- -
- 100%
- +
Klara erzählt viel von ihrer verhärteten, abweisenden Mutter und dem Vater, der die Familie verlassen hat, als sie gerade fünf Jahre alt war.
»Wie sind deine Gefühle zu ihnen?«
»Wenn ich an meine Mutter denke, dann fühle ich Schmerz über ihre Ablehnung und auch Ärger und Wut. Trauer über ihren Tod fühle ich momentan nicht. Meinem Vater kann ich seinen Weggang nicht verzeihen!« Auch von ihrer Ehe mit Jens berichtet sie und das erste Mal kann sie mit jemandem über den Schmerz und den Hass sprechen, mit dem sie seit bald zwanzig Jahren lebt. Auch ihm könne und wolle sie nicht verzeihen.
Klara geht nach dieser schmerzhaften Stunde bei Marianne mit Sunny spazieren. Die Erinnerungen kommen ganz unvermittelt und mit einer solchen Klarheit, dass sie sich auf eine Bank setzen muss. Sie erlebt wieder die Freude ihrer Schwangerschaft. Sie ist jetzt schon im fünften Monat. Ihr Baby, es wird ein Mädchen, ist lebhaft und strampelt. Sie freut sich, die Bewegungen ihres Kindes zu spüren. Sie wollen sie Lena nennen. Auf diesen Namen haben sie sich endlich geeinigt. Lena, mein kleiner Schatz, spricht sie in Gedanken mit ihr. Ich freue mich, wenn du bald bei uns bist. Jens kommt an diesem Tag früher nach Hause, denn sie sind am Abend zu einer Party eingeladen. Klara hat keine Lust und möchte zu Hause bleiben und es sich auf der Couch gemütlich machen, doch Jens überredet sie mitzukommen. Auf der Heimfahrt passiert es dann. Jens merkt zu spät, dass die Straße gefroren ist. Er fährt zu schnell und kommt ins Schleudern. Das Auto überschlägt sich und bleibt auf dem Dach an einem Baum liegen. Als Klara wieder zu sich kommt, liegt sie schwer verletzt im Krankenhaus. Jens hat Glück gehabt, er ist nur leicht verletzt. Klara aber hat ihr Kind verloren! Sie gibt Jens die ganze Schuld an dem Unglück. Er hat ihr Kind umgebracht! Das kann und will sie ihm niemals verzeihen. Daran zerbricht ihre Ehe.
Klara hat in den vielen Jahren nie darüber gesprochen, auch die Trauer hat sie nicht zugelassen. Nun kann sie endlich um ihr Kind weinen und trauern.
Die Tage vergehen und Klara geht es mit jedem Tag ein wenig besser.
»Marianne, soll ich die Medikamente absetzen? Was meinst du?«, fragt sie eines Tages.
»Das musst du selbst entscheiden. Du kannst die Tabletten schrittweise absetzen, aber sage mir dann bitte Bescheid.« Klara beginnt wieder zu malen. Oft sitzt sie stundenlang am See, schaut den majestätisch dahingleitenden Schwänen zu, beobachtet die Fischreiher, die auf einem Bein stehend, stundenlang mit ihrem Blick in die Ferne schweifen und freut sich an den Entenfamilien, die aufgeregt piepend ihre Runden drehen. Sie erfreut sich am hohen Schilfgras, das sich sachte im Wind wiegt und das im Sonnenlicht silbern glänzt. Die Natur lässt sie jede Menge Motive entdecken und es entstehen hübsche Blumenaquarelle und stimmungsvolle Landschaftsbilder in Acryl. Das Malen, die Ruhe und der Frieden, den der See mit seiner schönen Umgebung ihrer Seele schenkt, lassen sie mit jedem Tag mehr gesunden. Sie hat noch einen weiten Weg vor sich, das ist ihr mittlerweile klargeworden, denn in der Tiefe ihrer Seele ist ein Schmerz verborgen, der angeschaut und geheilt werden möchte, doch sie fühlt, dass sie auf einem guten Weg ist.
Mittlerweile sind drei Wochen vergangen. Klar geht es ohne ihre Medikamente gut. Sie ist aktiver und das nebelige Gefühl, wie sie zu Marianne sagt, sei weg. Manchmal träumt sie ihren üblichen Traum, aber er ängstigt sie nicht mehr. Marianne hat ihr erklärt, dass Träume aus dem Unbewussten aufsteigen können, um Botschaften zu vermitteln, um zu zeigen, dass vielleicht etwas im Leben nicht in Ordnung ist oder auch um Tageseinflüsse verarbeiten zu können.
Panikattacken hat sie hier keine mehr bekommen.
Sie sitzen sich unter dem Apfelbaum gegenüber und genießen seine schattige Kühle, denn der Sommer hat sich am Bodensee niedergelassen und Hitze mitgebracht. Marianne sieht Klara prüfend an.
»Ich denke, dass deine Zeit hier bald vorbei ist. Du hast deinen Schmerz um den Verlust deines Kindes endlich zugelassen und konntest darum trauern. Das ist ein Erfolg. Die Panikattacken und die Angstgefühle sind bisher nicht wiedergekommen und du hast gelernt, was du tun kannst, wenn die Angst wieder auftreten sollte. Doch ich habe bei dir den Eindruck gewonnen, dass du noch sehr viel Wut und Groll in dir trägst. Wenn du wirklich ganz gesund werden möchtest, dann solltest du Vergebungsarbeit leisten, bei deinen Eltern und bei deinem Mann. Ich könnte mir vorstellen, dass es gut wäre, wenn du dich auf die Suche nach deinem Vater begibst. Ich habe so ein Gefühl, dass das dir weiterhelfen könnte. Vielleicht bringt dir ein Gespräch mit ihm Klarheit und Erkenntnisse über deine Kindheit. Ich kann dir im Moment nicht mehr weiterhelfen, du musst nun allein weitergehen.«
Klara schaut Marianne bestürzt an.
»Aber wie soll ich ihn denn finden, ich weiß ja gar nicht, wo er lebt!«
»Wenn du ihn finden möchtest, dann wird sich zum richtigen Zeitpunkt eine Türe öffnen. Vertraue auf deine Führung.«
»Wer soll mich denn führen?«
»Gott wird deine Seele führen und dir den richtigen Weg zur richtigen Zeit aufzeigen. Aber du musst es wollen!« Klara steht ärgerlich auf. Sie braucht jetzt Bewegung. Mit Sunny macht sie sich auf zu einem Spaziergang zum Campingplatz. Sie ist enttäuscht von Marianne. Sie lässt mich einfach allein. Meinen Vater finden! Auch wenn ich seine Adresse hätte, möchte ich ihn nicht sehen! Es ist gemein, mich jetzt wegzuschicken! Wenn Klara aber ehrlich zu sich wäre, dann müsste sie zugeben, dass sie das behütete Leben hier genießt und Angst davor hat, sich zuhause dem Alltäglichen zu stellen. Bei Marianne fühlt sie sich geborgen und beschützt.
Sie läuft mit schnellen Schritten auf einem Feldweg an den Gewächshäusern entlang zum Campingplatz. Unterwegs muss sie einige Male stehenbleiben und sich mit einem Tuch den Schweiß von der Stirn wischen, denn die Sonne scheint heiß auf den schattenlosen Weg. Sunny sieht ab und zu mit erstaunten Blicken zu hier hinauf. Sie kommt zum Restaurant, setzt sich an einen Tisch mit See Sicht und bestellt eine Cola, in der köstlich kalte Eiswürfel schwimmen. Sunny hat sich unter den Tisch verzogen und schlabbert ausgiebig das kalte Wasser aus dem Hunde Napf, den Klara vor ihr auf den Boden gestellt hat. Klaras Blick verliert sich in der Weite des Sees. Langsam wird sie ruhiger. Ich habe Angst vor dem Alltag daheim, gesteht sie sich ein. Ich möchte so gerne wieder arbeiten. Was ist, wenn die Angst wiederkommt? Sie hat in den letzten Wochen in einer heilen Welt gelebt, irgendwann muss sie sich dem alten Leben wieder stellen, das ist ihr bewusst. Margo hat sie sehr unterstützt, aber auf die Dauer kann sie die Galerie nicht allein führen, das ist ihr klar.
Mittlerweile sind alle Tische draußen besetzt und etliche Leute haben sich mit ihren Fotoapparaten und Stativen am Strand niedergelassen. Kurz darauf weiß Klara auch warum. Die Sonne versinkt als riesiger Feuerball im See, verfärbt den Himmel rot und zeichnet eine orangerote Bahn auf das Wasser. Es ist ein grandioses Schauspiel, das die Natur hier bietet und das viele Fotografen mit ihren Kameras einfangen möchten. Klara spürt, wie die rote Kraft des Feuerballs auch ihre Seele mit Kraft und Energie erfüllt. Dumm, dass ich so ärgerlich reagiert habe, denkt sie. Marianne gibt sich so viel Mühe mit mir.
Sie haben schöne, harmonische Tage miteinander verbracht. Die Gespräche mit ihr haben bei Klara einiges aufgedeckt, sie sieht jetzt vieles klarer.
Doch diese Vergebungstheorie kann sie nicht teilen. Sie kann ihnen nicht vergeben und nach ihrem Vater zu suchen, kommt für sie schon gar nicht in Frage.
Als Klara nach Hause kommt, dämmert es bereits. Sie findet Marianne auf der Terrasse hinter dem Haus. Von dort hat man einen wunderschönen Blick direkt auf den See. Marianne hat viele Kerzen angezündet und sitzt, eine zufrieden schnurrende Manu auf dem Schoss, vor einem Glas Rotwein, das rubinrot im flackernden Kerzenlicht leuchtet.
»Hallo, darf ich mich zu dir setzen?« Klara steht zögernd an der Terrassentür.
»Ja, gerne, bring dir ein Glas aus der Küche mit.« Sunny nimmt Anlauf und springt neben Marianne auf die Bank und lässt sich zufrieden auf einem Kissen neben Manu nieder. Klara setzt sich neben Marianne und schenkt sich ein Glas Rotwein ein.
»Es tut mir leid, dass ich so ärgerlich reagiert habe.«
»Das ist eine ganz normale Reaktion. Es macht erst einmal Angst, wieder in die normale Welt zurückzukehren. Doch ich finde, dass du sehr gestärkt und erholt nachhause gehst und du hast hier gelernt, wie du mit der aufkommenden Angst umzugehen hast. Aber du solltest das, was du dir hier in den letzten Wochen angeeignet hast, natürlich auch daheim anwenden. Viele kehren aus der Klinik zurück und fallen sofort wieder in ihre alten Muster und Lebensweisen, dann ist der Rückfall vorprogrammiert.«
Klara nickt. »Aber ich habe Angst, dass die Panikattacken und die gedrückten Stimmungen wiederkommen!« »Denk dran, die Angst und eine negative Einstellung ziehen Angst und Probleme an. Du bestimmst, wie positiv oder wie negativ dein Leben weitergeht. Du bist die Gestalterin, nicht die anderen. Denke auch noch einmal über das Vergeben nach. Mit Groll und Hass im Herzen kann keine Heilung stattfinden. Übrigens findest du dazu gute Literatur in der Buchhandlung. Ich kann dir dazu auch ein Buch ausleihen, wenn du magst.« Doch Klara geht auf den Vorschlag nicht weiter ein.
Die beiden Frauen sitzen noch lange in der lauschigen Lounge und genießen die warme Sommernacht. Die einzige Lichtquelle auf der Terrasse entspringt aus den vielen Kerzen, die Marianne aufgestellt und angezündet hat. Der See wird von einem hellen Mondlicht beleuchtet, das eine silberne Spur auf seine ruhige Oberfläche zeichnet. Immer wieder schwirren Fledermäuse knapp über ihren Köpfen und drehen gekonnt ihre kurvenreichen Flüge.
Die verbleibende Zeit vergeht für Klara wie im Fluge. Die Hitze hält weiterhin an, so dass sie ihre Tage mit Baden, Malen und Spazierengehen ausfüllt.
»Wann wollte Margo kommen?«, fragt Marianne Klara, die träge in der Hängematte liegt und den Schatten genießt, den ihr das Blätterdach des großen Apfelbaumes spendet. Diese streckt ihren Arm aus, um nach dem Wasserglas zu hangeln, das auf einem kleinen Holztisch steht und verliert dabei beinahe das Gleichgewicht. Marianne greift helfend ein, indem sie die schaukelnde Hängematte festhält.
»Jetzt wäre ich fast aus der Matte gekippt«, meint Klara lachend und nimmt genüsslich einen großen Schluck aus ihrem Glas.
»Sie hat gesagt, wenn es keinen Stau gibt, dann ist sie am späten Nachmittag hier.«
Am Abend sitzen die Freundinnen auf der Terrasse. Klara hat einen griechischen Salat zubereitet, dazu gibt es warmes Baguette, Käse und einen halbtrockenen, italienischen Rotwein, den Margo mitgebracht hat. Marianne hat ein köstliches Tiramisu beigesteuert.
»Es ist schön, wieder hier bei euch zu sein und dazu das fantastische Essen.« Margo seufzt genüsslich und lehnt sich in die Polster zurück. »Jetzt bin ich so was von satt«, stellt sie zufrieden fest.
»Ich auch«, erwidert Klara. »Kommt, lasst uns auf meine schöne und erfüllte Zeit und auf meinen letzten Abend hier anstoßen. Vielen Dank Marianne! Für alles, was du für mich getan hast.«
Sie lassen die Gläser aneinander klingen und Klara umarmt Marianne mit Tränen in den Augen.
»Auch ich möchte mich bei dir für dein Vertrauen und deine Mitarbeit bedanken. Es war für mich ebenfalls eine sehr tiefe und schöne Zeit. Und jetzt bin ich froh, wenn ich ab morgen endlich wieder meine Ruhe habe«, betont sie lachend. Alle drei heben noch einmal ihre Gläser und prosten sich zu.
»Trinken wir auf ein glückliches Wiedersehen«, sagt Margo.
DIE ENTSCHEIDUNG
Langsam arbeitet sich Klara wieder ein. Sie besucht einige Künstler, wählt Bilder und Objekte aus und stellt Ausstellungen zusammen. Sie achtet auf sich, schaut auf ihre Ernährung und versucht Stress zu vermeiden, aber von einer versöhnlichen Stimmung ist sie noch weit entfernt. »Wir sollten jetzt endlich Mamas Wohnung ausräumen, dass wir sie bald zum Verkauf anbieten können. Ich könnte das Geld gut gebrauchen. Bist du wieder fit genug?« Andreas sitzt bei Klara im Wohnzimmer.
»Ja, wir müssen endlich damit anfangen«, murmelt Klara kleinlaut. Am liebsten würde sie sich davor drücken. Sie hat Angst vor den Gefühlen, die aufsteigen, wenn sie sich in der Wohnung ihrer Mutter befinden und ihre Sachen aussortieren. Die Gespenster der Kindheit!
Sie reservieren sich dafür das kommende Wochenende. Klara freut sich über Andreas’ Engagement, aber sie weiß auch, dass es ihm vor allem um sein Erbe geht. Die Möbel und anderes sperriges Gut lassen sie von einer Entrümpelungsfirma abtransportieren, um die kleinen Dinge müssen sie sich wohl oder übel selbst kümmern und das heißt, sich noch einmal mit Erinnerungen und aufsteigenden Gefühlen auseinanderzusetzen.
Den Kleiderschrank ihrer Mutter zu leeren, kostet Klara die größte Überwindung, denn seit sie denken kann, war der Schrank ihrer Mutter verschlossen, für die Kinder ein absolutes Tabu! Sie erinnert sich, wie gerne sie nur ein einziges Mal in den Schrank geschaut, an den Kleidern ihrer Mutter den leichten Parfumgeruch geschnuppert hätte, um wenigstens auf diese Weise eine Nähe zu ihr herstellen zu können. Doch der Schlüssel wurde sicher im verschlossenen Schreibtisch ihrer Mutter verwahrt. Zögernd, als täte sie etwas Verbotenes, öffnet sie den Schrank.
Teure Designer Kleider, Abendroben, teilweise noch mit Preisschildern versehen, hängen wohlgeordnet in Plastikhüllen auf den Bügeln. Im unteren Teil des Schrankes stehen die passenden Schuhe und Handtaschen. Klara holt tief Luft.
»Andreas komm einmal ins Schlafzimmer! Schnell!«
Sie kann nicht fassen, was sie da sieht. Der teure Traum ihrer Mutter! Seit sie sich erinnern kann, hatten sie nie genügend Geld. Der Vater habe kaum Unterhalt bezahlt, klagte ihre Mutter ständig. Wenn andere Kinder auf Klassenfahrten gingen, mussten Andreas und sie zu Hause bleiben, da nicht genügend Geld vorhanden war.
Andreas fehlen die Worte.
»Das kann doch nicht wahr sein! Für uns hat es kaum gelangt und hier hängen diese teuren Fummel, die sie noch nicht einmal getragen hat!« Andreas reißt die Kleider ärgerlich von den Bügeln. Schweigend füllen sie die Kleidersäcke. Jeder hängt seinen eigenen düsteren Gedanken nach.
Klara nimmt sich nun noch den Schreibtisch vor, dann ist die Wohnung endlich leer. Sie findet jede Menge alte Rechnungen und Prospekte, die sie sofort in den Papiersack steckt. Plötzlich hält sie in ihrer Bewegung inne. Ein adressiertes Briefkuvert weckt ihr Interesse. Klaus Winter liest sie. Ihre Mutter hat an ihren Vater geschrieben! Klara dreht das Kuvert um. Es ist zugeklebt. Mit zitternden Händen lässt sie den Brief in ihrer Tasche verschwinden. Jetzt im Moment möchte sie ihn Andreas nicht zeigen.
»So fertig!« Andreas kommt ins Zimmer. »Wie weit bist du?«
»Ich bin auch fertig.« Müde steht sie auf. »Morgen kann die Putzfrau kommen und übermorgen geht der Schlüssel an den Makler.«
Aufatmend verlassen sie die nun leere Wohnung. Jetzt ist die Kindheit endlich abgeschlossen, denkt Klara erleichtert. Trotzdem fühlt sie eine eigentümliche Leere in sich aufsteigen und ist froh, dass sie sich in Margos gemütlichem Haus zum Essen verabredet haben und dass dort ihre kleine Sunny auf sie wartet.
Margo und Sunny erwarten sie schon im Garten.
»Ach, tut das gut, euch beide zu sehen!« Sie nimmt ihre Freundin in den Arm und streichelt einer freudigen Sunny über den Kopf.
»War es so schlimm?«
»Viel schlimmer!« Klara lässt sich schwer in einen Korbstuhl fallen.
»Was war denn? Gibt es mit der Wohnung Probleme?« Margo schenkt ihr einen Tee ein und fordert sie auf, sich ein Brot zu nehmen. Klara nimmt erst einmal einen Schluck Tee, dann erzählt sie Margo von ihrem Fund im Kleiderschrank und von dem Brief.
»Das ist heftig! Was sagt Andreas dazu?«
»Der ist immer noch stinksauer. Den Brief habe ich ihm gar nicht gezeigt.«
Die beiden essen schweigend. Plötzlich fällt Margo etwas ein.
»Sag einmal, ist der Brief voll adressiert?«
Klara nimmt ihn aus der Tasche.
»Ja, es ist die gesamte Anschrift drauf. Woher sie die wohl gehabt hat?«
»Dann hast du ja jetzt die Adresse deines Vaters!«
Klara stutzt. Soweit hat sie überhaupt nicht gedacht!
»Ja, das stimmt, aber das interessiert mich nicht!«
Daheim kommt ihr Marianne in den Sinn: Du wirst geführt und wenn es sein soll, dann wirst du deinen Vater finden. Aber sie möchte ihn nicht finden!
Sie nimmt den Brief noch einmal in die Hand. Was hat ihre Mutter dem Vater wohl nach so langer Zeit geschrieben? Oder ist das gar nicht der erste Brief, den sie an ihren Mann geschickt hat? Diese Fragen lassen Klara nicht in Ruhe. Am liebsten würde sie den Brief lesen. Ich könnte ihn über Wasserdampf öffnen. Die Versuchung ist groß, doch die Skrupel überwiegen.
Die nächsten Tage ist sie viel unterwegs, besucht Künstler und besucht ihre Galerie in München. Ihre Mitarbeiterin möchte die Galerie gerne ganz übernehmen. Klara ist erstaunt, doch sie verspricht, es sich zu überlegen. Sie nimmt sich vor, mit Margo darüber zu sprechen. Vielleicht wäre eine Reduzierung der Arbeit nicht schlecht und sie müsste nicht dauernd nach München fahren. Je länger sie darüber nachdenkt, desto besser gefällt ihr der Gedanke, die Galerie aufzugeben.
Doch der Brief und die Fragen, die er aufwirft, lassen sie nicht in Ruhe. Sobald sie allein in ihrer Wohnung ist, tauchen die Gedanken daran auf wie lästige Besucher, die man nicht mehr loswird. Vielleicht sollte sie ihren Vater in Sorrent doch besuchen. Dieser Gedanke geht ihr nicht mehr aus dem Sinn. Als sie Margo in der Galerie trifft, schneidet sie das Thema an.
»Ich überlege, ob ich meinen Vater doch besuche.«
Margo nickt zustimmend.
»Ich würde das gut finden und vielleicht kann er deine Fragen beantworten.«
Immer wieder überlegt sich Klara, ob sie nun fahren soll, oder nicht. Als sie merkt, wie ihre Gedanken wieder zu kreisen beginnen und die Angst wiederkehrt, ruft sie Marianne an. Sie schildert ihr Problem.
»Klara, hast du Zeit? Kannst du herkommen?«
Klara bejaht freudig. Ein Wochenende bei Marianne ist genau das, was sie gerade braucht! Die Tage am Bodensee sind diesmal zwar verregnet und kühl, doch die Gespräche mit Marianne nehmen ihr den Druck und bringen ihr Klarheit. Sie möchte endlich Antworten auf ihre vielen Fragen erhalten! Im Herbst wird sie ihren Vater in Sorrent besuchen!
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.






