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Als sie nach dem Leichenschmaus vom Gasthaus nach Hause kam, ging sie in die Küche, schenkte sich einen Vogelbeerschnaps ein, nahm Norberts Foto aus dem Rahmen und zeichnete mit einem Filzstift einen dicken schwarzen Rand herum. Als sie fertig war, küsste sie seinen Mund auf dem Bild. Dann goss sie die Blumen. Danach setzte sie sich auf die Gartenbank im Hof. Endlich konnte sie die Hände in den Schoß legen.
Ein Motorrad bog in einer eleganten Schleife in den Hof ein, kam knapp vor ihr zu stehen. Eine Gestalt in schwarzem Leder stieg ab, erschien ihr sehr groß. Aber das war ja Christoph, der sie da anlachte. In seinem schwarzen Gewand und mit seiner Vogelnase erinnerte er sie an Jaromir. Er breitete die Arme aus wie Flügel.
»Ich war in der Nähe und da hab ich gedacht, ich schau einmal bei dir vorbei. Störe ich?«
»Keineswegs, ich bin jetzt Witwe«, sagte Elisabeth.
»Wie bitte?« Christoph schaute entgeistert.
»Strohwitwe«, verbesserte sich Elisabeth.
»Na, dann ab ins Stroh«, sagte Christoph lachend, hob sie hoch und trug sie ohne Umschweife in die Scheune, in der tatsächlich noch Stroh aufgeschüttet war.
Beim Abschied fragte er, ob er wiederkommen dürfe.
»Aber gern«, sagte Elisabeth, »Norbert macht jetzt sehr oft Radtouren mit seinem Freund.«
Christoph lachte und sang: »Ich glaub, der Freund heißt Gretchen, ich glaub, er ist ein Mädchen.« Christoph war sehr sangesfreudig. Norbert sang nie.
Nachdem das Motorrad außer Sicht- und Hörweite war, ging Elisabeth in die Küche und schüttete das Pilzgericht ins Klo. Ein Gefühl satter Zufriedenheit erfüllte sie.
Schwammerlgulasch
Zutaten für 4 Portionen:
500 g Schwammerl (Pilze) nach Wahl (Eierschwammerl,
Steinpilze, Birkenpilze, Champignons …)
1 EL Butter
1 Zwiebel
1 Bund Petersilie
1 TL Majoran
Kümmel
1 TL Paprikapulver (edelsüß)
1/8 l Sauerrahm
Salz
Pfeffer
Zubereitung:
Die geputzten Schwammerl in Scheiben schneiden. Zwiebel und Petersilie feinhacken und in Butter gelb-golden anschwitzen. Eine Idee Kümmel, den Majoran und das Paprikapulver sowie die Schwammerl dazugeben und alles kurz durchrösten. Mit etwas Wasser – je nach Bedarf, da die Schwammerl auch Wasser abgeben – aufgießen, salzen und pfeffern. Es empfiehlt sich, zuerst wenig Wasser beizugeben und lieber öfter nachzugießen oder, falls man doch einmal zu viel Flüssigkeit erwischt, mit etwas Mehl einzudicken.
Bei geschlossenem Deckel ca. eine halbe Stunde weichdünsten. Den Rahm mit dem Rest der feingehackten Petersilie gut vermengen und einrühren. Einige Minuten weiterköcheln lassen.
Mit Semmel- oder Serviettenknödeln servieren.
(Quelle: Irene Wondratsch, Familienrezept)
Lost in Dubai
In meinen schicken neuen Stiefeletten bin ich auf dem Glatteis ausgerutscht und ab ging’s die Straße hinunter. Er hat mich gestoppt und mir aufgeholfen. So bin ich in seinen Armen gelandet.
»Hast du dir wehgetan?«
Ich konnte nur stumm nicken, war ganz verdattert, weil alles so schnell gegangen war.
»Wennst heirat’st, wird’s gut.«
»Das hat meine Mutter auch immer gesagt, aber mich will ja keiner.«
»Doch. Ich.«
»Na gut«, lachte ich, »wann gehen wir aufs Standesamt?«
Er griff zu seinem Handy und sah auf dem Terminkalender nach. »Nächste Woche Dienstag?«
Ich sagte sofort zu. Wer weiß, wann ich wieder so eine Gelegenheit bekäme.
Für den nächsten Tag vereinbarten wir ein Rendezvous beim Juwelier, um die Eheringe zu kaufen. Ich entschied mich für einen flachen, breiten aus Rot-, Gelb-, und Weißgold. Ein Prachtstück.
Auf dem Weg vom Standesamt zur Hochzeitstafel lief eine schwarze Katze vor unseren Füßen über die Straße. Von links nach rechts.
»Hoffentlich bringt das kein Unglück!«, schrie ich.
Ich sollte Recht behalten. Auf dem Flug nach Dubai flirtete mein frischgebackener Ehemann heftig mit einer der Stewardessen. Offenbar nahm er es mit der Treue nicht so genau.
»Doch nicht schon in den Flitterwochen!«, zischte ich ihn an.
»Was?«, fragte er, ohne mich anzublicken, seine Augen waren auf die Beine der Flugbegleiterin geheftet. Ich boxte ihn in die Rippen, so dass der Rotwein aus dem Becher, den er in der Hand hielt, über die Ufer trat und markante Spuren auf seiner hellbeigen Hose hinterließ.
Bald war der heftigste Streit zwischen uns im Gange, der auch den Mitreisenden nicht verborgen blieb.
»Ruhe!«, brüllte der Dicke in der Sitzreihe vor uns.
»Ein Benehmen ist das!« Die Lady neben ihm schüttelte den Kopf.
Schließlich kam die Chefstewardess und versetzte meinen Mann in die letzte Reihe. Voll Zorn streifte ich meinen Ehering ab und schleuderte ihn meinem Mann nach. Ich traf ihn aber nicht. Ich war nie eine gute Ballspielerin gewesen. Der Ring verrollte sich und ward nicht mehr gesehen. Und das bei dem Goldpreis! Ich begann heftig zu schluchzen.
Mitleidige Passagiere krochen auf allen Vieren auf dem schmalen Gang und suchten unter den Sitzen, bis es der Crew zu bunt wurde und das »Fasten Seat Belt«-Zeichen alle auf ihre Plätze zwang.
»Puppi, schauen Sie, dass Sie den zum Ring gehörigen Mann auch so schnell loswerden!«, ermunterte mich die alte Dame in der Reihe hinter mir.
Ich beschloss, den Rat einer lebenserfahrenen Frau zu beherzigen. Aber noch immer rannen mir die Tränen über die Wangen.
»Was Besseres als den finden Sie allemal«, tröstete sie mich.
»Aber wo denn?«
»Na im Supermarkt.« Sie reichte mir das Buch, in dem sie gelesen hatte. »Glück aus dem Supermarkt« stand auf dem Cover. »Da lernen sich ein Mann und eine Frau beim Einkaufen kennen und lieben.«
Ich griff nach meinem Reiseführer und studierte die Seiten unter »Einkaufen«. Einem Scheich würde ich nicht auf den Leim gehen, um unter »ferner liefen« im Harem zu landen, da könnte ich ja gleich bei meinem Mann bleiben. Aber vielleicht ein netter Tourist, ein weltgewandter Geschäftsmann auf Reisen, dessen Koffer nicht mitgekommen war und der sich in der Mall neu einkleiden musste.
Als ich auf die Toilette ging, sah ich meinen Angetrauten. Er war eingeschlafen. Der Mund stand ihm offen, was sein attraktives Aussehen ziemlich beeinträchtigte, und die Brille war von der Nase gerutscht. Ich musste diese teure Brille vor Schaden bewahren, nahm sie vorsichtig ab und verstaute sie in meiner Handtasche.
Bevor er das Flugzeug nach der Landung verließ, begann er ein Lamento über den Verlust seiner Augengläser. Er war ziemlich kurzsichtig und hatte zudem eine Hornhautverkrümmung. Seine Reservebrille war daheim geblieben.
Meine Flitterwochen verbrachte ich solo in Dubai. Ich fand zwar keinen Mann, aber hinreißende Dessous, die ich daheim meinen Freundinnen vorführen konnte.
Als ich die Rückreise antrat und eincheckte, bat mich die Hostess am Schalter, mich bei der Flughafenpolizei zu melden. Dort empfing mich ein liebenswürdiger, ein wenig besorgt aussehender Beamter, der mir in bedauerndem Tonfall eröffnete, dass er eine traurige Nachricht für mich habe.
Ich erfuhr, dass mein Mann bereits am Tag der Ankunft in Dubai beim Überqueren einer Straße überfahren worden war. Der Unfall ereignete sich unmittelbar vor einem Optiker-Geschäft. Ich sei weder im Hotel noch telefonisch erreichbar gewesen.
Ich hatte mir sofort ein anderes Hotel gesucht, um meinem Mann nicht begegnen zu müssen und der Akku meines Handy war leer. Ich hatte mein Aufladegerät daheim vergessen.
»Wissen Sie, mein Mann und ich haben uns im Flugzeug gestritten und sind danach getrennte Wege gegangen.«
»Das tut mir leid.« Er bot mir einen Cognac an und fragte, ob ich psychische Betreuung brauche. Ich schüttelte stumm den Kopf. Er begleitete mich zum Boarding. Ich war so gerührt über diese Fürsorge, dass ich ein bisschen weinen musste.
Ich wurde vor allen anderen Passagieren an Bord gelassen und in die Erste Klasse upgegradet. Die Chefstewardess bemutterte mich bis zur Landung. Sie beriet mich bei der Menüauswahl und fragte, ob ich lieber Melissentee – »sehr beruhigend« – oder ein Glas Champagner haben wolle. Ich entschied mich für letzteres.
Nach der Landung wurde ich einem jungen Mann vom Bodenpersonal übergeben, der mich bis zum Flughafenausgang brachte und mich einem Taxifahrer übergab.
Daheim drückte ich die Gläser aus dem Brillengestell meines Verflossenen und gab sie in den Eiscrusher, den ich anschließend auf der Mülldeponie entsorgte. Aus dem Drahtgestell sollte mir eine Freundin, die Modeschmuck herstellte, einen Armreifen formen.
Dubai Chicken
Zutaten für 4 Portionen:
1 kg Hühnerbrustfilets
150 g Oliven, schwarz
100 g Trockenaprikosen
2 Knoblauchzehen
80 ml Olivenöl
Saft und 1 TL Abrieb einer ungespritzten Zitrone
150 ml Weißwein
1 EL Pul Biber
1 TL Paprikapulver, rosenscharf
1 TL Zimtpulver
1 TL Kardamompulver
1 TL Korianderpulver
1 TL Ingwerpulver
1 TL brauner Zucker
Salz
Pfeffer
nach Belieben ein Spritzer Rosenwasser
Rosenwasser ist in der arabischen Küche eine beliebte Zutat, nicht nur bei Desserts. Pul Biber ist eine Würzmischung aus hauptsächlich grob zerstoßenem getrocknetem Paprika und Salz. Sie müssen also beim Marinieren nicht übermäßig salzen, schmecken Sie lieber nach dem Marinieren noch einmal ab.
Zubereitung:
Hühnerbrustfilets waschen, parieren (von Häuten, Sehnen und Fett befreien) und in 3x3 cm große Stücke schneiden. Die Aprikosen halbieren, Oliven gegebenenfalls entsteinen, den Knoblauch schälen und kleinhacken.
Alle Zutaten außer dem Weißwein in einer Schüssel gut miteinander vermischen und abgedeckt über Nacht im Kühlschrank marinieren lassen.
Am nächsten Tag Backofen auf 180° C vorheizen, alle Zutaten in eine geeignete Auflaufform geben, noch einmal abschmecken und den Weißwein angießen. Ohne Abdeckung etwa 30 Minuten backen. Mit Fladenbrot servieren.
Hojotoho
Herr Havlicek führte ein zufriedenes Leben in seinem Reihenhaus am Stadtrand. Als Witwer war er ein begehrter Mann.
Doch ließ er kein Weib an sich heran, das die Ordnung in seinem Haus durcheinandergebracht hätte. Jahrzehnte hatte es gedauert, bis seine verstorbene Trude endlich das Plaid so über den Lehnstuhl gefaltet hatte wie er, und jetzt sollte er noch einmal von vorne anfangen?
Ein Plausch über den Gartenzaun genügte ihm allemal mit dem beruhigenden Gefühl, sich jederzeit in seine vier Wände zurückziehen zu können, wo er Wagner hörte, ohne dass eine Frau die Augen verdrehte oder dreinquatschte.
Die Leute in der Siedlung waren mit ihm alt geworden und ihre Kinder groß. Eines Tages zog das Ehepaar vom Nachbarhaus in ein Pensionistenheim. Ihre Tochter und deren Mann, beide in den mittleren Jahren, bewohnten es nun. Sie waren kinderlos, was Havlicek sehr begrüßte, hatten aber einen Hund.
Bei seinem Morgenspaziergang begegnete er stets vielen verwitweten Frauen, die ihre Köter an der Leine führten. Erst haben sie ihre Männer unter die Erde gebracht und nun verwöhnen sie ihre vierbeinigen Lieblinge, dachte er. Er war sich sicher, dass sie ihren Verflossenen nie so viel Zuneigung geschenkt hatten.
Ungeniert verrichteten die »Hunderl« mitten auf dem Gehsteig ihr Geschäft.
»Nimm ein Sackerl für mein Gackerl« war in diese Gartenhaussiedlung noch nicht vorgedrungen. Im Gegenteil, die Frauerl betrachteten die Hundstrümmerl ihrer Gefährten mit Genugtuung und dachten nicht im Mindesten daran, sie zu entfernen.
Wie kam er dazu, dass er hochkonzentriert Zickzack-Wege in Kauf nehmen musste und obendrein noch seine feine Nase beleidigt wurde?
Jenny war ein weißer Königspudel, den seine neuen Nachbarn allzu oft allein ließen, wie sein jammervolles Winseln oder wütendes Kläffen bezeugte. Und man weiß ja: Wenn einer anfängt, fallen alle Artgenossen in der Umgebung in das Gebell ein, was Havliceks Mittagsschläfchen und die darauf folgende Anhörung Wagnerscher Opern empfindlich störte. Nicht einmal der »Walkürenritt« konnte das Gekläff übertönen.
Eines Tages stieß Jenny wieder einmal sehnsüchtige Klagelaute aus, wie sie sich nur der Kehle einer einsamen Kreatur entringen konnten.
Da wurde es Havlicek zu bunt. Entschlossen näherte er sich der Nachbarshündin mit einer vergifteten Knackwurst.
Kaum stand Havlicek mit der Wurst am Zaun, änderte sich ihre Stimmung schlagartig und sie begrüßte ihn schwanzwedelnd mit einem erwartungsvollen Blick. Diese treuherzigen Augen. Was konnte sie dafür, dass ihre Besitzer sie so vernachlässigten, dachte er.
Er machte kehrt und kam in Windeseile mit einer einwandfreien Wurst zurück. Diese Dankbarkeit in Jennys Augen. Sie richtete sich auf, so weit sie konnte, ihre Vorderpfoten berührten das obere Ende des Zaunes – ein wahrer Königspudel. Er tätschelte sie. »Armer Hund, guter Hund.«
Ab diesem Zeitpunkt kam Jenny jedes Mal gelaufen, wenn Havlicek vorbeiging, und begrüßte ihn freudig.
Ob es so etwas wie eine Fürsorgestelle gab, die vernachlässigte Tiere ihrem Besitzer wegnahmen? Wohl nur den Tierschutzverein, aber der war überlastet. Eine unbürokratische Lösung musste her!
Der Zufall kam ihm zu Hilfe. Als er seinen Nachbarn, der im Begriff war, einen Apfelbaum zurückzuschneiden, auf der obersten Sprosse einer hohen Leiter sah, bot er ihm seine Hilfe an. »Lassen Sie das mich machen!«
Er hatte beobachtet, dass sein Nachbar handwerklich ziemlich ungeschickt war. Doch der Hausherr war zu stolz und legte selbst Hand an die Motorsäge an, wobei ein paar Fingerglieder dran glauben mussten. Der Ast, den er abgeschnitten hatte, erschlug seine Frau, die das Schauspiel ängstlich, aber doch neugierig verfolgt hatte.
Als die Rettung kam, war der Nachbar, ein Marcoumar-Patient mit reduziertem Gerinnungsfaktor, bereits verblutet.
Warum Herr Havlicek nicht Erste Hilfe geleistet habe, fragte der Arzt. Er sei ohnmächtig geworden, weil er kein Blut sehen könne, bedauerte Havlicek zutiefst betroffen.
Bis die Hausübernahme notariell geregelt war, nahm sich Havlicek Jennys an, die hingebungsvoll zu seinen Füßen den Klängen von Wagner lauschte.
Als die Verwandten der verunglückten Nachbarn das Haus verkauft hatten, war niemand mehr da, der Anspruch auf den Königspudel erhob. So kam es, dass Havlicek sein Bett nun doch wieder mit einem Weibchen teilte.
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