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Das Ganze war also ein ziemlicher Reinfall. Ich hasse so etwas! Ich hasse es einfach, wenn nichts funktioniert! Ich ging reichlich gefrustet nach Hause. Aber so schnell lasse ich mich nicht unterkriegen. Nachmittags hängte ich mich ans Telefon und rief meine ganze Telefonliste durch an.
Alle waren wahnsinnig nett und mitleidig. Aber keiner konnte den Hund gebrauchen.

Katharina ist frustriert, aber sie gibt nicht auf. Das ist eine ihrer wirklich positiven Eigenschaften: Sie gibt nicht so schnell auf. Wenn ihr etwas wirklich wichtig ist, dann klemmt sie sich dahinter. Auch, wenn es anstrengend ist. Und auch, wenn der Erfolg nicht so schnell sichtbar wird.
Bei ihren ausgedehnten Telefonaten kommt allerdings nichts anderes heraus, als dass ihr immer wieder gesagt wird, im Tierheim hätten es die Tiere gar nicht so schlecht, und gerade im Falle eines so kranken Tiers sei es vielleicht eine richtiggehend gute Lösung.
Kat ist nicht überzeugt. Umso weniger, als gerade an dem Tag in der Zeitung ein längerer Artikel über das örtliche Tierheim steht. Dass es so überfüllt sei, weil so viele Menschen sich verantwortungslos ein Tier anschafften und es dann abgeben müssten.
Kat stellt sich vor, wie der kranke Hund tagaus, tagein zwischen den anderen Tieren im Tierheim verbringt, wahrscheinlich den Rest seines Lebens über. Nein, das will sie nicht zulassen!
Katharina sucht sogar die Telefonnummer der örtlichen Polizei heraus. Der Polizist, der das Gespräch entgegennimmt, ist richtig nett. Er hört ihr genau zu und meint dann, vielleicht könnte man Anzeige gegen unbekannt erstatten, darüber solle Kat mit dem Tierarzt sprechen. Aber für die Unterbringung solcher Fundtiere sei nun einmal wirklich das Tierheim zuständig, bis sich jemand gefunden habe, der das Tier bei sich aufnehme. Da könne er ihr leider nicht weiterhelfen.
Am nächsten Tag fährt Kat mit ihrer Mutter zu Dr. Schmitz in die Sprechstunde. Sie wollen sich erkundigen, wie es dem Hund geht, die Mutter will mit dem Tierarzt über die Bezahlung sprechen, und außerdem brauchen sie Entwurmungstabletten für Pucki.
Die beiden warten zwischen den ganzen Tierhaltern und Tieren im Wartezimmer. Kat fand das früher immer sehr lustig, mit den winselnden Hunden, den Katzen im Korb, deren grüne Augen einen so anfunkelten, und den anderen Tieren. Einmal war eine Frau mit Schildkröten im Eimer da, das hat Kat damals besonders imponiert. Inzwischen hat Kat gemerkt, dass die meisten Tiere einfach Angst haben, und da findet auch sie die Situation nicht mehr so lustig. Die Tiere tun ihr leid – obwohl sie ja eigentlich gar keinen Grund zur Panik haben. Dr. Schmitz ist nett und tut ihnen ja nichts Böses, sondern hilft ihnen.
Nun, Dr. Schmitz zeigt Kat und ihrer Mutter, wie gut es dem Findelhund schon geht. Er ist schon viel lebhafter und leckt Kat die Hand. Kat findet ihn so süß!
Aber er hat noch nicht einmal einen Namen. „Gechipt ist er auch nicht“, stellt Dr. Schmitz kopfschüttelnd fest. „Ich habe Anzeige gegen unbekannt erstattet, aber das wird uns auch nicht viel weiterhelfen. Im Tierheim wird dieses spezielle Tier nicht glücklich werden. Er ist ausgesprochen menschenbezogen. Ich hoffe und bete immer noch, dass sich eine andere Lösung findet.“
Kat sieht ihn verwundert an. „Beten Sie wirklich?“
Dr. Schmitz lächelt. „Ja, tatsächlich. Ist das verboten?“
Kat schüttelt den Kopf. Natürlich ist es nicht verboten. Man darf immer beten. Auch für einen Hund …
Ich hab ein bisschen geheult. Dr. Schmitz kann den Hund nicht ewig behalten, sagte er. Und wohin soll er dann, der süße Hund?
Abends war dann Jugendtreff in der Gemeinde. Ich habe den anderen von dem Hund erzählt, aber die waren nicht so wirklich daran interessiert.
Luka hatte ein neues Rad, das fanden eigentlich alle deutlich wichtiger.
Ich war ziemlich sauer und half darum in der Küche ein bisschen beim Abwasch. Meine Mum behauptet zumindest immer, dabei könne man sich wunderbar abreagieren.
Frau Bodenstedt aus der Gemeinde musste sich vielleicht auch abreagieren, jedenfalls spülte sie auch schweigend vor sich hin. Plötzlich aber sah sie mich von der Seite an und fragte, ob ich Kummer hätte.
Und warum auch immer – sie ist, finde ich sonst immer, eine komische Schachtel mit hochstehenden Haaren und langen Röcken –, ich erzählte ihr alles.
„Hm“, machte sie. „Hast du es mal beim Gnadenhof Lindholz probiert? Könnte sein, dass der Hund dahin passt. Ich kenne die Inhaberin. Gertrud Homberg. Warte, ich gebe dir ihre Handynummer.“

Kat ist mit einem Mal ziemlich aufgeregt, aber sie ruft diese Gertrud Homberg sofort an. Noch vom Gemeindehaus aus. Gertruds Stimme hört sich am Telefon ganz nett an, findet Kat, und sie stellt sich eine Frau ungefähr vom Aussehen von Frau Bodenstedt vor, mit toupierten Haaren und bunter Kleidung.
Gertrud lässt sich von dem Hund erzählen, seufzt abgrundtief und meint, es sei furchtbar schlimm, wie Menschen mit ihren Mitgeschöpfen umgehen. Dann fragt sie, ob es Kat und ihrer Familie gelungen sei, den ursprünglichen Besitzer des Tiers ausfindig zu machen.
Kat befürchtet schon, Gertrud wolle den Hund nicht aufnehmen, aber die meint nur, der Besitzer hätte vielleicht ein schlechtes Gewissen und würde deshalb eine einmalige finanzielle Unterstützung leisten. Aber wenn man ihn nicht kenne, könne man ihn wohl nicht darum bitten. Und Kat und ihre Mutter sollten den Hund auf dem Gnadenhof Lindholz vorbeibringen. Am besten mit einer genauen Pflegeanweisung des Tierarztes. Kat ist einfach nur froh, als sie hört, dass sich das Problem auf diese gute Art lösen könnte.
Auf dem Gnadenhof Lindholz
Das Ganze war eine ziemliche Aktion. Linda wollte unbedingt dabeisein und dann meine nervige Schwester Janina auch. Mum fuhr mit uns zu Dr. Schmitz, der versprach, mal vorbeizugucken.
Und dann nahmen wir den Hund mit. Er lag auf einer Wolldecke zwischen Linda und mir, Janina hatte sich nach vorne auf den Beifahrersitz verzogen. Na ja, mir sollte es recht sein.
Mum schaltete das Navi ein, und das leitete uns nicht nur einmal quer durch die Stadt, sondern dann hinaus auf die Höhen, bis es schließlich in freier Landschaft erklärte, wir hätten unser Ziel erreicht.
Mum schimpfte vor sich hin, wir anderen sahen uns reichlich ratlos an. Bis ich auf die Idee kam, diese Gertrud anzurufen. Mit meinem Handy.
Gertrud lachte sich halb kaputt und erklärte, wir seien dem üblichen Naviproblem aufgesessen.
Dann versuchte sie mir den restlichen Weg zu erklären. Ich wiederholte immer, was sie gesagt hatte, Mum fuhr, und ich erzählte Gertrud, dass wir gerade an einer Bushaltestelle seien oder an einer Kuhweide vorbeiführen.
Mit einem Mal lachte Linda los. Ich hatte der Frau gerade erzählt, dass wir an einem Holzstapel vorbeigefahren seien. Da stand sie neben unserem Auto und lachte.

Übrigens sah Gertrud voll anders aus, als ich es mir gedacht hatte. Mit kurzen, grauen Haaren, in Jeans und Strickpulli. Wir stiegen alle aus dem Auto, und sie hockte sich erst einmal hin, um den Hund zu begrüßen. „Wie heißt er? ”, fragte sie.
Gute Frage. Das wussten wir doch nicht – er selber kann ja nicht reden, und sonst hat es uns auch keiner erzählt.
Sie meinte, wir hätten ihn gefunden und sollten ihm deshalb einen Namen geben. Ratlos sahen wir uns an. Bis meine Schwester erklärte, Emilio wäre passend. Keine Ahnung, wie sie darauf kam. Da aber niemand etwas Besseres wusste, wurde der Hund kurzerhand zu Emilio.
Gertrud streichelte ihn ein wenig, er wedelte mit dem Schwanz. Ein guter Anfang, fand ich.
„Gibt es hier noch mehr Hunde? ”, fragte ich und sah mich um.
„Ja, zwei Damen: Alwine und Kassandra. Mit denen wird er sich schon vertragen”, gab Gertrud Auskunft. „Soll ich euch noch den Hof zeigen?” Meine Schwester schüttelte den Kopf, alle anderen waren neugierig. Natürlich wollten wir sehen, wohin Emilio nun kam.
Es ist echt beeindruckend. Es gibt zwei Ponys, zwei Esel, ein Lama, einen Damhirsch, der hinkt, Ziegen, Schafe und Katzen und Hühner. Und die zwei Hündinnen.
Es ist wie ein kleiner Zoo.

Katharina ist begeistert. Sie gibt den Ziegen etwas Heu, das sie gierig aus der Hand annehmen. Vermutlich hätten sie auch alles andere genommen, was man ihnen zu fressen angeboten hätte. Ziegen sind ja meistens ziemlich verfressen, und diese hier scheinen da keine Ausnahme zu bilden.
Eins der beiden Ponys, ein braunes, dickes, kommt an den Weidezaun und bettelt, das andere, schwarze, steht hinten an einem Baum und legt die Ohren an. Es mag die Störung nicht, so viel ist klar.
Emilio beginnt sofort, überall hin- und herzulaufen und zu schnuppern.
Gertrud beobachtet ihn lachend. „Der ist ja richtig agil, euer alter, kranker Hund!“
Katharinas Mutter seufzt. „Ich habe ein Schreiben des Tierarztes für Sie.“
Dann gehen die beiden Damen zusammen ins Haus, einen Kaffee trinken, während Linda und Kat die Ziegen streicheln. Zweifellos die bessere Wahl, wie die Mädchen finden. Die Ziegen haben ein glattes, warmes Fell, und dass sie einen ziemlich strengen Geruch verströmen, ist den Mädchen herzlich gleichgültig.
Viel zu schnell kommen Mum und Gertrud wieder aus dem Haus. Kats Ansicht nach hätten sie ruhig eine Stunde länger Kaffee trinken können – mindestens. Doch nun muss sie Abschied nehmen von Emilio. Kat streichelt den Hund noch einmal. Er wedelt mit dem Schwanz und schleckt ihr die Hand. Kat würde am liebsten dableiben.
„Du kannst ihn ja mal besuchen“, schlägt Gertrud vor. „Die Buslinie 208 fährt hier fast vor dem Haus vorbei. Vielleicht schaffst du es ja auch mit dem Fahrrad.“
Katharina sieht ihre Mutter fragend an. Schließlich kann man nie so genau wissen, was Erwachsene erlauben, und was nicht. Doch die Mutter nickt. „Das wird schon gehen“, meint sie.
Dann fahren sie endgültig – weg von Emilio, wieder nach Hause.
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