd an. „Wie haben deine Eltern eigentlich darauf reagiert, als sie herausgefunden haben, dass du schwul bist?“, fragte er. „Naja, Mama hat mich einfach in den Arm genommen und hat gesagt, dass sie mich liebhat und dass es doch die Hauptsache ist, dass ich gesund wäre und so. Mein Dad hat nur geseufzt und sagte, dass er es irgendwie schon immer geahnt hätte. Tja, dass war`s dann!“ „Aber sie stehen voll hinter dir, oder?“, fragte Viktor und nahm erneut vorsichtig einen Bissen. „Ja, schon! Sie sind echt toll, im Großen und Ganzen! Aber manchmal nerven sie schon, sind halt wie alle Eltern! Chris, in deinem Zimmer sieht`s mal wieder aus, wie im Schweinestall, räum endlich auf, mach was, für die Schule, du bist stinkfaul und so! Voll ätzend“, antwortete er und verdrehte die Augen. Viktor legte den Kopf leicht schräg und sah ihn zweifelnd an. „Naja, so schlimm, wird es schon nicht sein“, meinte er, „wenn ich mir die Küche ansehe, alles tip-top aufgeräumt!“ „Was machen wir eigentlich heute noch?“, fragte Chris schließlich erwartungsvoll. „Ich weiß nicht, auf was hast du denn Lust?“, erwiderte Viktor lächelnd. „Hm! Tanzen gehen, vielleicht? Wir könnten später noch, in den Club gehen!“, sagte Chris vergnügt, doch Viktor schien nicht gerade begeistert zu sein. Er hob zweifelnd eine Augenbraue und sah ihn an. „Ich denke, das ist keine so gute Idee“, meinte er, „nach der Sache gestern mit Vincent und dir, ist es wohl besser, wenn ich ihn erstmal darauf vorbereite, dass wir nun zusammen sind!“ „Sind wir das denn?“, fragte Chris nachdenklich. „Chris!“, antwortete Viktor leicht vorwurfsvoll, „du hast doch zugestimmt, dass wir es miteinander versuchen!“ „Ja, schon“, antwortete Chris seufzend, „aber…“
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„Aber? Chris, es gibt kein Aber mehr! Ich habe dir doch gesagt, dass ich auf alles verzichten will, nur nicht auf dich! Du, bist mir viel wichtiger!“, sagte Viktor bestimmt. Chris seufzte erneut schwer. „Ich habe einfach Angst, dass du es irgendwann bereuen könntest“, sagte er leise und Viktor ergriff seine Hand. „Niemals“, antwortete er sicher, „und was sind schon ein paar Fesselspielchen und ein Halsband, gegen die beste Lasagne der Welt? Hm?“ Er lächelte ihn zärtlich an und küsste ihn sanft. „Tja, dann weiß ich ja jetzt, wie ich dich in Zukunft `rumkriege“, sagte Chris und sie lachten. „Wow, dann bist du jetzt also mein fester Freund“, meinte er dann doch wieder etwas unsicher. „Bin gespannt, wie meine Familie darauf reagiert“, sagte er seufzend. „Wieso? Ich dachte, die kommen damit klar?“, fragte Viktor überrascht. „Ja, schon, aber ich habe zu Hause ein bisschen was über dich erzählt, naja, dass ich halt so einen total überspannten und durchgeknallten Typen kennen gelernt habe“, antwortete Chris verlegen. Viktor sah ihn schief an. „Na danke, auch!“ „Naja, ich dachte doch, dass das mit uns nur ein einmaliger Ausrutscher war und es nie was mit uns geworden wäre“, meinte Chris kleinlaut. „Ausrutscher?!“, fuhr Viktor fassungslos auf. „Das darf ja wohl nicht wahr sein! Ich war also nichts weiter, als ein Ausrutscher, für dich! Na da wundert es mich nicht mehr, dass du dich nicht mehr gemeldet hast!“ Er kippte den Rest seines Weines hinunter und schenkte sich kopfschüttelnd nach. „Viktor, so war das doch nicht gemeint“, sagte Chris vorsichtig. „Ich meinte doch nur…“ „Ach, halt die Klappe!“, herrschte Viktor ihn an und lehnte sich beleidigt zurück. „Dieser Phillip, der wäre ihnen wohl lieber, hm?“, schnaubte er zynisch. „Der ist doch `ne totale Tunte! Sieht man doch schon auf hundert Kilometer Entfernung, das der `ne Schwuchtel ist!“, brummte er, „aber deine super tollen Eltern, sind ja so tolerant!“ „Jetzt reicht`s aber langsam“, erwiderte Chris, langsam genervt, „ja, meine Eltern sind tolerant und sie mögen Phillip! Immerhin war ich mal mit ihm zusammen und er wollte keine perversen Spielchen, mit mir machen! Er ist eben einfach nur nett!“ „Nett!“, wiederholte Viktor spöttisch und schnaubte. „Tja, und ich bin eben nicht nett! Ich bin eben überspannt und durchgeknallt! Was hast du ihnen denn so alles über mich erzählt, hm?“ „Naja, alles, halt“, antwortete Chris verlegen und zuckte die linke Schulter. „Habt ihr euch wenigstens gut über mich amüsiert, ja? Nachmittags, bei Kaffee und selbstgebackenem Kuchen? Erzählst du eigentlich alles zu Hause, was du so mit deinen abgeschleppten Typen erlebst und wo du mit ihnen vögelst? Was sagt denn Mutti dazu, dass du dich auf dem Disco Klo und ohne Kondom ficken lässt?! Hat das der nette Philliplein, mit dir gemacht, ja? Hat er dich ordentlich durchgefickt?“ Chris blinzelte einige Male verunsichert. „Wieso sagst du sowas?“, fragte er bestürzt und starrte auf seine Hände. Er zupfte dabei nervös an seinen Fingernägeln herum und sah dann auf. „Ich wollte doch nur cool, vor dir sein“, meinte er leise. „Du warst so unglaublich arrogant und selbstsicher, als ich dich kennengelernt habe, da war ich halt ein bisschen frech und hab` ein paar lockere Sprüche rausgehauen, mehr nicht! Ich wäre nie, mit dir aufs Klo gegangen.“ „Ach! Aber mit Phillip!“, schnaubte Viktor nur wieder zynisch. „Du Arsch!“, fuhr Chris hoch und warf dabei sein Glas um. Er blickte kurz erschrocken auf die Weinpfütze, drehte sich dann um und stürmte auf die Terrasse. Viktor schnaufte tief durch, stand auf und folgte ihm. „Es tut mir leid“, sagte er ruhig. „Ich bin halt doch, eifersüchtig auf ihn. Du sagst ständig nur, wie nett und was für ein guter Freund er ist und wie sehr ihn deine Eltern mögen und mich hast du dabei nicht gerade gut aussehen lassen. Da habe ich mich eben geärgert, verstehst du das nicht?“ Er trat von hinten an ihn heran und strich ihm sanft über die Oberarme. „Entschuldige, bitte!“ Chris schnaubte leise und atmete laut aus. „Du bist manchmal, so ein Arsch“, sagte er leise.
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„Ja, ein sehr eifersüchtiger Arsch“, gab Viktor schmunzelnd zu und umarmte ihn von hinten. „Und, ein sehr verliebter!“ „Und ein sehr schnell beleidigter!“, fügte Chris noch hinzu, lehnte sich dabei aber gegen ihn und Viktor wiegte ihn sanft hin und her. „Hm, fast wie tanzen“, meinte er dann und legte seinen Kopf in den Nacken. Viktor küsste ihn zärtlich auf die Lippen und tanzte tatsächlich langsam ein paar Schritte mit ihm. „Mmh, du lässt dich gut führen“, sagte er leise, „fehlt nur noch die Musik. Lass uns zu Hause bleiben, hm? Wir könnten es uns gemütlich machen, vielleicht ein wenig fernsehen und kuscheln oder hier auf der Terrasse sitzen und reden und tanzen und später…“ Er küsste ihn erneut und Chris seufzte ergeben. „Ich liebe es, wenn du diese kleinen Töne von dir gibst“, meinte Viktor und umfasste ihn fester. Dabei glitt seine rechte Hand nach vorn und verschwand in Chris Hosenbund. „Du kleines, verruchtes Ding!“, raunte er, „trägst ja gar nichts drunter!“ Seine Hand legte sich zwischen Chris Beine und der stöhnte wieder leise. „Mmmmh, klingt gut“, sagte er leise, „ja, lass uns so die ganze Nacht durchtanzen“, gurrte er und wiegte sich mit ihm im Rhythmus, als plötzlich das Telefon klingelte. „Lass klingeln“, meinte Viktor und küsste ihn erneut, doch Chris wehrte ihn ab. „Vielleicht ist es ja für mich!“, sagte er und trat einen Schritt von ihm fort. „Könntest du bitte rangehen?“ Viktor sah ihn zwar schief an, ging aber nach drinnen und an sein Handy. Er stutzte kurz, sah Chris aber dann kopfschüttelnd an. „Ja, de Winter, ach so, ja natürlich! Um halb fünf, Montag, ja! Du liebe Zeit, da kann ich ja gleich durchmachen! Gut, danke, wiederhören!“ Chris hatte seine Zigaretten geholt und war wieder nach draußen gegangen. Viktor legte sein Handy weg und kam zu ihm. „Was Wichtiges?“, fragte Chris. „War der Flughafen, mein Flug wurde bestätigt“, antwortete Viktor und trat zu ihm. „Dein Flug?“ Chris sah ihn überrascht an. „Ja, ich fliege am Montag nach China, zu einem Meeting. Es geht um einen Auftrag“, erwiderte Viktor. „Ach! Und wann wolltest du es mir sagen?“ „Schatz, ich hatte es vergessen, bei all dem Trubel, um uns.“, antwortete Viktor etwas betreten. Chris verzog leicht mürrisch sein Gesicht. „Und wie lange?“ „Nur ein paar Tage, spätestens am Wochenende, bin ich wieder da und gehöre dann ganz dir allein, ok?“, sagte Viktor und umarmte ihn wieder. „Vielleicht bäckst du mir ja einen Kuchen, hm?“ „Mal sehen“, meinte Chris und zog an seiner Zigarette. „Wenn du heute noch ganz lieb zu mir bist, vielleicht!“ „Und wie lieb ich sein werde“, raunte Viktor und wollte ihn küssen, doch Chris lehnte sich zurück. „Vorsicht, Zigarette!“, sagte er und hob seine Hand warnend. Viktor brummte leise und sah ihn vorwurfsvoll an. „Blöde Raucherei! Hast doch gerade erst eine gequalmt!“ „Häh? Ist schon ewig her, vor dem Essen!“, meinte Chris nur und zog genüsslich daran. „Redest schon fast, wie Mama! Die schimpft auch immer und meint, dass ich zu viel rauche! Dabei rauche ich bei dir eh viel weniger!“ Viktor sah ihn mal wieder schief an. „Sag mal, dann mögen mich deine Eltern wohl nicht besonders?“, fragte er dann, „wollte deine Mutter deshalb, mit mir reden?“ „Nee! Die wissen doch gar nicht, dass du das bist, bei dem ich jetzt bin!“, antwortete Chris. „Na, dann, sag es ihnen doch einfach nicht! Dann bin ich einfach ein netter junger Mann, den du kennen gelernt hast“, meinte Viktor nur. „Tja, Lilly weiß es, ihr habe ich alles erzählt und meinen Eltern halt nur, dass du ziemlich krass bist und naja, Phillip weiß natürlich auch über dich Bescheid. Er hat auch Mama erzählt, dass ich gestern einen ziemlich krassen Streit hatte, eben mit dem Typ von vor zwei Wochen. Deshalb hat sie sich
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auch solche Sorgen gemacht, weil sie nichts von mir gehört hat“, antwortete Chris betreten. „Na toll, dann weiß also die ganze Welt, über mich Bescheid!“, grollte Viktor. „Das regle ich schon“, meinte Chris abwiegelnd, „mit Phillip rede ich und sag ihm, dass er ja nichts mehr zu meiner Mutter sagen soll und mit Lilly mach ich das auch klar! Ok?“ „Ok“, schnaubte Viktor, „da bin ich aber gespannt, wie du das hinbekommen willst! Dieser Phillip geht mir langsam aber sicher, gehörig auf die Nerven!“ „Quatsch! Er ist wirklich, sehr nett und wenn du ihn erst kennengelernt hast, wirst du es selbst sehen!“ „Vielleicht will ich ihn ja gar nicht kennenlernen!“, erwiderte Viktor, „ich glaube, ich habe bereits eine Allergie, allein gegen den Namen Phillip entwickelt!“ Chris grinste breit. „Also hör mal, wenn wir schon zusammen sein möchten, dann sollten wir schon unsere gegenseitigen Freunde respektieren, finde ich! Du selbst hast doch gesagt, dass wir beide uns eben ein wenig zurücknehmen müssten und aufeinander zugehen sollten, also!“, meinte er dann. „Du hast ja recht“, antwortete Viktor, „aber dann musst du auch Vincent akzeptieren, der ist nämlich auch sehr nett, wenn man ihn erstmal richtig kennt!“ „Ok, ok! Dann müssen wir also beide in den sauren Apfel beißen“, lachte Chris. „Tja, nur mit dem Unterschied, dass mein Apfel auch noch wurmig ist“, sagte Viktor säuerlich, „schließlich muss ich auch noch damit fertig werden, dass du mit diesem Kerl auch noch gevögelt hast und das sogar noch, bis vor kurzem! Ich weiß nicht, ob ich damit klarkomme, denn jedes Mal, wenn ich nur seinen Namen höre, muss ich daran denken, wie er dich nimmt und kann nur hoffen, dass das nun endgültig vorbei ist!“ „Also hör mal!“, regte sich Chris auf, „natürlich, ist das mit ihm vorbei! Oder denkst du, dass ich jedes Mal sofort mit ihm ins Bett gehen werde, wenn ich ihn sehe?! Auch ich bin durchaus treu, wenn ich mit jemandem länger zusammen bin!“, sagte er beleidigt. „Und außerdem, steht er auf andersrum!“, fügte er dann noch schnippisch hinzu. Viktor sah ihn fragend an. „Andersrum?“, fragte er überrascht, „was meinst du?“ „Na, dass nicht er“, Chris stieß mit seinem Zeigefinger in die hohle Faust der anderen Hand, „sondern, ich ihn!“ Viktor sah ihn noch überraschter an. „Du meinst, du hast ihn genommen? Du, bist in ihn eingedrungen?“, fragte er beinahe fassungslos und Chris nickte. „Klar! Mann, Alter! Ich sagte doch, dass ich auch gerne Mal selbst Hand anlege“, antwortete er wie selbstverständlich und zuckte dabei mit seiner linken Schulter. „Was dachtest du denn, dass ich bei uns die Muschi spiele?“ Viktor war nun doch fassungslos. Er drehte sich um und ging ins Haus. „Ich brauch` jetzt erst mal `nen Schluck“, murmelte er vor sich hin und ging an die Bar. Er holte sich ein Glas, goss sich einen Cognac ein und stürzte den hinunter. Chris war ihm gefolgt und beobachtete ihn dabei. „Mann, was ist denn los?“, fragte er verständnislos, „hat dich echt umgehauen, hm?“ „Das kann man wohl laut sagen!“, erwiderte Viktor, „aber das eine sage ich dir, nicht mit mir!“ „Und wieso nicht? Hast du es schon mal andersrum gemacht? Nein? Dann weißt du doch gar nicht, was dir dabei entgeht! Du bist doch immer so offen, wenn es um etwas Neuem geht! Also!“, meinte Chris herausfordernd. „Wie war das noch, mit dem Vertrauen?“ „Aber doch nicht so! Nein. Nein!“, antwortete Viktor geschockt, „nicht mit mir!“ Er schenkte sich ein zweites Mal ein und kippte es auf einen Zug weg. „Willst du dich jetzt betrinken?“, fragte Chris aufgebracht, „also ganz ehrlich, ich verstehe dich nicht! Ich sollte mich schon auf deine Spielchen und Vorlieben einlassen, aber du machst sofort einen Rückzieher, wenn es um mich geht! Wenn du mich schon willst, dann doch so, wie ich bin! Und ich stehe nun mal auf beides! Viktor, ich würde dich doch nicht einfach so nehmen! Ich würde mir selbstverständlich viel Zeit nehmen und dich erst einmal darauf vorbereiten, so, wie du es bei mir
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gemacht hast“, meinte er dann wesentlich ruhiger. „Es ist echt geil, wenn einer in dir drin ist! Viel intensiver! Der Orgasmus ist dann ganz anders, viel heftiger! Du spürst es auch in dir drin! Also ich mag es sehr!“ Viktor verschloss die Flasche, ging um die Theke herum zur Couch und setzte sich. „Also das muss ich jetzt erst mal sacken lassen“, sagte er ernüchtert und schüttelte dann seinen Kopf. „Nein! Ich glaube, dass ich das nicht möchte, jedenfalls nicht so schnell! Dafür brauche ich echt noch Zeit, viel Zeit!“ Chris kam lächelnd zu ihm und setzte sich neben ihn. „Ist doch klar“, meinte er sanft und nahm seine Hand. „Viktor, ich gebe dir so viel Zeit, wie du brauchst und in der Zwischenzeit, naja, wie gesagt, ich steh auf beides!“, grinste er ihn an und Viktor seufzte schwer. „Oooh, so schlimm?“, meinte Chris lachend und küsste ihn flüchtig. „Mein armer Schatz, jetzt habe ich wohl dein ganzes Weltbild erschüttert, hm?“ „Erschüttert? Eingerissen, zerstört, hinweggefegt! Das war ein Erdbeben, mindestens Stärke acht, auf der Richterskala, mit anschließendem Tsunami“, antwortete Viktor völlig neben sich und Chris musste erneut lachen. „Wenn du dich jetzt sehen könntest!“, meinte er und wischte sich über die Augen. „Tja, hättest halt doch vorsichtiger sein sollen und dich nicht gleich in mich verlieben dürfen! Da hast du dir wohl den falschen Fisch, an Land gezogen!“ „Fisch?“, sagte Viktor spöttisch, „du bist ein Hai! Und was für einer! Der weiße Hai, ist ein Scheißdreck, gegen dich! Du hast mir nicht die geringste Chance gegeben und mich gleich im Ganzen geschluckt! Mit Haut und Haar! Wie sollte ich da noch vorsichtiger sein können? Du hast mich einfach überrollt, wie eine riesige Flutwelle! Und alles, was mich vorher ausmachte, einfach fortgespült!“ „Tja, wow!“, sagte Chris nur und sah ihn nun doch ein wenig betreten an. „Ich weiß jetzt echt nicht, was ich darauf sagen soll, klingt aber nicht gerade gut und wenig schmeichelhaft.“ Viktor schnaubte laut. „Es ist aber so! Chris!“, er sah ihn eindringlich an, „so jemand wie du, ist mir noch nie begegnet und ich weiß nur noch eines: Das ich dich liebe, wie ich noch nie jemanden zuvor geliebt habe und dass ich für immer mit dir zusammen sein möchte! Koste es, was es wolle!“ Chris schluckte erst einmal. „Wow! Wie kannst du dir da so sicher sein? Ich meine, wir kennen uns doch erst seit zwei Wochen?“ „Ich weiß es einfach, wir beide, gehören zusammen! Spürst du denn gar nichts? Empfindest du denn gar nichts, für mich?“, erwiderte Viktor hoffnungsvoll und sah ihm tief in die Augen. „Doch“, antwortete Chris etwas verlegen, „ich glaube schon. Ich weiß nicht recht, wie und was ich für dich empfinde, aber ich mag dich auch sehr, wenn du auch manchmal ein Arsch bist“, fügte er dann hinzu und musste grinsen. Er ging sofort in Deckung und Viktor stürzte sich auf ihn. „Du!“, rief er dabei und kitzelte und zwickte ihn, wo er ihn gerade erwischte und sie tollten miteinander herum, bis sie völlig außer Atem waren. Viktor hatte immer wieder versucht, ihn über sein Knie zu legen und Chris hatte sich siegreich dagegen gewehrt. Schließlich lagen sie enganeinander geschmiegt auf dem kuschelweichen Teppich und Viktor streichelte Chris zärtlich. „Diesmal hast du gewonnen“, meinte er erschöpft, „aber das nächste Mal, kriegst du`s richtig zu spüren, das verspreche ich dir!“ „Ach ja, alter Mann? Was denn?“, erwiderte Chris keck. „Etwa deine Rute?“, fragte er frech und richtete sich halb auf. Er hatte sich längst erholt und wirkte frisch und munter, wie immer. „Die auch! Aber erst einmal, spreche ich von meiner Hand! Ich würde dir so gerne einmal, so richtig den Arsch aushauen!“, brummte Viktor zurück. „Nur einmal, möchte ich dir auf den nackten Hintern schlagen! Du hast den geilsten Arsch der Welt und ich darf nicht ein einziges Mal, draufhauen!“ „Tja, versuch`s doch mal mit `nem Fitnessstudio, vielleicht bekommst du dann ein paar mehr Muckis! Bis dahin, werde wohl eher ich dir, den Arsch versohlen, wenn du so weitermachst! Der Stärkere gewinnt eben!“, sagte Chris und tätschelte ihm den Bauch. „Ph! Das ich nicht lache“, erwiderte Viktor spöttisch, „mit dir Fliegengewicht, nehme ich es allemal
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auf! Ich wollte dir nur nicht wehtun und außerdem, habe ich wohl zu viel gegessen! Das macht einen eben träge und faul!“ Chris legte sich zurück und lachte. „Hihi, klar doch! Du hättest nicht die kleinste Chance, gegen mich! Erstens, bin ich viel stärker und zweitens, viel schneller als du, alter Mann!“ „Ich gib` dir gleich einen alten Mann! Frechheit!“, meinte Viktor und setzte sich auf. „Ich bin dreiunddreißig! Und damit, in den besten Jahren, eines Mannes! Hast du verstanden? Ich sagte: Mannes! Und nicht Grischperl!“ „Bitte was?“ Chris sah ihn verdutzt an. „`Ne halbe Portion halt, so wie du! Wenn einer recht schmächtig gebaut ist, dann nennt man den so, in Bayern!“, antwortete Viktor gedehnt. „Ph, von wegen!“, erwiderte Chris schnippisch. „Du bist echt schon dreiunddreißig?! Wow! Hätte ich echt nicht gedacht! Voll alt!“ „Jetzt reicht`s mir langsam! Würdest du bitte nicht immer darauf herumreiten“, maulte Viktor beleidigt. „Du wusstest es doch!“ „Naja, nicht wirklich! Ich habe es ja nur geschätzt und da sagte ich dreißig!“, gab Chris zurück. „Na und? Drei Jahre mehr, machen da auch nicht mehr viel aus, oder?“, fragte Viktor. „Nee, nicht wirklich, aber boah, eh! Das sind fünfzehn Jahre Unterschied! Ist schon irgendwie krass!“, meinte Chris nachdenklich. „Muss ich mir echt noch überlegen, mit dem für immer zusammen sein, nicht dass ich dich dann noch mit `nem Rollstuhl herumfahren muss!“ Viktor nahm empört den Kopf zurück und sah ihn warnend an. „Du, es reicht jetzt wirklich! Sonst überlege ich es mir am Ende noch und suche mir wieder eine Sub! Die würde es dann sicher liebend gerne machen!“ Chris legte seinen Kopf schräg und grinste ihn an. „Oooh, schon wieder beleidigt? Ich bin ja schon brav“, sagte er und schmiegte sich an ihn. „Wieder gut?“ „Frechdachs!“, antwortete Viktor und küsste ihn auf die Stirn. „Und nun?“, fragte Chris nach einer Weile, „was machen wir jetzt noch?“ „Du hast echt Wespen im Hintern, was?!“, meinte Viktor kopfschüttelnd. „Naja, jetzt musst du dich doch langsam erholt haben, oder? Was machen wir jetzt?“ Chris setzte sich auf und sah ihn erwartungsvoll an. „Ich meine, die ganze Zeit hier herum liegen, ist doch voll langweilig!“ Viktor seufzte erst einmal nur und sah ihn entnervt an. „Und, was möchtest du machen?“ „Weiß nicht?“ Chris sah ihn spitzbübisch grinsend an und Viktor konnte nur mit dem Kopf schütteln. „Du bist ein richtiges, kleines Energiebündel, was? Leicht hyperaktiv, hm?“ „Nur ein ganz kleines bisschen, vielleicht“, scherzte Chris zurück und hielt ihm Zeigefinger und Daumen hin und zeigte damit einen minimalen Abstand dazwischen. Viktor griff danach und biss leicht hinein. „Mein kleiner Frechdachs“, sagte er liebevoll. „Nun, wie wäre es, wenn wir zuerst einmal den Tisch abräumen? Und dann, könnten wir einen kleinen Spaziergang machen! Ich zeige dir die Umgebung und hier ganz in der Nähe ist auch ein schöner Park, da gehe ich sonntags immer joggen!“ Chris schien nicht gerade begeistert. „Oje, aufräumen und spazieren gehen, wie langweilig!“ „Hallo? Geht`s jetzt etwa schon los, mit der Schlamperei? Hm? Muss ich Mamilein anrufen? Und außerdem haben wir ziemlich viel gegessen und da wäre ein kleiner Verdauungsspaziergang gerade gut! Und jetzt am Abend, ist es auch nicht mehr so warm, draußen“, sagte Viktor und Chris sah ihn schief an. „Schon gut!“, antwortete er abwinkend, „ich habe schon verstanden! Chrissy-Herrchen muss mit Viktor gassigehen! Ist Viktor artig oder muss ich ihn anleinen? Dann hol doch schon mal das Halsband und die Leine, hopp“, sagte Chris und machte eine auffordernde Handbewegung. Viktor stand auf und sah auf ihn herab. „Mein lieber Schatz, ich warne dich!“, sagte er streng.