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Literatur
Altrichter, H. & Lobenwein, W. (1999). Forschendes Lernen in der Lehrerbildung? Erfahrungen mit reflektierenden Schulpraktika. In U. Dirks & W. Hansmann (Hrsg.), Reflexive Lehrerbildung. Fallstudien und Konzepte im Kontext berufsspezifischer Kernprobleme (S. 169–196). Weinheim: Deutscher Studien Verlag.
Dewe, B., Ferchhoff, W. & Radtke, F. (1992). Das «Professionswissen» von Pädagogen. Ein wissenstheoretischer Rekonstruktionsversuch. In dies. (Hrsg.), Erziehen als Profession. Zur Logik professionellen Handelns in pädagogischen Feldern (S. 70–91). Opladen: Leske + Budrich.
Dick, A. (1999). Vom Ausbildungs- und Reflexionswissen in der LehrerInnenbildung. In U. Dirks & W. Hansmann (Hrsg.), Reflexive Lehrerbildung. Fallstudien und Konzepte im Kontext berufsspezifischer Kernprobleme (S. 149–167). Weinheim: Deutscher Studien Verlag.
Felten, R. von (2005). Lernen im reflexiven Praktikum. Eine vergleichende Untersuchung. Münster: Waxmann.
Herzog, W. (1995). Reflexive Praktika in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung, Beiträge zur Lehrerbildung, 13 (3), S. 253–273.
Plöger, W. (Hrsg.) (2006). Was müssen Lehrerinnen und Lehrer können? Beiträge zur Kompetenzorientierung in der Lehrerbildung. Paderborn: Schöningh.
Schön, D. A. (1983). The Reflective Practitioner. How Professionals Think in Action. New York. Basic Books.
Schön, D. A. (1987). Educating the Reflective Practitioner. San Francisco: Jossey-Bass.
Wittenbruch, W. (2007). Stichwort: Reflexives Lernen, Engagement. Zeitschrift für Erziehung und Schule, 1, S. 31–43.
Auszug aus: Felten, R. von (2011). Lehrerinnen und Lehrer zwischen Routine und Reflexion. In H. Berner & R. lsler (Hrsg.), Lehrer-Identität – Lehrer-Rolle – Lehrer-Handeln. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren © 2011 Schneider Verlag Hohengehren, Baltmannsweiler; Verlag Pestalozzianum, Zürich.
4 Lernen ist nicht Reflex, sondern Reflexion
4 Lernen ist nicht Reflex, sondern Reflexion
Dieser Ausschnitt setzt sich mit den Relationen zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und den subjektiven Theorien von Lehrpersonen und ihrem Handeln auseinander. Der Autor zeigt auf, wie Lehrpersonen sich mithilfe von Reflexion über die eigenen subjektiven Theorien bewusst werden und sie mit handlungsrelevanten Theorien aus der Wissenschaft begründen, überdenken und erweitern können.
< «Nichts ist praktischer als eine gute Theorie»
Die Quellenzuschreibung zu dieser listigen Überbrückung des Theorie-Praxis-Grabens reicht von den Philosophen Immanuel Kant und Karl Popper über den Physiker Albert Einstein bis zum Sozialpsychologen Kurt Lewin. Vielleicht stärkt dies noch die universelle Gültigkeit des Bonmots. Wichtiger jedoch als die Herkunft ist die Aussage mit ihrer List: Es wird nicht etwa der Nutzen der Theorie für die Praxis betont, sondern gar die Theorie selbst als praktisch bezeichnet!
Jede Profession verfügt über ihre Berufstheorie und -wissenschaft, und Professionelle können im Unterschied zu angelernten Hilfskräften ihr berufliches Handeln auf diese Berufstheorie beziehen: Der Maler weiß, wie er Wände und Decke im Bad der Altbauwohnung vorbehandeln und streichen muss, damit der schöne Anstrich nicht nach wenigen Monaten blättert. Er verfügt über eine Berufstheorie. Der Hilfsmaler streicht dann die Farbe in diesem oder jenem Kübel nach Anweisung.
Auf Bildung übertragen, heißt das: Die professionelle Lehrperson plant ihr berufliches Handeln in Verbindung der Situation mit relevanter und aktueller Theorie. Sie handelt und reagiert in der Praxis theoretisch fundiert, und sie reflektiert den Lehr-Lern-Prozess theoriegeleitet.
Professionelle Handwerker verfügen über eine differenzierte Berufstheorie, nutzen diese und sind stolz auf sie. Hingegen ist es ernüchternd und auch erschreckend, wie gerade im Bildungsbereich die Berufswissenschaft schlicht kaum zur Kenntnis genommen wird, ja wie es oft gar zum guten Ton gehört, Berufstheorien zu negieren und schlechtzureden.
Die Lern- und Unterrichtsforschung hat im Laufe der letzten Jahrzehnte gesichertes Wissen zu Lernen und Lehren angereichert und stellt dadurch ganz «praktische» Theorien zur Verfügung. […]
Alle Lehrpersonen handeln auf der Basis von Theorie: ihrer subjektiven Theorie zu Lehren
Subjektive Theorien sind handlungsleitend
Die häufige Gegenüberstellung, ja Abgrenzung von Theorie und Praxis ist wenig nützlich, Theorie und Praxis sind nur scheinbar ein Gegensatz. Zum einen sind Absicht, Entwicklung und Verifizierung jeder wissenschaftlichen Theorie auf eine Praxis bezogen, und zum andern «gibt es kein Alltagshandeln und damit eben auch keine Praxis ohne Theorie: Auch der Alltagsmensch – und damit auch die Alltagslehrperson [Anm. d. V.] – handelt auf der Basis von (subjektiven) Theorien. Er besitzt und benutzt mehr oder minder differenzierte Konzeptsysteme über seine Umwelt und über sich selbst» (Dann 1994).
Bezogen auf das berufliche Handeln von Lehrpersonen, bedeutet dies, dass sie über subjektive Theorien als verdichtete Erfahrung und kumuliertes Wissen verfügen, auf die sie bei der Planung und der Durchführung von Unterricht und beim Nachdenken darüber zurückgreifen.
Was sind denn subjektive Theorien?
In Anlehnung an Dann (1994) können subjektive Theorien wie folgt umschrieben werden:
•Subjektive Theorien sind relativ stabile und strukturierte Kognitionen zur Selbst- und Weltsicht.
•Sie sind teilweise implizit («Selbstverständlichkeiten» und unreflektierte Überzeugungen), teilweise dem Bewusstsein der Handelnden zugänglich.
•Ähnlich wie wissenschaftliche Theorien enthalten subjektive Theorien eine zumindest implizite Argumentationsstruktur (zum Beispiel Wenn-dann-Beziehung) und haben die Funktionen der Situationsdefinition, der Erklärung, der Vorhersage von Ereignissen, der Entwicklung von Handlungsentwürfen und Plänen.
•Darüber hinaus sind subjektive Theorien direkt situativ handlungssteuernd. Zusammen mit anderen Faktoren (z. B. emotionalen) beeinflussen sie so das beobachtbare Verhalten im Rahmen zielgerichteten (Berufs-)Handelns.
Subjektive Theorien steuern auch unbewusst
Die zentralen Berufssituationen von Lehrpersonen, also Unterrichtssituationen, sind hochkomplex, mehrdimensional und mehrdeutig, zum Teil unvorhersehbar und höchst dynamisch.
Ob in diesen dynamischen und komplexen Situationen differenzierte Theoriebestände für bewusste handlungsbezogene Kognitionen verfügbar gemacht werden können, sei hier zumindest infrage gestellt. Wahl (1995) stellt fest, dass es der Lehrperson möglich sein muss, «Situationen sekundenschnell zu identifizieren […] und wirksame Handlungsweisen blitzschnell auszuwählen. […] Wie empirische Untersuchungen zeigen, sind die Prozesse der Situations- und Handlungsauffassung so eng miteinander verbunden, dass die Lehrperson mit der Wahrnehmung der Situation zugleich die besten Lösungsmöglichkeiten sieht.»
Diese auf die aktuelle Situation bezogenen «besten Lösungsmöglichkeiten» stellen nur noch einen Bruchteil des gesamten Theorie- und Erfahrungswissens dar. Nach den Untersuchungen von Wahl «werden pro Situationstyp in der Regel zwischen einer und sechs typischen, das heißt bewährten Lösungen bereitgehalten. Als mathematischer Durchschnittswert ergibt sich 1,502, das heißt, dass pro ‹typische› Situation durchschnittlich ein bis zwei ‹typische› Reaktionen bereitgehalten werden» (ebd.).
Immer noch: Die wirksamste Lehrer- und Lehrerinnenbildung ist die eigene Lernbiografie
Drei bis vier Jahren formaler Ausbildung von Lehrpersonen oder Dozentinnen und Dozenten stehen etwa sechzehn bis zwanzig Jahre Sozialisation in Bildungseinrichtungen gegenüber.
Lehrpersonen lernen das Lehren als Lernende in etwa 18 000 Lektionen. Dabei wird ihre subjektive Theorie zu Lehren aufgebaut. So verwundert es nicht, dass die wohl wirksamste Lehrerinnen- und Lehrerbildung die eigene Lernbiografie ist.
In ihrem Handeln greifen Lehrpersonen also nicht nur auf Wissens- und Erfahrungsbestände zurück, die sie in ihrer Aus- und Weiterbildung erworben haben. Gerade in dynamischen und hochkomplexen Situationen basieren die Reaktionsscripts auf alten und bewährten Mustern, die im Laufe ihrer gesamten Bildungssozialisation aufgebaut wurden. Das hat zur Folge, dass die angewendeten Handlungsscripts oft nicht mit der bewussten Planungsabsicht und den Erklärungs- und Deutungsansätzen übereinstimmen. […]
Lernen ist nicht Reflex, sondern Reflexion: Die Verbindung von Aktion und Reflexion
In Anlehnung an die zentrale These des brasilianischen Pädagogen Paolo Freire (1996) wird Veränderung und damit auch Lernen nur wirksam in der Verbindung von Aktion und Reflexion. Lernen – und damit auch das Lernen zu lehren – ist damit nicht Reflex, sondern Reflexion.
Auf der Ebene der Schülerinnen und Schüler heißt dies, dass besinnungsloses Anhäufen von Wissen ohne situativen Bezug, ohne Be-Deutung, ohne Nach-Denken, ohne intersubjektiven Diskurs wirkungslos bleibt.
Auf der Ebene des Lernens der Lehrpersonen, also in Bezug auf unsere Weiterentwicklung, bedeutet dies, dass in der subjektiven Theorie gefestigte Prinzipien, bewährte Rezepte, automatisiertes Handeln, «1,5 Reaktionsscripts auf Problemsituationen», also die eigene Form der best practice permanent hinterfragt, in Bezug gesetzt, überprüft, ergänzt, erweitert oder gar ersetzt werden müssen, oder anders ausgedrückt: Es zeichnet berufliche Professionalität aus, dass die alltäglichen «Reflexe» immer wieder der Reflexion und Veränderung zugeführt werden.
Wirksame Reflexion braucht Bezugssysteme
Wie es bei physikalischen Wellen erst beim Auftreffen auf ein anderes Medium mit unterschiedlichem Wellenwiderstand (z. B. Grenze Luft–Wasser […]) zur Reflexion kommt, benötigt Reflexion des beruflichen Denkens und Handelns Bezugssysteme, die außerhalb der subjektiven Theorien liegen und eine andere «Beschaffenheit» aufweisen. Um den «Berg der Praxis» reflektieren zu können, braucht es den «See der Theorien» als anderes Medium.
Zu wirksamer Reflexion kommen wir also nur,
•indem wir alternative Aktionen in Betracht ziehen,
•uns «praktische und gute» Theorien aus der Berufswissenschaft über Literatur und Weiterbildung aneignen
•und indem wir mit Kolleginnen und Kollegen über deren subjektive Theorien und ihre Bezüge zu wissenschaftlichen Theorien in Austausch treten.
Dank metakognitiver Kompetenz sind wir in der Lage, aus der erweiterten Sicht dieser außerhalb liegenden Referenzpunkte auf unsere Aktionen und unsere subjektive Theorie zu blicken.
Für professionelles Handeln im (Lehr-)Beruf ist theoriegeleitete Reflexion Nutzen und Verpflichtung zugleich. Voraussetzung dafür ist, dass wir offen sind für
wissenschaftliche Theorien unseres Berufsfeldes. ›
Literatur
Freire, P. (1996). Pädagogik der Unterdrückten. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.
Dann, H.-D. (1994). Pädagogisches Verstehen: Subjektive Theorien und erfolgreiches Handeln von Lehrkräften. In K. Reusser & M. Reusser-Weyeneth (Hrsg.), Verstehen. Psychologischer Prozess und didaktische Aufgabe (S. 163–182). Bern: Huber.
Wahl, D., Wölfing, W., Rapp, G. & Heger, D. (Hrsg.) (1995). Erwachsenenbildung konkret. Mehrphasiges Dozententraining. Eine neue Form erwachsenendidaktischer Ausbildung von Referenten und Dozenten. Weinheim: Deutscher Studienverlag.
Auszug aus: Birri, T. (2006). «Nichts ist praktischer als eine gute Theorie». In D. Berlinger, T. Birri & B. Zumsteg, Vom Lernen zum Lehren. Ansätze für eine theoriegeleitete Praxis. Bern: hep (Aus der Praxis für die Praxis, H. 33/34), S. 8–18 (überarbeitet) © hep verlag, Bern.
5 Reflexionsfähigkeit und -praxis der Lehrperson
5 Reflexionsfähigkeit und -praxis der Lehrperson
Im folgenden Ausschnitt werden einige zentrale Erkenntnisse aus einem Forschungsprojekt dargestellt, das sich mit der Analyse der Reflexionsfähigkeit und -praxis der Lehrpersonen beschäftigt. Entstanden ist die Untersuchung im Zusammenhang mit dem Forschungsprojekt «Standarderreichung beim Erwerb von Unterrichtskompetenz im Lehrerstudium und im Übergang zur Berufstätigkeit» (Baer et al. 2005).
‹ Der Beruf der Lehrperson hat sich in den letzten Jahrzehnten gewandelt. Die traditionelle Rolle der Lehrperson als Informationsvermittlerin ist in den Hintergrund getreten. In der heutigen Zeit sind dank der elektronischen Medien fast alle Informationen dieser Welt per Knopfdruck erhältlich. Die Lehrperson ist damit viel mehr zu einem Wegbegleiter von Kindern und Jugendlichen geworden, der an der Seite steht, anleitet und begleitet (Herz 2004).
Damit haben sich auch die Anforderungen an angehende und praktizierende Lehrpersonen geändert. Als charakteristisch für den Lehrberuf wird die beachtliche Vielfalt von Arbeitsaufgaben gesehen. Die Aufzählung reicht von Unterrichten, Erziehen, Diagnostizieren und Beurteilen, Beraten bis zur Schulentwicklung (Bauer 2002). In Anbetracht der vielfältigen Aufgaben, die eine Lehrperson im täglichen Berufsleben zu bewältigen hat, sollte sie ihre eigenen Handlungen konsequent reflektieren, um sich beruflich weiterentwickeln und sich den praktischen Anforderungen anpassen zu können. Das Handeln der Lehrperson ist damit nicht bloß ein gewohnheitsmäßiges Tun, sondern ein intelligentes Handeln, das durch explizites und implizites Wissen gesteuert ist und sich auf vielfältige Reflexionen abstützt (Messner & Reusser 2000).
Um zu erfahren, ob und inwiefern Lehrpersonen über ihr Handeln und ihren Unterricht reflektieren, wurden junge Lehrpersonen im Berufseinstieg, die ihre Ausbildung an der Pädagogischen Hochschule Zürich (PHZH) absolviert hatten, und erfahrene Lehrpersonen, die für die PHZH als Praktikumslehrpersonen tätig waren, mit verschiedenen Instrumenten befragt. Dabei waren die Aussagen der Lehrpersonen in den mündlichen Interviews besonders aufschlussreich.
Sehr erfreulich sind die positiven Einstellungen, die die Lehrpersonen gegenüber der Reflexion von Unterricht äußern. Die Lehrpersonen sind grundsätzlich der Ansicht, dass die Reflexion ein wichtiger Bestandteil der Lehrerarbeit ist, der zu einer verbesserten Unterrichtsqualität und zur Unterrichtsentwicklung beiträgt. Gemäß den Angaben der Lehrpersonen gehört die Reflexion zu den alltäglichen Arbeiten, und die Reflexion von Unterricht wird regelmäßig und bewusst vorgenommen. Die Aussagen der Lehrpersonen machen jedoch auch deutlich, dass die Reflexion zumeist individuell und wenig strukturiert abläuft. Als Zeitgefäße werden insbesondere Mittagspausen, die Pausen zwischen zwei Unterrichtslektionen oder der Reiseweg vom Schulort nach Hause genutzt. Die Reflexion findet dabei zumeist in Gedanken statt, eine Verschriftlichung oder eine Reflexion auf der Grundlage von schriftlichen Vorlagen wird sehr selten vorgenommen. Als Grund für diese eingeschränkte Reflexionstätigkeit wird von den Lehrpersonen angegeben, dass im Unterrichtsalltag zumeist wenig Zeit für die Reflexion vorhanden ist. Dies einerseits, weil kaum institutionalisierte Gefäße für die Reflexion zur Verfügung stehen, zum anderen, weil der Alltag mit so vielen anderen Aufgaben und Ämtern beladen ist, dass für eine gezielte Reflexion keine Zeit oder Energie mehr aufgewendet werden kann. Viele Lehrpersonen bedauern diesen Zustand und würden sich wünschen, dass vermehrt Möglichkeiten für kollegiales Reflektieren, beispielsweise beim Besprechen von Unterricht oder bei Unterrichtshospitationen, vorhanden wären.
Die Aussagen der Lehrpersonen sind sehr verständlich und nachvollziehbar. Nebst allen anderen Aufgaben noch Zeit und Energie für die individuelle oder kollegiale Reflexion zu finden, ist im Unterrichtsalltag nicht immer leicht. Umso wichtiger ist es, dass sich eine Lehrperson bereits in der Ausbildung Gedanken dazu macht, welche Kriterien, Ziele und Inhalte eine Reflexion umfassen kann und welche Möglichkeiten der Umsetzung in der Berufspraxis bestehen. Denn wie jede andere Kompetenz erfordert auch die Reflexionskompetenz Fähigkeiten und Fertigkeiten, die angeeignet und geübt werden müssen. Nur dann ist es möglich, auch im teilweise hektischen Berufsalltag gezielt, regelmäßig und bewusst zu reflektieren. Damit wird sich nicht nur die Qualität des eigenen Unterrichts verbessern. Die Reflexion kann auch dabei helfen, sich über die Hintergründe und Ziele der eigenen Handlung bewusst zu werden und diese gegenüber Drittpersonen darlegen zu können, sich selber, die eigenen Ansichten und Fähigkeiten besser kennenzulernen und dadurch die Grenzen des eigenen Handelns zu erkennen, neue, erweiterte Sichtweisen einzunehmen und sich dadurch bei der Arbeit längerfristig wohlzufühlen (Dauber 2006). ›
Literatur
Baer, M., Guldimann, T., Fraefel, U. & Müller, P. (2005). Standarderreichung beim Erwerb von Unterrichtskompetenz im Lehrerstudium und im Übergang zur Berufstätigkeit. Zürich und St. Gallen: Pädagogische Hochschule (Forschungsgesuch zuhanden des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung [Projekt Nr. 100013-112467/1]).
Baer, M., Guldimann, T., Kocher, M., Larcher, S., Wyss, C., Dörr, G. & Smit, R. (2009). Auf dem Weg zu Expertise beim Unterrichten – Erwerb von Lehrkompetenz im Lehrerinnen- und Lehrerstudium. Unterrichtswissenschaft, 37 (2), S. 118–144.
Bauer, K.-O. (2002). Kompetenzprofil: LehrerIn. In H.-U. Otto, T. Rauschenbach & P. Vogel (Hrsg.), Erziehungswissenschaft: Professionalität und Kompetenz (S. 49–63). Opladen: Leske + Budrich (UTB).
Dauber, H. & Zwiebel, R. (Hrsg.) (2006). Professionelle Selbstreflexion aus pädagogischer und psychoanalytischer Sicht. Schriftenreihe zur humanistischen Pädagogik und Psychologie. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
Herz, O. (2004). Konzepte für Deutschland VIII: «Im Leben lernen – im Lernen leben». Otto Herz im Gespräch mit Ralf Lilienthal. a Tempo, (8), S. 6–9.
Messner, H. & Reusser, K. (2000). Berufliches Lernen als lebenslanger Prozess. Beiträge zur Lehrerbildung, 18 (3), S. 277–294.
Auszug aus: Wyss, C. (2010). Unterrichts- und Reflexionskompetenz. Eine mehrperspektivische Analyse von Lehrpersonen im Berufseinstieg und erfahrenen Lehrpersonen. Dissertation, Universität Zürich.
Kommentierte Literaturhinweise
Kommentierte Literaturhinweise
Berlinger, Donatus, Birri, Thomas & Zumsteg, Barbara (2006)
Vom Lernen zum Lehren. Ansätze für eine theoriegeleitete Praxis. Bern: hep.
Die Publikation beschreibt die Zusammenhänge zwischen theoretischem Wissen und dem Handeln von Lehrpersonen. Eine Bedingung für die Professionalisierung im Lehrberuf ist die Explizierung der eigenen subjektiven Theorien und die Anreicherung mit handlungsrelevanten Theorien aus der Wissenschaft. Wichtige theoretische Erkenntnisse zu Lehren und Lernen werden in diesem Buch kompakt und verständlich dargestellt und mit Praxisumsetzungen illustriert. Vor diesem Hintergrund können Lehrpersonen ihr Praxishandeln begründet planen, erklären, reflektieren und weiterentwickeln.
Felten, Regula von (2005)
Lernen im reflexiven Praktikum. Eine vergleichende Untersuchung. Münster: Waxmann.
Dieses Buch fragt nach der Wirkung der berufspraktischen Ausbildung. Die Lehrerinnen- und Lehrerbildung sieht das Ziel des Praktikums in der Verbindung von Theorie und Praxis. Untersuchungen zeigen jedoch, dass theoretisches Wissen in herkömmlichen Praktika kaum genutzt wird. Um das Praktikum nicht länger auf die Anwendung von Wissen auszurichten, wurde ein neues Konzept für die Zusammenarbeit von Studierenden und Praxislehrpersonen entwickelt. Es basiert auf Donald Schöns Idee des reflexiven Praktikums und stellt die Reflexion des Handelns ins Zentrum. Die Ergebnisse der vergleichenden Felduntersuchung zeigen, dass das reflexive Praktikum die Reflexion und Entwicklung des Handelns stärker fördert als das herkömmliche Praktikum.
Helmke, Andreas (2017)
Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität. Diagnose, Evaluation und Verbesserung des Unterrichts (7. Auflage). Seelze-Velber: Klett/Kallmeyer.
In der vollständig umgearbeiteten Neuauflage des 2003 erstmals erschienenen Buches «Unterrichtsqualität erfassen, bewerten und verbessern» setzt sich Andreas Helmke im Kapitel «Diagnose und Evaluation des Unterrichts» (S. 268–303) mit der Frage «Wie kann man die Qualität des Unterrichts erfassen und bewerten?» auseinander. Neben begrifflichen Klärungen und einem Überblick über die Vielfalt von Methoden und Akteuren sind in diesem Kapitel auch ganz konkrete Hilfestellungen für Schülerfeedback und Unterrichtsbeobachtungen zu finden.
Herzog, Walter (1995)
Reflexive Praktika in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung. Beiträge zur Lehrerbildung, 13 (3), S. 253–273.
Dieser Artikel ist der Versuch, der wichtigen Debatte um ein Neudenken der schulpraktischen Ausbildung aus einer grundsätzlichen Perspektive eine bestimmte Richtung zu geben. Der Autor nimmt Bezug auf europäische Ansätze im Bereich der Handlungstheorie und auf die amerikanische Diskussion um eine «Epistemologie der Praxis», wie sie vor allem von Donald Schön angeleitet wird.
In Bezug auf reflexive Praktik werden grundsätzliche Fragen gestellt und beantwortet: Wie befähigt man angehende Lehrkräfte zu reflexivem Unterricht? Wie gestaltet man reflexive Praktika? Herzog diskutiert, was in einem reflexiven Praktikum geschieht, und schildert das fragile Verhältnis zwischen Praktikumslehrperson in der Rolle als Coach und Lehrerstudierenden.
Luft, Joseph (1989)
Einführung in die Gruppendynamik. Frankfurt a. M.: Fischer (Original: Group Processes: An Introduction to Group Dynamics. Palo Alto: National Press.
In dieser Einführung in Elemente, Methoden, Probleme und Anwendungsmöglichkeiten der Gruppendynamik wird in einem Kapitel das berühmt gewordene Johari-Fenster erläutert. Joseph Luft schreibt über das grafische Schema der Wahrnehmung in interpersonalen Beziehungen: «Als Ingham und Luft zum ersten Mal das ‹Johari-Fenster› vorgelegt hatten, mit dessen Hilfe man Beziehungen im Hinblick auf bewusste Wahrnehmung darstellen kann, waren sie überrascht, dass so viele Menschen, Wissenschaftler und Nicht-Fachleute gleichermaßen, dieses Modell benützten und mit ihm experimentierten. Es scheint sich für Spekulationen über zwischenmenschliche Beziehungen als heuristisches Werkzeug anzubieten» (S. 24).
Meier, Albert et al. (2018)
Schülerinnen und Schüler kompetent führen. Bern: hep.
Reflexionen (über die eigenen Erfahrungen), Feedback (erhalten und geben) sowie Beobachtungen (von Studienkollegen und Studienkolleginnen, aber auch von Routiniers) bilden in diesem Heft die zentralen Instrumente auf dem Weg zu einem fundierten und wissenschaftlich abgestützten – aber auch persönlichen – Führungsverständnis. Die Themen «Führungsverhalten», «Gruppen im Klassenraum» sowie «Regeln, Routinen und Rituale» werden in kurzen Abschnitten erörtert. Biografische Übungen öffnen den Zugang zu den eigenen Überzeugungen und Mustern. Im Berufsfeld wird gehandelt und beobachtet. Anhand von Fragestellungen erarbeiten die Studierenden ihr eigenes, an ihren Ressourcen anknüpfendes Führungskonzept.
Schön, Donald A. (1983)
The Reflective Practitioner. How Professionals Think in Action. New York: Basic Books. (1983)
Dieses Buch befasst sich mit dem Wissen, das für praktische Tätigkeiten bedeutsam ist. Schön bezeichnet es als «knowing-in-action» und betont, dass Handlungswissen nicht die Folge theoretischer Vorüberlegungen ist, sondern im Handeln selbst liegt. Erfahrene Praktikerinnen und Praktiker zeichnen sich dadurch aus, dass sie unvorhergesehene Situationen im Berufsalltag angemessen wahrnehmen, Probleme erkennen und geschickt darauf reagieren.
Schön, Donald A. (1987)
Educating the Reflective Practitioner. San Francisco: Jossey-Bass.
In diesem Buch, das als Fortsetzung von «The Reflective Practitioner» gesehen werden kann, beschreibt Schön, wie erfahrene Praktikerinnen und Praktiker Studierende in ihrer Ausbildung begleiten. Die Studierenden sollen im reflexiven Praktikum lernen, ihr Handeln zu überdenken und schrittweise zu entwickeln. Ziel ist, dass sie selbst reflektierende Praktikerinnen und Praktiker werden. Das Buch enthält zahlreiche Fallbeispiele aus unterschiedlichsten Berufsfeldern.