Politisches Grundwissen für Ausbildung und Studium in der Polizei

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Politisches Grundwissen für Ausbildung und Studium in der Polizei
Leitfaden für den öffentlichen Dienst
Christoph Wawer,
ehemals Koordinator Gesellschaftswissenschaften/Sprachen mit dem Fachgebiet Staats- und Verfassungsrecht/politische Bildung, Hannover
5. überarbeitete Auflage, 2020

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek | Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
5. Auflage, 2020
Print ISBN 978-3-415-06801-8
E-ISBN 978-3-415-06803-2
© 1997 Richard Boorberg Verlag
E-Book-Umsetzung: Datagroup int. SRL, Timisoara
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Titelfoto: © travelwitness – stock.adobe.com
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www.boorberg.de
Musste die 4. Auflage im Hinblick auf die Weltwirtschafts- und Eurokrise sowie einzelnen Verfassungsänderungen aktualisiert werden, so sind es in dieser, der 5. Auflage, die weltweiten Krisen des vergangenen Jahrzehnts, die Deutschland treffen.
2014 brach Russland die europäische Friedensordnung, Kriege in Libyen und Syrien führten zu einer gewaltigen Migrationswelle, die 2015 Deutschland erreichte und das Grundrecht auf Asyl überbeanspruchte. In sozialen Netzwerken wurde eine latente gesellschaftliche Unzufriedenheit geschürt. Eine neue Partei hielt Einzug in die Parlamente.
Trotz einer Radikalisierung der politischen Kultur existiert in Deutschland keine Polarisierung der Gesellschaft in zwei Blöcke, wie sie in Großbritannien beim Brexit und den USA zu beobachten ist. Meinungsvielfalt, Verhältniswahlrecht und Mehrparteiensystem – insgesamt ein auf Ausgleich angelegter Verfassungscharakter – bilden die gesellschaftliche und politische Realität ab und schaffen die Möglichkeit, auch kritische Positionen frei zu vertreten.
Alle diese Bedingungen werden in der neuen Auflage ergänzend aufgearbeitet und schaffen so einen Überblick über die aktuelle politische und staatliche Grundordnung.
Dieses geschieht nicht in umfänglicher Ausführlichkeit, in epischer Breite, sondern wie gewohnt in kompakter, auf das Wesentliche konzentrierter Form. Die Reduzierung auf die sachlich bedeutenden Kernaussagen wird unterstützt durch eine klare logische Gliederung. So ist es möglich, die verschiedenen Aspekte eines Themas überblickartig zu erfassen und im Zusammenhang abzuwägen.
Ein umfangreiches Stichwortverzeichnis erleichtert die Suche nach einzelnen Begriffen und hilft bei der Beantwortung aktueller Fragen, die bei der Nutzung anderer Medien auftauchen.
Hannover, im Mai 2020Christoph WawerVorwort zur 1. Auflage
Durch die politischen Veränderungen in den letzten Jahren ist das Staats- und Verfassungsrecht umfangreicher geworden: Einigungsvertrag, Maastrichter Vertrag, Asyl- und Ausländerrecht sind nur die bekannteren Beispiele. Im Umfang mitgewachsen sind auch viele Fach- und Lehrbücher.
Die Beschäftigung mit der Verfassung, dem Grundgesetz und dem Staatsrecht ist für den Bürger, in Schule und Ausbildung kein Selbstzweck und soll es auch nicht sein.
Das vorliegende Buch stellt deshalb die grundlegenden Themen wie Grundrechte, Demokratie, Rechtsstaat, internationale Gemeinschaftsformen u. a. umfassend, jedoch in kurzer und kompakter Form dar.
Es verdeutlicht die rechtlichen, geschichtlichen und politischen Zusammenhänge und will so die Voraussetzungen vermitteln, Themen aus der aktuellen Politik und Maßnahmen der staatlichen Gewalten – eventuell auch berufsbezogen – staats- und verfassungsrechtlich einzuordnen und zu bewerten.
Hannover, im Februar 1997Christoph WawerInhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
I. Der Staat
1. Begriff und Aufgaben
a) Was ist der Staat?
b) Aufgaben des Staates
c) Elemente des Staates
2. Staatsgebiet
a) Räumlich zugeordnete Bereiche
b) Exterritorialität
3. Staatsvolk – Staatsangehörigkeit (StAng.)
a) Die deutsche Staatsangehörigkeit
b) Die Bedeutung der Staatsangehörigkeit
4. Staatsgewalt
5. Staats- und Regierungsformen
II. Geschichte der Grundrechte
1. Aufklärung und Herrschaftsordnung
2. Menschenrechte – Naturrechte
3. Amerikanische Unabhängigkeitserklärung – 1776
4. Französische Revolution – 1789 Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte
5. Deutsche Revolution und Paulskirchenverfassung – 1848/49
6. Deutsche Reichsverfassung – 1871
7. Weimarer Reichsverfassung (WRV) – 1919
8. Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (GG) – 23. 5. 1949
III. Internationale Menschenrechtserklärungen
1. UN-Charta und Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
2. Europarat: Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
3. OSZE Organisation für Sicherheit u. Zusammenarbeit in Europa – bis 1994 KSZE – Konferenz für… –
4. „Charta der Grundrechte“ der Europäischen Union
IV. Grundrechte
1. Bedeutung und Funktion
a) Funktion der Grundrechte (GR):
b) Grundrechte: Freiheits-, Gleichheits-, Schutzrechte
c) Träger von Grundrechten
d) Grundrechte – Menschenrechte – Bürgerrechte
e) Schutzbereich der Grundrechte
2. Grundrechtsschranken
3. Grundrechte im Grundgesetz (Auswahl)
a) Die Würde des Menschen – Art. 1
b) Freie Entfaltung der Persönlichkeit – Art. 2 Abs. 1 GG
c) Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht
d) Recht auf informationelle Selbstbestimmung
e) Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme – kurz: IT-Grundrecht
f) Recht auf Vergessen
g) Recht auf selbstbestimmtes Sterben
h) Recht auf Leben, körperliche Unversehrtheit, Freiheit der Person – Art. 2 Abs. 2 GG
i) Art. 104 GG „Rechtssicherheit bei Freiheitsentzug“
j) Gleichheit vor dem Gesetz – Art. 3 GG
k) Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit – Art. 5 GG
l) Versammlungsfreiheit – Art. 8 GG
m) Vereinigungsfreiheit – Art. 9 GG
n) Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis – Art. 10 GG
o) Freizügigkeit – Art. 11 GG
p) Unverletzlichkeit der Wohnung – Art. 13 GG
q) Eigentum, Erbrecht und Enteignung – Art. 14 GG
r) Ausbürgerung, Auslieferung – Art. 16 GG Staatsangehörigkeit – Art. 116 GG
s) Asylrecht – Art. 16 a GG
t) Asylverfahren und Aufenthaltsrecht
u) Verwirkung von Grundrechten – Art. 18 GG, Wehrhafte Demokratie
v) Schutz der Grundrechte; Garantien bei Grundrechtseinschränkungen – Art. 19 GG
V. Politische Herrschaftsordnungen
1. Freiheitlich Demokratische Grundordnung (FDGO)
2. Totalitäre Herrschaft
VI. Organe der politischen Willensbildung
1. Massenmedien (MM)
2. Interessen – Verbände
3. Parteien (Art. 21 GG)
VII. Staatliche Grundprinzipien
1. Art. 20 GG und Art. 20 a GG
a) Art. 20 GG Verfassungsgrundsätze – Widerstandsrecht
b) Art. 20 a GG – Schutz der natürlichen Lebensgrundlage und der Tiere
2. Demokratie
a) Begriff
b) Grundformen der Demokratie
c) Plebiszitäre Akte
d) Die parlamentarische Demokratie der Bundesrepublik Deutschland
3. Rechtsstaat
a) Liberaler – sozialer – demokratischer Rechtsstaat
b) Gewährleistung der Grundrechte
c) Gewaltenteilung
d) Gesetz- und Rechtmäßigkeit staatlichen Handelns – Art. 20 Abs. 3 GG
e) Rechtssicherheit und Vertrauensschutz
f) Lückenloser Rechtsschutz – Richterliche Unabhängigkeit
g) Justizgrundrechte
4. Bundesstaat
a) Staatliche Organisationsformen
b) Der Bundesstaat Bundesrepublik Deutschland
5. Sozialstaat
a) Sozialstaatlichkeit im Grundgesetz
b) Sozialordnung der Bundesrepublik Deutschland
c) Ausgleich sozialer Gegensätze
d) Daseinsvorsorge
e) Soziale Sicherungssysteme
VIII. Wahlen
1. Demokratische Bedeutung – Wahlgrundsätze – Wahlrecht
2. Wahlsysteme und Mandatsverteilung
3. Das bundesdeutsche Wahlsystem
IX. Die obersten Bundesorgane
1. Der Deutsche Bundestag (BTag); Art. 38–49 GG
a) Staatsrechtliche Stellung
b) Organisation, Gremien
c) Stellung und Rechte der Abgeordneten
d) Aufgaben
2. Der Bundesrat (BRat); Art. 50–53 GG
a) Staatsrechtliche Stellung
b) Zusammensetzung
c) Aufgaben
3. Der Bundespräsident / Die Bundesversammlung; Art. 54–61 GG
a) Die Bundesversammlung
b) Der Bundespräsident (BPräs.)
4. Die Bundesregierung (BReg.); Art. 62–69 GG
a) Staatsrechtliche Stellung
b) Bildung der Bundesregierung
c) Beendigung der Amtszeit
d) Interne Aufgabenverteilung
e) Aufgaben und Befugnisse
5. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG); Art. 92–94 GG
a) Staatsrechtliche Doppelstellung
b) Zusammensetzung – Wahl – Arbeitsweise
c) Zuständigkeiten
X. Gesetzgebung des Bundes; Art. 70–82 GG
1. Aufgaben der Gesetzgebung
2. Gesetzgebungsverfahren
3. Gang der Gesetzgebung
XI. Staatengemeinschaften
1. Europarat
2. Europäische Union (EU)
a) Mitgliedsstaaten – 27 – seit 2020 – ohne Großbritannien
b) Der europäische Einigungsprozess
c) Grundprinzipien der Europäischen Union
d) Organe der EU
e) Politikbereiche und Zuständigkeiten – Artikel 2–6 AEUV
f) Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP)
g) Ausgewählte Politikbereiche
3. NATO – Nordatlantische Verteidigungs-Organisation
4. UN – United Nations/VN – Vereinte Nationen
a) Ziele und Aufgaben der UN
b) Organe der UN
5. Internationaler Strafgerichtshof (ICC/IStGH)
Stichwortverzeichnis
I. Der Staat
1. Begriff und Aufgaben
a) Was ist der Staat?
Was einen Staat ausmacht, ist nicht fest definiert. Es ist oft von den herrschenden politischen, sozialen, nationalen, auch religiösen Einstellungen abhängig. Im Allgemeinen wird der Staat durch seine Aufgaben bestimmt.
b) Aufgaben des Staates
– Wahrung der äußeren Sicherheit: internationale Verträge, Verteidigung
– Wahrung der inneren Sicherheit: Gesetze, Verwaltung, Polizei, Gerichte
– Förderung des Gemeinwohls: eine gerechte Sozial- und Wirtschaftsordnung, Bildung und Kultur
Diese weitgehend funktionsbezogene Bestimmung des Staates – manche sprechen vom Staat als Dienstleistungsunternehmen – muss durch grundlegende gemeinschaftsbezogene Elemente ergänzt werden.
c) Elemente des Staates
„Wir sind das Volk!“
„Wir sind ein Volk!“
Beide Sätze prägten vor über 30 Jahren den friedlichen Aufstand der Deutschen in der DDR für eine vom Volke ausgehende Staatsgewalt, für die staatliche Wiedervereinigung Deutschlands und für ein vereintes deutsches Volk.
Die 3 Elemente des Staates, die sich hier äußern, sind:
– Staatsgebiet – Staatsvolk – Staatsgewalt –
Der Staat wird damit begrifflich durch 3 Elemente bestimmt.
2. Staatsgebiet
Das Staatsgebiet ist der umgrenzte Bereich der Erdoberfläche, in dem das Staatsvolk unter der Hoheit des Staates, der Staatsgewalt, lebt.
a) Räumlich zugeordnete Bereiche
Zum Staatsgebiet gehören:
– die Erdoberfläche innerhalb der Staatsgrenzen
– das Erdinnere (in Richtung Erdmittelpunkt)
– der Luftraum (nicht das Weltall)
– die Hoheitsgewässer von 12 Seemeilen (sm) vor Küstenstaaten für Kontroll- und Polizeirechte
– die 24 sm-Anschlusszone für wirtschaftliche Rechte
– der Festlandsockel bis zu 350 sm
– Schiffe auf hoher See, Flugzeuge im freien Luftraum
b) Exterritorialität
Nicht der Gebietshoheit unterstehen Vertreter und Vertretungen
– ausländischer Staatsorgane und Verwaltungen:
Staatsgäste, Botschafter, Diplomaten, Streitkräfte, Polizeien
– völkerrechtlicher Organisationen: UN, EU, Europarat u. a.
3. Staatsvolk – Staatsangehörigkeit (StAng.)
In jedem Staat leben neben den Staatsangehörigen, den Staatsbürgern, Personen mit anderer Volks- und Staatsangehörigkeit.
Unterschieden wird deshalb zwischen folgenden Begriffen:
Bevölkerung:
Alle in- und ausländischen Personen mit Wohnsitz im Staatsgebiet
Staatsvolk/Staatsbürger – rechtliche Bestimmung:
Alle Personen mit der Staatsangehörigkeit des jeweiligen Staatsgebietes
Nation/Volk – kulturelle Bestimmung:
Alle Personen mit derselben Volkszugehörigkeit. Grundlage ist die gemeinsame Sprache, Kultur, Geschichte, Abstammung.
In Nationalstaaten sind Staatsvolk und Nation gleich.
In Nationalitätenstaaten besteht das Staatsvolk aus mehreren Nationalitäten.
Der Erwerb der Staatsangehörigkeit:
– Mit Geburt erwerben die Kinder nach dem
– Abstammungsprinzip die StAng. der Eltern oder eines Elternteils,
– Territorialprinzip die StAng. des Geburtslandes/-staates.
– Durch Einbürgerung auf eigenen Antrag ab dem 16. Geburtstag.
a) Die deutsche Staatsangehörigkeit
Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit erfolgt nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) vom 1. Januar 2000 durch
Geburt:
– Für Kinder mit einem deutschen Elternteil gilt das Abstammungsprinzip.
– In Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern können seit 2014 die doppelte Staatsbürgerschaft besitzen, wenn sie
– bis zum 21. Geburtstag mind. 8 Jahre im Land gelebt haben
– oder in Deutschland 6 Jahre lang eine Schule besucht haben oder
– oder einen deutschen Schul- oder Berufsabschluss nachweisen.
Adoption: mit Annahme als Kind durch einen Deutschen
Art. 116 Abs. 1 GG als Flüchtling oder Vertriebener
Einbürgerung (auf Antrag):
Die Anspruchseinbürgerung besteht unter folgenden Voraussetzungen:
– acht Jahre legaler Aufenthalt in Deutschland
– Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis oder -berechtigung, z. B. EU-Bürgerschaft oder gleichgestellte europäische Staatsangehörigkeit
– Sicherstellung des Lebensunterhaltes ohne ALG II oder Grundsicherung1
– ausreichende deutsche Sprachkenntnisse für das tägliche Leben
– Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung des GG
– bestandener Einbürgerungstest zur Rechts- und Gesellschaftsordnung sowie zu den Lebensverhältnissen in Deutschland
Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse; Mehr-Ehen sind untersagt2
– Straflosigkeit – außer „Bagatelldelikten“
– Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit
– Ausnahmen bilden z. B. die Mehrstaatigkeit bei allen EU-Bürgern
Die Ermessenseinbürgerung beinhaltet Erleichterungen z. B. für Familienangehörige von Ausländern mit Einbürgerungsanspruch, Ehegatten und eingetragene Partner von Deutschen, ältere Ausländer, Asylberechtigte und anerkannte Flüchtlinge sowie Staatenlose.
Der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit
– Dieser erfolgt mit Erwerb einer ausländischen StAng. (Ausnahme EU-Bürger).
– Der Betroffene darf nicht staatenlos werden (Art. 16 Abs. 1 GG).
– Deutsche mit Doppelpass, die sich an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung im Ausland beteiligen, verlieren die StAng.2
– Einbürgerungen aufgrund rechtswidriger falscher Angaben zur Identität oder StAng. können innerhalb von 10 (früher 5) Jahren zurückgenommen werden.2
b) Die Bedeutung der Staatsangehörigkeit
Die Staatsangehörigen besitzen gegenüber dem Staat folgende
Rechte:
– Grundrechte, an die der Staat gebunden ist
– politische Rechte, die die Volkssouveränität garantieren, etwa das Wahlrecht, den freien Zugang zu allen öffentlichen Ämtern
– staatliche Leistungen wie Rechtsschutz, sozialstaatliche Leistungen
Pflichten:
– Treuepflicht gegenüber dem Staat, keine Schädigung seiner Interessen
– Gehorsamspflicht gegenüber Verfassung, Gesetzen, Rechtsverordnungen
– sachliche Leistungspflicht z. B. durch Steuern, Abgaben sowie
– persönliche – z. B. durch öffentliche Ehrenämter, Zeugnis vor Gericht
4. Staatsgewalt
Die Staatsgewalt herrscht im Staatsgebiet über alle Personen und Sachen.
Das „Gewaltmonopol“ ist das alleinige Recht zur Ausübung von Herrschaftsgewalt und Macht. Dieses besitzt ausschließlich die Staatsgewalt.
Weitere Kennzeichen der Herrschaftsgewalt sind in modernen Staaten:
– Gewährung von Leistungen an die Menschen (z. B. sozialstaatliche –)
– Lenkung und Anleitung zu einem erwünschten Verhalten, z. B. in wirtschaftlicher, sozialer, umweltschonender Hinsicht
„Zerfallende Staaten“ besitzen nicht mehr die Herrschaft im Staatsgebiet.
Zur Durchsetzung ihrer Herrschaft muss die Staatsgewalt
– souverän sein:Sie ist die höchste Herrschaftsinstanz im Staate.– umfassend sein:Sie erstreckt sich auf alle Personen und Sachen.– ursprünglich sein: Sie ist Ursprung aller anderen staatlichen Gewalten, die sich von ihr ableiten müssen.– einheitlich sein:Sie ist die einzige und alleinige Macht im Staate. Sie kann aber nach Funktionen aufgeteilt sein.Im demokratischen Rechtsstaat ist die Staatsgewalt gebunden:
– an die Volkssouveränität: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.“
– an die Verfassung mit den Grundrechten, an Gesetz und Recht
– Die Staatsgewalt ist in sich gegenseitig kontrollierende Gewalten geteilt:
– horizontal in Gesetzgebung, vollziehende Gewalt, Rechtsprechung
– vertikal in Bund und Länder
5. Staats- und Regierungsformen
Die Staatsform zeigt, wie ein Staat sich darstellt, wer ihn repräsentiert:
Das Staatsoberhaupt ist in der
Monarchie:ein Monarch durch Erbfolge: Kaiser, König u. a.,Republik:ein auf Zeit gewählter Präsident.Die Regierungsform zeigt, wer die Macht besitzt und wie sie ausgeübt wird:
Monarchie
– absolute Monarchie:Die Macht liegt allein beim Monarchen.– beschränkte Monarchie:Die Macht liegt allein beim Monarchen.– ständische Monarchie:– konstitutionelle Monarchie:– parlamentarische Monarchie:– durch Stände, Adel, Klerus, Bürger,– durch eine Verfassung,– durch ein übergeordnetes Parlament.Republik
Demokratie:Die Macht wird vom Volke ausgeübt– unmittelbare Demokratie:– durch das Volk selbst,– mittelbare Demokratie:– durch vom Volk gewählte Vertreter,– parlamentarische D.:– durch gewählte Parlamentarier,– Präsidialdemokratie:– durch einen gewählten starken Präsidenten und gewählte Parlamentarier.Diktatur – entartete Form der RepublikDie Macht liegt ausschließlich– Ein-Mann-Diktatur:– Partei-Diktatur:– Militär-Diktatur:– bei einem Diktator,– bei einer Partei,– beim Militär.Die Einteilung ermöglicht eine allgemeine Zuordnung von Staaten. Oft entsprechen jedoch die öffentlichen Bekenntnisse eines Staates zu Demokratie und Parlamentarismus nicht den tatsächlichen politischen Verhältnissen.
1 ALG (Arbeitslosengeld) II, Grundsicherung s. S. 102 f. — 2 Ergänzungen im StAG – im Kraft getreten zum 09. 08. 2019.
II. Geschichte der Grundrechte
1. Aufklärung und Herrschaftsordnung