Untergrundkirche und geheime Weihen

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1.4.1.2 Diakonen- und Priesterweihe
Jeder soll vom eigenen Bischof (Episcopus proprius) oder mit dem Entlaßschreiben von diesem geweiht werden (c. 955 § 1),48 der eigene Bischof soll persönlich seine lateinisch-katholischen Untergebenen - Weihekandidaten weihen, wenn er daran nicht gehindert ist. Wenn es sich um seine Gläubigen orientalischen Ritus’ handelt, darf er sie erlaubterweise nur mit einem päpstlichen Indult weihen (c. 955 § 2). Der für die Weltkleriker zuständige eigene Bischof ist der Diözesanbischof, in dessen Diözese der Kandidat für den Klerikerstand seinen Wohnsitz (domicilium)49 und zugleich seinen Abstammungsort (locus originis)50 hat oder in dessen Diözese der Kandidat nur seinen Wohnsitz, aber nicht seinen Abstammungsort hat51 - in diesem zweiten Fall muss jedoch der noch nicht inkardinierte Weihekandidat seine feste Absicht bestätigen, in der Diözese bleiben zu wollen. Wenn es sich bereits um einen Kleriker handelt, der die Diözese wechselt, muss er vor seiner Weihe dieses Versprechen abgeben. Befreit von diesem Eid sind diejenigen Kandidaten, welche für eine andere Diözese geweiht werden sowie Religiosen der nicht exemten Ordensgemeinschaften (c. 956). Wenn ein Bischof außerhalb seines eigenen Territoriums das Weihesakrament erteilen will, benötigt er dazu die Erlaubnis des dortigen Ortsordinarius nur, falls er bei der Zeremonie die Pontifikalien verwendet (c. 1008).
Damit der eigene Ordinarius (Ordinarius proprius) seinen Untergebenen erlaubterweise weiht, muss er sich vergewissern – bei der Erteilung der höheren Weihen muss der Bischof sogar aufgrund positiver Auskünfte die moralische Gewissheit (moraliter certus) gewinnen –, dass der Weihebewerber die vom Kirchenrecht vorgeschriebenen Eigenschaften besitzt und mit keiner Irregularität oder keinem Hindernis behaftet ist (c. 968 § 2 i. V. m c. 973 § 3). Im Allgemeinen darf der Bischof die Tonsur und die Weihe nur dann erteilen, wenn der Weihebewerber die Absicht hat, auch die Priesterweihe zu empfangen und wenn man voraussetzen kann, dass aus ihm ein guter, würdiger Priester werden wird (c. 973 § 1).
1.4.1.3 Weiheentlaßschreiben
Zum Bereich der Anforderungen an den Weihespender gehört ebenso das Verfassen des Weiheentlaßschreibens (litterae dimissoriae), auch Weihedimissorien genannt – ein Thema, welches im Codex sehr detailliert behandelt ist. Diese Weihedimissorien sind eine Bestätigung über die Eignung des Weihekandidaten zum Empfang der Weihe und zugleich Beauftragung eines konkreten katholischen, dem Kandidaten fremden Bischofs zur Durchführung der Weihe, weil nicht jeder Bischof für die Erteilung von Weihen zuständig ist und gleichzeitig nicht jeder Ordinarius zur Erteilung der Weihen befähigt ist. Zweck dieser Erlaubnis zur Spendung der Weihe ist es, „die fehlende Zuständigkeit zu ersetzen.“52 Die Zuständigkeit für die Ausstellung der Dimissorien für die weltlichen Weihebewerber ist in c. 958 § 1 näher bestimmt: der eigene Bischof, auch wenn er nach dem Ergreifen seiner Diözese noch nicht zum Bischof geweiht wurde (1°), der Generalvikar nur mit einem besonderen Auftrag des Bischofs (mandatum speciale, 2°), der Kapitelsvikar (Vicarius Capitularis) mit der Zustimmung des Kapitels nach einem Jahr des vakanten Bischofsstuhles; nur in einer Ausnahmesituation darf er es auch innerhalb des Trauerjahres tun (3°)53. Der Kapitelsvikar darf die Dimissorien außerdem keinem Weihekandidaten ausstellen, der vom Bischof zurückgewiesen worden ist (§ 2).
Bei der Ordination von Weihekandidaten unter Ordensleuten gelten folgende Regeln: Zuständig für die Ausstellung der Dimissorien für exemte Religiosen54 ist ihr höherer Oberer (c. 964, 2°), d. h. der regierende Abt oder bei zentralistischen Orden der Generalobere und der Provinzial. Für die Weihekandidaten mit den zeitlichen Gelübden darf ihr Ordensoberer in Übereinstimmung mit c. 574 die Dimissorien nur zum Empfang der Tonsur und niederen Weihen erteilen (3°). Für die Weihekandidaten der nicht exemten Ordensgemeinschaften gelten dieselben Vorschriften wie für die weltlichen Bewerber, deswegen bekommen sie Dimissorien nicht von ihren Ordensoberen, sondern von ihren Diözesanbischöfen. Allerdings gab es Privilegien in einigen solchen Fällen.55 Aber CIC/1917 widerruft jedes Indult für die Erteilung des Entlaßschreibens durch den Oberen zum Empfang der höheren Weihen durch einen Kandidaten mit nur zeitlichen Gelübden (4°). Die Weihedimissorien zur Erteilung der (höheren) Weihen an die Religiosen werden an den Diözesanbischof gerichtet, in dessen Diözese das Kloster (domus religiosa) steht, zu dem der Weihekandidat gehört (c. 965). Auch in diesem Fall besaßen einige Ordensgemeinschaften Privilegien, entweder die Dimissorien an jeden beliebigen Bischof56 oder an den Bischof des Studienortes des Weihekandidaten ausstellen zu dürfen.57 Außer im Falle eines Privilegs darf sich der Ordensobere in folgenden Situationen an einen fremden Bischof wenden: Wenn es der Diözesanbischof erlaubt hat, wenn der Diözesanbischof einem anderen Ritus angehört, wenn er abwesend ist, wenn er in der nächsten Zeit (nach c. 1006 § 2) keine Weihen erteilt, wenn der Bischofssitz vakant ist oder der neue Ordinarius kein Bischof ist (c. 966 § 1)
1.4.2 Entwicklung zwischen 1917 und 1983
Apostolische Konstitution Sacramentum Ordinis vom 30. November 1947 fokussiert im Wesentlichen Materie und Form des Weihesakramentes. Als die einzige Materie der Diakonen-, Priester- und Bischofsweihe wurde die Handauflegung durch den Bischof (Episcopis manus impositio) bestimmt.58
1.4.3 CIC/1983
Der neue Kodex stellt im Vergleich mit dem CIC/1917 weniger Bedingungen an einen Weihespender der drei Weihestufen – dem entsprechen auch die wenigeren Strafen im neuen Kodex für den Weihespender aus irgendeinem Grund der Verfehlung gegen das Weiherecht. Die Unterscheidung zwischen dem ordentlichen und außerordentlichen Ordinanden enthält der CIC/1983 nicht mehr. Der Spender der heiligen, d. h. sakramentalen Weihen ist der (gültig) konsekrierte Bischof (c. 1012).59
1.4.3.1 Besondere Normen für die Bischofsweihe
Die Mitwirkung des Apostolischen Stuhles ist in folgenden Situationen notwendig: Um einen Priester erlaubt zum Bischof zu weihen, muss der ordinierende Bischof zuvor eine päpstliche Beauftragung (mandatum) dazu bekommen (c. 1013).60 Die Bischofsweihe ist nicht mehr wie in c. 953 CIC/1917 dem Papst reserviert, sondern das päpstliche Mandat61 ist jetzt einzig aus ekklesialen Gründen wegen der Bewahrung der communio mit dem Bischofskollegium und dem Papst notwendig.
1.4.3.2 Diakonen- und Priesterweihe
Der episcopus proprius oder ein anderer inkardinationsberechtigter Oberer soll den Weihebewerber nur dann zur (Diakonen-)Weihe zulassen, wenn dies als nützlich für den Dienst der Kirche gehalten wird (c. 1025 § 2). Es ist hier die Rede nicht von einer konkreten Teilkirche bzw. einem Ordensinstitut, sondern von der Gesamtkirche.
Ein lateinischer Bischof darf einen Weihekandidaten eines orientalischen Ritus nur mit apostolischem Indult weihen (cc. 1015 § 2, 1021),62 egal ob es sich um seinen Untergebenen eines anderen Ritus (c. 383 § 2, dies betrifft diejenigen Orientalen, für die auf dem Territorium noch keine eigene Hierarchie errichtet wurde) oder um einen Angehörigen einer anderen Kirche sui iuris handelt, der von seinem eigenen Ordinarius das Weiheentlaßschreiben für einen lateinischen Bischof bekam.63
Die Zuständigkeit für die Erteilung des Weiheentlaßschreibens an einen Religiosen wird nach c. 1019 geordnet und gegenüber c. 958 CIC/1917 wesentlich erweitert. Die höheren Oberen64 der klerikalen Ordensinstitute päpstlichen Rechtes oder der klerikalen Gesellschaften des apostolischen Lebens päpstlichen Rechtes65 haben das Recht, ihren Untergebenen, die die ewige Profess oder ein anderes vergleichbares Versprechen abgelegt haben und dem Institut inkardiniert werden können (c. 266 § 2), auch die Weihedimissorien auszustellen (c. 1019 § 1). Die Personalprälatur mit dem Prälaten als eigenem Ordinarius an der Spitze besitzt ebenfalls das Recht, die eigenen Mitglieder zu inkardinieren (c. 295 § 1). Alle anderen Ordensleute ohne definitive Inkorporation in ihr Ordensinstitut und alle Angehörigen der laikalen Gesellschaften66, der Gesellschaften des diözesanen Rechtes, der Säkularinstitute67 oder der frommen Vereinigungen unterstehen in dieser Frage dem Diözesanbischof, von dem sie das Entlaßschreiben oder die Weihe selbst bekommen, und jedes entgegen sprechende Indult wird ausdrücklich widerrufen (c. 1019 § 2). Ihre Oberen sollen an den Diözesanbischof ein Weihebittschreiben mit der Bitte um Weihespendung richten, das von dem Weiheentlaßschreiben zu unterscheiden ist.68 Im neuen Gesetzbuch wird nicht mehr vorgeschrieben, an welchen Bischof die Ordensoberen das Weiheentlaßschreiben richten sollen. Demgemäß können sie wie auch andere Ordinarien mit der Weihespendung jedweden konsekrierten katholischen Bischof desselben Ritus wie der Kandidat beauftragen. Ein katholischer Bischof eines anderen Ritus muss zur erlaubten Weihespendung neben den Dimissorien auch das apostolische Indult besitzen (c. 1021). Weiter darf der beauftragte Bischof nicht an der Ausübung seiner Bischofsweihe gehindert sein (c. 1044 § 2) oder mit einer Kirchenstrafe69 belegt werden.
Der weihende Bischof ist mit der Weihespendung beauftragt, im Namen des Ausstellers der Weihedimissorien die Weihe zu erteilen, sodass der Kandidat der Diakonenweihe in die Diözese (oder andere Teilkirche, Ordensinstitut usw.) des Ausstellers der Dimissorien inkardiniert wird. Falls aber das Weiheentlaßschreiben ungültig ist, ist zugleich die Inkardination des neu geweihten Diakons als ungültig zu betrachten.
1.4.4 Interrituelle Weiheerteilung
Spätestens seit der Konstitution Etsi pastoralis (1742)70 von Papst Benedikt XIV. wurde in der katholischen Kirche die Ordination katholischer orientalischer Kandidaten durch ritusgleiche Bischöfe als Regel angeordnet und das Gegenteil nur mit einer päpstlichen Erlaubnis zugelassen. Nach dem kodifizierten Recht war eine interrituelle Weihespendung (ohne päpstliches Indult) vom allgemeinen kanonischen Recht (c. 955 § 2 CIC/1917, c. 1015 § 2 CIC/1983) nicht erlaubt.
1.5 Der Weiheempfänger
1.5.1 Ordinationstitel vor CIC/1917
Bereits in der frühen Kirche wurden die Weihekandidaten auf einen bestimmten Titel, den sog. Ordinationstitel geweiht. Diese ordinatio relativa galt als der Regelfall. Trotzdem musste das Konzil von Chalkedon (451) gegen die ordinatio absoluta, die besonders in Ostkirchen öfters praktiziert wurde, einschreiten. Die Kleriker ohne Ordinationstitel wurden clerici vagi oder clerici acephali genannt.
1.5.2 CIC/1917
Das kirchliche Gesetzbuch von 1917 führte kein neues Recht ein, sondern übernahm die meisten Normen aus dem älteren Recht. Demzufolge kann die Ordination gültigerweise nur eine Person des männlichen Geschlechts empfangen, die bereits gültig getauft ist
(c. 968 § 1). Jeder Zweifel hinsichtlich des männlichen Geschlechts muss ausgeschlossen sein.71 Der zweite Satz des Kanons behandelt einen erlaubten Weiheempfang: Erlaubterweise muss der Weihekandidat nach dem Urteil seines eigenen Ordinarius und des Weihespenders die vorgeschriebenen Eigenschaften besitzen und darf mit keiner Irregularität oder keinem Hindernis behaftet sein (c. 968 § 1). Falls der Bischof keine moralische Gewissheit bezüglich der erforderten Eignung des Kandidaten der höheren Weihen besitzt, darf er ihn nicht weihen (c. 973 § 3). Wer die vorgeschriebenen Voraussetzungen nicht erfüllt, ist zum Empfang einer Weihe ungeeignet. Wer mit einer Irregularität oder einem Hindernis behaftet ist, kann nicht ohne Dispens die Weihe erlaubt empfangen und sie auch nicht erlaubt ausüben.
1.5.2.1 Weihetitel
Der ordentliche Weihetitel für die Weltkleriker - zur Sicherstellung ihres standesgemäßen Lebensunterhaltes - ist der titulus beneficii, was den Besitz eines Benefiziums bedeutet, dessen Verleihung aber fast ausnahmslos erst bei der Bischofsweihe erfolgt. Ansonsten gibt es Ersatztitel privater Art: titulus patrimonii (eigenes Vermögen) oder titulus pensionis (lebenslänglicher Pensions- oder Rentenanspruch) (c. 979). Vom titulus pensionis wurde der titulus mensae (Tischtitel) abgeleitet, der auf dem Versprechen einer physischen oder juristischen Person beruht, für den Lebensunterhalt des Klerikers im Falle seiner Arbeitsunfähigkeit sorgen.72 Wenn der Bischof eine höhere Weihe ohne apostolisches Indult und ohne Weihetitel einem Kleriker spendet, müssen er und seine Amtsnachfolger selbst für dessen Unterhalt sorgen (c. 980 § 2), sogar dann, wenn keine Anspruchsnahme der Sicherung des Lebensunterhaltes zwischen dem Weihekandidaten und dem Bischof verabredet wurde (c. 980 § 3). Unter außergewöhnlichen Umständen ist es möglich, den Kleriker auf den kirchenamtlichen Ersatztitel titulus servitii dioecesis oder auf den titulus missionis (Länder, die der Kongregation der Propaganda Fide unterstehen) zu weihen und auf diese Weise seinen Lebensunterhalt zu sichern, aber nur dann, wenn der Kleriker unter Eid verspricht, im Dienst der Diözese oder der Mission für immer zu bleiben (c. 981 § 1).73 Diese Titel entsprechen eigentlich teilweise dem früher verbotenen System der absoluten Ordination. Die Ordensmänner mit der feierlichen Profess werden auf den Titel dieser feierlichen Profess (titulus religiosa professio) oder auf den Titel der Armut (titulus paupertatis) geweiht (c. 982 § 1), die Religiosen mit einfachen ewigen Gelübden werden auf den Titel des gemeinsamen Tisches (titulus mensae communis), auf den Titel der Kongregation (titulus Congregationis) oder einen ähnlichen Titel geweiht (c. 982 § 2).
1.5.2.2 Tonsur, niedere Weihen und Subdiakonatsweihe
Für Empfang der Tonsur und der niederen Weihen ist kein bestimmtes Alter gesetzlich vorgeschrieben, aber der Kandidat darf die Tonsur erst empfangen, nachdem er sein Theologiestudium begonnen hat (c. 976 § 1). Der Bischof selbst entscheidet über die Dauer der Interstitien zwischen der Tonsur und den niederen Weihen sowie zwischen den einzelnen niederen Weihen. Auf jeden Fall darf die Tonsur nicht am selben Tag mit einer niederen Weihe oder dürfen alle niedere Weihen auf einmal erteilt werden. Das Akolythat soll mindestens ein Jahr ausgeübt werden (c. 978 §§ 2, 3). Das Mindestalter zum Empfang des Subdiakonats ist das vollendete 21. Lebensjahr (c. 975), zugleich soll die Subdiakonatsweihe erst am Ende des dritten theologischen Jahres erteilt werden (c. 976 § 2). Das Subdiakonat soll wenigstens drei Monate ausgeübt werden, bevor dem Kleriker die Diakonenweihe erteilt wird (c. 978 § 2).
1.5.2.3 Diakonenweihe – ordinatio ad diaconatum transeuntem
Das Mindestalter zum Empfang des Diakonats ist das vollendete 22. Lebensjahr (c. 975), und zugleich wird der Kandidat erst nach Beginn des vierten Jahres seines theologischen Studiums geweiht (c. 976 § 2). Der Diakon darf frühestens drei Monate nach seiner Diakonenweihe die Priesterweihe erhalten (c. 978 § 2).
1.5.2.3 Priesterweihe
Das Mindestalter zum Empfang der Priesterweihe ist das vollendete 24. Lebensjahr (c. 975), gleichzeitig muss der Weihebewerber mindestens die zweite Hälfte des vierten Jahres seines Theologiestudiums anfangen haben (c. 976 § 2). Der Apostolische Stuhl gewährt aus einem gerechten schwerwiegenden Grund (wie z. B. Priestermangel) Dispens im Falle der Priesterweihe von zwölf bis höchstens achtzehn Monaten. Der Ortsordinarius oder der Ordensobere können aus einem gerechten Grund bei den höheren Weihen von dem vorgeschriebenen Alter von höchstens einem halben Jahr dispensieren.
1.5.2.4 Bischofsweihe
Für einen Bischof gelten strengere Kriterien: Herkunft aus einer legitimen Ehe (c. 331 § 1, 1°)74, als Mindestalter das vollendete 30. Lebensjahr (2°) und mindestens fünf Jahre bereits Priester zu sein (3°)
1.5.2.5 Weihehindernisse
Die alte Uneinheitlichkeit der Begriffe ‘Irregularität’ (irregularitas oder auch impedimentum perpetuum genannt) und ‘Hindernis’ (impedimentum simplex) wurde erst durch den CIC/1917 behoben. Beide Begriffe bedeuten die Ausschließung vom Empfang der Weihen. Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Arten der Weihehindernisse besteht darin, dass ein einfaches Hindernis aus sich selbst aufhören oder durch oberhirtliche Befreiung behoben werden kann, während die Irregularität als ein dauerndes Hindernis nur mit einer Dispens zu beheben ist (c. 983). Der alte Kodex bewahrte die meisten Irregularitäten und die einfachen Hindernisse der frühen und mittelalterlichen Kirche (cc. 983-991). Durch das Motu Proprio De Episcoporum muneribus vom 15. Juni 196675 reservierte sich der Papst die Dispensierung von einigen Weihehindernissen, die anderen wurden der Vollmacht des Diözesanbischofs bzw. des Vorstehers einer Teilkirche überlassen.
Vor Empfang jeder höheren Weihe sind alle Kleriker verpflichtet, den Eid über ihre volle Freiheit, über ihre Kenntnis der mit der Weihe verbundenen Pflichten, die sie freiwillig übernehmen und treu erfüllen wollen sowie über den kanonischen Gehorsam gegenüber den kirchlichen Vorgesetzten abzulegen. Vor dem Empfang der Subdiakonatsweihe gibt es außerdem die verbindliche Pflicht, das Glaubensbekenntnis (c. 1406 § 1, 7°) und den Antimodernisteneid abzulegen.76
1.5.3 CIC/1983
Mit einem gültigen Empfang der sakramentalen Weihen sind wie in c. 968 CIC/1917 nur zwei Bedingungen verbunden: das männliche Geschlecht77 und die gültige Taufe (c. 1024). Zum erlaubten Empfang der Diakonen- und Priesterweihe ist außerdem noch erforderlich: Durchführung der vorgeschriebenen Prüfung, die gemäß dem Urteil des eigenen Bischofs bzw. des zuständigen höheren Oberen notwendigen Eigenschaften, keine Irregularität und kein Hindernis (cc. 1040-1049), erfüllte Voraussetzungen gemäß den cc. 1033-1039, die vorgeschriebenen Dokumente nach c. 1050 und das nach c. 1051 durchgeführte Skrutinium (c. 1025 § 1).78
Die künftigen Bischöfe ernennt der Papst frei oder bestätigt die rechtmäßig Gewählten (c. 377), das Urteil über die Eignung des Kandidaten steht aber letztendlich dem Apostolischen Stuhl zu (c. 378 § 2).
Die Anforderungen an einen Kandidaten der Bischofsweihe nennt das Klerikerrecht in c. 378 § 1, u. a. ein Alter von mindestens 35 Jahren (3°) und wenigstens seit fünf Jahren Priester zu sein (4°).
1.6 Intention
1.6.1 Intention seitens des Weihespenders
Die These der Ungültigkeit einer gegen den Willen empfangenen bzw. der Unwirksamkeit einer aus Furcht empfangener Weihe wurde vor wie nach dem Tridentinum vertreten. Eine Ausnahme davon ist die Verpflichtung eines vom Apost. Stuhl zum Bischof ernannten Priesters zum Weiheempfang (sogar noch im CIC/1917, c. 333), was aber mit der „Gehorsamspflicht des gültig und freiwillig geweihten Priesters gegenüber einem Auftrag des Papstes“ begründet war.79 Die Intention auf der Seite des Spenders ist von den meisten Theologen und Kanonisten der Frühscholastik als notwendig angesehen worden80 und sie wird auch in der späteren Zeit präsumiert. Das Konzil von Florenz hält im Dekret für die Armenier Exsultate Deo vom 22. November 1439 die Intention des Spenders für notwendig für jedes Sakrament, einschließlich des Weihesakramentes:
Alle diese Sakramente [Taufe, Firmung, Eucharistie, Buße, Letzte Ölung, Weihe und Ehe – DH 1310] werden durch dreierlei vollzogen, nämlich durch die Dinge als Materie, die Worte als Form und die Person des Spenders, der das Sakrament erteilt in der Absicht, zu tun, was die Kirche tut [cum intentione faciendi, quod facit Ecclesia]; wenn irgendetwas von diesen fehlt, kommt das Sakrament nicht zustande.“ (DH 1312)
Durch das Konzils von Florenz wird nicht nur die allgemeine Intention des Weihespenders zu weihen, sondern die klare Absicht, dies im Sinne der Kirche zu tun, gefordert. Neben der geänderten Form wurden die Weihen innerhalb der anglikanischen Kirche gerade wegen einer fehlerhaften Intention durch die Bulle Apostolicae curae et caritatis vom 13. September 1896 des Papstes Leo XIII. (DH 3315-3319) endgültig als „völlig ungültig und gänzlich nichtig“ [irritas prorsus et omnioque nullas]81 erklärt.
Nach Meinung der Vertreter der inneren Intention muss der Spender aus seiner Handlung, die er freiwillig und bewusst ausführt, ein Sakrament machen wollen. „Der Spender ist somit der Angelpunkt des sakramentalen Geschehens.“82 Gemäß dieser Theorie unterscheidet man den Willen zum Ritus vom Willen zum Sakrament. Wenn die Intention ganz fehlt oder fehlerhaft ist, bleibt es gleichgültig, ob der Spender die richtige Weiheform freiwillig oder gegen eigenen Willen (vorstellbar ist etwa ein durch die politischen Machthaber dazu gezwungener Bischof) vollzog.
Es wird keine aktuelle innere Intention verlangt, welche bedeutet, dass sich der Weihespender bei seiner Handlung immer wieder an seine Absicht erinnert, denn eine solche führt zur Skrupelhaftigkeit. „Gesünder ist die virtuelle Intention: Der Spender fasst den Vorsatz, bei allen sakramentalen Handlungen auch das tun zu wollen, was die Kirche dabei tut; dieser Vorsatz gilt dann praktisch ‘bis auf Widerruf.’83 Wenn sich der Spender auf die sakramentale Formel nicht konzentriert, aber die virtuelle Intention hat, reicht dies aus, die Gültigkeit des Sakramentes herzustellen. Die Intention ist nämlich ein Willensakt und nicht ein Akt der Aufmerksamkeit.84 Eine habituelle Intention dagegen, welche einmal geweckt und nicht widerrufen wurde, die aber im Zeitpunkt der Sakramentenspendung nicht (mehr) existiert, ist unzureichend und bewirkt die Ungültigkeit des Sakramentes.85 Die sakramentale Handlung muss direkt gewollt sein.86
Der Theologe Johannes Stöhr erarbeitete einen Katalog der notwendigen Charakteristika einer gültigen Intention.87 Außer den bereits erwähnten Bedingungen muss die Intention bewusst und ernsthaft sein. Weiter muss die Absicht den Willen einschließen, im Namen und im Auftrag Christi zu handeln (intentio agendi nomine Christi) und ebenfalls das zu tun, was die Kirche tut (intentio faciendi quod facit ecclesia). Gemeint ist hier die konkrete, hierarchisch strukturierte, katholische Kirche. Eine persönliche und von der Kirchenlehre unterschiedliche Sinngebung des Sakramentenspenders macht das Sakrament ungültig. Nicht entscheidend für die Gültigkeit der Sakramentenspendung ist der Gnadenstand des Spenders (frei von Todsünde)88 und sein Freisein von Häresie oder einem Irrtum in Glaubensfragen.89 Bestimmte Häresien oder Irrtümer können jedoch eine ungültige Intention nach sich ziehen, meistens im Zusammenhang mit der sakramentalen Form. Erforderlich ist die Absicht, die Spendung des Weihesakramentes als eine religiös-sakrale Handlung, und nicht als bloßes äußeres Geschehen vollziehen zu wollen. Wenn bei einem Spender mehrere Intentionen vorliegen, hängt die Gültigkeit davon ab, welche Intention Oberhand gewinnt. Trotz dieser umfangreichen Gliederung scheint Stöhr selbst eher der Theorie der äußeren Absicht zugeneigt zu sein.90
Wegen der ordnungsgemäß durchgeführten Form der Weihespendung wird erst einmal die hinreichende Intention und damit die Gültigkeit des Sakramentes vermutet (favor sacramenti); das Gegenteil müsste nachgewiesen werden.91 Der Zweifel an der gültigen Intention entsteht z. B. im Falle einer wesentlichen Änderung des Weiheritus (Zeichen, Wort, Wesensmomente des Sakramentes)92
1.6.2 Intention seitens des Weiheempfängers
Die Freiwilligkeit des Empfanges einer Weihe ist zur Gültigkeit notwendig, eine aufgrund von unwiderstehlichem Zwang empfangene Weihe wäre ungültig (c. 125 § 1). Der Weiheempfang aufgrund eines äußeren oder auch inneren moralischen Drucks, aus einer Trotzreaktion oder trotz unzureichender Kenntnis und Erkenntnis bleibt gültig, aber unerlaubt.93 Für einen gültigen Empfang des Weihesakramentes reicht demgemäß und im Gegensatz zu einer gültigen Weihespendung auch nur die habituelle Intention aus.94








