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utb 2754

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Prof. Dr. jur. Dr. phil. Reinhard Joachim Wabnitz, Assessor jur., Magister rer. publ., Ministerialdirektor a. D., Professor für Rechtswissenschaft, insbesondere Familien- und Kinder- und Jugendhilferecht am Fachbereich Sozialwesen, Hochschule RheinMain, Wiesbaden
Außerdem im Ernst Reinhardt Verlag erschienen:
– Wabnitz, R. J.: Grundkurs Kinder- und Jugendhilferecht für die Soziale Arbeit (5. Aufl. 2019, ISBN 978-3-8252-5192-5)
– Wabnitz, R. J.: Grundkurs Recht für die Soziale Arbeit (4. Aufl. 2018, ISBN 978-3-8252-5080-5)
– Wabnitz, R. J.: Grundkurs Bildungsrecht für Pädagogik und Soziale Arbeit (2015, ISBN 978-3-8252-4350-0)
– Fischer, M., Sauer, J., Wabnitz, R. J.: Grundkurs Berufsrecht für die Soziale Arbeit (2019, ISBN 978-3-8252-5145-1)
– Sauer, J., Wabnitz, R. J., Fischer, M.: Grundkurs Existenzsicherungsrecht für die Soziale Arbeit (2016, ISBN 978-3-8252-4673-0)
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
UTB-Band-Nr.: 2754
ISBN: 978-3-8252-5314-1
© 2019 by Ernst Reinhardt, GmbH & Co KG, Verlag, München
Dieses Werk einschließlich seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung der Ernst Reinhardt, GmbH & Co KG, München, unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen in andere Sprachen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Printed in EU
Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart
Satz: ew print & medien service GmbH, Würzburg
Ernst Reinhardt Verlag, Kemnatenstr. 46, D-80639 München
Net: www.reinhardt-verlag.de E-Mail: info@reinhardt-verlag.de

Inhalt
Abkürzungsverzeichnis
Vorwort
1Familien und Familienrecht
1.1 Ehe und Familie in Deutschland
1.2 Familienrecht und Grundgesetz
1.2.1 Besonderer Schutz der staatlichen Ordnung für Ehe und Familie
1.2.2 Elternrechte und Staatliches Wächteramt
1.3 Familienrecht im BGB und in anderen Gesetzen
1.3.1 Systematische Differenzierung
1.3.2 Das Familienrecht im BGB
1.3.3 Weitere zivilrechtliche Gesetze des Familienrechts
1.3.4 Öffentlich-rechtliche Gesetze des Familienrechts
2Verlöbnis und Ehe
2.1 Verlöbnis
2.2 Eheschließung
2.2.1 Unverzichtbare Voraussetzungen nach § 1310 Abs. 1 und § 1303 Satz 2
2.2.2 Ehefähigkeit und Eheverbote
2.2.3 Weitere Verfahrensvorschriften
2.3 Ehewirkungen
2.3.1 Eheliche Lebensgemeinschaft
2.3.2 Ehename
2.3.3 Unterhaltspflichten
2.3.4 Eigentumsvermutung
2.3.5 Eheliches Güterrecht
2.3.6 Erbrecht (Buch 5. BGB)
2.3.7 Prozessrecht
2.3.8 Sozialrecht
2.3.9 Steuerrecht
3 Getrenntleben und Ehescheidung
3.1 Getrenntleben
3.2 Scheidung
3.3 Scheidungsfolgen
3.3.1 Unterhalt nach Scheidung
3.3.2 Zugewinnausgleich
3.3.3 Versorgungsausgleich
3.3.4 (ggf.) Änderungen beim elterlichen Sorgerecht
3.3.5 Weitere Konsequenzen
4 Verwandtschaft und Abstammung
4.1 Verwandtschaft und Schwägerschaft
4.2 Abstammung
4.2.1 Vaterschaft kraft Ehe
4.2.2 Vaterschaft aufgrund Anerkennung
4.2.3 Vaterschaft aufgrund gerichtlicher Feststellung
4.3 Anfechtung der Vaterschaft
4.3.1 Anfechtungsberechtigte
4.3.2 Anfechtungsfristen und Verfahren
4.4 Verfahren zur Klärung der Abstammung
5 Verwandtenunterhalt I
5.1 Immer wiederkehrende Fragestellungen beim Verwandtenunterhalt
5.1.1 Verwandtschaft in gerader Linie
5.1.2 Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten
5.1.3 Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten
5.2 Rangfolge beim Verwandtenunterhalt
5.2.1 Rangfolge mehrerer Unterhaltsverpflichteter
5.2.2 Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter
5.3 Beschränkung oder Wegfall der Verpflichtung
6 Verwandtenunterhalt II und Unterhalt aus Anlass der Geburt
6.1 Art, Maß und Höhe des Unterhalts
6.1.1 Art der Unterhaltsgewährung
6.1.2 Maß des Unterhalts
6.1.3 Höhe des Unterhalts und die Düsseldorfer Tabelle
6.1.4 Deckung des Barbedarfs durch Kindergeld
6.2 Beginn und Ende des Unterhaltsanspruchs
6.3 Unterhalt aus Anlass der Geburt
7 Elterliche Sorge I
7.1 Allgemeine Regelungen
7.1.1 Name(n) des Kindes
7.1.2 Beistand und Dienstleistungen
7.2 Begriff, Erwerb und Ausübung der elterlichen Sorge
7.2.1 Begriff und Bestandteile der elterlichen Sorge
7.2.2 Erwerb der elterlichen Sorge
7.2.3 Maßstäbe für die Ausübung der elterlichen Sorge
7.2.4 Ausübung gemeinsamer Sorge
7.3 Personensorge
7.4 Persönlicher Umgang (Umgangsrecht)
8 Elterliche Sorge II
8.1 Vermögenssorge
8.2 Gesetzliche Vertretung
8.2.1 (Teil-)„Selbstständigkeit“ des Kindes
8.2.2 Bestellung eines Pflegers
8.2.3 Fälle möglicher Interessenkollision
8.2.4 Genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäfte
8.3 Ruhen und Beendigung der elterlichen Sorge
8.3.1 Ruhen der elterlichen Sorge
8.3.2 Beendigung der elterlichen Sorge
9 Elterliche Sorge III
9.1 Elterliche Sorge bei Trennung und Scheidung
9.1.1 (Einvernehmliches) Fortbestehen der gemeinsamen elterlichen Sorge
9.1.2 Einvernehmliche alleinige Sorge nach (bisheriger) gemeinsamer Sorge
9.1.3 Nicht einvernehmliche alleinige Sorge nach (bisheriger) gemeinsamer Sorge
9.1.4 Übertragung der Alleinsorge auf den Vater nach (bisheriger) Alleinsorge der Mutter
9.1.5 Sorgerechtsregelungen nach §§ 1666, 1666a
9.2 Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung sowie des täglichen Lebens
9.3 Das gerichtliche Verfahren in Kindschaftssachen
9.3.1 Ermittlungen von Amts wegen
9.3.2 Mitwirkung des Jugendamtes
9.3.3 Bestellung eines Verfahrensbeistands
9.3.4 Anhörung der Eltern
9.3.5 Anhörung des Kindes
9.3.6 Hinwirken auf Einvernehmen
9.3.7 Vermittlung betreffend Umgang mit dem Kind
9.3.8 Vorrang- und Beschleunigungsgebot
10 Elterliche Sorge IV
10.1 Gefährdung des Kindeswohls
10.1.1 Konkrete Gefährdung des Kindeswohls oder des Vermögens des Kindes
10.1.2 Eltern können / wollen die Gefahr nicht abwenden
10.2 Familiengerichtliche Entscheidungen
10.3 Verfahrensvorschriften
10.3.1 Ermittlungen von Amts wegen, Anhörungen, Hinwirken auf einvernehmliche Regelungen, Vermittlungen
10.3.2 Bestellung eines Verfahrensbeistands für das Kind
10.3.3 Zusammenarbeit mit dem Jugendamt
11 Annahme als Kind (Adoption)
11.1 Voraussetzungen der Annahme als Kind
11.1.1 Annehmende / Annehmender
11.1.2 Materielle Zulässigkeitsvoraussetzungen der Annahme als Kind
11.1.3 Einwilligungen
11.1.4 Wirkungen der Einwilligung der Eltern und Probezeit
11.1.5 Beschluss des Gerichts
11.2 Wirkungen der Annahme als Kind
11.3 Adoptionsvermittlung und Kinder- und Jugendhilfe
12 Vormundschaft, Pflegschaft, Beistandschaft
12.1 Vormundschaft
12.1.1 Voraussetzungen der Vormundschaft
12.1.2 Auswahl und Bestellung des Vormunds
12.1.3 Führung der Vormundschaft
12.1.4 Das Rechtsverhältnis zwischen Vormund und Mündel
12.1.5 Beendigung der Vormundschaft
12.2 Pflegschaft
12.2.1 Ergänzungspflegschaft
12.2.2 (Weitere) Pflegschaften nach §§ 1911 ff.
12.2.3 Entsprechende Anwendung des Vormundschaftsrechts
12.2.4 Der Begriff „Pflege(r)“
12.3 Beistandschaft
13 Rechtliche Betreuung
13.1 Voraussetzungen der Rechtlichen Betreuung
13.1.1 Bestimmte Arten von Krankheiten und Behinderungen des Volljährigen
13.1.2 Unfähigkeit, Angelegenheiten selbst zu besorgen
13.1.3 Erforderlichkeit der Rechtlichen Betreuung
13.2 Auswahl, Bestellung und Aufgaben des Betreuers
13.2.1 Auswahl des Betreuers
13.2.2 Aufgaben des Betreuers
13.2.3 Beschränkungen der Rechtlichen Betreuung
13.3 Beendigung der Betreuung
14 Nichteheliche Lebensgemeinschaften, insbesondere die Eingetragene Lebenspartnerschaft
14.1 Nichteheliche Lebensgemeinschaften
14.2 Ehe und Eingetragene Lebenspartnerschaft
14.3 Rechtswirkungen der Lebenspartnerschaft
14.3.1 Persönliche Rechte und Verpflichtungen
14.3.2 Vermögensrechtliche Konsequenzen der Lebenspartnerschaft
14.3.3 Getrenntleben und Aufhebung der Lebenspartnerschaft
Anhang
Musterlösungen
Literatur
Zitierte Literatur
Lehrbücher
Fallsammlungen
Kommentare
Zeitschriften
Sachregister
Soweit der Autor Aktualisierungen zu evtl. Gesetzesänderungen mitteilen sollte, wären diese zu finden auf der Homepage des Ernst Reinhardt Verlages und der UTB GmbH bei der Darstellung dieses Titels: www.reinhardt-verlag.de, www.utb.de
Abkürzungsverzeichnis
a. a. O. am angegebenen Ort a. F. alter Fassung AdVermiG Adoptionsvermittlungsgesetz AG Amtsgericht BAföG Bundesausbildungsförderungsgesetz BayObLG Bayerisches Oberstes Landesgericht BGB Bürgerliches Gesetzbuch BEEG Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz BErzGG Bundeserziehungsgeldgesetz BKGG Bundeskindergeldgesetz BtBG Betreuungsbehördengesetz BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerfGE Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts BKGG Bundeskindergeldgesetz BGH Bundesgerichtshof BGHZ Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs EGBGB Einführungsgesetz zum BGB EGZPO Einführungsgesetz zur ZPO EStG Einkommensteuergesetz FamFG Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit FamRZ Zeitschrift für das gesamte Familienrecht FGG esetz über die Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit FPR Familie, Partnerschaft und Recht FuR Familie und Recht GVG Gerichtsverfassungsgesetz Haager MSA Haager Minderjährigenschutzabkommen i. V. m. in Verbindung mit JAmt Das Jugendamt (früher: Der Amtsvormund) JGG Jugendgerichtsgesetz JZ Juristenzeitung KindPrax Kindschaftsrechtliche Praxis KJB Kinder- und Jugendbericht LG Landgericht LPartG Lebenspartnerschaftsgesetz n. F. neuer Fassung NJW Neue juristische Wochenschrift NZFam Neue Zeitschrift für Familienrecht OLG Oberlandesgericht PStG Personenstandsgesetz RBerG Rechtsberatungsgesetz RdJB Recht der Jugend und des Bildungswesens RDG Rechtsdienstleistungsgesetz RKEG Gesetz über die religiöse Kindererziehung SGB Sozialgesetzbuch SGB I Erstes Buch Sozialgesetzbuch (Allg. Teil) SGB VIII Achtes Buch SGB (Kinder- und Jugendhilfe) SGB X Zehntes Buch SGB (Verwaltungsverfahren) SGG Sozialgerichtsgesetz StGB Strafgesetzbuch StPO Strafprozessordnung UhVorschG Unterhaltsvorschussgesetz UN Vereinte Nationen UN-KRK UN-Kinderrechtskonvention vgl. vergleiche VwGO Verwaltungsgerichtsordnung ZfJ Zentralblatt für Jugendrecht (bis 2005) ZKJ Zeitschrift für Kindschaftsrecht und Jugendhilfe ZPO ZivilprozessordnungVorwort
Familienrecht gehört zu den Kernfächern der Ausbildung von Studierenden an den Fachbereichen für Soziale Arbeit, Sozialpädagogik bzw. Sozialwesen an Hochschulen und mitunter auch an Universitäten in Deutschland. Zumeist ist dort bereits im Grundstudium eine entsprechende Lehrveranstaltung zu besuchen und mit einer Klausur oder einer anderen Abschlussprüfung abzuschließen. Dies stellt eine besondere Herausforderung für Studierende wie für Lehrende dar.
Der vorliegende „Grundkurs Familienrecht für die Soziale Arbeit“ ist aus Lehrveranstaltungen an der Hochschule RheinMain in Wiesbaden hervorgegangen. Das Buch vermittelt in 14 Kapiteln das für die Soziale Arbeit relevante Basiswissen des Familienrechts in einer systematischen und deshalb einprägsamen und zugleich auf die Zielgruppe zugeschnittenen, verständlich formulierten Art und Weise. Im Mittelpunkt der Darstellung stehen Übersichten und Tabellen über das „Wichtigste“ für die Abschlussprüfung, ergänzt um Erläuterungen und Fallbeispiele. Für diejenigen Studierenden, die darüber hinaus „weiterarbeiten“ wollen, sei auf die Vertiefungen in einzelnen Kapiteln sowie auf die Literatur- und Rechtsprechungsangaben verwiesen.
Erfreulicherweise sind seit der 1. Auflage dieses Grundkurses im Jahre 2006 bereits vier weitere Auflagen erforderlich geworden. In dieser 5. Auflage ist das Werk wiederum auf den aktuellen Stand von Gesetzgebung, Literatur und Rechtsprechung gebracht worden. Insbesondere sind die Gesetze zur Bekämpfung von Kinderehen sowie zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts berücksichtigt worden; ferner die Gesetze zur Änderung des Unterhaltsrechts und des Unterhaltsverfahrensrechts sowie zur Änderung der Zivilprozessordnung und kostenrechtlicher Vorschriften, zur Einführung eines familiengerichtlichen Genehmigungsvorbehaltes für freiheitsentziehende Maßnahmen bei Kindern, zur Regelung des Rechts auf Kenntnis der Abstammung bei heterologer Verwendung von Samen sowie zur Änderung der materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen von ärztlichen Zwangsmaßnahmen und zur Stärkung des Selbstbestimmungsrechts von Betreuten.
Hingewiesen wird auch auf die „Parallelwerke“ des Autors: „Grundkurs Kinder- und Jugendhilferecht für die Soziale Arbeit“ (5. Aufl. 2019) sowie „Grundkurs Einführung in das Recht für die Soziale Arbeit“ (4. Aufl. 2018), die ebenfalls im Ernst Reinhardt Verlag erschienen sind.
Viel Erfolg und Spaß beim Einstieg in eine für die Soziale Arbeit außerordentlich wichtige und spannende, weil lebens- und praxisnahe Rechtsmaterie!
Wiesbaden, Sommer 2019
Reinhard Joachim Wabnitz
1 Familien und Familienrecht
1.1 Ehe und Familie in Deutschland
Ehe und Familie stellen außerordentlich bedeutende kulturelle und sozialpolitische Themen dar und sind der zentrale und originäre Lebensbereich der meisten Menschen in Deutschland. Ehe und Familie sind auch wesentlicher Gegenstand zahlreicher Wissenschaften: der Sozialarbeitswissenschaft, der Soziologie, der Psychologie, der Bevölkerungswissenschaft, der Statistik, aber auch der Ökonomie, der Philosophie, der Theologie – und nicht zuletzt der Rechtswissenschaft.
Was ist deshalb „Familie“? Manche sagen: „Familie ist dort, wo Kinder sind.“ Dies ist im Wesentlichen zutreffend, wenn dabei auch ausgeblendet wird, dass auch ältere Menschen mit ihren längst erwachsenen „Kindern“ weiterhin eine Familie darstellen. Familie im soziologischen Sinne wird deshalb oft definiert als eine Gruppe von Menschen, bei der im Verhältnis zueinander die einen von den anderen abstammen. Die Rechtswissenschaft folgt diesem soziologischen Grundverständnis. Sowohl für die Soziologie als auch für die Rechtswissenschaft ist es dabei unerheblich, ob die Eltern miteinander verheiratet sind oder nicht, ob beide Eltern mit dem Kind zusammenleben oder „nur“ ein Elternteil, ob es sich um ein Kind, um zwei, drei oder mehr Kinder handelt und ob nur ein Elternteil oder beide Eltern das Sorgerecht haben. Unbeschadet dessen sorgen auch immer öfter soziale Mütter und Väter für Kinder, die nicht von ihnen abstammen.
Was ist „Ehe“? Ehe im Rechtssinne wurde über Jahrhunderte hinweg definiert als „exklusive“, auf Dauer angelegte und aufgrund von staatlichen Regelungen begründete, geschützte und privilegierte Lebensgemeinschaft eines Mannes und einer Frau. Seit dem 1. Oktober 2017 können auch zwei Personen gleichen Geschlechts heiraten. Als soziale Institution war die Ehe ohnehin immer wieder erheblichen Wandlungen unterworfen. In römischen Zeiten hatten gut situierte Männer oft eine zweite Frau, und auch in Deutschland war dies bis ins Mittelalter häufig der Fall. Erst später wurde das Konkubinat abgeschafft. Im Gegensatz dazu bestanden über Jahrhunderte hinweg Eheverbote für Männer, die ökonomisch nicht dazu in der Lage waren, eine Familie zu unterhalten.
Dementsprechend gab es in früheren Zeiten in Deutschland mehr nichteheliche Kinder und Stiefelternteile als heute. Die 1950er und 1960er Jahre, die als die „Blütezeit der Familie“ gelten, waren mithin eher ein historischer Ausnahmefall als die historische Regel, weil das Bedürfnis nach Sicherheit und Geborgenheit sowie nach einem geregelten Leben in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg besonders groß gewesen ist.
Im Grundgesetz von 1949 werden „Ehe und Familie“ noch gleichsam in „einem Atemzug“ genannt (vgl. Art 6 Abs. 1 GG) und auch in den ersten Jahrzehnten der Nachkriegszeit im Regelfall als Einheit verstanden: Wer heiratete, wünschte sich fast immer Kinder – oder man heiratete, um sie nicht „unehelich“ auf die Welt kommen zu lassen. Kinderlosigkeit oder Nichtehelichkeit von Kindern wurden sehr häufig als Defizit oder gar als Makel empfunden. Von alledem kann heute nicht mehr die Rede sein.
Auch das Verhältnis zwischen Mann und Frau einerseits und zwischen Eltern und Kindern andererseits hat sich im Lauf der Jahrhunderte immer wieder, ganz besonders jedoch in den letzten Jahrzehnten, grundlegend geändert. Zur Zeit des Inkrafttretens des BGB im Jahre 1900, im wilhelminischen Kaiserreich, war der Mann und Vater eine fast uneingeschränkte Herrscherfigur in Ehe und Familie, während die Frau wenig und die Kinder fast überhaupt nicht „mit zu reden“ und mit zu entscheiden hatten. Der Mann konnte der Frau die Berufstätigkeit untersagen und hatte die „elterliche Gewalt“, wie dies damals lautete, über die Kinder.