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Er schien nicht zu ahnen, auf welch schmalem Grat ihr Verständnis balancierte, trank einen Schluck Kaffee und zündete sich eine neue Zigarette an. Erst dann fuhr er fort, und seine Stimme, die leise begann, gewann mit jedem Wort an Lautstärke und Festigkeit: »Am besten fange ich wohl bei null an, ganz am Anfang der Geschichte. Also gut, alles … alles begann vor vier Jahren, nur wenige Monate, nachdem du den Ort verlassen hattest und hierher gezogen warst.«
Er verstummte, verzog ein wenig das Gesicht und schluckte betreten, als überkämen ihn plötzlich schmerzhafte Erinnerungen an ihre Trennung. Er wandte den Kopf ab und starrte auf die Zeichnungen an den Wänden.
Elke zündete sich ebenfalls eine neue Zigarette an, lehnte sich auf der Couch zurück und sog den Rauch tief in ihre Lungen. Sie sagte jedoch nichts, sondern schwieg und wartete geduldig, dass er seine Erzählung von sich aus fortsetzte. Sie hoffte, dass es bald geschah, denn sie wollte endlich die ganze Geschichte hören und erfahren, wer oder was die Verantwortung dafür trug, dass aus Rainer dieses menschliche Wrack geworden war.
Ihre Geduld wurde belohnt, denn unvermittelt, wie auf ein unhörbares Kommando, riss Rainer seinen Blick von den Bildern los und richtete ihn erstmals wieder auf seine Zuhörerin. In seinen Augen war nun nichts mehr von dem irrsinnigen Funkeln zu sehen, das Elke zuvor dort wahrgenommen zu haben glaubte, als er sich innerlich einen Ruck zu geben schien und seine Erzählung fortsetzte:
»Nachdem du damals so plötzlich und total aus meinem Leben verschwunden warst, ging es mir eine Zeitlang nicht so gut. Die Trennung machte mir anfangs noch ziemlich zu schaffen. Allerdings musste das Leben ja trotzdem irgendwie weitergehen, und vielleicht, so versuchte ich mich zu trösten, fand ich ja demnächst wieder jemanden, bei dem ich mich so wohlfühlte wie bei dir früher. Schließlich war ich noch jung und hatte den größten Teil meines Lebens noch vor mir. Zumindest dachte ich das damals, als ich noch nichts von den schrecklichen Dingen ahnte, die uns bevorstanden. Aber ich sollte nicht schon wieder vorgreifen und alles schön der Reihe nach erzählen. Also, wo war ich? Ja, genau, mein Leben ging auch nach der Trennung noch irgendwie weiter. Ich besuchte weiterhin das Gymnasium und traf mich mit meinen Freunden. Unsere Clique, die damals aus fünf Jungs bestand, war mein einziger Trost in dieser Zeit und half mir über viele schwere Stunden hinweg. Wie du dich vermutlich noch erinnern kannst, gingen wir alle auf dieselbe Schule und verbrachten auch den größten Teil unserer Freizeit zusammen. Am Wochenende trafen wir uns am Abend meistens in unserer örtlichen Stammkneipe, dem Gasthof zum Hirschen, wo wir uns dann überlegten, was wir noch unternehmen könnten. So war es auch an jenem verhängnisvollen Abend, als alles begann …«
ZWEITES KAPITEL
1984 - Die erste Schreckensnacht
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