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40Vgl. Zarri, Le sante vive; dies., »Affetata santità«; Dinzelbacher, Heilige oder Hexen, 119–128; Burkardt, False Living Saint; Gentilcore, Healers and Healing, 156–176; Walsham, Miracles, 208–211; Mat’a, Heiligkeit und Betrügerei; Pellegrino (Hrsg.), Ordini religiosi; Brambilla, Corpi invasi, insbes. 61–66; Sidler, Heiligkeit aushandeln. Insbesondere seit der Öffnung des Archivs der römischen Inquisition haben zahlreiche Studien zu den Inquisitionsprozessen die Kenntnis solcher Personenkulte enorm bereichert, siehe etwa Malena, L’eresia; Modica, Infetta dottrina.
41Holzem, »Volksfrömmigkeit«, 263.
42Burschel »Imitatio sanctorum«, 250; ders., Sterben und Unsterblichkeit, 217.
43Vgl. Zarri, »Affetata santità«, 53–57.
44Vgl. Sallmann, Naples et ses saints, insbes. 132, 331–367; Sodano, Il miracolo, 129–145; Ditchfield, »Coping with the Beati Moderni«, 436 f.; Copeland, Maria Maddalena de’ Pazzi, 66–82.
45Vgl. Gotor, beati del papa; Fiorelli, I sentieri dell’inquisitore, 48–55.
46Auf die obrigkeitliche Perspektive des Konfessionalisierungsparadigmas wurde bereits oben hingewiesen. Hier ist noch zu ergänzen, dass auch die italienische Forschung (v. a. zum Konzil von Trient, zur katholischen Reform in der Erzdiözese Mailand und zur Inquisition) den Fokus auf die »Disziplinierung« legte (siehe u. a. Niccoli, La vita religiosa, 123–161; Prodi, Il paradigma tridentino, 125–151; Prosperi, Eresie e devozioni, insbes. 335–370; Zardin, Carlo Borromeo).
47Laut Dompnier, Fortdauer der katholischen Reform, 243, lockten die Jubeljahre im 17. Jahrhundert bis zu 700 000 Pilger (im Jahr 1675) nach Rom – eine bis dahin nie erreichte Zahl. Siehe dazu auch Julia, L’accoglienza dei pellegrini, 828, dort mit Pilgerzahlen für das ospizio della Santissima Trinità di Pellegrini.
48Siehe Fosi, Fasto e decadenza, 799–803, sowie die Beiträge zu Rompilgern aus den Niederlanden, der Franche-Comté, aus Deutschland, Portugal und Frankreich in Boutry/Julia (Hrsg.), Pèlerins et pèlerinages. Für Beispiele aus dem rätischen Alpenraum siehe I. Müller, Bündner Fern-Wallfahrten, 34–41.
49Seit 1652 wurden die in Rom ausgestellten Ablassurkunden für Laienbruderschaften in einem zentralen Register erfasst. Die Auswertung dieser Quelle durch französische Historiker hat ergeben, dass die meisten Ablässe (bis zu 600 pro Jahr) in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ausgestellt wurden (Froeschlé-Chopard, Indulgences et confréries, 79–85; dies., Dieu pour tous, 168–171). In geographischer Hinsicht konnte ein Ausgreifen über den mediterranen Raum hinaus beobachtet werden: Während im 17. Jahrhundert bis zu 80 Prozent der ausgestellten Ablassurkunden nach Frankreich, Spanien und Italien gingen, verschob sich der Fokus im 18. Jahrhundert auf Mittel- und Osteuropa. Man hat dies mit dem Verlauf der katholischen Erneuerung zu erklären versucht (vgl. ebd.).
50Vgl. Achermann, Die Katakombenheiligen; Johnson, Holy Fabrications; Baciocchi/Duhamelle (Hrsg.), Reliques romaines.
51Wie Dompnier, Fortdauer der katholischen Reform, 216, treffend bemerkt, entwickelte sich Rom erst im 17. Jahrhundert »tatsächlich zum Haupt der katholischen Christenheit«. Zu den Reliquien und Ablässen als Mittel der großräumigen Vernetzung fügt er an (ebd., 245): »Die Verbreitung von Reliquien und die Erteilung von Ablässen innerhalb der gesamten katholischen Christenheit verstärkten das Band zwischen den lokalen Kirchen und Rom. Dieser Prozess geschah nicht sichtbar, spielte sich aber im Hintergrund viel deutlicher ab, als es die Beziehungen auf institutioneller Ebene vermitteln konnten.«
52Zunckel, Ritus, 189.
53Tusor/Sanfilippo (Hrsg.), Papacy and the Local Churches.
54Die klassische Studie von Paolo Prodi, Il sovrano pontefice, spricht von einer »Klerikalisierung« des Kurienpersonals, die paradoxerweise zu einer zunehmenden Säkularisierung der Herrschafts- und Verwaltungsstrukturen geführt habe. Allerdings lassen neuere Studien Zweifel aufkommen, ob diese Normvorstellung überhaupt je an Praxisrelevanz gewonnen hat (vgl. insbes. Visceglia, Burocrazia). Neuere Studien betonen vor allem die personalen Verflechtungen des römischen Ausgreifens (siehe u. a. die Beiträge in Büchel/Reinhardt [Hrsg.], Modell Rom; Reinhard [Hrsg.], Römische Mikropolitik; Emich, Territoriale Integration).
55Zu diesen institutionellen Entwicklungen im Papsttum siehe Dompnier, Fortdauer der katholischen Reform, 232–240; Bireley, Refashioning of Catholicism, 63–69.
56Zu diesem Zweck wurde 1622 die Kurienkongregation de Propaganda Fide gegründet (vgl. Metzler, Foundation).
57Vgl. Papa, Le cause di canonizzazione, 61–63; Gotor, fabbrica dei santi; ders., beati del papa, insbes. 285–295; Copeland, Sanctity, insbes. 227–231; Rosa, Curia romana, 135–152; Emich, Roma locuta. Neben den Kanonisationsprozessen war die Ritenkongregation mit der verbindlichen Regelung des katholischen Ritus (Gottesdienst) betraut.
58Vgl. Seidel Menchi, Erasmus als Ketzer; Prosperi, Tribunali, insbes. 135–153; Siebenhüner, Bigamie und Inquisition, insbes. 22–27; für weiterführende Literatur siehe Zwyssig, Italien.
59Immerhin sind dank den Studien von Giovanni Pizzorusso die Grundzüge der grenzüberschreitenden Informations- und Wissensgenerierung der Kurienkongregation de Propaganda Fide recht gut bekannt (vgl. Pizzorusso, La Congrégation; ders., Nuovo Mondo; siehe ferner die Beiträge in Castelnau-l’Estoile et al. [Hrsg.], Missions d’évangélisation). Erst in jüngster Zeit wurden auch für den europäischen Kontext die Zentrum-Peripherie-Beziehungen zwischen Rom und den »lokalen Kirchen« in den Blick genommen, etwa im Sammelband Tusor/Sanfilippo (Hrsg.), Papacy and the Local Churches; siehe dort insbes. die Forderung in der Einleitung von dens. (19–29), die Zentrum-Peripherie-Beziehungen als wechselseitig (two-way) zu betrachten (ebd., 26).
60Friedrich, Der lange Arm Roms, 19, versteht »Bürokratie« als »schriftbasierte Herrschaftsform […], in der erstens einzelne Aufgaben sachlich voneinander unterschieden und in vorhersehbaren Routinen behandelt werden, wobei zweitens spezifische Wissensformen benötigt und in spezifischen Dokumenttypen kommuniziert werden, deren Unterscheidung drittens parallel zu den sachlich abgegrenzten Aufgabenbereichen erfolgt […]«.
61Windler, Uneindeutige Zugehörigkeit, 340 f.
62Vgl. Friedrich, Government and Information-Management, 544–552; ders., Der lange Arm Roms, 80–105. Siehe zudem die Beobachtungen von Windler, Regelobservanz und Mission, zur Mission der unbeschuhten Karmeliten. Im Unterschied zu den Jesuiten waren die Karmeliten weniger strikt an den Dienstweg gebunden, sondern wurden ermutigt, sich direkt und ohne Umweg über die lokale Ordenshierarchie nach Rom zu wenden (ebd., 61).
63Die Forschungen von Antonio Menniti Ippolito zur Konzilskongregation und von Thomas F. Mayer zum Heiligen Offizium haben gezeigt, dass selbst im Kirchenstaat erst für die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts von einer annähernd effektiven Kontrolle durch die römischen Kongregationen ausgegangen werden kann (vgl. Menniti Ippolito, 1664; T. Mayer, The Roman Inquisition). Über den Kirchenstaat hinaus blieb der Einfluss der Kongregationen gering. Weitere Erkenntnisse in dieser Hinsicht sind von der Forschungsgruppe »Die Regierung der Universalkirche nach dem Konzil von Trient« am Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte (http://www.rg.mpg.de/forschung/die_regie-rung_der_universalkirche) zu erwarten.
64Windler, Uneindeutige Zugehörigkeit, 342; zu den »Grenzen kurialer Durchsetzungsfähigkeit« ebd., 340–345. Siehe dazu auch ders., Missionare in Persien.
65Selbst für den Kirchenstaat konnte Fosi, Sovranità, aufzeigen, dass der organisatorische Ausbau der römischen Kongregationen nicht zuletzt eine Reaktion auf eine dementsprechende Nachfrage von unten war.
66Zur politischen Handlungsmacht subalterner Akteure im Zuge der frühneuzeitlichen Herrschaftsverdichtung siehe Holenstein, »Gute Policey«; Blockmans/Holenstein/Mathieu (Hrsg.), Empowering Interactions; für den Kirchenstaat Fosi, Sovranità. Erst jüngst wurden solche Mechanismen auch für die katholischen Zentrum-Peripherie-Beziehungen in den Blick genommen (siehe neben den bereits zitierten Arbeiten von Christian Windler den programmatischen Aufsatz von Ditchfield, De-Centering, insbes. 186–195).
67Darauf weisen namentlich neuere Forschungen zu den politischen Außenbeziehungen hin, etwa Haug, Ungleiche Außenbeziehungen; N. Weber, Lokale Interessen, insbes. 187–242 und 282–425; Affolter, Verhandeln mit Republiken.
68Reinhard, Freunde und Kreaturen, insbes. 32–41, nochmals aufgegriffen und erweitert in ders., Paul V. Borghese, insbes. 4–22, und ders., Außenverflechtung. Empirisch erprobt wurde der Verflechtungsansatz von Reinhard und seinen Schülern für die Beziehungen zwischen dem Kirchenstaat und den anderen italienischen Staaten (Mailand, Neapel, Genua) (siehe die Beiträge in ders. [Hrsg.], Römische Mikropolitik).
69Methodisch anknüpfen lässt sich dabei an Felicitas Beckers Konzeptualisierung einer »Verflechtungsgeschichte«. Mit ihr in den Blick kommen die »Interaktion[en] zwischen Institutionen (privaten, korporatistischen oder staatlichen) oder Individuen über Landesgrenzen hinweg, und ohne dass ein Staat oder eine Gesellschaft unbedingt als treibende Kraft angesprochen werden könnte« (Becker, Netzwerke, 315).
70Dies zeigt Windler, Missionare in Persien, für die Beziehung zwischen der italienischen Kongregation der unbeschuhten Karmeliten und dem Papst bzw. der Propagandakongregation.
71Auch hier ist Beckers Konzeption der »Verflechtungsgeschichte« weiterführend, denn sie fokussiert auf »informelle, vielleicht gar nicht verschriftlichte gesellschaftliche Zusammenhänge und auf vielfach vermittelte, von keiner einzelnen Gesellschaft vollständig kontrollierte Interaktionen« (Becker, Netzwerke, 316).
72Vgl. dazu Benrath, Art. »Ablass«, 355–360; Hersche, Muße und Verschwendung, 523–527. Analytische Studien zum frühneuzeitlichen Ablasswesen, die über den Aspekt der reformatorischen Kritik hinausgehen, sind mit Ausnahme einer Studie zu Frankreich (Tingle, Indulgences) ein Forschungsdesiderat.
73Als neuere Überblicke eignen sich O’Malley, Trent, insbes. 205–247, 260–275; Ganzer, Konzil von Trient. Allerdings hat die neueste Forschung auch gezeigt, dass es verfehlt wäre, von einer eindeutigen, monolithischen, antiprotestantischen, auf dem Konzil von Trient beschlossenen Dogmatik auszugehen (vgl. Wassilowsky, Das Konzil von Trient, hier 10 f.; Emich, Konzil, hier 356 f.). Sowohl die Ereignisse auf dem Konzil als auch dessen Ergebnisse waren »in sich mehrdeutig, ambivalent, ambigue« (Wassilowsky, Das Konzil von Trient, 10).
74Dieser Begriff wurde von Ohlidal/Samerski, Einleitung, in die Forschungsdiskussion eingeführt, um am Beispiel der Jesuiten den Fokus auf die »multifunktionale[n] Phänomene und [den] Zwang zum Arrangement mit dem situativen Kontext« (ebd., 9) zu lenken. »Frömmigkeitskultur« bezeichnet demnach die »spirituelle und kultische Amalgamierung von Lokal-Internem und Institutionell-Externem, von Innovativem und Traditionellem« (ebd., 10). In der Forschungspraxis hat sich dieser analytische Begriff jedoch als wenig fruchtbar erwiesen, auch weil sein Vorzug gegenüber anderen Analysekategorien wie »Akkommodation«, »Akkulturation« oder »Hybridisierung« nicht plausibel genug gemacht werden konnte. In der vorliegenden Arbeit wird »Frömmigkeitskultur« daher eher gegenständlich als die Gesamtheit von religiösen Handlungen, Vorstellungen und materiellen Glaubensmanifestationen aufgefasst, wobei zu beachten ist, dass sich auch innerhalb der Konfessionen verschiedene Frömmigkeitskulturen mit regionalen oder lokalen Besonderheiten unterscheiden lassen (vgl. dazu Holzem, Westfälische Frömmigkeitskultur, insbes. 37).
75Begrifflich orientiere ich mich an der von N. Weber, Lokale Interessen, 34–48, für die politischen Außenbeziehungen entwickelten »integrativen Perspektive«.
76Ebd., 40.
77Gezeigt werden konnte dies insbesondere am Beispiel von Heilpraktiken, so etwa von Thiessen, Kapuziner, 428–449, und Sieber, Jesuitische Missionierung, 107–151.
78Labouvie, Verbotene Künste, 81 f.
79Greyerz et al. (Hrsg.), Interkonfessionalität.
80Brückner, Art. »Gnadenorte«, Sp. 796. Laut Brückner ist »Gnadenort« ein Neologismus der modernen Volkskunde, abgeleitet vom Quellenbegriff des »Gnadenbildes«. Im 1869 erschienenen Band 4 (Tl. 5) des Grimm’schen Wörterbuchs wird »Gnadenort« definiert als »Kirche, wo ein Gnadenbild verehrt wird« (Deutsches Wörterbuch, Bd. 8, Sp. 581). Vereinzelt lässt sich die Begriffsverwendung schon fürs 18. Jahrhundert nachweisen, für den vorliegenden Untersuchungsraum etwa auf einer Votivtafel aus der Gnadenkapelle der Alp Nadels von 1728 (»Ich will sagen Mitt Einem Wort[,] Was es ges[c]hehen in disen gnaden Ort[…].«) oder in einem Visitationsdekret des Churer Bischofs aus dem Jahre 1782, erlassen für das Vinschgau (BAC, 722.03.04: Johann Franz Dionys von Rost, Chur, 31.08.1782: »Dass die Gnadenorte, welche von merern auch scheinbarern allda geschehenen Gutthaten und Wunderwerken also benamset werden […].«). – In diesem (volkskundlichen) Sinne ist auch ein »Wallfahrtsort« ein »Gnadenort«, doch braucht es für einen Wallfahrtsort noch mehr als nur die Wunderdokumentation, etwa spezielle Wallfahrtsbruderschaften, Einrichtungen für Pilger sowie eine weit über das lokale Umfeld hinausreichende Ausstrahlungskraft (vgl. die Definition von W. Freitag, Volks- und Elitenfrömmigkeit, 49 f.).
81Zur Begriffsgeschichte und Begriffsverwendung siehe Cracco, Dai Santi ai Santuari, 25–27; Julia, Sanctuaires, 243–252. Wie letzterer betont, ist der französische Begriff »sanctuaire« ebenfalls ein Neologismus der modernen Geisteswissenschaften, eine »d’introduction récente« (ebd., 249). Im Italienischen ist die Bezeichnung »santuario« bereits in der Frühen Neuzeit in der heutigen Bedeutung gebräuchlich.
82Scharfe, Über die Religion, 48, spricht von einer »Konkretisierung des Heiligen«: »Gott oder ein ihn repräsentierender Heiliger zeigt sich an einem bestimmten Ort (oft in einer bestimmten Gestalt, in einem Bild), wo der Gläubige die Gnade in Empfang nehmen kann – es ist nun also ein definierter Ort, wo der Mensch mit dem Jenseitigen in Verbindung tritt: dingliche Konkretisierung des Heiligen gewissermaßen als Replik der Mensch- und Leibwerdung Gottes.«
83Im Gegensatz dazu war der Ort des sonn- und feiertäglichen Gottesdienstes für die Pfarreigenossen durch die Pfarrkirche (oft statuarisch-verbindlich) vorgegeben.
84Cozzo, Madonna di Tirano, 61 f.: »[…] al santuario […] il Fedele può decidere di recarsi liberamente per motivazioni proprie e scelte personale normalmente legate all’ ›eccezionalità‹ di quel luogo, nel quale si sono verificati (o si ripetono) prodigi, nel quale sono accaduti (o avvengono) miracoli.«
85Tilatti, Luoghi, 9: »Uomini che [ai santuari] si recano tramite pellegrinaggi più o meno prolungati nella speranza concreta e nell’attesa del manifestarsi del miracolo.«
86Mattioli Carcano, »Tabulae Pictae«, 21 f.: »Il santuario, meta di una peregrinatio [sic] più o meno longa, intraprese per impetrare una grazia, per significare la riconoscenza od, semplicemente, ripercorrendo itinieranze [sic] sancite da antiche tradizioni comunitarie o familiari, diviene un simbolico approdo dove il Fedele, carico della propria quotidianità […], trova lo spazio in cui si attua una sorta liberazione, seppure temporanea, dal male fisico e spirituale.«
87Zu Art, Vielfalt und Aussagekraft von Wallfahrtsquellen siehe auch Hersche, Devotion; Ducreux, Zum Thema Wallfahrt, 100–102.
88Vgl. Hofmann-Rendtel, Wallfahrt und Konkurrenz; Kühnel, »Werbung«; Soergel, Wondrous; Olivieri (Hrsg.), Ordini religiosi e santuari; Brugger, Gedruckte Gnade.
89Vgl. Hersche, Muße und Verschwendung, 525.
90Walsham, Reformation of the Landscape, 162: »The Counter-Reformation revival of pilgrimage and holy places was symptomatic of an imaginative strategy for religious regeneration, the hallmark of which was careful negotiation rather than aggressive acculturation.«
91 Viele Gnadenorte sind in ihren Grundzügen von der lokalen Geschichtsschreibung mehr oder weniger gut erforscht. Anstelle einzelner Titel seien hier die einschlägigsten Publikationsorgane erwähnt, für die Drei Bünde insbesondere das Bündner Monatsblatt, die Quaderni grigionitaliani, der (Igl) Ischi, die Annalas da la Societad Retorumantscha, das Schweizerische Archiv für Volkskunde, die Zeitschrift für schweizerische Kirchengeschichte sowie die sieben Graubünden-Bände der Reihe Kunstdenkmäler der Schweiz (hrsg. von Erwin Poeschel; darauf aufbauend neuerdings auch Batz, Kirchen); für das Veltlin v. a. das Bollettino della Società Storica Valtellinese und das Bollettino Storico Alta Valtellina. Für das Veltlin liegen zudem eine Zusammenstellung marianischer Gnadenorte (Guido Scaramellini [Hrsg.], Santuari mariani) sowie eine Reihe neuerer Einzelstudien zu bekannteren Wallfahrtsorten vor, etwa von Guido Scaramellini/Brambilla, Madonna di Gallivaggio; Rainoldi, Il santuario; Bormetti/Masa, santuario della Madonna; Zala, Da Santa Maria.
92 U. Pfister, Konfessionskirchen, 319. Pfister stützt sich auf den Befund der volkskundlichen Inventarisierung von Baumann, Bestandesaufnahme der Votivbilder, hier 27, die für Graubünden besonders viele Gnadenorte, dafür pro Gnadenort im Durchschnitt nur gerade acht Votivgaben nachweisen konnte. Die Gründe hierfür werden unten (Kap. 3.) noch ausführlich diskutiert.
93Angelegt war das Ausgreifen des Heiligen über den Kirchenraum hinaus im Bistum Chur freilich bereits im Spätmittelalter, wie jüngst Boscani Leoni, Sichtbar heilig, am Beispiel von Außenmalereien aufzeigen konnte.
94Auch die älteren Wallfahrtsorte erlebten gegen Ende des 16. Jahrhunderts vielfach einen noch nie dagewesenen Kulthöhepunkt. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts kam dann auch im rätischen Alpenraum Kritik an der barocken Wallfahrt, vor allem aber am damit verbundenen Wunderglauben auf (vgl. I. Müller, Die bündnerische Wallfahrt; allgemein dazu auch Habermas, Wallfahrt; 105–122; Prosser, Raum).
95Tricoire, Mit Gott rechnen, 18. Tricoire nennt diese neuen Vorstellungen »Universalismus« und meint damit den »glorreichen, auf [göttlicher] Liebe basierenden Zusammenhang zwischen Erde und Himmel« (ebd., 390). Die religiöse Kultur dieses »Universalismus« ist darauf ausgerichtet, »Individuen und Gemeinschaften tiefer in die Klientelbeziehungen [zum Himmel] zu integrieren« (ebd.), etwa mittels Marienpatronat.
96Gemäß Fattori, Benedetto XIV, 241, ist das Sakrale oder »Heilige« (sacro) »lo spazio presente nel mondo naturale e umano aperto all’invervento o alla presenza del divino«, also derjenige Raum in der irdischen Welt, der für eine Intervention oder Präsenz des Göttlichen empfänglich ist. Fattori unterscheidet zwischen »sacro ordinario« und »sacro stra-ordinario« und damit zwischen zwei Wegen, wie das Göttliche erfahrbar wird: erstens auf dem ordentlichen bzw. kirchlichen Weg über die Sakramente und zweitens auf dem ausserordentlichen sprich mirakulösen Weg (vgl. ebd., 241 f.).
97Ich verwende diesen Begriff trotz aller Problematiken (siehe Tricoire, Mit Gott rechnen, 34–42), um damit jene qualitativen Veränderungen von katholischer Kirchlichkeit und Religiosität zu bezeichnen, die sich im konfessionellen Zeitalter einstellten – sei es als Reaktion auf die Reformation, sei es als Fortführung und Institutionalisierung älterer, innerkirchlicher Reformbemühungen (zur Begriffsverwendung in der Forschung siehe ebd.; Zwyssig, Katholische Reform, 157).
98Zu den Grundideen und methodologischen Konsequenzen des sogenannten Spatial Turn siehe Bachmann-Medick, Cultural Turns, 238–283. Die diesbezüglichen Chancen und Möglichkeiten der Geschichtsschreibung werden diskutiert bei Schlögel, Räume und Geschichte; Torre, Un »tournant spatial«; Rau, Räume; für die Frühneuzeitforschung insbes. Stock (Hrsg.), Uses of Space. Als besonders fruchtbar für die historische Forschung hat sich vor allem das analytische Instrumentarium von Löw, Raumsoziologie, 159 f., erwiesen.
99Pointiert dazu äußert sich neuerdings Stock, History, 5 f.: »In other words, space is not something outside history […]. Instead, space is historically contingent and constructed by circumstances and perspectives. Historians can therefore analyse the intellectual, cultural, and social contexts that give rise to particular understandings of space, and explore how those understandings are reproduced, transformed, and used.«
100Dies lassen neuere Studien zur »religiösen Geographie« vermuten. Mit Bezug zum vorliegenden Untersuchungsraum siehe Cozzo, Madonna di Tirano; allgemein dazu Christin/Flückiger, Rendre visible; Shalev, Sacred Words and Worlds; Ghermani, Zwischen Wunder und Vernunft, sowie die diesbezüglich äußerst gewinnbringende Studie von Walsham, Reformation of the Landscape, hier 153–232; synthetisierend dazu dies., Sacred Landscape. Weiterführend ist auch der jüngst erschienene Sammelband von DeSilva (Hrsg.), Sacralization of Space.
101Ich lehne mich an den Peripherie-Begriff an, der zur Beschreibung des hochmittelalterlichen Papsttums bemüht wurde. Demnach ist »Peripherie weniger eine Frage der räumlichen Entfernung als der inneren Distanz zu Rom als dem zumindest intendierten Zentrum der lateinischen Christenheit; insofern konnte die Peripherie sehr nahe liegen – unter Umständen in Rom selbst« (Johrendt/Müller, Zentrum und Peripherie, 9).
102Emich, Territoriale Integration, 3–23.
103Rau, Räume, 164. Zur Machtdimension der »Produktion und Aneignung« von Räumen pointiert auch Belina, Raum, insbes. 79–85.
104Ich orientiere mich hierfür und für die folgenden Untersuchungsschritte an den von Susanne Rau vorgeschlagenen Analyseebenen (ebd., 122–191), die da sind: 1. Räumliche Konfigurationen und Raumformationen, 2. Raumdynamiken, 3. Raumwahrnehmungen und 4. Raumpraktiken (siehe verkürzt ebd., 133 f.).
105Blickle, Kommunalismus, betrachtet die Drei Bünde als »paradigmatischen Fall«, um die »Interdependenzen von Republikanismus und Kommunalismus« zu erforschen. Zum institutionellen Aufbau der Drei Bünde siehe Head, Demokratie, insbes. 118–153; Liniger, Gesellschaft in der Zerstreuung, 28–36.
106U. Pfister, Konfessionskirchen, 32. Pfister versteht seine Studie zu den Konfessionskirchen in Graubünden bezeichnenderweise als Versuch, die »Schwächen der existierenden [Konfessionalisierungs-]Forschung […] zu beseitigen« (ebd., 19).
107Vgl. Saulle Hippenmeyer, Nachbarschaft, 112–170. Zur »Kommunalisierung der Kirche« siehe zudem Head, »Nit alss zwo Gmeinden […]«, 26 f.; Boscani Leoni, Essor et fonctions, 325–331; U. Pfister, Konfessionskirchen, 39 f.; zu den zweiten Ilanzer Artikeln Bundi, Zur Dynamik, 30–34.
108 Vgl. Wendland, Ai confini dell’eresia, 165, 170. Neben dem Veltlin gehörte auch das Puschlav zum Bistum Como.
109U. Pfister, Konfessionskirchen, 65. Ausführlich zu den sogenannten Dismembrationen, das heißt den Aufspaltungen von Großpfarreien in kleinere Pfarreigenossenschaften ebd., 65–72.
110Vgl. Bundi, Zur Dynamik, 27–30; U. Pfister, Konfessionskirchen, 39 f. In der Forschung ist umstritten, ob es sich um eine allgemeine »individuelle Glaubensfreiheit« handelte. In der Praxis blieb die freie Konfessionswahl häufig den Gemeinden vorbehalten.
111Vgl. U. Pfister, Konfessionskirchen, 55 f. Zur Reformation in den Drei Bünden siehe auch Bernhard, Reformation in the Three Leagues.
112Vgl. Pastore, Rituali di violenza, 71 f.; Guglielmo Scaramellini, Die Beziehungen, 149, 156; Bundi, Gewissensfreiheit, 69–78, 115–132; Head, At the Frontiers; Sùamellini, La questione religiosa; Hitz, Im Veltlin, 10–19. Zumindest im 16. Jahrhundert war die evangelische Bewegung insbesondere in Chiavenna recht bedeutend, weil sich dort viele italienische Glaubensflüchtlinge niederließen. – Anders als etwa in den Gemeinen Herrschaften der Eidgenossenschaft, wo »die politische Kultur […] bei geringer Verrechtlichung maßgeblich durch ein politisches Aushandeln und eine Auslegungspraxis der normativ-rechtlichen Verträge zur Mehrkonfessionalität geprägt [war]« (Hacke, Konflikt und Konsens, 603; vgl. neuerdings auch dies., Konfession und Kommunikation), vermochten in den Drei Bünden die Protestanten allem Anschein nach die Herrschaftspolitik in den Untertanengebieten weitgehend nach den eigenen Vorstellungen zu bestimmen. Eine systematische Untersuchung der Bündner Veltlinpolitik im 17. und 18. Jahrhundert ist allerdings immer noch ein Desiderat der Forschung.






