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II. Mitverpflichtung der F gemäß § 1357 Abs. 1
F könnte durch den Vertragsschluss zwischen M und K nach § 1357 mit verpflichtet worden sein. Nach dieser Vorschrift kann jeder Ehegatte Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie auch mit Wirkung für den anderen Ehegatten abschließen, wodurch beide Ehegatten berechtigt und verpflichtet werden, solange sich nicht aus den Umständen etwas anderes ergibt.
1. Anwendbarkeit des § 1357 Abs. 1
Die Vorschrift des § 1357 Abs. 1 greift ein, wenn eine wirksame Ehe zwischen F und M im Zeitpunkt des Abschlusses des Behandlungsvertrags bestanden hat und sie nicht getrennt gelebt haben. Für diese Ausschlussgründe bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte.
2. Geschäft zur Deckung des angemessenen Lebensbedarfs
Der zwischen M und K bestehende Behandlungsvertrag müsste ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs gewesen sein. Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfs sind alle Geschäfte, die nach den Verhältnissen der Ehegatten der Deckung ihres Lebensbedarfs dienen. Der Umfang des Lebensbedarfs bestimmt sich in Anlehnung an das Unterhaltsrecht. Dazu zählt nicht nur der gesamte Bedarf der gemeinsamen Haushaltsführung, sondern auch ein eventuell persönlicher Bedarf der Ehegatten und der mit ihnen gemeinsam lebenden unterhaltsberechtigten Kindern.[63] Auch Aufwendungen, die nur einem Ehegatten zugutekommen, können Teil des Lebensbedarfs der Ehegatten sein. Zu ihrem Lebensbedarf gehört auch die ärztliche Versorgung eines Ehegatten, da die Behandlung im Interesse der gesamten Familie erfolgt. Ärztliche Behandlungen dienen der Gesundheit als dem primären und ursprünglichen Lebensbedarf der gesamten Familie. Dem steht nicht entgegen, dass aus dem ärztlichen Behandlungsvertrag wegen der Höchstpersönlichkeit der Leistung nur der behandelte Ehegatte berechtigt und der andere Ehegatte nur mit verpflichtet werden kann. Eine Mitverpflichtung der F tritt nach § 1357 Abs. 1 indes nur dann ein, wenn das Geschäft der angemessenen Deckung des Lebensbedarfs dient. Angemessen ist ein Geschäft, wenn es den wirtschaftlichen Verhältnissen und den tatsächlichen Lebensverhältnissen der Familie entspricht. Hierbei kommt es allein auf die tatsächlich verwirklichte Lebensführung der Ehegatten an. Im Hinblick auf die bescheidenen wirtschaftlichen Lebensverhältnisse der F und des M erscheint es zweifelhaft, ob die Inanspruchnahme von Behandlungsleistungen in Höhe von 20 000 € noch als angemessen beurteilt werden kann. Allerdings können trotz des bescheidenen Lebenszuschnittes der Ehegatten ärztliche Heilbehandlungskosten auch ohne Abstimmung unter den Ehegatten zu dem angemessenen Lebensbedarf gehören, wenn es sich um unaufschiebbare und medizinisch notwendige Maßnahmen handelt. Durch die wegen des Bronchialkarzinoms erforderliche Chemotherapie sollte eine lebensgefährliche Krankheit gelindert werden, so dass eine medizinisch absolut unerlässliche Behandlung vorlag. Solche Aufwendungen zählt die Rechtsprechung[64] zu dem Grundlebensbedarf jedes Ehegatten, die infolgedessen unabhängig von den Einkommens- und Lebensverhältnissen der Familie als angemessen eingestuft werden, auch wenn sich die Ehegatten zuvor nicht darüber abgestimmt haben.
III. Ausschluss der Mithaftung
Aus § 1357 Abs. 1 S. 2 folgt nur dann eine Mitverpflichtung des nicht den Vertrag schließenden Ehegatten, soweit sich nicht aus den Umständen etwas anderes ergibt. Das ist der Fall, wenn sich für den Vertragspartner aus dem Vertragsschluss ausdrücklich oder erkennbar der Wille des vertragsschließenden Ehegatten ergibt, nur sich allein verpflichten zu wollen.[65] Im Übrigen nimmt die Rechtsprechung an, dass eine Mithaftung für die den Lebensbedarf deckenden Geschäfte nur insoweit entsteht, wie der mitverpflichtete Ehegatte auch unterhaltsrechtlich zur Leistung verpflichtet gewesen wäre. Daran fehlt es, wenn das Geschäft die Leistungsfähigkeit der Familie überschreitet (sog. „Sonderbedarf“).[66] In diesen Fällen entsteht eine Mithaftung nur im Rahmen der Leistungsfähigkeit des mithaftenden Ehegatten. Die durch das Bronchialkarzinom erforderlichen Heilbehandlungskosten stellen einen Sonderbedarf dar. Die Mitverpflichtung der F hängt daher von ihrer Leistungsfähigkeit ab, die sich wiederum nach den wirtschaftlichen Verhältnissen der Familie bestimmt. Da für M kein Krankenversicherungsschutz vorhanden war und die Ehegatten über kein weitergehendes Vermögen verfügten, übersteigt der durch die Heilbehandlung entstandene Sonderbedarf die Leistungsfähigkeit der Familie und damit auch der F. Ihre Mitverpflichtung ist daher gemäß § 1357 Abs. 1 S. 2 ausgeschlossen.
IV. Ergebnis
K hat daher gegen die F keinen Anspruch auf Zahlung der Heilbehandlungskosten in Höhe von 20 000 €.
1. Teil Familienrecht › C. Die Ehe › IV. Haftungserleichterungen nach § 1359
IV. Haftungserleichterungen nach § 1359
72
Nach § 1359 ist der Umfang der Sorgfaltspflichtverletzung der Ehegatten auf die Sorgfalt beschränkt, die ein Ehegatte in eigenen Angelegenheiten (diligentia quam in suis) anzuwenden pflegt. Gemäß § 277 ist derjenige, der für eine solche Sorgfalt einzustehen hat, von der Haftung für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz nicht befreit. Der in § 1359 geregelte Haftungsmaßstab bezieht sich nur auf die Erfüllung der Pflichten, die sich aus den ehelichen Lebensverhältnissen ergeben. Er gilt nicht, wenn die Ehegatten sich rechtsgeschäftlich wie beliebige Dritte gegenüberstehen.
Beispiel
Ein Ehegatte ist aufgrund eines mit dem anderen Ehegatten geschlossenen Arbeitsvertrags in dessen Betrieb tätig. Beschädigt er in diesem Rahmen Waren oder Betriebsgegenstände, findet die Haftungserleichterung des § 1359 keine Anwendung.
73
Der mildere Haftungsmaßstab des § 1359 ist infolge teleologischer Reduktion nach h.M.[67] auch nicht anzuwenden, wenn bei der gemeinsamen Teilnahme der Ehegatten im Straßenverkehr durch Verschulden eines Ehegatten Schäden an dem Körper oder an dem Eigentum des anderen Ehegatten entstehen. Der Geltendmachung von fahrlässig verursachten Schadensersatzansprüchen kann zudem § 1353 Abs. 1 S. 2 entgegenstehen, wenn dies den Umständen nach dem ehelichen Zusammenleben widerspricht. Nach der Rechtsprechung[68] soll sich in diesen Fällen ein stillschweigender Haftungsverzicht ergeben, der allerdings nur dann eingreift, wenn die Ehegatten nicht getrennt leben bzw. geschieden sind.
74
Bei der Haftung der Ehegatten ist § 207 zu beachten, wonach die Verjährung von Ansprüchen zwischen Ehegatten für die Zeit des Bestehens der Ehe gehemmt ist. Die Haftungsprivilegierung führt in Klausuren oft zum Problem des gestörten Gesamtschuldverhältnisses.
1. Teil Familienrecht › C. Die Ehe › V. Eigentumsvermutung, § 1362
V. Eigentumsvermutung, § 1362
75
Für die Eigentumsverhältnisse gilt grundsätzlich die Vermutung des § 1006. Danach wird zugunsten eines Besitzers einer beweglichen Sache vermutet, dass er Eigentümer der Sache ist. Nach den allgemeinen Regelungen bestünde an den gemeinsam benutzten Gegenständen Mitbesitz der Ehegatten, der die Vermutung von Miteigentum der Ehegatten zu gleichen Teilen begründen würde, §§ 1008, 741, 742. Wegen der uneindeutigen Besitz- und Eigentumsverhältnisse in einer Ehewohnung stellt § 1362 Abs. 1 S. 1 für das Eherecht eine weitere vom Güterstand unabhängige Vermutung auf, wonach zugunsten der Gläubiger der Ehegatten vermutet wird, dass die im Besitz beider Ehegatten stehenden beweglichen Sachen dem Schuldner gehören. Die in § 1362 geregelte Vermutung gilt nur im Verhältnis zum Gläubiger und nicht im Innenverhältnis der Ehegatten untereinander.
76
Die Eigentumsvermutung des § 1362 Abs. 1 S. 1 wird in der Zwangsvollstreckung durch die Gewahrsamsvermutung des § 739 ZPO ergänzt. Nach dieser Vorschrift wird bei einer Zwangsvollstreckung gegen einen Ehegatten vermutet, dass für die Durchführung der Zwangsvollstreckung nur der Schuldner Besitzer und Gewahrsamsinhaber ist. Die Gewahrsamsfiktion des § 739 ZPO gewährleistet eine i.S.v. § 808 Abs. 1 ZPO verfahrensfehlerfreie Inbesitznahme des Gerichtsvollziehers auch hinsichtlich der Gegenstände, die im Eigentum des anderen Ehegatten stehen. Dem Ehegatten, in dessen Eigentum mit einem gegen den anderen Ehegatten ergangenen Titel vollstreckt wurde, steht nicht die Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO zu, da die Vollstreckung wegen der Gewahrsamsfiktion des § 739 ZPO rechtmäßig war. Da es sich bei § 1362 um eine Vermutung i.S.v. § 292 ZPO handelt, hat der Ehegatte, der Eigentümer der gepfändeten Sache ist, die Möglichkeit, die Vermutung im Wege der Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO zu widerlegen. Das kann dadurch erfolgen, dass er darlegt, dass er den Gegenstand im eigenen Namen erworben bzw. der Gegenstand ihm schon vor der Eheschließung gehört hat. Im letzten Fall gilt für das Fortbestehen des Eigentums die Vermutung des § 1006.[69]
Beispiel
Gegen den Ehemann ergeht ein rechtskräftiges Urteil, durch das er verurteilt wird, 10 000 € an seinen Gläubiger G zu zahlen. Da der Ehemann nicht zahlungskräftig ist, pfändet der Gerichtsvollzieher ein wertvolles Bild in der Ehewohnung. Die Ehefrau wendet ein, das Bild stünde in ihrem Alleineigentum. Der Gerichtsvollzieher ist dennoch berechtigt, das Bild zu pfänden, da die Eigentumsvermutung des § 1362 eingreift. Da die Vollstreckung wegen der Gewahrsamsfiktion des § 739 ZPO rechtmäßig war, steht der Ehefrau keine Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO zu. Sie muss vielmehr die Drittwiderspruchsklage gemäß § 771 ZPO erheben und in diesem Rechtstreit die Vermutung des § 1362 widerlegen, indem sie ihr Alleineigentum beweist.
77
Die Eigentumsvermutung gilt nach § 1362 Abs. 1 S. 2 nicht, wenn die Ehegatten getrennt leben und die Gegenstände, die gepfändet werden sollen, sich im Besitz des Ehegatten befinden, der nicht Schuldner ist. Für Sachen, die ausschließlich zum persönlichen Gebrauch eines Ehegatten bestimmt sind, wird nach § 1362 Abs. 2 vermutet, dass sie dem Ehegatten gehören, für dessen Gebrauch sie bestimmt sind.
Beispiel
Kleidung, Schmuck (sofern er nicht zur Kapitalanlage der Ehegatten erworben wurde).
Hinweis
Die Rechtsprechung[70] wendet die Vorschrift des § 1362 nicht analog auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft an, da eine Regelungslücke wegen der Nichtplanwidrigkeit insoweit fehle. In der Literatur[71] wird dies zum Teil im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG gefordert.
1. Teil Familienrecht › C. Die Ehe › VI. Ehename
VI. Ehename
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Nach § 1355 Abs. 1 S. 1 sollen die Ehegatten einen gemeinsamen Ehenamen führen. Zu einem gemeinsamen Ehenamen sind sie indes nicht verpflichtet. Sie können auch den zur Zeit der Eheschließung geführten Namen nach der Eheschließung behalten, § 1355 Abs. 1 S. 2. Zum Ehenamen kann nach § 1355 Abs. 2 auch ein Name erklärt werden, den einer der Ehegatten durch eine Heirat erworben hatte. Der Ehegatte, dessen Namen nicht Ehenamen wird, kann seinen Namen nach § 1355 Abs. 4 S. 1 dem Ehenamen voranstellen oder anfügen. Dazu ist er allerdings nicht berechtigt, wenn der Ehenamen bereits aus mehreren Namen besteht, § 1355 Abs. 4 S. 2. Nach der Entscheidung des BVerfG[72] greift dieses Verbot zwar in das Persönlichkeitsrecht der Ehegatten ein, dies sei aber ein legitimer Zweck zur Erhaltung der identitätsstiftenden Funktion des Namens. Wird ein Ehegatte, der seinen Geburtsnamen dem Ehenamen vorangestellt hat, adoptiert, hat dies auch Auswirkungen auf den Ehenamen. Der BGH[73] hält die Vorschriften der §§ 1767 Abs. 2, 1757 Abs. 1 für zwingend mit der Folge, dass sich der Begleitname automatisch in den durch die Adoption geänderten Geburtsnamen wandelt.
1. Teil Familienrecht › C. Die Ehe › VII. Eheliche Unterhaltspflichten
VII. Eheliche Unterhaltspflichten
79
Durch die Ehe ergeben sich drei unterschiedliche Arten von Unterhaltsansprüchen:

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Die Voraussetzungen des Scheidungsunterhalts werden in Zusammenhang mit den Rechtsfolgen der Scheidung dargestellt.
1. Familienunterhalt
81
Nach § 1360 S. 1 sind die Ehegatten während der Ehe gegenseitig verpflichtet, für ihren angemessenen Lebensbedarf und für den Lebensbedarf der gemeinsamen Kinder zu sorgen. Anspruchsberechtigt ist jeder Ehegatte, so dass der Kindesunterhalt im eigenen Namen von einem Ehegatten gegenüber dem anderen Ehegatten geltend gemacht werden kann.
Aus der Vorschrift des § 1360 ergibt sich aber kein eigener Anspruch der Kinder gegen die Eltern. Der Unterhaltsanspruch der Kinder ist in §§ 1601 ff. geregelt. Der aus § 1360 S. 1 sich ergebende Unterhaltsanspruch kann nach § 1360 S. 2 auch in Natur in Form der Haushaltsführung geleistet werden (siehe oben unter Rn. 32). Nach § 1360a Abs. 2 S. 2 ist das dafür erforderliche Haushaltsgeld von dem anderen Ehegatten vorzuleisten. Zu dem Anspruch auf Familienunterhalt gehört auch das Taschengeld des den Haushalt führenden Ehegatten.
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Ein Verzicht auf den Familienunterhalt ist für die Zukunft nicht möglich §§ 1360a Abs. 3, 1614 Abs. 1. Für die Vergangenheit kann Familienunterhalt nur unter den Voraussetzungen des § 1613 i.V.m. § 1360a Abs. 3 gefordert werden. Leistet ein Ehegatte mehr Unterhalt als er verpflichtet ist, ist nach § 1360b im Zweifel anzunehmen, dass er nicht beabsichtigt, von dem anderen Ehegatten Ersatz zu verlangen. Die Vorschrift ergänzt §§ 685 Abs. 1, 814. Nach § 1360a Abs. 4 hat ein Ehegatte, der nicht in der Lage ist, die Kosten eines Rechtsstreits in einer persönlichen Angelegenheit zu tragen, einen Anspruch gegen den anderen Ehegatten auf einen Vorschuss der Prozesskosten.[74]
2. Trennungsunterhalt
83
Im Fall der Trennung der Ehegatten tritt nach §§ 1361 Abs. 1 S. 1, 1361 Abs. 4 S. 1, S. 2 an die Stelle des Familienunterhalts der Trennungsunterhalt, der bis zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung geltend gemacht werden kann. Ein Getrenntleben i.S.v. § 1567 liegt vor, wenn die Eheleute die eheliche Lebensgemeinschaft aufgegeben haben. Davon ist auszugehen, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht (objektives Element) und ein Ehegatte sie auch erkennbar nicht mehr herstellen will (subjektives Element). Bei dem Trennungswillen handelt es sich um einen natürlichen Willen, für den eine Geschäftsfähigkeit nicht erforderlich ist.[75] Führen die Ehegatten keinen gemeinsamen Haushalt mehr und bestehen zwischen ihnen auch keine persönlichen Beziehungen mehr, so kann ein Getrenntleben auch innerhalb der gemeinsamen Ehewohnung möglich sein.[76] Ein Getrenntleben der Ehegatten liegt dagegen nicht vor, wenn die Ehegatten nur aus beruflichen Gründen getrennte Wohnsitze haben oder sich ein Ehegatte längere Zeit in einem Sanatorium oder in einer Haftanstalt aufhält. In diesen Fällen fehlt es an dem subjektiven Willen der Ehegatten, die eheliche Lebensgemeinschaft aufzugeben.
84
Ein Anspruch auf Gewährung von Trennungsunterhalt setzt voraus, dass der Ehegatte bedürftig ist. Das ist nicht der Fall, wenn der Ehegatte aus eigenen Mitteln seinen Lebensunterhalt bestreiten kann.[77] Die Bedürftigkeit eines Ehegatten kann nach § 1361 Abs. 2 dadurch gemindert sein, dass er es unterlässt, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuführen. Im Rahmen des Trennungsunterhalts sind jedoch geringere Anforderungen an die Erwerbspflicht des bedürftigen Ehegatten zu stellen, da vor Rechtskraft der Scheidung die eheliche Solidargemeinschaft noch besteht.[78] Einkünfte aus einer überobligationsmäßigen Tätigkeit muss sich der Ehegatte nicht anrechnen lassen.[79]
85
Der unterhaltspflichtige Ehegatte muss zudem entsprechend leistungsfähig sein. Davon kann nur ausgegangen werden, wenn ihm ausreichende Mittel zur Verfügung stehen, durch die sein eigener Unterhaltsbedarf nach Zahlung des Unterhalts an den bedürftigen Ehegatten gesichert ist (Selbstbehalt). Ist der Unterhaltspflichtige leistungsfähig, so hat er 3/7 seines Einkommens an den Unterhaltsberechtigten zu zahlen. Er hat nicht die Hälfte seines Einkommens als Unterhalt zu zahlen, da ihm 1/7 seines Einkommens als Bonus für seine Erwerbstätigkeit zu belassen ist.
86
Der Anspruch auf Trennungsunterhalt ist auf Zahlung einer Geldrente gerichtet. Die Vorschrift des § 1361 Abs. 4 verweist auf § 1360a Abs. 3, Abs. 4, so dass die im Rahmen des Familienunterhalts gemachten Ausführungen zu dieser Norm auch für den Trennungsunterhalts gelten.
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Die Höhe des Unterhaltsanspruchs richtet sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen, die von dem in der Ehe verfügbaren Einkommen geprägt werden. Dabei ist nicht auf den Zeitpunkt der Trennung, sondern auf die jeweils aktuellen Einkommensverhältnisse abzustellen. Das gilt nur dann nicht, wenn der Einkommensverlust des unterhaltspflichtigen Ehegatten auf einer freiwilligen beruflichen oder wirtschaftlichen Disposition beruht. In diesen Fällen wird ihm ein fiktives Einkommen unterstellt.[80] Zu dem Unterhaltsanspruch gehört auch der Vorsorgeunterhalt für die Übernahme der Kosten, die für eine angemessene Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit entstehen, § 1361 Abs. 1 S. 2. Der Unterhaltsanspruch umfasst auch einen etwaigen Sonderbedarf, §§ 1360a Abs. 4, 1361 Abs. 4.
88
Nach § 1361 Abs. 3 findet im Rahmen des Trennungsunterhalts auch die Vorschrift des § 1579 Nr. 2–7 Anwendung. Danach kann der Unterhalt versagt, herabgesetzt oder zeitlich beschränkt werden, wenn die in § 1579 Nr. 2–7 aufgeführten Voraussetzungen vorliegen. Da § 1361 Abs. 3 nicht auf § 1579 Nr. 1 verweist, kann auch nach kurzer Ehe Trennungsunterhalt verlangt werden.
3. Hausrat und Ehewohnung während des Getrenntlebens
89
Jeder Ehegatte kann bei der Trennung nach § 1361a Abs. 1 S. 1 die ihm gehörenden Haushaltsgegenstände von dem anderen Ehegatten verlangen. Der Eigentümer ist allerdings verpflichtet, sie dem anderen Ehegatten zum Gebrauch zu überlassen, soweit dieser sie zur Führung eines abgesonderten Hausrats benötigt und die Überlassung der Billigkeit entspricht, § 1361a Abs. 1 S. 2. Haushaltsgegenstände, die den Ehegatten gemeinsam gehören, werden zwischen Ihnen nach den Grundsätzen der Billigkeit verteilt, § 1361a Abs. 1 S. 2. Soweit die Ehegatten sich nicht einigen können, kann eine gerichtliche Entscheidung nach §§ 200 ff. FamFG erfolgen.
90
Ein Ehegatte kann die Zuweisung der Ehewohnung oder einen Teil zur alleinigen Benutzung nach § 1361b Abs. 1 S. 1 verlangen, soweit dies unter Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Eine unbillige Härte kann sich daraus ergeben, dass das Wohl der im Haushalt lebenden Kinder beeinträchtigt ist, § 1361b Abs. 1 S. 2. Der aus der Wohnung weichende Ehegatte kann nach § 1361b Abs. 3 einen Entschädigungsanspruch haben. Auch hinsichtlich der Ehewohnung kann eine gerichtliche Entscheidung nach den §§ 200 ff. FamFG ergehen.

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Anmerkungen
[1]
am 1.10.2017.
[2]
BGBl. I 2017, 2787; BT-Drs. 18/12989, BT-Drs. 18/6665.
[3]
BGBl. I 2017, 2787; BT-Drs. 18/6665.
[4]
Palandt-Brudermüller § 1313 Rn. 5.
[5]
BGH Urt. v. 18.11.2009 (Az. XII ZR 173/06) = FamRZ 2010, 269; BGH Urt. v. 18.5.2011 (Az. XII ZR 67/09) = NJW 2011, 2725.
[6]
RG Urt. v. 22.1.1903 (Az. IV 288/02) = RGZ 53, 337.
[7]
BGH Urt. v. 4.11.1987 (Az. IVb ZR 83/86) = NJW 1988, 2032.
[8]
BGH Urt. v. 14.3.1962 (Az. IV ZR 253/61) = BGHZ 37, 38.
[9]
BGH Urt. v. 26.2.1954 (Az. V ZR 135/52) = BGHZ 12, 380.
[10]
Siehe zum Besitz ausführlich im Skript „Sachenrecht II“ Rn. 34 ff.
[11]
OLG Bremen Beschl. v. 19.9.2014 (Az. 4 UF 40/14) = NJW 2015, 495.
[12]
BGH Urt. v. 4.11.1987 (Az. IVb ZR 83/86) = NJW 1988, 2032.
[13]
MüKo-Roth § 1353 Rn. 6.
[14]
BGH Urt. v. 26.11.1968 (Az. VI ZR 189/67) = BGHZ 51, 109.
[15]
BGH Urt. v. 13.7.1971 (Az. VI ZR 31/70) = NJW 1971, 2066.
[16]
BGH Beschl. v. 9.7.1968 (Az. GSZ 2/67) = BGHZ 50, 304; BGH Urt. v. 3.2.2009 (Az. VI ZR 183/08) = FamRZ 2009, 596.
[17]
BGH Urt. v. 22.9.1970 (Az. VI ZR 28/69) = BGHZ 54, 269.
[18]
BGH Urt. v. 1.12.1978 (Az. VII ZR 91/77) = NJW 1979, 598.
[19]
BGH Urt. v. 25.9.1962 (Az. VI ZR 244/61) = BGHZ 38, 55.
[20]
BGH Urt. v. 25.6.2003 (Az. XII ZR 161/01) = NJW 2003, 2982 m.w.N.
[21]
BGH Urt. v. 25.6.2003 (Az. XII ZR 161/01) = NJW 2003, 2982 m.w.N.
[22]
Palandt-Sprau § 733 Rn. 10.
[23]
BGH Urt. v. 13.7.1994 (Az. XII ZR 1/93) = NJW 1994, 2545.
[24]
BGH Urt. v. 18.9.2009 (Az. XII ZR 176/06) = NJW 2010, 1879.
[25]
MüKo-Roth § 1353 Rn. 52.
[26]
BGH Urt. v. 26.6.1952 (Az. IV ZR 228/51) = BGHZ 6, 360.
[27]
RG Urt. v. 22.4.1909 (Az. VI 27/09) = RGZ 71, 85.
[28]
BGH Urt. v. 26.6.1952 (Az. IV ZR 54/52) = LM Nr. 2 zu § 823 (Af).
[29]
BGH Urt. v. 30.1.1957 (Az. IV ZR 279/56) = BGHZ 27, 215; BGH Urt. v. 19.12.1989 (Az. IVb ZR 56/88) = FamRZ 1990, 367.
[30]
BGH Urt. v. 19.12.1989 (Az. IVb ZR 56/88) = FamRZ 1990, 367; BGH Beschl. v. 2.7.2014 (Az. XII ZB 201/1) = juris Rn. 13.