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Er schüttelte den Kopf und verzog das Gesicht: „Wenn Kathleen einen Plan hat, dann bringt man sie nicht mehr davon ab. Du könntest versuchen ihr im Dienst ins Bein zu schießen. Sicher bin ich mir allerdings nicht, ob sie deshalb nicht antreten würde.“
Samantha schmiss sich, diesen Schlusssatz langsam verdauend, in ihr übergroßes Schlafshirt und stolperte dann direkt ins Bett. Während sie noch grübelte, weshalb ihr Bruder von Kathleen sprach, überprüfte sie den Wecker und hoffte somit eine erneute Bruchlandung verhindern zu können.
6. Erste Fakten
Am nächsten Morgen war sie, nach Einnahme von zwei Aspirintabletten, schon kurz nach sieben im Büro. Erstaunlicherweise lagen die Kopien der Ermittlungsergebnisse bereits auf ihrem Schreibtisch. Sie las alles gründlich durch und kam schnell zum gleichen Resumé wie Polizeirat Steinhauser, dass hier tatsächlich noch keine Stecknadel in Sicht war. Komisch fand sie die beiden eingeritzten Herzen auf den Backen. Diese wurden bisher bei keinem der anderen Morde erwähnt!
„Möchtest du auch einen Kaffee?“ Katrin fragte nun schon zum dritten Mal und erreichte damit endlich auch wahrgenommen zu werden.
„Guten Morgen! Entschuldige, aber diese Akten haben mich in den Bann gezogen. Äh, und ja bitte, ich hätte gerne einen starken Kaffee. Wenn möglich, etwas mehr schwarz als der See von gestern Abend.“ Katrin grinste und machte sich auf den Weg, während Sam noch einmal die Unterlagen durchpflügte.
Als sie die Morde untereinander auflistete, fiel ihr eine winzige Gemeinsamkeit auf:
Hamburg 02.06.20
München 22.06.20
Düsseldorf 02.07.20
Leipzig 12.07.20
Freiburg Mordversuch-zählt evtl nicht-
Neustadt 02.08.20.
Das Telefon riss sie aus der Recherche.
„Morgen. Haben Sie die Akten schon durchgesehen?“ Steinhauser hatte es wohl nicht nötig, sich mit dem Namen zu melden.
„Guten Morgen, Herr Steinhauser. Ich hoffe, dass auch Sie gut geschlafen haben?!? –Danke der Nachfrage,“ rutschte es ihrem verkaterten Ego raus. „Und ja, ich konnte schon etwas feststellen. Gehe aber davon aus, dass ihr eigentlich selbst schon darüber gestolpert sein dürftet.“
„Sie meinen das Datum?“ Also hatte sie richtig vermutet. Auch Steinhauser waren die vielen Zweier aufgefallen.
„Konnten Sie auch eine Parallele zu sich erkennen?“
„Eine Parallele zu mir?“ fragte Samantha etwas irritiert.
„Ja, verdammt noch mal. Warum legt er die fünfte Leiche in Ihren Bezirk.“
Samantha ließ sich tatsächlich überrumpeln und machte eine Aussage, welche sie überhaupt nicht durchdacht hatte:
„Ich habe am 02.02. Geburtstag. Vielleicht bin ich die Nächste!“ Es blieb kurz ruhig, wobei ihr dieser spontane Kommentar selbst Gänsehaut bescherte.
Dann fuhr sie etwas überlegter fort: „Der Tote wurde am Zweiten gefunden. Deshalb passt auch der Mordversuch davor nicht ins Bild. Außer, er hätte zwei Personen an einem Tag umbringen wollen. Dann hätten wir wieder eine Zwei. Dass die Leiche jedoch bei uns gefunden wurde, hängt sicher nicht mit mir zusammen. Da können Sie ja genau so gut den Ortsvorsteher oder den Vorstand der Waldauer Musik oder was weiß ich wen sonst noch alles, als Verdächtigen befragen.“
Es blieb erneut still, bevor Steinhauser nachlegte:
„Liebe Samantha! Sie werden es kaum glauben?!? Aber ich habe diesbezüglich tatsächlich schon mit dem Ortsvorsteher von Waldau und der Bürgermeisterin von Neustadt gesprochen. Diese beiden konnten sich jedoch einen Zusammenhang mit ihrer eigenen Person kaum vorstellen. Keiner der Beiden hat in der Aussage auch eine Zwei in seinem Geburtsdatum erkennen lassen.“
Jetzt war Sam platt. Hatte er die beiden wirklich auf ihre Geburtsdaten angesprochen? Ja, und wusste er schon vor dem Telefonat, dass sie die Zweien im Geburtsdatum hatte und die anderen beiden nicht? Sicher bluffte er in dem Zusammenhang, was sie auf jeden Fall in Erfahrung bringen musste.
„Okay. Dann werde ich mir heute mal Gedanken machen und Sie zeitnah über meine Verwicklung in den Fall unterrichten. Schönen Tag, Herr Steinhauser.“ Sie legte auf und ihr Blick fiel wieder auf den Bildschirm.
>Sie haben eine neue Nachricht< Erneut war der Absender DKB2@fed.de.
<Nur Du wirst diesen Fall lösen können. Beeile Dich, bevor sich weitere Kandidaten aus unserer Liste qualifizieren.>
Samantha hätte es, wären welche da gewesen, die Nackenhaare bis zur Decke gestellt. Vor allem, dass er bereits schon ein nächstes Opfer in Betracht zog, provozierte ein leichtes Würgen. Ja, und von was für einer Liste, auf welcher man sich darüber hinaus noch qualifizieren konnte, sprach er da überhaupt? Sie notierte sich die IP-Adresse und gab sie sofort an Katrin weiter.
„Danke für den Kaffee. Versuch bitte mal, ob du über die IP-Adresse etwas herausfinden kannst.“ Ihre Hoffnung diesbezüglich war zwar nicht groß, doch durfte sie es nicht unversucht lassen.
Dann antwortete sie ihrem neuen Freund:
<„Habe das letzte Opfer noch nicht ganz verdaut. Nach welchen Kriterien wählst Du, oder ihr, die Qualifikanten auf und für die Liste eigentlich aus? Auf einen Hinweis, was es mit den ganzen Zweiern auf sich hat, brauche ich wohl nicht zu hoffen?>
Natürlich hatte Samantha keine ernsthafte Hoffnung, eine hilfreiche Antwort zu erhalten. Doch vielleicht hatte sie nun den Strohhaufen, nach welchem Steinhauser schon so lange suchte, direkt vor Augen. Aber war der Zeitpunkt überhaupt schon gekommen, das BKA zu informieren? Vielleicht handelte es sich ja nur um einen Spaßvogel oder Trittbrettfahrer? Wie konnte er aber dann im Voraus von der Leiche gewusst haben?
Ja, auch die Zwei in seiner Emailadresse machte ihn auf jeden Fall mehr als verdächtig, in das ganze Geschehen involviert zu sein. Eines stand jedenfalls fest: Sollte es erneut eine Leiche geben und Samantha die Mails bis dahin verschweigen, dann würde sie dieser Spaß mit hundertprozentiger Sicherheit den Job kosten.
„Katrin?“
„Ja?“
„Komm doch bitte mal kurz rüber und schau dir diese Mails an!“
Die Kollegin streckte noch mal kräftig die Arme und bemühte sich dann, leicht am Tisch abstützend, aufzustehen, um dann etwas verschlafen auf die andere Seite zu schlendern. Sie brauchte nicht lange lesen.
„Verdammte Scheiße!!! Wer ist das? Du musst Steinhauser informieren, sonst schießen die dich ab. Ich glaub das nicht! Warum hast du gestern nichts davon erwähnt?“
Samantha spürte natürlich das Unbehagen der Kollegin und dass diese sich darüber hinaus hintergangen fühlte. Vor allem, nachdem sie gestern einen so ausgelassenen Abend gefeiert und sich dabei in kleine private Geheimnisse eingeweiht hatten. Zumindest Katrin hatte sich ein wenig weiter geöffnet.
„Eigentlich ging ich gestern noch davon aus, dass es sich um einen Spaß handeln würde, welcher nicht unbedingt mit dem Fall zu tun hätte. Deshalb schrieb ich ja zurück, um Gewissheit über die Ernsthaftigkeit des Inhalts zu bekommen. Nun bin ich mir allerdings nicht mehr so sicher, ob es sich wirklich um einen Spaßvogel handelt. Darüber hinaus traute ich mich gestern gar nicht, dich mit weiteren Details zu belasten.“
Katrin versuchte sich wieder etwas einzukriegen.
„Ist schon gut. War vielleicht besser so. Ich weiß nicht, wie ich nach diesem wirren Tag mit solch einer Information überhaupt hätte umgehen können. Jedenfalls hat mir der Abend gutgetan, mal abgesehen vom aktuellen Kopfweh. Mir ist dabei auch klar geworden, dass ich nicht immer gleich so tief in die Materie eintauchen darf. Aber wie willst du jetzt weiter vorgehen?“
Sam überlegte: „Wir warten die nächste Antwort ab und das Ergebnis der IP-Adressenermittlung. Es wäre für uns das Beste, wenn wir es mit einem kleinen brutalen Dummkopf zu tun hätten, der nicht in der Lage war, seine IP zu verschlüsseln. Oder aber, er möchte sogar von mir gefunden werden?“
„Okay. Und wie soll ich mich nun deiner Meinung nach verhalten?“
„Du hast nichts von diesen Mails gesehen, bis ich es an Steinhauser melde. Dir kann also nichts passieren. Ich muss mich im Gegenzug aber zu tausend Prozent darauf verlassen können, dass auch du mit niemandem darüber sprichst. In diesem Fall würden wir nämlich beide abgeschossen und ich könnte dich nicht mehr als unwissend decken.“
Dies musste der Kollegin vorerst reichen, die sich danach mit einem zustimmenden Nicken in die Mittagspause verabschiedete.
Am Auto angekommen blickte sich Katrin um und tippte dann eine Nachricht:
>Wer hat ihr den Mord per Mail angekündigt? Wer schickt ihr diese Mails?>
Samantha verließ das Revier wenig später und fuhr mit dem Dienstwagen ans andere Ende von Neustadt, wo an der Freiburger Straße ein kleiner Einkaufspark lag. Obwohl sich hier die Discounter auf einem großen Platz verteilten, ging sie am liebsten in den großen Supermarkt, ganz am Ende des Parkplatzes. Dort, am Eingang rechts, war eine kleine Bäckerei mit Stehtischen und gemütlichen Sitzplätzen. Der Markt selbst war ebenfalls sehr übersichtlich, zumindest konnte man hier gut die Leute beobachten. Direkt gegenüber vom Stehkaffee war ein Zeitschriftenladen, in welchem sie die Menschen anhand der durchstöberten Hefte zuzuordnen versuchte. Zumindest probierte Sam dieses Profiling immer wieder gerne aus.
Im Anschluss lag die große Einkaufsmeile. Alle mussten ihre Einkäufe beim Verlassen ebenfalls an der Bäckerei vorbeischieben. Es gab für Samantha also keinen besseren Ort um das tägliche Leben zu beobachten.
Sie holte sich eine Tasse Kaffee, dazu ein üppig belegtes Brötchen und platzierte sich damit an einem der drei Stehtische, welche die gemütliche Sitzgruppe optisch vom Eingang trennten.
Eine Mutter zog gerade ihre kleine Tochter wütend hinter sich her, während das zweite Kind, wahrscheinlich ein Junge, gemütlich aus dem Wagen umherschaute. ´Vielleicht möchte ich später doch mal lieber Jungs´, grübelte sie vor sich hin, der tickenden inneren Uhr wieder mal direkt ins Auge blickend. „Wenn wir morgen in den Urlaub ………..“, lohnte sich nicht weiter diesem Trio zuzuhören.
Ein Geschäftsmann, sein Anzug deutete jedenfalls darauf hin, stand vor dem großen Zeitschriftenregal. Sie wettete mit sich, dieses Wochenende auf Alkohol zu verzichten, wenn dieser edle Herr nicht eine Sportzeitschrift kaufen würde. ´Okay und wenn er sich dazu noch die Bildzeitung nimmt, dann darf ich mir dieses Wochenende einen Bubi zum Spielen mit nach Hause nehmen´. Alleine der Gedanke, seit mehr als einem Jahr der Keuschheit verschworen, dieses freiwillige Gelübde aufzuheben, ließ sie innerlich richtiggehend aufleben.
Natürlich hing diese Zeit der Abstinenz mit ihrer Vergangenheit und der daraus folgenden leichten Depression zusammen. Doch könnte hier gerade der Startschuss fallen, langsam wieder aus diesem Loch zu kriechen.
´Yes!´ Den Kicker hatte er bereits in der Hand. Dies bedeutete jedoch nur, sich am Wochenende einen hinter die Binde kippen zu dürfen, was eigentlich nur noch bedingt zu ihrem neuen Lebensmut passte.
„Hast du schon die Schnecke in der aktuellen Bild-Ausgabe gesehen“, flüsterte sie vor sich hin, in der Hoffnung, dem Herrn ein wenig unter die Arme greifen zu können. Er ging an die Kasse und bezahlte.
´So ein Mist´, schoss es ihr durch den Kopf, das war eine krasse Fehleinschätzung.
Der Unmut hielt jedoch nicht lange und das Grinsen kehrte Sekunden später zurück. Der Mann hatte sich nämlich gerade einen Kaffee geholt und sich damit am Stehtisch neben Samantha platziert. Und siehe da! Er zog tatsächlich unter dem rechten Arm die Bild hervor und begann ganz entspannt zu lesen.
Am liebsten hätte sie laut losgeschrien. Natürlich nicht wegen des bevorstehenden Wochenendes. Nein! Es war dieses sichere Gefühl, Menschen richtig einzuschätzen, was wirklich einer langen Übung und eines natürlichen Talents bedurfte. Sie spürte plötzlich auch den Hunger, sich auf den Handymörder einzulassen. Wahrscheinlich war sie momentan die Einzige, welche diesem Dreckskerl das Handwerk legen konnte.
„Mach dich auf was gefasst, mein Lieber!“, sprach sie vor sich hin, während sie, unter dem etwas irritierten Blick des Bildzeitung-Nachbarn das Einkaufszentrum verließ.
7. Zusammenstellen der Fakten
„Ist was mit dir?“ Katrin saß bereits im Büro und beobachtete die neu motivierte Chefin, die ihre Handtasche in die Ecke schleuderte und sich mit breitem Lächeln an den Computer setzte.
„Du wirst es nicht glauben, aber ich hatte gerade eine Erleuchtung. Hast du dieses Wochenende Lust, mit mir mal in die Seebach zu gehen? So als Undercover, einfach mal unser aktuelles Projekt in der Freizeit observieren?“
Jetzt mussten beide lachen.
„Na, wenn das ein Befehl ist, dann werde ich mich natürlich nicht widersetzen. Morgen?“ Freitag wäre sicher ein guter Tag. Vor allem, da sie beide am Samstag keinen Dienst hatten.
„Gebongt!“ Sam war einverstanden und machte sich sofort an den Computer. Vielleicht hatte sich ihr neuer Brieffreund schon wieder gemeldet?
Leider kam nur noch eine Mail vom lieben Steinhauser, in welchem er sich für Freitagmittag ankündigte. Die Begeisterung für dieses Treffen hielt sich in Grenzen, da sie ja immer noch ihren Mailverkehr verheimlichen wollte. Also fing sie noch einmal von vorne an, ihre erste Aufzeichnung zu vervollständigen und in einem kleinen Exposé festzuhalten. Zumindest mal das, was die Akten bis dato Vielversprechendes hergaben:
Mord Ort Name Alter
02.06.20. Hamburg Adelphos Papadopoulus 26
22.06.20. München Günter Gasser 32
02.07.20. Düsseldorf Andreas Lange 51
12.07.20. Leipzig Anton Müller 43
02.08.20. Waldau Thomas Kleiber 29 (Tatort fraglich)
31.07.20. Freiburg Gürkan Güner 23 (Mordversuch)
Kein Zusammenhang bezüglich einer politischen Partei oder eine intensive Tätigkeit im Geschäftsleben.
Schulische Verbindung? Alleine schon vom Alter her nur teilweise möglich. Wurde laut den Akten auch zwischen keinem der Opfer ermittelt.
Familiäre Verstrickungen? Konnten mit ziemlicher Sicherheit ausgeschlossen werden und auf die Zahl Zwei ließ sich ebenfalls bei keinem der Getöteten einen Reim machen.
Mir fiel auf, dass bisher noch nicht nach einer möglichen Verbindung zu einer Sekte gesucht wurde. Dem sollte unbedingt noch nachgegangen werden. Da über solche Verbindungen in der Regel auch das private Umfeld nicht immer Bescheid weiß, gäbe es hier einen neuen Ansatz.
Gibt es vielleicht eine Sekte, die etwas mit der Zahl Zwei zu tun hat?
Was den Mordversuch in Freiburg und die Leiche in Waldau betrifft: Dummer Zufall oder hat der Handymörder vielleicht einen Fehler gemacht? Es bleibt der Verdacht, dass Gürkan Güner tatsächlich geplant war, durch das Einschreiten seiner Kollegen aber misslang. Somit musste Thomas Kleiber kurz darauf vielleicht als Ersatz herhalten? Ich gehe davon aus, dass dieser, wohnhaft in Freiburg, auch dort ermordet wurde und man die Leiche später nach Waldau geschafft hatte. Kleiber wohnte allerdings weit weg von der Karthäuserstrasse, wo Güner angegriffen wurde, weshalb hier erst zu prüfen wäre, ob er eventuell dort in der Nähe gewesen sein könnte.
Ich gehe allerdings davon aus, dass der Täter seine Opfer auswählt und somit nicht wahllos ein Ersatzopfer nehmen würde. Der genaue Todeszeitpunkt könnte hier vielleicht weiterhelfen.
Wie weit lagen die beiden Übergriffe zeitlich auseinander?
Gegen Thomas Kleiber lag eine Anzeige wegen Körperverletzung vor und er hatte erst vor wenigen Tagen wegen einer solchen eine Nacht eingesessen. Könnte es sich hier um einen Vergeltungsschlag handeln? Sieht sich der Handymörder vielleicht als Rächer?
Gemeinsamkeiten aller Fälle:
Die Opfer waren unterschiedlich alt und befanden sich laut den Berichten auch in allen Schichten der Gesellschaft gemischt vertreten. Einen rassistischen Hintergrund kann man nicht belegen, da die Angegriffenen selbst verschiedenen Nationalitäten angehörten.
Interessant war, dass nur ein Opfer in einer Beziehung steckte, während die restlichen als Junggesellen lebten, oder gerade eine Beziehungspause hatten.
Allesamt konnten als eher unauffällig und nicht aggressiv beschrieben werden, was allerdings von Freunden und Verwandten meistens nicht objektiv betrachtet wird.
Es handelte sich bei den Opfern ausschließlich um Männer, wobei es keine sexuellen Übergriffe gab. Über das Internet konnte ich herausfinden, dass zwei der Opfer sportlich aktiv waren, das dritte ein begnadeter Schachspieler war und die letzten zwei keine Vereinsaktivität pflegten. Also fällt auch dieser Bereich als Gemeinsamkeit flach.
Samantha verabschiedete sich nach dem Abschluss ihrer Aufstellung erst kurz vor 19 Uhr am Empfang und machte sich direkt auf den Heimweg, wo die Laufschuhe schon ihrem Einsatz entgegenfieberten.
Sie beschloss, mit dem Höhentraining in die Vorbereitung auf den Triathlon einzusteigen und rannte gleich zur Hochfirstschanze hinauf. Es war eine anspruchsvolle Strecke, welche der Kondition einiges abverlangte. Dass sie die knappe Stunde ohne Pause am Stück durchhielt, überraschte sie nach dem letzten sportfreien Jahr selbst ein wenig. Es waren tatsächlich noch die nötigen Grundlagen vorhanden.
Natürlich hatte sie früher viel Sport gemacht. Doch irgendwie fand sie im letzten Jahr keine Motivation, den Hintern überhaupt hoch zu bekommen. Nachdem der Lauf absolviert war, übernahm die Dusche das Massageprogramm, wo sie immer wieder ihre Zusammenfassung überdachte und am Beziehungsstatus der Getöteten hängen blieb.
Im Anschluss in den bequemen Schlabberlook geschlüpft und mit einem Salat bewaffnet vor den Fernseher gesetzt, wurde ihr diese Berieselung jedoch schnell langweilig. Also kramte sie nach dem Tagebuch und ließ die Vergangenheit erneut aufleben. „Wo war ich noch mal stehen geblieben?“
8. wie geht es im Tagebuch weiter?
…….Frauen im Haus, überrage ich diese auch locker um 15 cm. Mit 13 gewann ich, unter Angabe falscher Geburtsdaten, die erste Miss-Wahl in Köln. Ich gewann, da ich meinen älteren Kontrahentinnen in den Kurven schon überlegen war und dazu mit dem wohl unschuldigsten Engelsgesicht und meiner Jugend brillierte.
Im Gegensatz zu meinen beiden eher pummeligen, schwarzhaarigen Schwestern, wo zumindest die Kleine meiner Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten war, wurde ich schon immer als Prinzessin bezeichnet. Die Lobeshymnen, was ich doch für ein hübsches Kind sei, bereitete mir immer ein schlechtes Gewissen gegenüber den beiden Kleinen. Obwohl mich Claudia und Andrea sicher für meine Makellosigkeit hassten, ließen sie es mich glücklicherweise nie richtig spüren.
Was wiederum nicht zu meinem Wesen passte, waren die Prügeleien, mit welchen ich auf dem Schulhof viel Aufsehen erregte.
Wenn jemand meine Schwestern ärgerte oder sie Dickerchen nannte, ergriff ich sofort Partei und verteidigte die beiden. Gebrochene Nasenbeine und Arme sowie zerfetzte Kleider mit Kratzspuren waren meist das Ergebnis auf der anderen Seite. Ich weiß nicht warum, aber irgendwie gelang es mir fast immer, ohne größere Blessuren aus der Arena zu treten und dabei war es egal, wie groß und wie alt meine Gegner waren.
Ich erregte außerdem Aufsehen, mit meinem Erfolg in der Schule. Zuerst die dritte, dann die sechste und zum Schluss noch die zehnte Klasse auf dem Gymnasium, konnte ich locker überspringen. Da ich bereits mit fünf Jahren eingeschult wurde, machte ich das Abi mit fünfzehn.
Warum ich nur einen Schnitt von 1,2 erreichte und somit den Preis der Jahrgangsbesten verpasste, verdankte ich einem älteren Lehrer, der von mir einmal kurz und knapp den Hinweis bekam, er solle nicht dauernd in meine Bluse starren. Der Notenabzug war aber trotzdem hart, weshalb ich diesen Typ auch nicht ungeschoren davonkommen lassen wollte und mich eines Abends noch mal mit ihm traf.
Es sollte schnell und schmerzlos über die Bühne gehen. Erläutern werde ich den Abend, welcher komplett mit dem Handy aufgezeichnet wurde, hier nicht, um weiteres schlechtes Licht von mir abzuwenden. Es kam auch nicht final zum Sex, wenn das jemand an dieser Stelle denken könnte.
Aber es war eine echte Sauerei, was den Notenabzug im Nachhinein nun auch rechtfertigte. Ich hatte meine Eltern nach der Zeugnisausgabe natürlich auf diesen Abend und den Patzer des Lehrers hingewiesen.
Mein Vater, auf dessen mächtige Stellung in unserer Region ich vielleicht später noch zu sprechen komme, wurde darauf kurz bei der Schulleitung vorstellig.
Ganz ehrlich? Ich weiß nicht, ob dies der Grund war, weswegen mein Busen starrender Lieblingslehrer nach dem Urlaub nicht an die Schule zurückkehrte? Mein Preis für die Schulbeste war trotzdem weg.
Also begann ich mit sage und schreibe fünfzehn Jahren mein Rechtswissenschaftsstudium in München. Auch hier gab ich kräftig Gas, wobei mich meine älteren Kommilitonen auch in das schöne Nacht-Leben einführten. Wenn ihr jetzt glaubt, dass ich hierbei auf mein erstes Mal anspiele, dann sollte ich vielleicht zuerst noch mal zwei Jahre zurückspringen.
Das passierte nämlich bei der Vorbereitung auf diesen Modelwettbewerb. Er hieß Jan, war 21 und saß als erfahrenes Model in der Jury. Natürlich sah er auf meiner Anmeldung, dass ich eigentlich 16 war. In meinem Jurastudium erfuhr ich dann, dass er sich in diesem Fall nicht strafbar gemacht hätte, da ich zwischen 14 und 16 Jahren als Jugendliche geführt wurde und das Ganze ohne Zwang und Bezahlung ablief. Hätte er gewusst, dass ich erst 13 war, hätte es allerdings einiges schlechter für ihn ausgesehen.
Das ist jedoch alles Schnee von gestern und den eigentlichen Akt rentiert es sich, nach meinem heutigen Wissensstand, nicht wirklich zu erläutern.
Jan blieb jedoch bis zum Jurastudium nicht der Einzige. Ich möchte diese Typen aber nicht alle aufzählen, da sie mich sonst, sollte dieses Tagebuch mal in falsche Hände gelangen, alle für das vernichtende Urteil hassen würden. Lediglich ein Referendar, der sich nach dem Sport in der Umkleidekabine auf dünnes Eis verführen ließ, hätte das Prädikat ´Gut´ verdient.
Es war ein Heidenspaß, da auch dieses Kribbeln mit dem erwischt werden, gemischt mit einem gewissen Zeitdruck, im Einklang stand. Aber wie gesagt, das ist alles Schnee von gestern.
Ich landete also in Bayern und wurde von meinen Kollegen in das Nachtleben der Lederhosen verschleppt. Ich meine dies nicht abwertend. Es dürfte dort, zumindest am Anfang, eine meiner schönsten Zeit gewesen sein. Wir zogen durch Pubs und Discotheken und man glaubte es kaum, ich packte, im Gegensatz zu manch anderen Partykönigen, die ersten vier Semester im Handumdrehen. Dass mir jedoch die Jungs immer hinterher gafften und mich mit blöden Sprüchen zu umgarnen versuchten, brachte mich plötzlich auf eine neue Geschäftsidee.
Jetzt ging es noch wilder weiter als bisher, weshalb ich hier eine Rechtfertigung für mein Verhalten angemessen fände.
Meine Eltern lobten mich immer in den Himmel und präsentierten mich als Vorzeigekind. Wer dies schon mal erlebt hat, kann nachvollziehen, wie zum Kotzen so etwas ist. Immer alles richtig zu machen und „schaut mal, was die schon alles kann und wie hübsch sie ist!“ Irgendwann nimmt man dann Reißaus.