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7 Riesenhafte Fronden für die Ausbeutung von Goldminen berichtet die von Kaiser Kian Lung geschriebene Geschichte der Ming-Dynastie (Yu tsiuan tung kian kang mu übers. v. Delamarre, Paris 1861, p. 362) noch für das Jahr 1474: 550.000 (?) Menschen seien dazu gepreßt worden.
8 Das Mißverhältnis zwischen Ankaufspreis und Kosten erklärt die ganz ungenügende Ausbeute hinlänglich.
9 Nach Weil a.a.O. S. 17 sei ein Münzgewinn der älteren Münzpolitik Chinas unbekannt gewesen. Aber das ist unglaubwürdig, da sonst die notorisch riesige Nachprägung nicht rentiert hätte. Auch berichtet die Annalistik ausdrücklich (s. u.) das Gegenteil.
10 Über diese Wirkung des Fung schui s. Variétés Sinolog. Nr. 2 (H. Havret La prov. de Ngan Hei, 1893) p. 39.
11 Nach einer von Biot (N. J. As. III Ser. 6, 1838, p. 278) wiedergegebenen Notiz aus dem Wen hian tong kao wären unter Yuan Ti (48-30 v. Chr.) die Münzvorräte des ganzen Landes auf 730.000 Uan à 10.000 tsien (Kupfermünzen), davon 330.000 im Fiskalbesitz (!), geschätzt worden, was Ma tuan lin als einen niedrigen Vorrat ansieht.
12 Die Annalistik (Ma tuan lin) gibt an, daß Kupfer, nach dem Gewicht, damals 1840 mal so viel wert gewesen sei als Getreide (andere Quellen sprechen von 507 mal so viel), während unter den Han Kupfer 1-8 mal so viel wert gewesen sein soll als Reis (auch in Rom im letzten Jahrhundert der Republik, gab es für Weizen eine erstaunliche Relation).
13 Das pien-tschen Papiergeld des 10. Jahrhunderts wurde von staatlichen Kassen eingelöst.
14 Das schwere Eisengeld in Setschuan hatte dort schon im 1. Jahrh. im kaufmännischen Verkehr Zertifikate (tschiao-tse) der Gilde der 16ner, also: Bankgeld entstehen lassen, die später durch Zahlungsunfähigkeit uneinlöslich wurden.
15 Eine chinesische Staatseinkünfteaufstellung älterer Zeit sah nach der Annalistik (Ma tuan lin) so aus:997 v. Chr.1021 n. Chr.Getreide21.707.000 schi22.782.000 schiKupfermünzen4.656.000 kuan (à 1000 tsien)7.364.000 kuanStarke Seidenstoffe1.625.000 py (Stück)1.615.000 pyFeine Seidenstoffe273.000 py182.000 pySeidengarn410.000 Unzen905.000 UnzenGaze (feinste Seide)5.170.000 Unzen3.995.000 UnzenTee490.000 Pfund1.668.000 PfundHeu, frisch und gedörrt30.000.000 schi28.995.000 schiBrennholz280.000 scho?Kohlen (Erdkohle)530.000 tsching26.000 tschingEisen300.000 Pfund- Dazu 997 noch: Posten für Pfeilholz, Gänsefedern (für die Pfeile) und Vegetabilien, 1021 aber: Posten für Leder (816.000 tsching), Hanf (370.000 Pfund), Salz (577.000 schi), Papier (123.000 tsching), 1077 (geldwirtschaftliche und handelsmonopolistische Reform Wang-An-Schis, von der zu reden sein wird): Silber .... 60.137 Unzen Kupfer .... 5.586.819 kuan Getreide .... 18.202.287 schi Starke Seidenstoffe .... 2.672.323 py Seidengarn und leichte Stoffe .... 5.847.358 Unzen Heu .... 16.714.844 scho. Dazu tritt ein Durcheinander von Abgaben an Tee, Salz, Käse, Kleie, Wachs, Öl, Papier, Eisen, Kohle, Saflor, Leder, Hanf u.a., welches sinnloserweise vom Annalisten nach dem Gesamtgewicht (3.200.253 Pfund) angegeben ist. Was die Getreidequantitäten anlangt, so rechnete man, wie andern Orts erwähnt, als Monatsbedarf einer Person 1 1/2 schi (doch wechselte die Größe des schi erheblich). Die Silbereinnahme der letzten Rechnung, die in den beiden ersten fehlt, ist entweder aus dem Handelsmonopol oder durch Einführung der noch heute bestehenden Umrechnung des Kupferkurants in Silber durch die Steuereinheber zu erklären, oder dadurch, daß die letzte Rechnung eine Ist-Rechnung, die ersten Sollbudgets (?) sind. Die erste Abrechnung der Ming-Dynastie von 1360 weist demgegenüber nur 3 Posten auf: Getreide .... 29.433.350 schi, Geld (in Kupfer und Papiergeld) .... 450.000 Unzen (Silber), Seidenstoffe .... 288.546 Stück. Also ein erheblicher Fortschritt der Silbervermehrung und ein Fortfall der zahlreichen spezifizierten Naturalien, die damals offenbar nur in den Bezirkshaushalten erschienen, wo sie verbraucht wurden. Sehr viel ist mit den Zahlen eben deshalb nicht anzufangen, weil man nicht sicher weiß, was vorabgezogen wurde. 1795-1810 flossen der Zentralregierung zu: 4,21 Mill. schi Getreide (à 120 chines. Pfund), dagegen eine sehr starke relative und absolute Vermehrung der Silbereinkünfte, ermöglicht durch die sehr stark aktive Zahlungsbilanz Chinas im Außenhandel mit den Abendländern seit dem amerikanischen Silbersegen. (Die neuere Entwicklung hat uns hier nicht zu interessieren.) Übung der alten Zeit war, nach der Annalistik, die der Hauptstadt nahe gelegenen Bezirke die geringwertigen Naturalien, die Außenbezirke mit steigender Entfernung zunehmend hochwertige Güter liefern zu lassen. Über die Steuern und ihre Wirkung siehe weiter unten.
16 So 689 n. Chr. nach Ma Tuan Lin.
17 So 683 n. Chr. der Verkauf von Getreide nach Japan (wo damals Kupferprägung herrschte).
18 So 702 nach der Annalistik.
19 Erstmalig 780 n. Chr.
20 Im 8. Jahrhundert argumentierten die Münzmeister damit: daß 1000 Einheiten Kupfer, zu Kunstwerken (Vasen) veredelt, so viel wert wären wie 3600 Einheiten, also die industrielle Verwertung des Kupfers vorteilhafter sei als die monetäre.
21 817 und seitdem oft: nicht mehr als 5000 kuan (à 1000 tsien). Je nach Höhe des Kupfergeldbesitzes wurden verschiedene Fristen für dessen Veräußerung gestellt.
22 Zuerst verwendet scheint es für die Amtssiegel der Beamten, die seit Schi Hoang-Ti den Übergang vom Feudalismus zum Patrimonialstaat äußerlich markierten.
23 So 1155: 1 1/2%, durch die tatarischen Beherrscher Nordchinas.
24 So noch 1107. Die Zettel entwerteten sich assignatenartig (bis auf 1/100).
25 So 1111, wo Papier für den Grenzkrieg emittiert wurde.
26 Dies war die regelmäßige Form, anfänglich auch von den Handelsinteressenten empfohlen. Diese Noten hatten also insoweit Schatzwechselcharakter.
27 Alte oder abgenutzte Emissionen wurden zuweilen nur mit 1/10-1/3 des Betrags eingelöst.
28 Noch 1107, infolge des Tatarenkriegs, jede Zahlung über 10.000 tsien zur Hälfte in Papier. Ähnlich öfter.
29 Seine Schilderung ist unannehmbar. 3% Abzug für Einlösung abgenützter Scheine gegen neue (Scheine!) dagegen auf Verlangen Hergabe des Goldes und Silbers gegen Scheine an jeden, der es braucht, ist nicht möglich, – selbst dann nicht, wenn man Marco Polo – was nach dem Wortlaut wenigstens möglich wäre – dahin versteht: daß ein industrieller Zweck habe angegeben werden müssen. Zwangsverkäufe von Edelmetall gegen Noten berichtet auch er.
30 Von 500:1 auf 1100:1 Mitte des 19. Jahrhunderts angeblich.
31 J. Edkins, Chinese Currency, 1890, p. 4.
32 Die Pfründen der Beamten der Tsin und Han (bei Chavannes in Vol. II App. I seiner Ausgabe von Se Ma Tsien wiedergegeben) waren, in 16 Klassen abgestuft, teils in Geld, teils in Reis angesetzte feste Deputate. Als Zeichen kaiserlicher Ungnade – der z.B. Konfuzius nach Se Ma Tsien's Biographie verfiel – galt die Verweigerung des Naturalanteils am Opferfleisch, das ihnen zukam. Immerhin finden sich im damals chinesischen Turkestan, wie später zu erwähnen, Urkunden mit reiner Geldrechnung.
33 Erst im 4. Jahrhundert v. Chr. wurde der Holzbau durch Steinbauten ersetzt. Bis dahin wechselten die pallisadierten Residenzen leicht und oft.
34 Nicht sehr ergiebig für die Kenntnis chinesischen Städtetums ist die Arbeit von L. Gaillard S. J. über Nangking, Var. Sinol. 23 (Schanghai 1903).
35 Auf die gewaltige Bedeutung der Gilden in China kommen wir weiterhin zu sprechen. Es werden dann auch die Unterschiede gegen den Okzident in ihren Gründen hervortreten, deren Bedeutung dadurch nur noch eklatanter wird, daß die soziale Macht der Gilden in China gegenüber dem einzelnen und auch der Umkreis ihrer ökonomischen Wirksamkeit weit größer waren als jemals im Okzident.
36 Auch in China natürlich hatte bei weitem nicht jeder Stadtinsasse den Zusammenhang mit einem Ahnenheiligtum im Stammort bewahrt.
37 Im offiziellen Pantheon galt als universeller Stadtgott der Reichtumsgott.
38 Über die chinesische Stadt vgl. Eug. Simon, La cité chinoise (Paris 1885, wenig präzis).
39 Denn der für die Ruhe eines Orts gegenüber der Regierung verantwortliche Ehrenbeamte (englisch mit headborough bezeichnet, vgl. H.A. Giles, China and the Chinese, New York 1912, p. 77) hatte sonst wesentlich nur die Funktion, Petitionen weiterzuleiten und gewisse Notariatsakte vorzunehmen. Er hatte ein (hölzernes) Siegel, galt aber nicht als Beamter und stand unter dem rangletzten Mandarin des Orts. – Auch besondere Munizipalsteuern gab es in den Städten nicht, sondern Schul-, Armen-, Wasser- usw. Abgaben, welche die Regierung ausschrieb.
40 Peking bestand aus 5 Verwaltungsbezirken.
41 Freilich wesentlich im Binnenverkehr benützt.
42 Wie in Ägypten der Pharao die Fronpeitsche als Zeichen des Regierens in der Hand hält, so identifiziert auch das chinesische Zeichen für Regieren (tsching) dies mit der Führung des Stocks und wird es in der alten Terminologie mit Regulierung der Gewässer, der Begriff für Gesetz (fa) aber mit Ablassen des Wassers identifiziert. (Vgl. Plath, China vor 4000 Jahren, München 1869, S. 125.)
43 Nach der Überlieferung hat z.B. Schi Hoang Ti einen Synoikismos aus den 120.000 (?) reichsten Familien des ganzen Landes nach seiner Hauptstadt oktroyiert. Von Synoikismen reicher Leute nach Peking im Jahre 1403 berichtet die von Kaiser Khian Lung geschriebene Chronik der Ming-Dynastie (Yu tsiau thung kian kang mu, Delamarre, Paris 1865, p. 150).
44 S. darüber jetzt H. B. Morse, The Guilds of China (London 1909). Ferner aus der älteren Literatur: Macgowan, Chinese Guilds (J. of the N. China Br. of the R. As. Soc. 1888/9) und Hunter, Canton before treaty days 1821-44 (London 1882).
45 Dies galt formell anscheinend besonders von den Hwei-kwan-Gilden der aus anderen Provinzen stammenden (Beamten und) Kaufleute (unseren Hansen entsprechend), die zum Schutz gegen die Feindschaft der ortsansässigen Kaufleute (wie gelegentlich in den Präambeln der Statuten angegeben wird) seit jedenfalls dem 14., wahrscheinlich schon dem 8. Jahrhundert entstanden, tatsächlich Eintrittszwang übten (wer Geschäfte machen wollte, mußte bei Lebensgefahr beitreten), Klubhäuser besaßen, Steuern je nach dem Gehalt der Beamten und bei Kaufleuten je nach dem Umsatz erhoben, jede Anrufung der Gerichte gegeneinander straften, für Gräber auf einem besonderen, die Heimatserde ersetzenden, Kirchhof sorgten, die Prozeßkosten in Fällen von Konflikten mit Nichtmitgliedern trugen und gegenüber den örtlichen Autoritäten die Anrufung der Zentralgewalt (und natürlich: die Bereitstellung der erforderlichen douceurs) besorgten (so z.B. im Jahre 1809 gegen lokale Reisausfuhrverbote remonstrierten). Neben fremdbürtigen Beamten und Kaufleuten finden sich auch Zünfte fremdbürtiger Handwerker; Nadelmacher aus Kiangsu und Taitschou in Wentschou, Goldschlägergilde nur von Leuten aus Ningpo, ebenda. Diese Organisationen sind Rudimente der Stammesgewerbeorganisation. In all diesen Fällen war die absolute Gewalt der Gilde durch die kontinuierlich bedrohte Lage der Mitglieder der Hanse in fremdstämmiger Umgebung ebenso gegeben, wie z.B. die straffe, aber immerhin weit weniger rigorose Disziplin etwa der Hansen in London und Nowgorod. Aber auch die ortseingesessenen Gilden und Zünfte (Kung so) übten durch Ausstoßung, Boykott und Lynchjustiz (Totbeißen eines Zunftmitglieds, welches die Vorschriften über die Höchstzahl der Lehrlingshaltung übertreten hatte, kam im 19. Jahrhundert vor!) eine fast absolute Herrschaft über die einzelnen Mitglieder.
46 Z.B. durch die große Gesamtgilde von Niutschwang.
47 Ebendort.
48 Besonders bei den Hwei-kwan-Gilden (Hansen) verbreitet.
49 Die Opiumgilde in Wutschou bestimmt, wann das Opium zu Markt kommen darf.
50 So die Bankiersgilden in Ningpo, Schanghai und an anderen Orten für die Zinssätze, die Teegilde in Schanghai für Lagerungs- und Versicherungssätze.
51 So die Drogistengilde in Wentschou.
52 Die Bankiersgilden.
53 So – infolge der vorhin erwähnten Reglementierung der Verkaufssaison – die Opiumgilden.
54 Auch aus der eigenen Familie.
55 Die Gilde der Goldschläger aus Ningpo in Wentschou verbot jede Aufnahme Ortsgebürtiger in die Zunft und jede Lehre ihrer Kunst an sie. Die Herkunft aus der inter-ethnischen, stammesgewerblichen, Produktionsteilung tritt darin besonders deutlich hervor.
56 Dagegen war sowohl das Unterstützungswesen wie der religiöse Charakter (gemeinsamer Kult) unentwickelter als nach abendländischen Analogien anzunehmen wäre. Wenn die Eintrittsgelder zuweilen an einen Gott (Tempelkasse) gezahlt wurden, so sicherlich (ursprünglich), um sie dem Zugriff der politischen Gewalt zu entziehen. Wenn ein Tempel als Versammlungsraum diente, so regelmäßig nur bei armen Innungen, die sich kein Klubhaus leisten konnten. Die ausgerichteten Schauspiele waren profan (nicht: mysteria, wie im Abendland). Die religiösen Fraternitäten (Hwei) entwickelten geringe Intensität religiöser Interessen.
57 So in dem erwähnten Fall in Ningpo, der zahlreiche Parallelen hat.
58 So vor allem die Ko-hong-Gilde in Kanton, deren 13 Firmen bis zum Frieden von Nangking den gesamten Außenverkehr monopolisierten: eine der wenigen auf formeller Privilegierung durch die Regierung beruhenden Gilden.
59 Die Regulierung der Bewässerung war schon in der Zeit der Entwicklung der Schrift ausgebildet (und vielleicht hing die letztere mit der durch jene bedingten Verwaltung zusammen). Regieren (tsching) bedeutet: den Stock in der Hand führen, der alte Ausdruck für Gesetz (fa) hängt mit dem Ablassen des Wassers zusammen (Plath, China vor 4000 Jahren, München 1869, S. 125).
60 Eben dies hält, wie wir sehen werden, Jahwe den Israeliten vor.
61 Angeblich (s. später) sollte unter der Tschou-Dynastie der (wie auch Legge, Shn-king, Proleg. p. 193 ff. annimmt) persönliche Himmelsgott, neben dem die 6 Geehrten standen, durch die unpersönlichen Ausdrücke Himmel und Erde kultisch ersetzt sein. Der Geist des Kaisers und seiner Vasallen ging bei guter Führung in den Himmel (von wo er auch warnend, Legge p. 238 erscheinen konnte). Eine Hölle gab es nicht.
62 Wie schwankend diese war, zeigt z.B. eine Fluch-Inschrift des Tsin-Königs gegen den feindlichen Tschu-König aus dem Jahre 312, weil dieser die Regeln der Sitte verletzt und einen Vertrag gebrochen habe. Nebeneinander werden zu Zeugen und Rächern angerufen: 1. der Himmel, – 2. der Herrscher von oben (also ein persönlicher Himmelsgott), – 3. der Geist eines Flusses (an dem vermutlich der Vertrag geschlossen worden war). (S. die Inschrift in App. III von Vol. II der Ausgabe von Se Ma Tsien durch Chavannes, und Chavannes im Journal Asiatique, Mai/Juni 1893, p. 473 f.)
63 Zu dem Vorstehenden vgl. die sehr gute (Leipziger) Dissertation von M. Quistorp (Schüler Conradys): Männergesellschaft und Altersklassen im alten China (1913). Ob, wie Conrady annimmt, Totemismus in China je geherrscht hat, könnte nur der Fachmann entscheiden.
64 Reste davon findet Quistorp a.a.O. in gewissen bei Laotse rudimentär vorhandenen Mythologemen.
65 Daher betont O. Francke nachdrücklich, daß die Mandschuherrschaft nicht als Fremdherrschaft empfunden wurde. Immerhin bedarf dies wohl der Einschränkung für Zeiten der revolutionären Erregung: die Manifeste der Taiping sind ein lebendiges Zeugnis dafür.
66 Mit dem Namen Genius der Erde wurde Heu tu, einer der sechs Minister des Kaisers Huang-ti, deifiziert (vgl. Note 215 p. LII des von Michels übersetzten und annotiert herausgegebenen Schih Luh Kuoh Kiang Yuh Tschi: Histoire géographique des XVI royaumes, Paris 1891). Darnach kann damals schon ein chthonischer Kult kaum bestanden haben, da dann ein solcher Titel blasphemisch gewesen wäre.
67 Denn darin, in dieser Verschmelzung, lag offenbar die Quelle des Universismus der Tao-Konzeption, die dann (in ganz wesentlich geistvollerer Art als in Babylonien die aus der Leberschau entnommenen Begriffe oder gar als die altägyptischen metaphysischen Konzeptionen) zu einem kosmischen System der Entsprechungen ausgebaut wurde (alles Nähere über die philosophische Deutung – soweit sie nicht für uns in Abschnitt VII noch in Betracht kommt – muß man in de Groots schönem, zitierten, Buch über Universismus nachlesen (welches, rein systematisch angelegt, die Frage der Herkunft nicht erörtert). Es ist aber klar, daß die chronomantische Deutung des Kalendermachens und des Kalenders selbst ebenso wie die absolute Stereotypierung des Rituals und, mit beidem zusammenhängend, die rationale, von der später zu besprechenden Mystik ausgehende Tao-Philosophie erst sekundär waren. Der älteste Kalender (hia siao tsching, kleiner Regulator) scheint am wenigsten mit solchen Theologumena belastet zu sein, deren Entwicklung offenbar erst nach der Kalenderreform Schi Hoang Ti's einsetzte. Das später von der Regierung unter strengster Verfolgung jeder eigenmächtigen Kalendermacherei Privater hergestellte chronomantische Grundbuch: Schi hien schu, als Volksbuch massenhaft nachgedruckt, gibt den Tagemeistern (Berufschronomanten den Stoff. Die sehr alte Kalenderbehörde der La schi (hohen Schriftsteller) war geschichtlich die Quelle sowohl der Astronomen- (Kalender-) wie der Astrologen- (portenta-) behörden, wie der rein exemplarisch und paradigmatisch gedachten Hofannalistik, die ursprünglich mit der Kalendermacherei in Personalunion war. S. u.
68 Zum Nachstehenden vgl. namentlich de Groot, Rel. of the Ch., insbesondere p. 331., 55 f.
69 Mit dieser Motivierung wurde gelegentlich gegen allzu mächtig gewordene Mätressen (Konkubinen) von Kaisern Front gemacht: Weiberherrschaft bedeute Übergewicht des yin über das yang.
70 Im Staatskult spielten allerdings (s. die höchst anschauliche und peinlich genaue Darstellung in de Groots Universismus) neben dem Kult 1. des Himmels, der jedoch (nach de Groot) beim großen Opferakt als primus inter pares unter den Ahnengeistern des Kaisers erschien, – 2. der Erde (Kaiserin Erde), – 3. der kaiserlichen Ahnen, auch die Kulte – 4. des Sche Tsi: Schutzgeistes des Bodens und der Feldfrüchte, – 5. der Sonne und des Mondes, – 6. des Sien Nung, Archegeten der Ackerbaukunst, – 7. des (weiblichen) Archegeten der Seidenzucht (Opfernde: die Kaiserin), – 8. der großen, seit 1722 aber: aller Kaiser der früheren Dynastien (außer: den gewaltsam Gestorbeneu oder durch erfolgreiche Rebellion – Zeichen mangelnden Charismas – Gestürzten), – 9. Konfuzius und einige Koryphäen seiner Schule, – diese alle (grundsätzlich) durch den Kaiser persönlich. Dazu traten 10. die Regen- und Windgötter (Tien Schen) und die Götter der Berge, Meere, Flüsse (Ti Ke), – 11. der Jupiter als Kalendergott (Geist des großen – Jupiter- – Jahres), – 12. der Archeget der Heilkunde zusammen mit dem Frühlingsgott (vielleicht ein Symptom einstiger chthonischer Orgiastik als Quelle der magischen Therapeutik), – 13. der Kriegsgott (der kanonisierte General Kuan ti, 2./3. Jahrhundert n. Chr.), – 14. der Gott der klassischen Studien (Schirmgott gegen Ketzerei), – 13. der (1631 kanonisierte) Nordpolgeist, – 16. der Feuergott Huo Schen, – 17. die Kanonengötter, – 18. die Festungsgötter, – 19. der heilige Berg des Ostens, – 20. die Drachen- und Wassergötter oder die Bau-, Ziegelei- und Getreidespeichergötter – 21. die kanonisierten Provinzialbeamten. Diese waren alle (normalerweise) durch die zuständigen Beamten zu bedienen. Man sieht, es war schließlich fast die gesamte äußere Staatsorganisation mit ihren Geistern kanonisiert. Aber die höchsten Opfer wurden offensichtlich unpersönlichen Geistern dargebracht.
71 Die Peking Gazette wimmelt von Anträgen der Beamten auf solche Kanonisierungen, welche auch darin mit den entsprechenden katholischen Prozeduren übereinstimmen, daß das Avancement schrittweise und je nach dem Nachweis weiterer Wunder erfolgte. So wird 1873 auf Bericht des zuständigen Gouverneurs über das Verhalten eines presiding spirit of the Yellow River bei Überschwemmungsgefahr zunächst dessen Zulassung zum Kult genehmigt, der Antrag auf Verleihung des Ehrentitels aber in suspenso gelassen bis zum Bericht, ob er sich weitere Verdienste erworben habe. Nachdem 1874 (Peking Gazette vom 17.12.) berichtet worden war, daß die Heranschaffung seines Bildes das Weiterschwellen der drohenden Flut zum Stehen gebracht habe, erhielt er den entsprechenden Titel. Am 13.7.74 (Peking Gazette d. D.) wurde die Anerkennung der Wunderkraft eines Tempels des Drachengotts in Honan beantragt. Am 23.5.78 wurde ein neuer Titel des Drachen-Geistes genehmigt (Peking Gazette d. D.). Ebenso beantragten z.B. 1883 (Peking Gazette vom 26.4.) die zuständigen Beamten, einem bereits kanonisierten verstorbenen früheren Mandarinen des Flußgebiets eine Rangerhöhung zu bewilligen, da sein Geist gesehen worden sei, wie er über den Wassern schwebte und bei höchster Gefahr mit bei der Beschwichtigung der Wasser tätig war. Ähnliche Anträge von in Europa sehr bekannten Beamten (Li Hung Tschang – Peking Gazette 2. 12. 1878 – u.a.) finden sich sehr häufig. Am 31. XI. 1883 protestierte ein Zensor, als advocatus diaboli, gegen die Kanonisation eines Mandarinen, da dessen Verwaltung keineswegs hervorragend gewesen sei (Peking Gazette d. D.).
72 Eine strenge Scheidung zwischen dem, was Zauber war und was nicht, ist für die präanimistische und animistische Vorstellungswelt gar nicht möglich. Auch das Pflügen und jede alltägliche, auf einen Erfolg gerichtete Handlung war ein Zauber im Sinn der Inanspruchnahme spezifischer Kräfte und – später – Geister. Man kann hier nur soziologisch scheiden: der Besitz außeralltäglicher Qualitäten schied den Zustand der Ekstase vom Alltagszustand und den Berufsmagier vom Alltagsmenschen. Außeralltäglich wandelte sich dann, rationalistisch, in übernatürlich ab. Der Kunsthandwerker, der die Paramente des Jahwetempels herstellte, war von der ruach Jahwes besessen, wie der Medizinmann von der Kraft, die ihn zu seinen Leistungen befähigte.
73 Aber nicht aus ihr allein erklärlich. Denn sonst hätte auch in Mesopotamien die gleiche Entwicklung eintreten müssen. Man muß sich damit abfinden: daß diese – wie schon G. Jellinek gelegentlich bemerkt hat – zentral wichtige Entwicklung der Beziehungen zwischen imperium und sacerdotium eben oft auf zufälligen, für uns verschollenen, historischen Schicksalen beruht.
74 Das Ausbleiben von Regen (oder Schnee) führt daher zu den erregtesten Erörterungen und Vorschlägen im Kreise des Hofs und der Ritualbeamten und die Peking Gazette wimmelt in solchen Fällen von Anträgen auf die Ergreifung magischer Abhilfemittel aller Art. So z.B. die gefahrdrohende Dürre des Jahres 1878 (s. besonders: Peking Gazette vom 11. und 24.6.78). Nachdem der Yamen (Kommittee) der Staatsastronomen unter Bezugnahme auf klassische astrologische Autoritäten auf die Färbung der Sonne und des Mondes hingewiesen hatte, wies der Bericht eines Mitglieds der Hanlin-Akademie auf die dadurch entstandene Beunruhigung hin und verlangte, daß dieses Gutachten zwar zur öffentlichen Kenntnis gebracht, der noch jugendliche Kaiser aber vor Eunuchengeschwätz über üble Vorbedeutungen bewahrt und der Palast bewacht werden solle; im übrigen mögen die Kaiserinnen-Regentinnen ihre sittlichen Pflichten erfüllen, dann werde der Regen nicht ausbleiben. Dieser Bericht wurde mit beruhigenden Erklärungen über die Art der Lebensführung der hohen Damen und mit dem Hinweis auf den inzwischen schon eingetretenen Regen publiziert. Ein Engel-Mädchen (1469 verstorbene Anachoretin) war vorher im gleichen Jahre wegen häufiger Hilfe in Hungersnot zur Kanonisierung vorgeschlagen (Peking Gazette 14.1.78) und mehrere ähnliche Promotionen vorgenommen worden.
75 Dieser fundamentale Satz der konfuzianischen Orthodoxie wird in zahlreichen kaiserlichen Edikten und Gutachten oder Anträgen der Hanlinakademie stets erneut betont. So heißt es in dem in der vorigen Note erwähnten und später noch mehrfach heranzuziehenden Gutachten des Hanlin- Professors: It is the practice of virtue alone that can influence the power of Heaven .... (vgl. auch die folgenden Anmerkungen).
76 Tschepe a.a.O. p. 53.
77 Im Jahre 1899 (Peking Gazette vom 6. 10.) findet sich ein Dekret des (durch den Staatsstreich der Kaiserinwitwe unter deren Kuratel gestellten) Kaisers, in welchem er seine Sünden als wahrscheinlichen Grund der eingetretenen Dürre beklagt und nur hinzufügt, daß auch die Prinzen und Minister durch unkorrekten Lebenswandel ihren Teil der Schuld daran auf sich geladen haben. – In gleicher Lage versprachen 1877 die beiden Kaiserinnen-Regentinnen, der Ermahnung eines Zensors: sie sollten in ihrer reverential attitude verharren, zu entsprechen da dies ihr Verhalten bereits zur Verscheuchung der Dürre beigetragen habe.