Wärmeversorgungssysteme mit saisonalen Wärmespeichern

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Anna-Elisabeth Wollstein-Lehmkuhl
Wärmeversorgungssysteme mit saisonalen Wärmespeichern
expert verlag

Der vorliegende Band wurde durch die Fakultät Bauingenieurwesen der Technischen Universität Dresden als Dissertationsschrift Ganzheitliche Bewertung eines nachhaltigen Wärmeversorgungssystems mit saisonalem Wärmespeicher angenommen und am 19.07.2019 in Dresden verteidigt.
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ISBN 978-3-8169-3514-8 (Print)
ISBN 978-3-8169-0016-0 (ePub)
Der Club of Rome hat mit der Veröffentlichung der Studie „Die Grenzen des Wachstums“ im Jahr 1972 einen Denkprozess eröffnet, indem er auf die Begrenzung der Ressourcen in der Welt hingewiesen hat. Diese Erkenntnisse verbinden sich zunehmend mit dem Konsens, dass die Klimaerwärmung durch die vom Menschen erzeugten CO2-Emissionen maßgeblich bedingt ist. Die Reduktion der CO2-Emissionen ist daher Bestandteil von zahlreichen klimapolitischen Zielen.
Nach Angaben des Bundesumweltamtes entfiel im Jahr 2018 über 28 % des Endenergieverbrauchs in Deutschland auf Haushalte. Davon wird etwa 85 % für die Erwärmung der Räume und für Warmwasser verwendet. Leider stammt nur etwa 15 % der dafür benötigten Primärenergie aus erneuerbaren Quellen. Somit erscheint es unumgänglich, auf nachhaltige Weise die in Haushalten benötigte Wärme zu erzeugen.
Die Bundesregierung fördert mit zahlreichen Maßnahmen die Reduktion des Energieverbrauchs in Häusern, zum Beispiele zur Wärmedämmung über das KfW-Programm „Energieeffizienz Sanieren“. Außerdem gibt es verschiedene Fördertöpfe für die Erneuerung der Heizanlagen zum Beispiel für den Einsatz von Wärmepumpen. Diese Maßnahmen erscheinen aber nicht ausreichend, um die erforderlichen CO2-Reduktionen zu erreichen.
Erste Versuche, die zum Heizen und für die Warmwasserzubereitung benötigte Energie mittels Solarthermie zu gewinnen und in saisonalen Warmwasserbehältern zu speichern, können bis in die 1990er Jahren zurückverfolgt werden. Obwohl das Prinzip der saisonalen Wärmespeicherung relativ einfach erscheint, sind die konkreten technischen Herausforderungen bei der Umsetzung solcher Konzepte komplex und vielschichtig, so dass bisher nur relativ wenige Anlagen realisiert wurden. Besonders sensibel zeigen sich Konzepte der saisonalen Wärmespeicherung auch aus wirtschaftlicher Sicht, da Heizung und Warmwasser einen nicht unbeträchtlichen Anteil der Wohnnebenkosten ausmachen und somit die Erhöhung der Kosten für Heizung und Warmwasser vermieden werden sollte.
Mit der vorliegenden Arbeit widmet sich Frau Wollstein-Lehmkuhl einer nachhaltigen Wärmeversorgung mit saisonalen Warmwasserspeichern. Dabei betrachtet Frau Wollstein-Lehmkuhl solche Systeme aus ökologischer, ökonomischer und soziökonomischer Sicht.
Besonders interessant ist hierbei, dass Frau Wollstein-Lehmkuhl mit umfangreichen Berechnungen auf Grundlage von Vollständigen Finanzplänen nachweisen konnte, dass saisonale Warmwasserwärmespeicher auch wirtschaftlich darstellbar sind.
Es bleibt zu somit hoffen, dass insbesondere die Bundesregierung aber auch Wohnungsbaugesellschaften erkennen, dass sich solche Systeme für Heizung und Warmwasser als Alternative für konventionelle Systeme, die zu CO2-Emissionen führen, darstellen. Es wäre somit wünschenswert, dass umfangreiche Fördergelder bereitgestellt werden und konkrete Projekte realisiert werden, um zunehmend Erfahrungen bei solchen Systemen zu gewinnen.
Dresden, im März 2020 Univ.-Prof. em. Dr.-Ing. Rainer Schach
Vorwort der Verfasserin
Der Einsatz von erneuerbaren Energien im Wärmesektor gewinnt im Zuge der Energiewende zunehmend an Bedeutung. Jedoch erschwert die starke Volatilität nachhaltiger Energieträger eine versorgungssichere Wärmebereitstellung. Der Einsatz von saisonalen Wärmespeichern kann Schwankungen teilweise ausgleichen. Die Entkopplung von Wärmeerzeugung und Wärmeverbrauch ermöglicht eine dezentrale und nachhaltige Wärmeversorgung mit erneuerbaren Energien.
Die wärmetechnische Versorgung durch solarthermisch betriebene saisonale Wärmespeicher steht dabei in direkter Konkurrenz zu anderen Wärmeversorgungssystemen. Durch die dezentrale Struktur des Wärmemarktes ist die optimale Anpassung an die Anforderungen der Stakeholder essentiell. In einer zukunftsfähigen Beurteilung müssen nach heutigen Standards die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit berücksichtigt werden. Projekte müssen ganzheitlich und langfristig unter den Aspekten Ökologie, Ökonomie und sozialer Verträglichkeit initiiert werden.
Die vorliegende Arbeit wählte daher einen interdisziplinären Ansatz zur Bewertung eines dezentralen solarthermisch betriebenen saisonalen Wärmespeichers zur Wärmeversorgung von Wohngebäuden. Die Einflüsse von ökonomischen, sozialen und ökologischen Parametern auf die Marktfähigkeit saisonaler Behälterwärmespeicher wurden untersucht.
Die Arbeit entstand im Rahmen meines Promotionsstipendiums am Boysen-TU Dresden-Graduiertenkolleg. Ein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater und erstem Gutachter Herrn Univ.-Prof. Dr.-Ing. Rainer Schach, der mich während dieser Zeit bei der Umsetzung meiner Promotion immer unterstützt hat und mir in vielen Gesprächen konstruktiv zur Seite stand.
Weiterhin möchte ich Herrn Professor Dr. Lutz M. Hagen vom Institut für Kommunikationswissenschaften der TU Dresden und Herrn Professor Dr.-Ing. Jörn Krimmling von der HTW Dresden für die Bereitschaft zur Begutachtung meiner Arbeit danken. Darüber hinaus möchte ich mich bei allen Angehörigen und Mitarbeitern des Boysen-TU Dresden-Graduiertenkollegs und der Friedrich und Elisabeth Boysen-Stiftung für die Förderung meines Promotionsvorhabens bedanken. Insbesondere danke ich auch den Kolleginnen und Kollegen am Institut für Baubetriebswesen für die kollegiale Zusammenarbeit und fachliche Unterstützung. Schließlich danke ich meiner Mutter, die mich stets ermutigt hat, Sachverhalte kritisch zu hinterfragen und mich in allen Lebenslagen unterstützt hat.
Mein besonderer Dank gilt meinem Ehemann Andreas für die Freiheit, Motivation und Rückendeckung bei diesem besonderen Vorhaben.
Dresden, im März 2020 Anna-Elisabeth Wollstein-Lehmkuhl
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Relevanz der Arbeit
Der Einsatz von erneuerbaren Energien im Wärmesektor gewinnt im Zuge der Energiewende und einer Fokussierung auf den Klimaschutz zunehmend an Bedeutung. Die Relevanz dessen und eine mögliche Umsetzung einer nachhaltigen Wärmeversorgung mit saisonalen Wärmespeichern sollen im Rahmen dieser interdisziplinären Arbeit untersucht werden.
Die Treibhausgase in der Atmosphäre sind seit Beginn der Industrialisierung angestiegen. Seitdem wurden verstärkt fossile Energieträger genutzt, welche zu dem derzeitigen Klimawandel beitragen. Dieser zeigt sich unter anderem in Extremwettererscheinungen und der globalen Erderwärmung.1
Durch internationale und nationale Bestrebungen, zum Beispiel durch das Pariser Klimaschutzabkommen oder den Klimaschutzplan 2050 in Deutschland, soll der Klimawandel retardiert werden. Ziel ist es unter anderem, die Treibhausgasemissionen zu senken und die Erderwärmung auf 2 °C zu begrenzen.2 Im Klimaschutzplan der Bundesrepublik Deutschland sind dafür verschiedene Maßnahmen definiert worden. Dazu gehören beispielsweise der Ausbau der Windenergie, die Förderung von Speichertechnologien oder der Ausbau der Stromnetze sowie die „stärkere[n] Nutzung der erneuerbaren Energien für die Erzeugung von Wärme“.3 Ein Faktor dabei ist der klimaneutrale Gebäudebestand, welcher die Effizienz der Gebäude betrifft.4 Die Klimaschutzziele können jedoch langfristig nicht nur durch die Reduktion des Energiebedarfs der Gebäude erreicht werden.5 „Es ist weder realistisch noch kosteneffizient, die Klimaschutzziele im Gebäudesektor ausschließlich über Effizienzmaßnahmen anzustreben. Ohne eine dynamische Zunahme der erneuerbaren Energien im Wärmesektor würden die Kosten für die dann zusätzlich erforderlichen Effizienzmaßnahmen erheblich steigen. Funktionsfähige Instrumente zur Durchsetzung der dann notwendigen, sehr weitgehenden Effizienz-Maßnahmen im Gebäudebestand sind zudem nicht ersichtlich.“6
Der Wärmebedarf in Deutschland hat einen Anteil von über 50 % am Endenergieverbrauch.7 Der Anteil von regenerativen Energieträgern bei der Wärmeerzeugung ist jedoch gering. Im Jahr 2016 stammten nur etwa 0,5 % der Nettowärmeerzeugung8 aus regenerativen Energieträgern.9 Der Anteil an erneuerbaren Energien für den Endenergieverbrauch bei Wärme beträgt circa 13 %, jedoch stagniert dieser Wert seit mehreren Jahren.10 Beim Einsatz von erneuerbaren Energien lassen sich sektorenübergreifende Probleme identifizieren. Die starke Volatilität dieser Energieträger erschwert eine versorgungssichere Wärmebereitstellung.11 Diese Problematik wird in Abbildung 1-1 in Bezug auf solare Energie verdeutlicht. Der Wärmebedarf in Gebäuden ist im Winter, während der Heizperiode, am größten. Die solare Einstrahlung und damit die solarthermischen Wärmegewinne sind jedoch im Sommer maximal.

Unterschied Wärmebedarf und solare Strahlung pro Jahr12
Der Einsatz von saisonalen Wärmespeichern kann diese Differenz minimieren. Die Entkopplung von Wärmeerzeugung und Wärmeverbrauch ermöglicht eine dezentrale und nachhaltige Wärmeversorgung mit erneuerbaren Energien.13
Die wärmetechnische Versorgung durch solarthermisch betriebene saisonale Wärmespeicher steht dabei in direkter Konkurrenz zu anderen Wärmeversorgungssystemen, wie beispielsweise Gasbrennwertkessel, Wärmepumpen oder der Fernwärmeversorgung. Durch die dezentrale Struktur des Wärmemarktes ist die optimale Anpassung an die Anforderungen der Stakeholder essentiell.14 Die Entscheidungsfindung für eine Investition unterliegt einer Vielzahl von Annahmen und Rahmenbedingungen. Die Homogenität und der Wissensstand der Akteure sind dabei nur beispielhaft zu nennen.15
In einer zukunftsfähigen Beurteilung müssen nach heutigen Standards die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit berücksichtigt werden. Projekte müssen ganzheitlich, langfristig und global unter den Aspekten Ökologie, Ökonomie und sozialer Verträglichkeit initiiert werden.16
Dieser Ansatz lässt sich auf Bauprojekte und Wärmeversorgungssysteme übertragen. Ökologische Faktoren, wie zum Beispiel Schadstoffemissionen oder Primärenergieverbrauch, werden teilweise durch gesetzliche Rahmenbedingungen vorgegeben. Die Wirtschaftlichkeit der Investition muss die Investitionskosten sowie die zukünftigen Kosten durch die Nutzung und den Betrieb einbeziehen. Überdies muss das technische System gesellschaftlich, sowohl vom Investor17 als auch von den Nutzern,18 akzeptiert werden. Für den konkurrenzfähigen Bau und Betrieb saisonaler Wärmespeicher müssen diese Aspekte berücksichtigt werden.
1.2 Ziele und Abgrenzung der Arbeit
Auf Grund der dargestellten Relevanz des Themas fand in den letzten Jahren ein verstärkter wissenschaftlicher Diskurs zu dem Problem der Einbindung von regenerativen Energien in die Wärmeversorgung statt.1 Der Fokus lag dabei oftmals auf einzelnen Aspekten, im Wesentlichen zur Betriebsführung, zur thermischen Auslegung oder zur Wirtschaftlichkeit von Wärmespeichern.
Die thermische Modellierung von Erdsondenwärmespeichern und die Weiterentwicklung der thermischen Transportprozesse wurden von BAUER durchgeführt.2 In der wissenschaftlichen Untersuchung von GROSS lag der Schwerpunkt auf der thermischen Optimierung und der Wirtschaftlichkeit des Fernwärmenetzes als Wärmespeicher.3 Die wissenschaftliche Arbeit von HEILEK verknüpfte den Stromsektor mit dem Wärmesektor und konnte über Modellierungsansätze Kostenoptimierungen für das Energiesystem identifizieren.4 Die wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit von saisonalen Wärmespeichern wurde von SCHMUCK untersucht. Die Arbeit fokussierte sich auf die Wirtschaftlichkeit von Behälter- und Erdbeckenwärmespeichern. Es wurde keine Einbindung in ein Nahwärmenetz untersucht.5 Eine ganzheitliche6 Studie zu saisonalen Wärmespeichern innerhalb eines Wärmeversorgungssystems, welche unterschiedliche Bewertungskategorien einbezieht, ist demnach in der Wissenschaft bislang nicht erfolgt. Daraus ergibt sich eine Forschungslücke, welche diese Arbeit schließt.
Ziel dieser Arbeit ist somit eine interdisziplinäre Bewertung eines dezentralen solarthermisch betriebenen saisonalen Wärmespeichers zur Wärmeversorgung von Wohngebäuden. Die zentrale Forschungsfrage lautet, inwieweit ökonomische, soziale und ökologische Parameter die Marktfähigkeit saisonaler Behälterwärmespeicher beeinflussen.
Darüber hinaus werden keine weiteren Bewertungskriterien angesetzt, da diese den Umfang dieser Arbeit bei Weitem übersteigen würden. Für eine Wirkungsabschätzung wird das mit erneuerbaren Energien betriebene Wärmeversorgungssystem im Vergleich zu konventionellen Wärmeversorgungsanlagen betrachtet. Damit geht die vorliegende Arbeit weit über bestehende Analysen und Arbeiten hinaus.
Durch die gewählte Zielstellung ergeben sich für die Bearbeitung drei Schwerpunkte, welche die Arbeit strukturieren und die Fragestellung konkretisieren:
Identifikation und Optimierung der monetären Einflussparameter innerhalb einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung unter Berücksichtigung der Interessen möglicher Stakeholder und des Lebenszyklusansatzes,
Akzeptanzuntersuchung hinsichtlich der Kenntnisse, Bereitschaft und Hürden von Investoren,
Ansätze einer Grundlagenuntersuchung des Einflusses der ökologischen Randbedingungen und Ausblick auf die Möglichkeiten der Ökobilanzierung anhand eines Beispiels zur CO2-Bilanz.
Durch die unterschiedlichen Herangehensweisen ermöglicht diese Arbeit eine umfangreiche Lösung für die zentrale Forschungsfrage und realisiert gleichzeitig eine wissenschaftliche Tiefe. Der Fokus der Arbeit liegt auf der Untersuchung der Wirtschaftlichkeit.
Auf Grund der Forschungsfrage ergeben sich zahlreiche mögliche Untersuchungsfelder. Die einzelnen Untersuchungsschritte sollen daher beispielhaft an einem Modell durchgeführt werden, welches ein Abbild der Realität darstellt. Das Modell muss die Versorgungssicherheit durch die Wärmeanlage garantieren. Die technische Funktionalität muss hierfür gegeben sein. Für die Planung und den Betrieb der Anlage wird ein Geschäftsmodell aufgestellt, welches für einen Markteintritt förderlich ist. Das erarbeitete Modell hat den Anspruch, unterschiedliche Rahmenbedingungen und Eingangsparameter flexibel zu berücksichtigen.
Die Ergebnisse ermöglichen potenziellen Investoren eine interdisziplinäre7 Bewertung für den Einsatz von saisonalen Wärmespeichern und zeigen Chancen für die Umsetzung einer nachhaltigen Wärmeversorgung auf.
1.3 Aufbau der Arbeit
Die Forschungsfrage der Arbeit, die ganzheitliche Bewertung eines nachhaltigen Wärmeversorgungssystems mit einem saisonalen Wärmespeicher, wird in sieben Kapiteln bearbeitet. Der Forschungsablauf kann in Abbildung 1-2 nachvollzogen werden.

Inhaltlicher Aufbau der Arbeit
In Kapitel 1 werden die Problemstellung und die Ziele der Arbeit vorgestellt. Der Fokus liegt auf der Darstellung der Forschungsfrage sowie der vielschichtigen Lösungswege.
Anschließend werden die theoretischen Grundlagen in Kapitel 2 erläutert. Dabei wird ein Bogen von den politischen Klimazielen zu der Wärmeversorgung in der Bundesrepublik Deutschland zu dem Einsatz von erneuerbaren Energien geschlagen. Die Funktionsweise von saisonalen Wärmespeichern wird vorgestellt. Am Ende des Kapitels wird die Lebenszyklusbewertung definiert. Auf Grund des interdisziplinären Ansatzes der Arbeit ist dieses Kapitel sehr ausführlich gestaltet.
In Kapitel 3 wird das Berechnungsmodell der Gebäude und des Wärmespeichers skizziert, welches für die weiteren Ausführungen elementar ist. Hierfür müssen die technischen Rahmenbedingungen und die Bilanzgrenze für die Umsetzung eines dezentralen Wärmeversorgungssystems mit Solarthermie und saisonalem Wärmespeicher aufgestellt werden. Die Systemparameter werden aufeinander abgestimmt ausgelegt. Darüber hinaus wird ein Betreibermodell entwickelt, welches die Grundlage für die folgenden Untersuchungen bildet.
Ausgangspunkt der interdisziplinären Untersuchung ist die Wirtschaftlichkeitsberechnung des Modells in Kapitel 4. Die Ergebnisse aus Kapitel 3 bilden hierfür die Basis. Innerhalb dieses Kapitels erfolgt eine ausführliche Erläuterung der Untersuchungsmethode, der Ergebnisse und der Untersuchungsvarianten. Im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung werden alle am Modell beteiligten Stakeholder einbezogen. Für diese müssen die unterschiedlichen Ziele und Rahmenbedingungen in der Berechnung kalkuliert und kombiniert werden. Da Investitionsentscheidungen mit Risiken verbunden sind, werden diese abschließend untersucht.
Als zweite Säule der Untersuchung wird in Kapitel 5 die soziale Akzeptanz fokussiert. Nach einer Beschreibung des methodischen Vorgehens sollen in diesem Abschnitt die Ergebnisse einer qualitativen empirischen Untersuchung dargestellt und entsprechende Schlussfolgerungen für das Gesamtsystem gezogen werden. Die Akzeptanzuntersuchung wird auf Grund des Umfangs der Arbeit und auf Basis der geringen Datenlage auf eine qualitative Expertenbefragung beschränkt. Dafür wurden Interviews mit Personen aus der Führungsebene von Wohnungsgesellschaften und -genossenschaften geführt. Es wurden Gebäudeeigentümer von Mehrfamilienhäusern in unterschiedlichen geografischen Siedlungsstrukturen befragt.
In Kapitel 6 wird die ganzheitliche Untersuchung durch den Ausblick auf eine Ökobilanz des saisonalen Wärmespeichers ergänzt. Hierfür wird das methodische Vorgehen von anerkannten Verfahren hinsichtlich der Kompatibilität auf das System überprüft und weiterentwickelt. Anhand der CO2-Bilanz eines Wärmespeichers wird die Wirkung der Ökobilanz beispielhaft aufgezeigt. Darüber hinaus lassen sich Synergien zwischen der Wirtschaftlichkeits- und der Akzeptanzuntersuchung aufzeigen.
Abschließend werden die Ergebnisse in Kapitel 7 zusammengeführt und bewertet. Die Arbeit schließt mit einem Ausblick für das Untersuchungsfeld.
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Politische Rahmenbedingungen der Energiewende
Für die Durchführung der Energiewende1 sind verschiedene politische Instrumentarien wie Richtlinien, Verordnungen, Gesetze sowie Förder- und Marktanreizprogramme vereinbart worden. Diese Regelungen finden sich auf internationaler, europäischer und nationaler Ebene. Sie sind weiter in regionale und kommunale Ziele aufgeteilt.2 Diese stehen im Spannungsfeld verschiedener Interessen, so dass deren Festsetzung und Umsetzung schwierig sind.3
Aus der historischen Betrachtung der energiepolitischen Entwicklungen bestimmen drei Faktoren die Aktivitäten im energiepolitischen Umfeld Europas: „erstens auf externen Schocks wie der Suezkanalkrise 1956 oder dem Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine im Dezember 2005 und im Winter 2008/09, die die Union zum Handeln zwingen; zweitens auf dem Willen der Mitgliedstaaten, für transparente Preisgestaltung und Wettbewerb im Energiebereich durch Deregulierung und Liberalisierung zu sorgen; und drittens auf der Geschicklichkeit der Europäischen Kommission, Initiativen zum richtigen Zeitpunkt zu lancieren.“4
2.1.1 Internationale politische Instrumente
Eine einheitliche Energiepolitik1 bedarf internationaler und europäischer Regelungen zum Schutz des Klimas. Die Entwicklung dieser gestaltet sich auf Grund der unterschiedlichen Ziel- und Interessenlagen schwierig.
Der Grundgedanke der internationalen Energiepolitik war zunächst die Schaffung eines europäischen Energiebinnenmarkts. Die große Importabhängigkeit war durch die stark steigenden Ölpreise bedingt durch die Ölkrise in den 1970er Jahren in den Fokus der EU-Kommission gerückt.2 Die Umsetzung eines solchen einheitlichen europäischen Energiemarktes wurde durch die unterschiedlichen Interessen der europäischen Mitgliedstaaten verzögert.3 Letztendlich gaben die politischen Rahmenbedingungen der Jahre um 1990, wie die deutsche Wiedervereinigung, der Zusammenbruch der Sowjetunion und der Beginn des ersten Irankriegs,4 den Ausschlag für die Energiecharta, welche 1990 in Dublin ausgearbeitet und 1991 von den Mitgliedsstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), den EFTA-Staaten, Japan und den USA unterzeichnet wurde.5
Die nukleare Katastrophe im Jahr 1986 im Kernkraftwerk in Tschernobyl trug zu einer verstärkten Diskussion bei, welche neben der Energiepolitik auch den Klimaschutz in den Fokus rückte.6 Die erste Klimarahmenkonvention im Jahr 1992 in Rio de Janeiro thematisierte dies. Damit wurde ein gemeinsamer internationaler Rahmen für klimapolitische Standards, wie zum Beispiel die Stabilisierung von Treibhausgasemissionen,7 geschaffen.
Diese Verpflichtungen wurden weiterführend im Kyoto-Protokoll im Jahr 1997 ausgearbeitet. Die Mitgliedsstaaten der EU und weitere Staaten verpflichteten sich dabei, die Treibhausgasemissionen zwischen 2008 bis 2012 im Vergleich zum Jahr 1990 um 8 % zu reduzieren.8 Hinzu kamen weitere Ziele für die Erhöhung der Anteile an erneuerbaren Energien und der Steigerung der Energieeffizienz.9 Das Kyoto-Protokoll wird auf Grundlage seiner internationalen Anerkennung und der vereinbarten Ziele als Meilenstein der internationalen Klimaschutzpolitik gesehen.10
In den folgenden Jahren wuchsen die Schwierigkeiten in der Europäischen Union, sich auf eine gemeinsame Klimapolitik zu einigen. Davon zeugt auch der Vertrag von Nizza aus dem Jahr 2003, welcher keine neuen Impulse setzte.11 Ab dem Jahr 2005 gab es Ansätze für die Einführung des Emissionshandels in der EU.12 Zwei Jahre später konnten diese gemeinschaftlichen Bestrebungen für einen gemeinsamen Energiemarkt in der EU durch den Vertrag von Lissabon bestätigt und ausgebaut werden. Die Verknüpfung der Energienetze und der Energiepolitik bedeutete einen entscheidenden Fortschritt.13 Fortführend muss auf den Beschluss des EU-Rates vom März 2007 hingewiesen werden, welcher das sogenannte „20-20-20-Ziel“14 beinhaltet.15 „Das inhaltliche Hauptziel besteht darin, zum Jahr 2020 die Treibhausgasemissionen um 20 Prozent gegenüber dem Bezugsjahr 1990 zu senken, den Anteil der erneuerbaren Energien am Energieendverbrauch auf 20 Prozent zu erhöhen und die Energieeffizienz um 20 Prozent zu steigern.“16 Dieser Beschluss kann als Fortführung des Kyoto-Protokolls auf EU-Ebene gesehen werden.17
Auf der Weltklimakonferenz 2011 in Cancún wurde eine Begrenzung des weltweiten Temperaturanstieges auf 2 °C politisch angestrebt, um die Auswirkungen des Klimawandels auf einen verträglichen Rahmen zu begrenzen. Dies würde eine Reduktion der Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 um 80 % bis 90 % pro Kopf im Vergleich zum Jahr 1990 bedeuten. Für Industrie- und Schwellenländer können sich durch die ambitionierten Ziele Schwierigkeiten hinsichtlich des wirtschaftlichen Wachstums ergeben. Vor diesem Hintergrund wird das „2 °C – Ziel“ immer wieder kritisch beurteilt.18



