Rückkehr zu Gott

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184 Vgl. Eck 2006; Gnädinger 1993; Filthaut 1961; Helander 1923. Diesen (und anderen) Arbeiten soll jedoch keineswegs die Qualität abgesprochen werden. Vgl. Zekorn 1993, 11 zur Gedenkschrift von 1961: „Die Zersplitterung ihrer Beiträge vermag die vorangegangene Forschung allerdings nicht zu bündeln. Daher bot die Gedenkschrift keine hilfreiche Ausgangsbasis für die weitere Forschung, so dass die Unterschiedlichkeit der Ansätze bis heute symptomatisch bleibt.“
185 Weilner 1961, 43 weist auf die Schwierigkeiten derer hin, die versuchen, die Aussagen eines Mystikers zu interpretieren, ohne selbst über dessen Tugend bzw. innere Erfahrung zu verfügen: „Jegliche Art des Missverständnisses, ja des Missbrauchs lauert hier in unmittelbarer Nähe. Dazu kommt noch, was übersehen wird, die grundverschiedene innere Einstellung des Mystikers und seines Interpreten.“ D.h. wer den Text eines Mystikers deuten will, muss von einer „Unzahl stillschweigender, ja oft dem einzelnen Interpreten selbst nicht einmal bewusster Voraussetzungen, unter deren Einfluss sich seine Bemühung vollzieht“ (44), ausgehen.
186 Vgl. Gandlau 1993. Er hat dies allerdings auf die Spitze getrieben. Er hat die gesamte Arbeit so konzipiert.
187 Vgl. Ruh 1996, 486. Konkret bezieht sich Ruh, neben Gandlaus Arbeit, auf Gnädingers Monographie über Tauler (1993) und auf die Arbeit von Stefan Zekorn (1993). Er bemängelt an Gnädingers Monographie, dass in keinem der zwanzig Themen, die den Lehren Taulers gelten, von seinen spekulativen Ansätzen die Rede sei.
188 Zekorn 1993, 7.
189 Helander 1923, 40.
190 Vgl. Weilner 1961, 44.
191 Weilner 1961, 47; vgl. Zekorn 1993, 7.
192 Vgl. Zekorn 1993, 16.
193 Helander, Dick: Johann Tauler als Prediger, Uppsala/Schweden 1923.
194 Vgl.Helander 1923, V.
195 Zekorn 1993, 16.
196 Zekorn 1993, 16. Hoenen 1994, 425 spricht z.B. vom „Taulerschen Albertinismus“. RUH 1996, 486 wendet sich dagegen, Tauler zum „Albertinisten“ zu ernennen, unter Ausschaltung des Lebemeisters und Mystikers: „Das geschieht mit einer Zuspitzung (die allen bisherigen Beiträgen zum Thema fremd ist) ... . Das ist entschieden abzulehnen.“
197 Zekorn 1993, 17.
198 Helander 1923, 40.
199 Helander 1923, 41.
200 Vgl. Helander 1923, 55; ebenso Ruh 1996, 487.
201 Helander 1923, 79 – 133.
202 Helander 1923, 290 – 309.
203 Helander 1923, 328 – 336.
204 Helander 1923, 337 – 345.
205 Helander 1923, 346 – 361. Helander 1: „Von dem heiligen crúze“ (H 60), Helander 2: „Ueber Matth. V.1 uf. Unser herre gieng uf das gebirge etc.“ (H 71).
206 Vgl. Helander 1923, VI.
207 Helander 1923 41.
208 Vgl. Zekorn 1993, 16f.
209 Vgl. Mösch 2006, 6: „Taulers Predigten haben ... einen sozialgeschichtlichen Kontext“.
210 Vgl. Grundmann 1976, Die Geschichtlichen Grundlagen der Deutschen Mystik, in ausgewählte Aufsätze, Teil 1. Religiöse Bewegungen (Schriften der Monumenta Germaniae Historica, Stuttgart 1976, 243-268. Grundmann begründet, warum ein Wissen über die historischen Umstände der Deutschen Mystik so wichtig ist: „Die Deutsche Mystik hat deshalb überall diese beiden Seiten, die man beide sehen muss, wenn man ihre Eigenart verstehen will. Sie steht einerseits in der theologischen Tradition, in der die Dominikaner-Mystiker alle gleichmäßig geschult sind und zu deren Vermittlung sie bestellt sind. Das allermeiste vom philosophischen und theologischen Gedankengehalt ihrer Predigten und Schriften lässt sich daher tatsächlich auf scholastische Quellen zurückverfolgen ... . Eine solche Quellenanalyse der mystischen Theologie ist zweifellos ... unentbehrlich, aber sie ist nicht alles. Warum aus allen diesen Überlieferungen die Deutsche Mystik werden konnte, warum sie noch einmal zur religiösen Wirklichkeit wurden und nicht nur das theologische Denken, sondern das religiöse Leben bestimmen und gestalten konnte, das wird erst begreiflich, wenn man die andere Seite der Aufgabe erkennt, die die mystischen Prediger zu bewältigen hatten: dem religiösen Erleben, Fühlen und Denken und der mystischen Frömmigkeit der ihrer Leitung anvertrauten Kreise eine geistige Form zu geben“ (267f.).
211 Josef Sudbrack in einem Brief vom 2.2.1982 an Bernd Ulrich Rehe 1989, 204.
212 Vgl. u.a. Gnädinger 1993, 9 – 103.
213 Eine lesenswerte einführende Darstellung der historischen und geistesgeschichtlichen Hauptströme der sog. „deutschen Mystik“ im 14. Jahrhundert bietet Cognet 1968; Ders. 1980.
214 Z.B. der Universalgelehrte Albertus Magnus (1193/1200 – 1280) und sein Schüler Thomas von Aquin (1225 – 1274).
215 Wie z.B. den deutschen Dominikaner Heinrich Institoris (1430 – 1505), der Verfasser des „Hexenhammers“ (Malleus Maleficarum) (vgl. Tenberg 1990, Sp. 1307 – 1310, in BBKL II) oder der südfranzösische Dominikaner Bernhard Gui (1261/62 – 1331), der seine Erfahrungen als Inquisitor in seinem Buch „Practica officii inquisitionis“ festgehalten hat (vgl. Borst 2004, 613 – 618).
216 Zur Thematik Christliche Frauenmystik im Mittelalter: Siehe u.a. Stölting 2005; McGinn 1999; Ruh 1993; Dinzelbacher 1988; Ders. 1985.
217 Bangert 2003, 120.
218 Vgl. Büchner 2007; Mösch 2006; Haas 1971; Mieht 1969.
219 Siehe hierzu u.a. Sturlese 2007.
220 Vgl. Hoenen 1994, 391 – 396.
221 Vgl. Cognet 1980, 92: „Unter den großen Fortsetzern Meister Eckharts nimmt Johannes Tauler einen vordersten Platz ein.“
222 Vgl. Eck 2006, 17: „Natürlich konnte Tauler Eckharts Vorlesungen und Predigten hören, und sicher besaß er davon Abschriften. Doch ich meine, sie sind vor allem beide in der dominikanischen Tradition groß geworden, die noch relativ jung war, und es erstaunt mich, wie wenig in den Studien zur Deutschen Mystik darauf hingewiesen wird“.
223 Eck 2006, 17.
Viertes Kapitel
Überlieferung und Textgrundlage
I. Überlieferung und Drucktradierung von Taulers Predigten
Bis heute gibt es von Johannes Taulers Predigten nur einfache Textabdrucke224, jedoch keine kommentierte, textkritische Taulerausgabe.225 Dafür fehlten, so Weigand, lange Zeit die Voraussetzungen. Erst seit der Arbeit von Mayer226 „haben wir einigermaßen Kenntnis über grundlegende Zusammenhänge in der Überlieferung der Tauler-Handschriften.“227 Mayer zufolge ist die Zahl der handschriftlichen Überlieferungsträger mit 160 Textzeugen so hoch, dass sie „einem Einzelnen die Bewältigung der Überlieferungsgeschichte fast unmöglich machen.“228
Bereits zu Lebzeiten Taulers entstanden die ersten handschriftlichen Predigtsammlungen229, deren Zahl immer größer wurde230 und die sogar im niederländischen Sprachraum weite Verbreitung fanden, was keinem anderen mittelalterlichen Autor aus dem oberdeutschen Sprachraum je widerfuhr.231 Die Predigten in diesen Sammlungen wurden von Tauler selbst verfasst bzw. diktiert und gehören zum Typus der für Klostergemeinschaften vorgesehenen Lesepredigt.232
Die Drucktradierung von Taulers Predigten beginnt bereits im 15. Jahrhundert. Der erste Taulerdruck wurde 1498 in Leipzig bei Cunrad Kachelouen herausgegeben. Der Tauler-Corpus enthält 84 Predigten sowie drei Traktate und das „Meisterbuch“, die hystorien des erwirdige doctors Johannis Thauleri.233 Bis ins 19. Jahrhundert glaubte man, das „Meisterbuch“, das von der Bekehrung Taulers erzählt, sei von Tauler selbst verfasst worden. Heinrich Seuse Denifle konnte schließlich 1879 nachweisen, dass die Fiktion von Taulers Bekehrung nicht von Tauler, sondern mit großer Wahrscheinlichkeit aus dem Kreis der von ihm seelsorglich betreuten „Gottesfreunde vom Oberrhein“ stammt.234 1508 erschien in Augsburg bei Hans Otmar ein inhaltlich unbearbeiteter Nachdruck des Leipziger Taulerdrucks. Dabei handelt es sich um eine Übersetzung vom Sächsischen ins Augsburger Deutsch. 1521 und 1522 brachte der Kartäuser Georg Carpentarii in Basel einen in oberrheinischem Dialekt übersetzten Taulerdruck heraus, dem 42 neue Predigten hinzugefügt wurden. Sowohl die Augsburger als auch die beiden Baseler Taulerausgaben wurden von einem gewissen Johann Rynmann initiiert und finanziert. Martin Luther kannte sowohl die Augsburger als auch die Baseler Edition; die Augsburger Predigtsammlung hat er mit zahlreichen Randbemerkungen versehen.235 1543 brachte Petrus Noviomagus, der sich später Petrus Canisius nannte, in Köln den ersten Taulerdruck heraus. Der in der Wahl zwischen dem Kartäuserorden und der Gesellschaft Jesu schwankende zweiundzwanzigjährige Petrus suchte nach einer Spiritualität, die ihm auf der Suche nach der eigenen Berufung half, und er fand Taulers Predigten. Petrus benutzte den Augsburger und den Baseler Taulerdruck, versuchte aber die Texte durch einen Vergleich mit noch älteren Textzeugen zu verbessern, auf die er im Dominikanerinnenkloster St. Gertrud zu Köln stieß und die zu Lebzeiten Taulers entstanden waren.236 Diese Kölner Predigten ließ er im original Kölner Dialekt abdrucken. Davon abgesehen, gestaltete Canisius „seinen“ Tauler jedoch ganz nach eigenem Ermessen, indem er Predigten kürzte oder veränderte. Darüber hinaus fügte er seiner Taulerausgabe weitere 25 als taulerisch ausgegebene Predigten bei, sowie 27 Briefe und 10 Texte. Die meisten dieser unter Taulers Namen herausgebebenen Texte stammen jedoch von Meister Eckhart, Heinrich Seuse und Jan Ruusbroec.237 In den Niederlanden brachte 1547 M. Anthonis van Hemert einen eigenen Taulerdruck heraus, der 1563, zweimal 1607, 1623, 1634 und 1707 nachgedruckt wurde.238 Der Kartäuser Laurentius Sirius übersetzte 1548 den „Kölner Tauler“ ins Lateinische. Dieser Taulerdruck enthält 153 angebliche Taulerpredigten, 30 Tauler zugeschriebene Briefe und einige Traktate.239 Durch diese Übersetzung fanden Taulers Predigten auch in England, Frankreich, Italien und Spanien Verbreitung.240 Der lateinische Tauler-Corpus wurde schließlich wieder ins Deutsche rückübertragen: 1621 von Daniel Sudermann und 1660 von dem Karmeliten Carolus a St. Anastasio.241
Taulers Nachwirken auch über den deutschen Sprachraum hinaus war groß. Deshalb wurden die Predigten Taulers vom ersten Druck (1498) bis ins 20. Jahrhundert ständig neu aufgelegt. Viele Taulerdrucke nach 1548 enthielten jedoch bloß eine Auswahl von Predigten, die in unterschiedlicher Qualität übersetzt wurden.242
Für Taulers Predigten bestehen zwei Tradierungen: eine alemannischelsässische (Ausgangsort Straßburg) und eine alte niederrheinische (Ausgangsort Köln).243 Da sich in einigen Predigten der alemannischen Fassung niederrheinische Relikte nachweisen lassen244, vermutet man, dass die in Köln verfassten Predigten die ursprünglicheren sein können.245 Diese beiden Tradierungen sind grundlegend für die heute noch in der Forschung benutzten Taulereditionen Vetters (1910) und Corins (1924, 1929).
II. Zur Textgrundlage und Übersetzung
Vor allem dem deutschen Dominikaner Heinrich Seuse Denifle (1844 – 1905) ist es zu verdanken, dass viele der unechten Schriften aus dem Werk Taulers ausgeschieden werden konnten. Auf Denifles Erkenntnisse kann die Forschung über Tauler und die „deutsche Mystik“ bis heute aufbauen.246 Heute wissen wir: Von Tauler sind fast nur Predigten überliefert. Darüber hinaus gibt es nur noch einen originalen Brief Taulers an Margareta Ebner und Elsbeth Scheppach, der Priorin des Klosters Medingen bei Dillingen, den er einem Geschenkpaket beigelegt hat.247
In der Taulerausgabe von Ferdinand Vetter finden wir die meisten der als echt anerkannten Texte: 81 Predigten.248 Dabei weist Predigt V 79 (H 84) eine deutliche Abhängigkeit von Jan Ruusbroecs „Boec van den vier becoringhen“ auf und muss als unecht angesehen werden249, auch wird die Echtheit von Text V 59 (H 82), ein öffentliches Schuldbekenntnis, angezweifelt.250 Schließlich ist immer noch umstritten, ob die Predigt Von den drien geburten V 1 (H1) von Tauler stammt.251 „Eines jedoch ist sicher und durch die Taulerdrucke auch dokumentiert: Die Predigt Von den drien geburten ist seit den Grossen Taulersammlungen und der Inkunabel von 1498 stets als eine Predigt von Tauler rezipiert worden.“252 Diese Sachverhalte werden wir in dieser Arbeit berücksichtigen müssen, wobei diese Texte inhaltlich keinen nennenswerten Einfluss auf unsere Taulerdeutung haben. Einzig Predigt V 1 kann als wirkungsvolle Hilfe zur Deutung von Taulers Theologie herangezogen werden. Sie steht zu Taulers Denken in keinerlei Widerspruch.
Die zweibändige Ausgabe von Adolphe Léon Corin enthält neben den in der Forschung als echt anerkannten Predigten auch Tauler zugeschriebene Texte.253 Der Vorteil der Corin-Edition liegt laut Pleuser darin, „dass sie einen älteren, besseren und sorgfältiger edierten Text bietet.“254 In unserer Arbeit, die sich als theologisch und nicht philologisch versteht, orientieren wir uns dennoch an der Vetter-Ausgabe, da diese mit 81 Predigten (ergänzt durch die zwei Predigten bei Helander) eine breitere Textgrundlage bietet. Allerdings soll Corin zur Übersetzung und Deutung von Textstellen mit herangezogen werden.
Eine Übersetzung der Predigten Taulers als Gesamtausgabe ins Neuhochdeutsche liegt von Walter Lehmann und Georg Hofmann vor.255 Etienne Hugueny, Gabriel Théry und Adolphe L. Corin haben Tauler ins Französische übersetzt.256 Seit 1977 und 1985 gibt es auch eine Gesamtausgabe in italienischer und englischer Sprache.257
In dieser Arbeit werden die mittelhochdeutschen Texte vom Verfasser selbst ins Hochdeutsche übersetzt. Dabei werden die Übersetzungen von Georg Hofmann, dessen Predigtnummerierung neben der von Vetter mit aufgeführt wird, und Louise Gnädingers zu Rate gezogen.258
224 Vetter 1910 (Abkürzung: V), Corin I u. II 1924 und 1929 (Abkürzung: C I und II).
225 Eine kritische Taulerausgabe ist laut Ruh 1996, 486 „das wichtigste Desideratum der Taulerforschung.“ Vgl. Weigand 2004, 114 – 155.
226 Vgl. Mayer 1999, 197 – 278.
227 Weigand 2004, 115.
228 Mayer 1999, 3.
229 Vgl. Mösch 2006, 202; Ruh 1996, 487; Gnädinger 1993, 109 – 116. Mayer 1989, 365 – 390, bes. 365f., 386f., konnte zudem auf 10 neue Handschriften aufmerksam machen. Dabei handelt es sich um 28 Foliobände, die der Bibliothek der Laienbrüder in Rebdorf gehörten. Zur Predigtanordnung der frühen Taulerhandschriften: Siehe Weigand 2004, 114 – 155.
230 Die vollständige Präsentation der Handschriften: Siehe Mayer 1999, 197 – 278 (Anhang 1); Hofmann 1961, 439 – 460; Helander 1923, 86 – 116.
231 Vgl. Hoenen 1994, 396ff.
232 Vgl. Weigand 2004, 146; Ruh 1996, 487.
233 Vgl. Mösch 2006, 204.
234 Vgl. Denifle 1879. Denifle hat ebenso nachgewiesen, dass „Das Buch von geistlicher Armut, bisher bekannt als Johann Taulers Nachfolgung des armen Lebens Christi“ nicht von Tauler stammt: Vgl. Denifle 1877. Zum Verdienst Denifles in der Taulerforschung: Siehe Walz 1961, 8 – 18. Zu den Pseudo-Tauleriana: Siehe Gnädinger 1993, 421 – 431. Zur Überlieferung der Pseudo-Taulertexte vgl. Mayer 1999, 279 – 287. Zu den „Gottesfreunden“ Siehe den dritten Teil, siebtes Kapitel sowie Rapp 1994, 55 – 62, Haas 1987, 268 – 271, 299 – 303, Chiquot 1937 (DSp I), col. 493 – 500.
235 Vgl. Mösch 2006, 204; Gnädinger 1993, 413f.; Helander 1923, 20ff. Helander bemerkt zu Tauler und Luther: „Man muss klar unterscheiden, dass das, was wir unter Tauler verstehen, durchaus nicht mit Luthers Tauler identisch war. Denn teils gehörte Luthers Auffassung, dass die Theologia Deutsch von Tauler sei, teils aber nahm er als sicher an, dass die ganze Baseler Auflage aus dem Jahr 1521 Taulerschriften enthalte, was ja keineswegs der Fall war.“ Zu den Randbemerkungen: Vgl. u.a. Martin Luther, Werke, Bd. 9, Weimar 1893, 95 – 104; Ficker 1936, 46 – 64.
236 Vgl. Mösch 2006, 205, Mayer 1999, 10, Gnädinger 1993, 418. Zu den Handschriften im Kölner Dominikanerinnenkloster St. Gertrud: Siehe Prieur 1983.
237 Vgl. Gnädinger 1993, 418f.
238 Zur niederländischen Taulerüberlieferung: Siehe Hofmann 1961, 475; Axters 1961, 348 – 370; Lieftinck 1936. Zu Taulers Wirken in den Niederlanden: Siehe Hoenen 1994, 396 – 426. Ruh 1996, 48822 betont „ihre bedeutende Eigenständigkeit, aber das Verhältnis zur Kölner Tradition ist ungeklärt geblieben.“ Die ersten mittelniederländischen Handschriften stammen aus den Jahren 1442, 1446, 1454 und 1458 (Vgl. Hoenen 1994, 402f.).
239 Vgl. Gnädinger 1993, 419.
240 Vgl. Fischer 1931, 10f.: Die Suriusübersetzung erschien 1556 in Venedig, 1557 und 1558 in Lyon, 1623 in Paris, Mecerata, ohne Jahr und 1697. Vgl. auch Colledge 1961, 341 – 347 (England); Walz 1961, 371 – 395 (Italien); Winklhofer 1961, 396 – 407 (Spanien und die spanische Mystik). Zum möglichen Einfluss auf die spanische und portugiesische Mystik und den spanischen Mystiker Johannes vom Kreuz: Siehe Navarro de Adriaensens 1962, Ricard 1963, 219 – 233; Orcibal 1963, 235 – 279.
241 Nach Oehl 1972, XXVII ist Sudermanns Übersetzung für Protestanten und die des Karmeliten für Katholiken gedacht. Vgl. Gnädinger 1993, 420.
242 Vgl. Mösch 2006, 206; Mayer 1995, Sp. 640; Helander 1923, 81.
243 Vgl. Mösch 2006, 209.
244 Vgl. Fourquet 1963, 35 – 38; Corin 1924, 223 – 231
245 Vgl. Ruh 1996, 488f.
246 Vgl. Mayer 1999, 4. Zu Denifles Verdiensten um die Taulerforschung: Vgl. Walz 1961, 8 – 18. Die Professoren Georg Steer und Rudolf Weigand von der Forschungsstelle für Geistliche Literatur des Mittelalters an der Katholischen Universität in Eichstätt, Sprach- und Literaturwissenschaftliche Fakultät, erforschen die Taulertexte und bereiten seit langer Zeit eine kritische Taulerausgabe vor. Ihr Erscheinen ist (immer noch) unbestimmt.
247 Tauler an Elsbeth Scheppach und Margarethe Ebner, vor Fastnacht (28.Februar) 1346, in: Strauch 1966, 270f.
248 Vetter 1910. Zur Vetterausgabe: Vgl. Mösch 2006, 206f., 209f.; Weigand 2004, 120 – 145.
249 Vgl. Mösch 2006, 206; Weigand 2004, 150; Pleuser 1967, 24; Denifle 1877, VII.
250 Vgl. Zekorn 1993, 20; Wrede 1974, 24; Kunisch 1958, 762; Wenztlaff-Eggebert 1940, 4; Helander 1923, 126.
251 Vgl. Pleuser 1967, 13 - 24; Zekorn 1993, 2076; Mösch 2006, 13f. Pleuser 1967, 24 hält die Predigt für echt. Ruh 1996, 487 hält sie für ein „Meister Eckhart-Kompilat“. Der Klärung widmen sich vor allem G. Steer und R.K. Wiegand.
252 Mösch 2006, 14.
253 Corin I 1924; Corin II 1929. In Corin I befinden sich 16 Texte, davon 14 Predigten. Außer Nr. 14 sind alle übrigen Predigten (Nr. 1 – 13) auch in der Vetter-Ausgabe vorhanden (V 36, 37, 38, 40, 45, 57, 60a, 60b, 60e, 60f, 60g, 63, 71). Corin II enthält 69 Texte von verschiedenen Autoren. Die meisten Texte (44) werden Tauler zugeschrieben, von denen 27 Predigten sind (V 2 – 6, 10 – 15, 19, 23, 24, 64 – 73, 77, 78, 80 und Helander 1). Zu den Corinausgaben: Vgl. MÖSCH 2006, 207ff.
254 Pleuser 1967, 26. Vgl. Mayer 1999, 3; Ruh 1996, 486.
255 Lehmann 1923; Hofmann 1987.
256 Hugueny, Théry, Corin, 1927, 1930, 1935, 1991.
257 de Blasio 1977; Vannini, Belski 1997; Shrady, Schmidt 1985.
258 Hofmann 1987 (Abkürzung: H mit Predigtnummer und Seitenzahl); Gnädinger 1989, 237 – 271 (3 Predigten); Dies. 1993. Wo wir eine Übersetzung von einem dieser Autoren wörtlich übernehmen, werden wir dies zu vermerken versuchen.
ERSTER TEIL
Historische Grundlagen – neue religiöse Bewegungen

Erstes Kapitel
Auslöser – Die Reformen Clunys und Papst Gregors VII.
Die Ursprünge für die im 12. Jahrhundert sich entfaltenden religiösen Bewegungen1 sind sehr viel früher anzusetzen, nämlich in der monastischen Reform von Cluny (ab 908/910) und in der gregorianischen Reform unter Papst Gregor VII. (1073 – 1085).2
„Die kirchliche Reformbewegung unter Gregor VII. hat das Gefüge, den Ordo der hierarchischen Kirche vollendet, die sich auf die Idee der apostolischen Sukzession gründet und den Vollzug des christlichen Heilswerkes denen vorbehält, die mittelbar oder unmittelbar vom Nachfolger Petri und der Apostel dazu ordiniert sind. Gleichzeitig hat die monastische Reformbewegung, die von Cluny ausging, das Mönchtum aus einer Vielzahl vereinzelter, auf sich selbst gestellter Klöster in einen einheitlichen, zentralisierten Verband zu verwandeln begonnen und ihn der kirchlichen Hierarchie eingegliedert, indem sich die führenden Klöster unmittelbar der Kurie unterstellen.“3
Das Kraftzentrum, von dem eine geistliche Wende ausging, war in Frankreich die Gründung des Klosters von Cluny4 und dessen Reformbewegung sowie im deutschen Sprachraum das Reformkloster von Gorze5. Zum geschichtsmächtigeren Zentrum aber wurde Cluny6: In Frankreich (Burgund), nicht weit vom heutigen Taizé, wurde 909 durch Herzog Wilhelm (den Frommen) von Aquitanien das Kloster Cluny gegründet. Die neugegründete Abtei war kein Eigenkloster; sie wurde dem Einfluss jeglicher weltlicher aber auch geistlicher Gewalt entzogen. Auf die Abtswahl sollte niemand von außen Einfluss nehmen. Um die Freiheit des neuen Klosters zu gewährleisten, wurde es dem heiligen Stuhl unterstellt Von Cluny aus begann sodann die Reform der umliegenden Klöster. Immer mehr Klöster Frankreichs schlossen sich Cluny an, so dass eine cluniazensische Reformbewegung daraus wurde, die sich schließlich in Italien (seit Mitte des 10. Jahrhunderts) und Ende des 11. Jahrhunderts auch in Deutschland ausbreitete. Die cluniazensischen Klöster bildeten eine lockere Kongregation. Dem Abt von Cluny legten die Äbte der cluniazensischen Klöster den Treueid ab; dieser wurde somit zum „Abbas abbatum“, zum Abtprimas, der cluniazensischen Äbte. In Cluny wurde sozusagen, gleichsam Vorbild für die gregorianische Reform, ein geistliches, von Laienherrschaft freies Lehnsreich gegründet, das zentralistisch geleitet wurde. Auf eine strenge Observanz wurde größter Wert gelegt, auf verschärftes Stillschweigen, auf Verlängerung des Chorgebets.7 Die geistlichen Motive Clunys wirkten auch über die Klöster hinaus: die Idee von der Rückkehr zur Urkirche nach Apg 4, 32-34 durch brüderliches Zusammensein und Gütergemeinschaft. Das Kloster von Cluny wollte durch innere Freiheit und durch Loslösung von allem Weltlichen zu einem vorweggenommen himmlischen Jerusalem werden.
Vom zweiten Abt Clunys, Odo (Abt von 927 – 942) ging die Idee von einer Erneuerung der Christenheit durch ein erneuertes Mönchtum aus: „Nachdem 927 Odo Abt in Cluny geworden war, erlebte dieses einen gewaltigen Wachstumsschub. ... Odo trat mit einem Anspruch an, der zuvor allein in der Gründungsurkunde für Cluny ausgesprochen worden war: die Gründung einer mönchisch im Kloster lebenden Gemeinschaft als etwas aufzufassen, das dem Heil aller lebenden und verstorbenen Christen dienen sollte. Genau besehen war dies kein geringerer Anspruch als jener der Gesamtkirche, nur, dass er hier im Unterschied zur Gesamtkirche auf dem Boden der Erneuerung mönchischen Lebens im Kloster erhoben wurde. Weil Odo davon überzeugt war, ‚in der Zeit des gegenwärtigen Lebens ist alles derart in Unordnung, dass Du nirgends auch nur eine Spur der Wahrheit sehen kannst, wohl aber erkennen kannst, dass alles voller Bosheit und Luxus ist‘, dass der Welt ihr Ende droht, ‚die Zeit schon gekommen ist‘, ‚jegliche Ordnung der Religion und der Christenheit sich ins Schlechte verwandelt hat‘, ‚machte er sich keine Gedanken um das morgen‘, wollte er Seelen retten. Bei sich selbst hatte er damit angefangen, insofern er wie ein Mönch gelebt hatte, noch bevor er Mönch geworden war. Seine eigenen Eltern gewann er für das mönchische Leben im Kloster. ... Odo als Mönch und Abt hätte mit seiner Sorge um das Seelenheil nicht nur der Mönche, sondern auch aller Laien kaum ein Echo gefunden, hätte er seinen Zeitgenossen nicht unermüdlich das Bild christlichen Lebens vorgehalten, in dem er den Maßstab aller Erneuerung suchte: das Bild, das die Apostelgeschichte vom Leben der Urkirche in Jerusalem verkündet. ‚Dieses Leben‘, schrieb er, ‚ist die Art und Weise, wie Mönche zu leben haben, die das Gemeinschaftsleben bindet.‘ Wie die Apostelgeschichte beschreibt, allen sei alles in der Urkirche gemeinsam gewesen, wer Besitz gehabt hätte, hätte ihn den Aposteln zu Füßen gelegt, damit auch den Armen ihr Teil in der Gemeinde zugekommen wäre, so sah Odo darin das Vorbild für die Mönche, die auf persönlichen Besitz verzichteten und in ihrer freiwilligen Armut vom gemeinsamen Klosterbesitz zu leben bereit waren. Dieser könnte außer den Mönchen als den freiwillig Armen auch den Armen, die es unfreiwillig waren, dienen. Es mochte den höchsten Anspruch, den Odo erhob, wenn er mönchisches Leben im Kloster als Verwirklichung des apostolischen Vorbildes der Urkirche in Jerusalem verstand, in den Augen der Zeitgenossen glaubwürdig gemacht haben, wenn diese der Armut der Mönche in Cluny glauben konnten. ... Odo machte ... in der Gemeinschaft der Cluniacenser Ernst mit der Aufgabe, die ihnen, der Benediktsregel gemäß, in der Gründungsurkunde anvertraut war: täglich Werke der Barmherzigkeit für die Armen und die Pilger zu tun. Odo verlangte dieses jedoch von jedem Christen, besonders von solchen, die reich waren. ... Und aufs erstaunlichste wertete der begeisterte Mönch die Laien auf, wenn er ihnen ... vor Augen stellte, die Mönche seien engelgleich, wenn sie vollkommen lebten, gefallenen Engeln aber gleich, wenn sie zu weltlichen Wünschen zurückkehrten. ‚Unvergleichlich besser jedoch ist der gute Laie gegenüber dem Mönch, der sein Gelübde bricht.‘ Neu dürfte es in den Ohren der Adeligen geklungen haben, wenn ihnen Odo in einer Predigt, angelehnt an die Worte aus einer Predigt Papst Leos d. Gr., zurief, sie sollten erkennen, dass sie von königlichem Geschlecht und Teilhaber am priesterlichen Amt seien. Auch wenn sie die theologische Begründung dafür aus der Taufe nicht verstanden hätten, wäre ihnen nicht entgangen, wie ernst sie genommen und wie hoch sie gestellt wurden. ... Manche Adlige hat Odo mit seiner Begeisterung angesteckt, ihr Leben am Maßstab der Urkirche mönchisch zu erneuern.“8