Gestalten eucharistischer Anbetung

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Zunehmend reift in ihm der Wunsch, in der afrikanischen Wüste auch missionarisch tätig zu sein, wobei er besonders den marokkanischen Teil der Sahara ins Auge fasst. Entgegen der allgemeinen Auffassung ist er der festen Überzeugung, der Islam sei durchaus geeignet, die Frohe Botschaft Jesu zu vernehmen103.
Charles de Foucauld muss jedoch den Plan, Marokko zu missionieren, wenig später wieder fallen lassen; denn immer noch hatten sich keine Brüder eingefunden, die bereit waren, das strenge Leben von Bruder Karl zu teilen. Zudem wurde das Gebiet um Beni-Abbès vermehrt von schweren Unruhen heimgesucht, die viele Soldaten das Leben kosteten. Sein Freund, Oberst Laperrine, will in den Süden der Sahara vorstoßen und macht ihm den Hoggar, das Land der Tuareg, schmackhaft. Foucauld ist fasziniert von dieser Idee und begibt sich mit auf die beschwerliche Reise. Zwar kehrt er noch einige Male nach Beni-Abbès zurück, doch beginnt er, von 1901 an, verstärkt dort zu wirken.
Bei den Tuareg findet das Nazareth-Ideal eine weitere Verwirklichungsstufe: Zwar bleibt der kontemplative Grundzug erhalten – viele Stunden verbringt Charles de Foucauld weiterhin vor dem Allerheiligsten – doch wird er mehr und mehr das, was heute eher Entwicklungshelfer genannt werden könnte104. Seine Achtung und Offenheit gegenüber dem so fremden Volk ist enorm und seine Hinwendung zum Nächsten findet in seinem Verhältnis zu ihm ihren einzigartigen Ausdruck. So ist er zum Beispiel als politischer und ökonomischer Berater des „Königs“ der Tuareg und der französischen Kolonialoffiziere tätig. Er begeistert sich für alle Techniken, wie z.B. Eisenbahn oder Telegraphie, die der Entwicklung der Sahara förderlich sein könnten. Er gibt Ratschläge in Dingen der Landwirtschaft, Medizin und Textilverarbeitung. Er durchleidet mit ihnen eine große Hungersnot, und er kämpft weiterhin auch hier mit vollstem Herzen gegen die Sklaverei; vor allem aber lernt er die Sprache und die literarische Tradition der Tuareg kennen und arbeitet bis zum Letzten an einem großen Wörterbuch Französisch-Tuareg (Tamaschek), das erst nach seinem Tode veröffentlicht wird und bis heute das einzige in seiner Qualität ist105. Er übersetzt die Evangelien in das Tamaschek und lebt, obwohl allein, konsequent die Nachfolge Jesu Christi. Trotz der völlig anderen Kultur um ihn herum bleibt er dem Christentum verbunden und dem Allerheiligsten ganz nah.
Zweimal reist er in dieser Zeit nach Frankreich, um für seine Gemeinschaft zu werben, doch er ist nicht erfolgreich und bleibt bis zu seinem Tod 1916 allein.
1.2.3.1 Mission: Sich aussetzen mit dem in der Hostie ausgesetzten Christus
Der Aspekt der Mission, die Charles de Foucauld zu späterer Zeit im Hoggar noch ebenso intensiv verfolgt wie in Beni-Abbès, hebt einen wichtigen Akzent innerhalb seiner Theologie der eucharistischen Anbetung hervor. Seine Methode, die Botschaft Jesu zu den Menschen zu bringen, ist, trotz seines Wissens um das gute Mittel eines Gespräches über Gott106, weniger eine der großen Worte oder der Predigten, sondern vielmehr ein gelebtes Beispiel der Liebe Gottes. In seinen vielen Briefen erwähnt er immer wieder, wieviele Besucher sich ohne Unterlass in seiner Hütte einfinden. Foucauld schickt keinen einzigen von ihnen weg, sondern ist allein darauf bedacht, den Menschen durch seine eigene Gegenwart die Liebe Jesu nahe zu bringen. Bis zum Schluss ist es sein größter Wunsch, Menschen aus der Sahara zum christlichen Glauben zu bekehren107. Wenngleich er bis auf eine alte blinde Frau, ein kleines Kind und seinen Gehilfen Paul Embarek niemanden taufen kann, so verliert er doch niemals den innigen Willen dazu. Charles de Foucaulds Art, in den Menschen etwas zu rühren, ist keine fordernde, donnernde oder zwingende. Es ist ein geduldiges Warten, währenddessen er nichts anderes tut als an seiner ganzen Existenz das Leben und die Liebe Jesu Christi zu demonstrieren, in der Hoffnung, den Menschen dadurch etwas von der Botschaft des Evangeliums mitzuteilen: „Es handelt sich um die Verkündigung des Evangeliums, nicht durch Worte, sondern durch die Gegenwart des heiligsten Sakramentes, durch Darbringung des göttlichen Opfers, Gebet, Buße, Ausübung der evangelischen Tugenden, Liebe“108.
Foucauld betreibt Theologie innerhalb eines Apostolates durch gütige Gegenwart: Indem er durch sein eigenes Sein, sein eigenes Leben das Wesen Gottes zum Ausdruck, zur Sprache bringen will, sagt er den Menschen etwas über diesen Gott. Dies zeigt sich besonders in der Ansicht Foucaulds, die schon für seine eigene Bekehrung ausschlaggebend war: „Wenn man mich sieht, muß man sagen: ‚Weil dieser Mann gut ist, muß auch seine Religion gut sein‘“109. Mittels einer Art des Für-die-Menschen-da-seins will Foucauld Mission betreiben, und er legt ausschließlich sie als die Art und Weise fest, mit der auch seine erhoffte Gemeinschaft „der kleinen Brüder“ unter der islamischen Bevölkerung Nordafrikas leben soll, deren Einsiedeleien er aus diesem Grund verstreut gelegen plant.
Alles, was Foucauld sein will, ist sichtbares Zeichen und Werkzeug des Heils im Sinne der Kirche. Darum geht er als Priester dorthin, wo diese kaum mehr hinreicht, um Gottes Gegenwart weiterzutragen, um den Raum der Wirksamkeit Christi bis in den letzten Winkel der Wüste zu vergrößern. Der Grund ist wiederum in der Erfahrung Foucaulds des unüberbietbar nah und wirklich vorhandenen Jesus in der heiligen Hostie zu suchen. Er versteht seinen Auftrag, Gott zu den Menschen zu bringen, sehr konkret und räumlich: Der Gedanke der riesigen Wüste ohne eucharistische Gegenwart ist ihm unerträglich110: „[…]baut eure Stätten der Einkehr mitten unter denen, die Mich nicht kennen; tragt Mich in ihre Mitte, indem ihr dort einen Altar, einen Tabernakel errichtet, und bringt das Evangelium hin, nicht mit dem Munde, sondern mit dem Beispiel, nicht indem ihr es verkündigt, sondern indem ihr es lebt“111. Daher trägt er das Allerheiligste mit der Überzeugung in die Wüste hinein, dass die eucharistische Präsenz Christi dieses Land und seine Bewohner heiligt112. Charles de Foucauld missioniert die Wüste, indem er einfach dort ist und dafür Sorge trägt, dass die Heilige Messe gefeiert wird und Christi Gegenwart durch das Allerheiligste gesichert ist113. Dies wird unter anderem darin offensichtlich, wie sehr Charles de Foucauld darunter leidet, über eine lange Zeit hinweg keine Heilige Messe feiern zu können, da kein Ministrant vorhanden ist. Als Bischof Guérin ihm die Erlaubnis erteilt, alleine die Heilige Messe feiern zu dürfen, ist er überglücklich.
Die Wüste wird für Foucauld der vorrangige Ort des vertrauten Umgangs mit Gott114. In ihrer geologischen Kargheit lenkt sie den Blick des Herzens auf den eucharistischen Christus und die in ihr lebenden Menschen. Sie erhält als Ort eine Symbolgestalt115. Masse und Anonymität existieren hier nicht und dem einzelnen Antlitz kann nicht aus dem Weg gegangen werden. Dadurch wird sowohl die Not als auch die Freundschaft des Mitmenschen zu einer Begegnung mit Christus.
Das Tun des Bruders Karl, die Offenheit für die Einheimischen und die Soldaten, ergibt sich notwendigerweise aus der Gegenwart des Allerheiligsten: Die Liebe Jesu gilt allen Menschen, und Foucauld macht sich zu ihrem Verkünder. Durch einfaches, stilles Apostolat will er die Frohe Botschaft verkünden und zwar denen, die am verlassensten sind und die am weitesten von Jesus entfernt sind. Deren räumliche Entfernung von Christus bricht er ganz konkret durch das Hineintragen der Gegenwart Jesu im eucharistischen Brot in das Gebiet der Wüste. Ihre innerliche Entfernung versucht er sekundär – auch durch sein eigenes Beispiel – zu brechen, indem er sich den Menschen aussetzt wie Christus in der Monstranz sich der Welt aussetzt. Dementsprechend versteht Foucauld seine eigene sowie die göttliche Sendung der Kirche; und in seinem priesterlichen Dasein will er für die Menschen der Sahara ganz zur Kirche werden, indem er sich in der radikalen Nachahmung Jesu zu dessen Werkzeug des Heils macht116. Ebendiesen Gedanken legt er auch der Existenz seiner Gemeinschaft der Kleinen Brüder (und auch Schwestern) vom heiligsten Herzen Jesu zugrunde. Sie sollen dorthin gehen, wo niemand etwas von Jesus weiß, das Allerheiligste dorthin tragen und dessen Heiligkeit durch unablässige Anbetung sichtbar machen117. In diesem Sinne will er Kirche da sein lassen, will er missionieren, nicht anhand zu zählender Taufen, sondern als Gegenwärtig-machen der Liebe Christi.
1.2.3.2 Nächstenliebe: Inklusion in die Selbstverschenkung des eucharistischen Christus
Schon unmittelbar nach seiner Bekehrung hatte Charles de Foucauld das biblische Wort von der Selbstidentifikation Jesu mit dem Geringsten seiner Brüder zum Mittelpunkt seiner ganzen Existenz und schließlich auch seiner Ordensgründung gemacht. So bestand Foucaulds innigstes Bestreben ausschließlich darin, sich in allem dem in Jesus von Nazareth inkarnierten Gottessohn gleich zu machen und selbst zum Geringsten zu werden. Dieser Entschluss beruhte vor allem in der eucharistischen Frömmigkeit Foucaulds und in der Erfahrung, dass ihm in der Heiligen Eucharistie der erniedrigte und sich klein-machende Jesus begegnet. Unscheinbar wie ein alltägliches Stück Brot geht die Liebe Gottes verborgene Wege: „Wenn man jemand liebt, ist man tatsächlich sehr wirklich in ihm, man ist in ihm durch die Liebe, man lebt in ihm durch die Liebe, man lebt nicht mehr in sich, denn man hängt nicht mehr am eigenen «Ich», man ist von sich losgelöst, außer sich; man lebt nicht mehr in sich selbst, man ist in dem, den man liebt, man lebt von seinem Leben, lebt in ihm“118.
In der nordafrikanischen Wüste wird Charles mehr und mehr die Unerlässlichkeit bewusst, sich für die Anderen zum Geschenk dieser Liebe zu machen. Das eigene Ich soll so sehr in den Hintergrund treten, die Gleichheit mit Jesus Christus soll so vollkommen sein, dass in der Person des Charles de Foucauld nur mehr die Liebe Jesu sichtbar wird. Das Fundament dieser Spiritualität ist Foucaulds Glaube an die reale Gegenwart Jesu in der Eucharistie. In der Anbetung, dem ganz Bei-Gott-sein, tritt alles andere derart zurück, dass die einzig angemessene Art, sich zu dieser Nähe in Beziehung zu setzen, diejenige ist, sich selbst liebend zu schenken. Anbetung wird somit neben dem Erkennen des liebenden Wesens Gottes zu einem Akt der tätigen Liebe. Charles de Foucauld spricht von seiner Verähnlichung mit dem Geliebten119. Wenn man Jesus unendlich liebt, kann man gar nichts anderes wollen, außer es dem Geliebten gleich zu tun, sich selbst und sein eigenes egoistisches Wollen zu vergessen und zu verleugnen, um in sich nichts als die Fülle und Liebe des Geliebten zu tragen. Es gilt, Christus mit seiner ganzen Existenz in allen Momenten des Lebens nachzufolgen: „Das vollkommene Leben besteht darin, Christus innerlich und äußerlich nachzufolgen; innerlich, indem wir unsre Seele der Seinen ähnlich werden lassen, äußerlich, indem wir eine der drei Arten von Leben führen, die er uns als Beispiel gegeben hat“120. Die Gleichförmigkeit umfasst also jedes Denken und Tun. Indem Foucauld sich selbst ganz und gar aufgibt und in den Gott eingestaltet, der sich ihm in der Eucharistie aussetzt, kann er die liebevolle Beziehung Gottes zu seiner Schöpfung verleiblichen, kann er – wie die Kirche – Werkzeug Gottes werden.
Charles de Foucaulds Nachfolge Jesu in Armut und Gehorsam macht in allen Momenten seines Lebens konkret und sichtbar, was in der Anbetung für ihn Wirklichkeit ist: das Hineinversenken in die Liebe Gottes. Auf diese Weise eignet er sich das „klein, immer kleiner“ an; indem er im eucharistischen Brot das kleine, verborgene Dasein Jesu schaut.
In der Wüste wird das kontemplative Leben Charles de Foucaulds immer öfter unterbrochen von tätiger Nächstenliebe. Die Verborgenheit des Nazareth-Ideals tritt zunehmend in den Hintergrund, denn als christlicher Marabut121 gehört ihm die Aufmerksamkeit der Wüstenbewohner. Zwar verbringt Charles de Foucauld, wann immer möglich, viele Stunden vor dem Allerheiligsten, aber meistens wird er von den Menschen um ihn herum gefordert und beansprucht. Keinen von ihnen will er abweisen. Wie vorhergehend schon erwähnt, erkennt Foucauld angesichts der eucharistischen Wirklichkeit Jesu Christi die Notwendigkeit, die zuteil gewordene Liebe nicht für sich selbst zu behalten, sondern an die Menschen weiterzugeben. Bestimmte, einschneidende Erlebnisse erscheinen Foucauld wie Sinnoffenbarungen122, und viele seiner Aufzeichnungen geben Zeugnis von seinen Erfahrungen, in denen ihm der konkrete Mitmensch als der Anspruch des in der Monstranz ausgesetzten Christus begegnet.
Vor dem Allerheiligsten kniend offenbart sich ihm der Jesus, der sein Leben am Kreuz hingegeben hat für die Vielen, für das Heil eines jeden Menschen. Weil er sich in die Lebenshingabe Jesu für die Vielen versenkt, drängt es Foucauld in die Nachfolge radikaler Proexistenz123. Er will sich mit Jesus zur Hostie gestalten lassen für die Menschen, die sich bei ihm einfinden124. Der Nächste begegnet Foucauld somit als der ganz Andere, als ein von Gott Gerufener und Gewollter und dadurch als unhintergehbarer Anspruch. Wenn Gott das Heil eines jeden Menschen will und er sich in der heiligen Eucharistie einem jeden Menschen schenkt, wie sehr steht man dann in der Pflicht, dem Nächsten zu eben diesem Heil zu verhelfen?125 Wie wichtig ist es dann, den Menschen die Eucharistie zu bringen und ihnen durch das eigene Leben und das gütige Handeln an ihnen die Liebe Gottes zu erkennen zu geben? Foucauld erkennt im Nächsten eine Gegenwärtigkeit Christi wie in der Hostie selbst. Von nun an verbringt er die Stunden vor dem eucharistischen Brot vor allem, um nicht mehr nur sich, sondern stellvertretend auch die Menschen seiner Umgebung vor Gott hinzutragen. Der Akt der Liebe innerhalb der Anbetung verbleibt nicht mehr nur zwischen dem Du Gottes und dem Ich des Anbetenden: das Geschehen der Liebe dringt nach außen, lässt die Menschen daran teilhaben, indem Foucauld sich ihnen bis zum Letzten zuwendet und sie hineinnimmt in eine Beziehung zum eucharistischen Christus: „So weit sollen wir alle Menschen lieben, daß wir durch die Liebe in ihnen leben und nicht in uns, daß wir eins sind mit ihnen durch die Liebe, nicht um ihretwillen, sondern um Gottes willen, «daß sie eins seien in Uns», daß unsere Liebe zu Gott uns so sehr mit allen Menschen verbinde“126.
Charles de Foucauld bemüht sich besonders um jene, die er am weitesten von Christus entfernt glaubt; doch schließt er letztendlich niemanden von seiner Hilfe aus. Durch das Leermachen seiner selbst durch die Zurücknahme des eigenen Ego, das Streben nach Gleichförmigkeit mit Jesus und durch die Hingabe an den Nächsten wird Foucauld mit Leib und Seele ein Zeichen der Liebe Christi und dessen Werkzeug zur Rettung der Menschen127. Allein durch seine Gegenwart, durch sein Sich-Aussetzen in der Weise des eucharistischen Christus will er den Tuareg ein Zeugnis der christlichen Offenbarung sein: „Das Beispiel ist das einzige äußere Werk, durch welches man Seelen beeinflussen kann, die sich Christus gegenüber vollkommen ablehnend verhalten“128.
Indem Foucauld für sich „den letzten Platz“ wählt, kann er den Tuareg anders als die französischen Kolonialherren auf Augenhöhe begegnen, kann er ein wirkliches Miteinander mit den Tuareg leben und sich einen Zugang zu ihrer Kultur verschaffen129. Nur an diesem letzten Platz wird für Charles de Foucauld wirkliche und vor allem wirksame Nächstenliebe möglich, die europäischem Überlegenheitsdenken keinen Raum mehr lässt. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch seine Haltung zum Mitleiden mit den Menschen: Das Mitleid mit dem Nächsten ist ebenfalls imstande, die Liebe zu Gott auszudrücken, an sich wirklich zu machen und auf diese Weise die Liebe Gottes für die Menschen an sich sichtbar, spürbar und erfahrbar zu machen. Mitleid ist für Foucauld nicht das distanzierte Mitleiden, sondern das aktive Mittragen, das gemeinsame Aushalten und Hoffen auf den Herrn.
Mit dieser inneren Haltung, die auf Foucaulds eucharistischer Frömmigkeit beruht, kann er den Tuareg trotz aller scheinbaren Verschiedenheit wirklich zum Nächsten werden. Die Erfahrung des Reichtums des Tabernakels begründet seine Hinwendung zu den Armen der Welt und die Bekämpfung ihrer materiellen Armut: Indem Foucauld sich selbst zu den Armen trägt, trägt er den Reichtum des Tabernakels zu ihnen. Indem er sich selbst ganz klein macht, um Jesus Raum zu geben, kann er Jesus veranschaulichen.
48 Besonders die Verfolgung und Ermordung armenischer Christen, die Foucauld in Akbès hautnah miterlebt, bewegen ihn erstmals zu dem Gedanken, dass das kontemplative Leben sein Glaubwürdigkeitskriterium im konkreten Einsatz für Unterdrückte und Leidende findet.
49 In einem späteren an Guérin, den Apostolischen Präfekten der Sahara, gerichteten Brief schreibt er: „Von halb vier bis halb sechs Anbetung: das ist, nach der Messe und der Nacht, der beste Teil des Tages: die Arbeit ist getan, und ich darf nur noch Jesus anschauen…Es ist eine Stunde voll Süße“. FOUCAULD, Schriften, 383.
50 FOUCAULD, Schriften, 136.
51 Vgl. FOUCAULD, Schriften, 130.
52 Foucauld schreibt in seinen Betrachtungen über das Evangelium (Lk 4,42): „Das immerwährende Gebet genügt nicht: wie der Herr uns hier lehrt, muß es in jedem Leben, selbst in einem Leben, das in sehr heiliger Weise dem Dienst am Nächsten gewidmet ist, bestimmte Zeiten der Sammlung, des Stillschweigens, der einsamen Betrachtung zu Gottes Füßen geben…Dies ist eine Pflicht der Ehrfurcht dem Schöpfer gegenüber, der Liebe gegenüber unserm Geliebten,[…].“ FOUCAULD, Schriften, 135.
53 FOUCAULD, Platz, 21.
54 FOUCAULD, Schriften, 116. Zuvor schreibt er an dieser Stelle: „Welcher Art diese verschiedensten Gebete sein mögen, ob stumm oder gesungen, ob ohne tiefes Denken oder stark reflektiv, was ihnen ihren eigentlichen Wert gibt, ist die Liebe, mit der sie verrichtet werden.“
55 Vgl. FOUCAULD, Schriften, 132.
56 Vgl. FOUCAULD, Aufzeichnungen, 22.
57 Vgl. SIX, Foucauld, 19.
58 Später versteht Charles de Foucauld diese Langeweile, die er damals empfand, als Gnade, die ihn auf die Begegnung mit Gott vorbereiten sollte. Vgl. SIX, Foucauld, 24.
59 Laut Six war dieser Entschluss weniger aus Liebe zu Mimi entsprungen, sondern hatte seinen Grund in seinem Stolz und seiner ausgeprägten Freiheitsliebe, die Charles nicht angetastet wissen wollte. Vgl. SIX, Foucauld, 25.
60 Bis zu diesem Zeitpunkt scheinen Foucaulds Aktionen alle noch stets von dem Wunsch angetrieben zu sein, ruhmreich zu werden, v.a. in den Augen seiner Familie will er sich groß machen und damit rehabilitieren. Vgl. SIX, Foucauld, 28f.
61 In einem Brief an Henry de Castries von 1901 schreibt er von seiner damals empfundenen Faszination vom Islam, den er aber dennoch nicht als die Wahrheit erkannte. Vgl. FOUCAULD, Schriften, 362.
62 In seinen Betrachtungen von 1897 erfahren wir, dass Charles sich damals sagte, eine Religion, an die eine solch intelligente Frau glaubt, könne vielleicht doch kein Unsinn sein. Vgl. SIX, Foucauld, 46f.
63 Foucauld genießt „die Einsamkeit in der Gesellschaft“ geliebter Menschen. Ein Ausdruck, der nach Six ein Schlüssel zu Charles de Foucaulds Wesen ist: Einsamkeit ja, aber nur im Umgeben-sein von Liebe. Vgl. SIX, Foucauld, 31.
64 FOUCAULD, Schriften, 363. Bekenntnis aus seinem Brief an Henry de Castries von 1901.
65 FOUCAULD, Schriften, 363.
66 Das, was Foucauld noch vom Glauben abhielt, war sein im Agnostizismus verhaftetes Denken – so Six. Demnach konnte ihm nur konkretes Tun den Glauben wiedergeben. Vgl. SIX, Foucauld, 52.
67 Vgl. SIX, Foucauld, 66.
68 Siehe dazu SIX, Foucauld, 79-85.
69 Die Trappisten sind zu dieser Zeit einer der strengsten und ärmlichsten Orden.
70 Vgl. SIX, Foucauld, 207f.
71 Vgl. FOUCAULD, Schriften, 346.
72 Vgl. SIX, Foucauld, 84.
73 Die hier grundgelegten Auszüge der Predigt Huvelins sind entnommen aus: SIX, Foucauld, 60.
74 Vgl. SIX, Foucauld, 84.
75 Vgl. SIX, Foucauld, 86.
76 In einer Betrachtung über Mt 18,4 schreibt Foucauld über den an den Menschen gerichteten Anspruch: „Jesus macht die himmlische Seligkeit hier abhängig von der Demut, vom tatsächlichen Sich-klein-machen, davon, daß man den letzten Platz einnimmt und gehorcht“. FOUCAULD, Schriften, 148.
77 FOUCAULD, Schriften, 205.
78 Hierin sieht er auch einen Grund für die Wahrheit des Christentums.
79 „Da Du immer bei uns bist in der heiligen Eucharistie, wollen wir immer bei ihr sein, ihr Gesellschaft leisten vor dem Tabernakel, keine dieser Minuten durch unsere Schuld verlieren: Gott ist da, was sollten wir anderswo suchen? Der Geliebte, unser Alles, ist da; Er lädt uns ein, Ihm Gesellschaft zu leisten, und wir sollten nicht dorthin eilen, wir sollten auch nur einen dieser Augenblicke, die wir zu seinen Füßen weilen dürfen, anderswo verbringen?“ FOUCAULD, Schriften, 463.
80 Auch hier sei noch einmal darauf hingewiesen, dass Verborgenheit nicht die Verhüllung Gottes meint, sondern die unüberbietbare Selbstoffenbarung Gottes. Was im Verborgenen geschieht, beinhaltet trotzdem die ganze Fülle des trinitarischen Gottes.
81 FOCAULD, Schriften, 396. Siehe dazu auch SIX, Foucauld, 85f.
82 Vgl. Zitat Foucaulds in SIX, Foucauld, 102: „Wenn man mir über das Studium spricht, so werde ich darlegen, daß ich ein sehr starkes Verlangen verspüre, bis zum Hals im Getreide und Holz zu bleiben, und daß ich einen ausgesprochenen Widerwillen habe gegen alles, was mich von jenem letzten Platz vertreiben könnte, den ich in der Erniedrigung gesucht habe, in die ich mich in der Nachfolge unseres Herrn immer tiefer versenken will.“
83 Jean-Francois Six hat sehr schön herausgearbeitet, dass es all die Zeit über nur die Gehorsamspflicht Foucaulds gegenüber Huvelin und seinem Ordensoberen war, die ihn davon abhielt, seinem drängenden Wunsch, das „Nazaret-Ideal“ ohne die Bindung an den Orden der Trappisten zu leben, nachzukommen. Vgl. SIX, Foucauld, 121-130.
84 FOUCAULD, Schriften, 176.
85 Für Näheres zu seiner Regel, ihrer Entstehung und ihren verschiedenen Entwürfen siehe SIX, Foucauld, 194-202.
86 Die Freigebigkeit, mit der Foucauld zeitweise sein Geld verschleuderte, weist möglicherweise darauf hin, dass er schon immer wenig Anhänglichkeit an dieses Gut zeigte.
87 FOUCAULD, Schriften, 139.
88 „Je größere Leere wir in uns schaffen, um so mehr erfüllt uns Gott mit Gnade… je ärmer wir an Geschaffenem sind, um so reicher werden wir an Göttlichem[…]und nach dem Maß unseres Leerseins von allem, was nicht Er ist, gibt Er sich uns völlig, erfüllt Er uns ganz, eint sich vollständig mit uns, läßt sich in unserer Seele nieder und nimmt Wohnung darin“. FOUCAULD, Schriften, 147.
89 FOUCAULD, Platz, 85. Aus einem Brief an Marie de Bondy.
90 FOUCAULD, Schriften, 142.
91 FOUCAULD, Schriften, 143f.
92 Zwar schreibt er an anderer Stelle: „Mein Gott, ich weiß nicht, wie manche Menschen es ertragen können, Dich arm zu sehen und gerne reich zu bleiben, sich so viel größer zu sehen als ihren Meister, ihren Geliebten, die Dir nicht in allem ähnlich sein wollen,[…].“ FOUCAULD, Schriften, 301. Doch kann diese Aussage m.E. nur als aufrichtiges Unverständnis Foucaulds gedeutet werden, ohne eine Universalisierungstendenz nahezulegen.
93 Siehe dazu auch seinen Kommentar zur Bitte des Vater Unser „Gib uns heute unser tägliches Brot“ in FOUCAULD, Schriften, 311f.
94 FOUCAULD, Schriften, 184.
95 FOUCAULD, Schriften, 206.
96 Vgl. BENESCH, Spur, 201.
97 FOUCAULD, Schriften, 201. An einer anderen Stelle schreibt er dazu: „Laßt uns das Leiden umarmen, es mit Lobgesang aufnehmen aus Liebe zu Jesus, nach seinem Beispiel; laßt uns alles Leid, das uns treffen wird, Ihm darbringen. Doch damit wollen wir uns noch nicht zufriedengeben: suchen wir das Leid, um dem Geliebten ähnlich zu sein, Ihm nachzufolgen, sein Schicksal zu teilen; töten wir uns freiwillig und so weitgehend wie möglich ab“. FOUCAULD, Schriften, 212.
98 FOUCAULD, Platz, 17.
99 Folgender Ausspruch Foucaulds macht deutlich, welche Haltung ihn zur geduldigen Annahme allen Leidens befähigt: „Welches ist denn dieser Friede, den die Welt nicht gibt? Es ist der Friede, den Deine Liebe verleiht; der Friede der Welt ist der Friede abseits von Leiden, Feindschaften, Verfolgungen und Drangsalen; Dein Friede bedeutet Gleichmut in Leiden, in Feindschaft, in Verfolgung, in Drangsal, in allen schmerzlichen Erfahrungen des Übels, es ist der tiefe und überfließende Friede der Seele, die Dich liebt inmitten all dieser Übel“. FOUCAULD, Platz, 78.








