101 Fragen zur mandantenorientierten Honorargestaltung

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Hinweis
Konzentrieren Sie sich daher auf die individuellen und persönlichen Anliegen des Mandanten. Je mehr Steuerberater so vorgehen, desto weniger pauschale Vorwürfe wird es in Zukunft geben.
7. In unserer Kanzlei verfügen wir über eine ABC-Analyse der Mandanten. In wie weit hilft sie uns bei unserer Honorarstrategie?
Ihre Kanzlei ist Ihre Mandantenliste. Wenn Sie den Wert Ihrer Kanzlei erhöhen möchten, müssen Sie die Qualität Ihrer Mandanten verbessern. Die Erstellung einer ABC-Analyse ist dafür der erste Schritt.
Der Ausgangspunkt einer ABC-Analyse ist üblicherweise die Reihung der Mandanten nach Umsatz oder Deckungsbeitrag. Hier gewinnen Sie bereits erste Erkenntnisse, dürfen allerdings auch keine Fehlschlüsse ziehen. Ziemlich sicher befinden sich im Mittelfeld dieser Analyse hochattraktive Mandanten. Hochattraktiv deswegen, weil diese Mandanten wenig Zeiteinsatz des Inhabers oder Partners benötigen. Unter der Berücksichtigung der Tatsache, dass der echte Engpassfaktor in einer Steuerberatungskanzlei die Summe der Inhaberstunden ist, sind Mandanten mit einem mittleren Umsatz bzw. Deckungsbeitrag und wenigen Inhaberstunden mindestens so attraktiv wie Mandanten mit einem hohen Umsatz und vielen Inhaberstunden. Ergänzen Sie daher Ihre Deckungsbeitrags-ABC-Analyse um die für diesen Mandanten geleisteten Inhaberstunden und den Deckungsbeitrag pro Inhaberstunde. So ziehen Sie die richtigen Schlüsse aus einer quantitativen ABC-Analyse.
Aufbauend auf einer quantitativen Analyse empfehle ich auch eine qualitative Analyse. Dabei können Sie entweder sehr analytisch vorgehen und Kriterien wie persönliche Chemie, Weiterempfehlungsverhalten, Zahlungsverhalten, Branche etc. mit spezifischen Gewichtungen der einzelnen Kriterien versehen. Oder sie gehen emotional vor und differenzieren in drei Gruppen von Mandanten: Erstens „Ich liebe sie“, diese Mandanten schätzen Ihre Ratschläge, es macht Ihnen Freude mit Ihnen zusammenzuarbeiten, die Begegnungen sind äußerst angenehme, Sie werden beruflich gefordert etc. Die zweite Gruppe von Mandanten lässt sich bezeichnen mit „sind o.k.“. Die Zusammenarbeit läuft gut, es gibt keine weiteren Besonderheiten, Sie sind froh derartige Mandanten betreuen zu können. Und die dritte Gruppe fällt unter die Überschrift „Ich hasse sie“. Bei dieser – hoffentlich kleineren – Gruppe stehen alle Kriterien einer Mandantenanalyse mit einem negativen Vorzeichen. Ihre Ratschläge werden nicht geschätzt, die Honorarhöhe wird dauernd beklagt, die Zahlung erfolgt immer zu spät, menschlich kommt niemand aus der Kanzlei mit diesem Mandanten aus, die Zusammenarbeit ist äußerst mühsam, da Sie immer wieder Selbstverständlichkeiten einfordern müssen und daraufhin immer wieder vertröstet werden, etc. Diese emotionale Analyse ist mit fast 100 %iger Sicherheit so genau wie die analytische Vorgangsweise. Nur ist sie um ein Vielfaches schneller.
Das Vorliegen einer derartigen Mandantenanalyse hilft Ihnen bei der Honorargestaltung enorm. Den größten Nutzen sehe ich darin, dass Sie sich bei der Festlegung Ihrer Honorarpolitik nicht von den falschen Mandanten leiten lassen. Denken Sie bei der Definition Ihres Leistungsumfangs, der Preisparameter und der Honorarmethoden an jene Mandanten, die derartige Vorgangsweisen schätzen werden. Das sind die Mandanten aus den ersten beiden Gruppen. Und denken Sie nicht an jene Mandanten der dritten Gruppe, die – egal was Sie ändern – sich über alles beklagen werden.
Immer wieder beobachte ich, dass eine Minderheit von unangenehmen Mandanten die Kanzleistrategie bestimmt oder zumindest beeinflusst. Sinnvolle Initiativen und Ideen werden nicht umgesetzt, weil der eine oder andere Mandant sich darüber beschweren könnte. Schon alleine deswegen rate ich Kanzleien, dass sie sich aktiv von derartigen Mandanten trennen sollten. Ein weiterer Grund für eine Kündigung dieser Mandanten ist, dass Sie damit Zeit für die Betreuung Ihrer A- und B-Mandanten gewinnen. Und genau dort liegen ja die Potenziale Ihrer Kanzlei. Genau jene Mandanten werden Sie auch eher weiterempfehlen und Ihnen helfen, Ihre Mandantenliste – und damit Ihre Kanzlei – zu verbessern.
Hinweis
Um jede nur erdenkliche Ausrede der aktiven Mandatskündigung auszuschließen, finden Sie auf meiner Homepage www.stefanlami.com ein Musterkündigungsschreiben zum Downloaden.
8. Warum sollte zwischen abrechnungsorientierten und wissensorientierten Dienstleistungen bei der Honorargestaltung unterschieden werden?
Unter abrechnungsorientierten Dienstleistungen des Steuerberaters versteht man die Erstellung von Finanzbuchhaltungen, Lohnabrechnungen, Jahresabschlüssen und Steuererklärungen. Also die deklarativen Tätigkeiten einer Steuerberatungskanzlei. Natürlich beinhalten diese Tätigkeiten Beratungsaspekte und steuerliches Wissen ist für deren Erledigung notwendig, ihr Schwerpunkt liegt allerdings eindeutig in der effizienten Abwicklung dieser meist hoch standardisierten bzw. standardisierbaren Aufträge.
Wissensorientierte Dienstleistungen dagegen sind dadurch charakterisiert, dass der Beratungsanteil deutlich höher ist, sowie die fachliche Expertise und die Erfahrung des Beraters für den Erfolg entscheidend sind. Die Bandbreite dieser Tätigkeiten reicht von der steuerlichen Gestaltungsberatung im Einzelfall über die Rechtsformberatung, Übergabe- und Nachfolgeberatung, Unternehmensbewertung, Finanzierungsberatung, betriebswirtschaftlicher Beratung bis hin zu Beratung in finanzstrafrechtlichen Fragen und der Unterstützung bei der Betriebsprüfung. Für viele Steuerberater sind diese Tätigkeiten das „Salz in der Suppe“. Hier sind Know-How, Erfahrung, Zugang zu Netzwerken, Verhandlungsgeschick und vieles mehr gefragt.
Unterschiedlicher könnten die Tätigkeiten nicht sein: Einerseits die effiziente Erledigung von meist Routinearbeiten, die sich in unterschiedlichem Ausmaß wiederholen, mit laufender Betreuung der Mandanten und andererseits Beratungsleistungen, bei denen oft das gesamte Unternehmen des Mandanten auf dem Spiel steht, das Gelingen bzw. das Scheitern hohe Gewinne bzw. Verluste zur Folge hat, Probleme des Mandanten gelöst werden, die für ihn ganz und gar nicht alltäglich sind.
Diese extremen Unterschiede zwischen den beiden Leistungsarten aus nahezu allen Perspektiven müssen sich in anderen Honorarkonzepten niederschlagen. Honorarmethoden, die für die eine Gruppe von Leistungen passen, sind für die andere Gruppe nicht nur nicht hilfreich, sie sind sogar schädlich. Außerdem sind Honorargespräche grundsätzlich anders anzulegen. Es gelten zwar die gleichen Prinzipien der Gesprächsführung, Aufbau, Inhalt und Ablauf des Honorargesprächs sind allerdings für die jeweiligen Gruppen von Leistungen vollständig verschieden. Eine saubere Trennung verhindert darüber hinaus Missverständnisse, die ich immer wieder beobachte, wenn Steuerberater über Honorarpolitik, -gestaltung und -durchsetzung sprechen.
Hinweis
Die abrechnungsorientierten Dienstleistungen behandle ich durch die Fragen 30 bis 52. Die Antworten zu den wissensorientierten Dienstleistungen finden Sie bei den Fragen 53 bis 66.
9. Sind Honorarpauschalen sinnvoll?
Das Wort „Pauschale“ ist für mich ein Unwort, das Sie aus Ihrem Wortschatz – im Zusammenhang mit der Honorargestaltung – streichen sollten. Wohl wissend, dass der Begriff im Berufsstand extrem verbreitet ist und auch in der StBVV verwendet wird, bleibt meine Empfehlung aufrecht: Streichen Sie „Pauschale“ und ersetzen Sie es durch Fixhonorar oder Festhonorar.
Warum vertrete ich diese ausgeprägte Position? Pauschalen suggerieren dem Mandanten etwas, das Sie wahrscheinlich gar nicht wollen bzw. nur dann wirklich wollen würden, wenn das Honorar so hoch ist, dass es keine Rolle spielt, welche Leistungen der Mandant von Ihnen zum Pauschalhonorar abruft. Pauschalen vermitteln all-inclusive ohne Einschränkung. Was in der Gastronomie mit „as-much-as-you-can-eat“ seine natürlichen Grenzen hat, kann in der Beratungsbranche extrem unangenehme Konsequenzen erzeugen. Ersparen Sie sich die so gut wie sicher stattfindenden Diskussionen über den Leistungsumfang bei Pauschalhonoraren. Klären Sie besser vorweg sauber den Leistungsumfang und fixieren Sie dafür ein Honorar.
Die – durchaus richtige – Grundintention von Pauschalen, nämlich nicht jede einzelne Leistung separat abzurechnen, kann durch vielfältige andere Honorarmethoden um einiges zielsicherer erreicht werden.
Der Begriff „Pauschale“ hat auch einen billigen Beigeschmack. Hochwertige Leistungen sollten Sie nicht durch Honorarpauschalen entwerten.
Hinweis
Sprechen Sie von Pauschale, wenn Sie es tatsächlich auch so meinen. Nämlich dann, wenn es so gut wie keine Beschränkungen im Leistungsumfang gibt. Berücksichtigen Sie dabei nur den dafür notwendigen hohen Preis. Dann werden die meisten Mandanten diese „Pauschale“ auch nicht mehr wollen.
10. Welchen einen entscheidenden Trick gibt es bei der Honorargestaltung?
Es gibt den einen oder anderen Trick zur Maximierung des Honorars. Verkaufstrainings beschäftigen sich damit. Hard-Selling-Methoden, die in gewissen Branchen einfach dazugehören, führen in der Steuerberatung jedoch in den sicheren Abgrund. Ich lehne jede Vorgangsweise, die zur kurzfristigen Honorarmaximierung führt, ab. Mögen diese „Tricks“ durchaus das eine oder andere Mal kurzfristig funktionieren, langfristig werden sie das nie!
Sehr viel mehr halte ich von Honoraroptimierung auf lange Sicht. Die langfristige Beziehung zum Mandanten steht im Mittelpunkt meiner Überlegungen. Kurzfristige hohe Gewinne auf einer Seite schaden der Beziehung. Das Ausnützen von Zwangssituationen wird nie dauerhaft erfolgreich sein. Das ist nun nicht nur ein moralischer Anspruch, sondern auch ein wirtschaftlicher und praktischer. Geht man in diesem Sinne vor, wird man auf lange Sicht erfolgreicher. Und das entscheidet!
Hinweis
Wenn es schon einen „Generalschlüssel“ für mandantenorientierte Honorargestaltung gibt, dann ist es das Selbstbewusstsein des Beraters kombiniert mit der Kommunikationskompetenz. Mehr dazu finden Sie in den Antworten zu folgenden Fragen.
II. Die eigene Einstellung zum Honorar
11. Warum denken Steuerberater über Honorare so, wie sie denken?
Während der letzten Jahre habe ich systematisch Steuerberater zu deren Meinung über Honorargestaltungsthemen befragt. Die zu bewertenden Aussagen stellen aus meiner Sicht Mythen dar, die einer Überprüfung in der Realität nicht standhalten. Wie inzwischen rund 200 Meinungen aus Deutschland und Österreich zu diesen Mythen denken, habe ich in der untenstehenden Grafik zusammengefasst. Je größer die bei der jeweiligen Aussage stehende Zahl ist, desto größer ist die Zustimmung der Steuerberater. Je kleiner, desto stärker widerspricht die Branche dieser Aussage.
Ich widerspreche allen getroffenen Aussagen stark. Meine Meinung weicht in fast allen Punkten extrem von der Meinung der Branche ab. Woran liegt es also, dass die Branche so denkt, wie sie denkt?
Steuerberater haben sich nur selten bis gar nicht fundiert und systematisch mit Preispolitik und Preisgestaltung auseinander gesetzt. In der Ausbildung zum Steuerberater kommt das Fach Honorargestaltung nicht vor, außer im Zusammenhang mit den berufsrechtlichen Vorschriften. Über Jahrzehnte war die Preisfindung an gesetzliche Vorschriften delegiert. Bis vor einigen Jahren forderten Mandanten die Klärung des Honorars auch nicht ein. Sie akzeptierten fast widerstandslos das Steuerberaterhonorar.
Einmal eingeführte Abrechnungsmethoden sind eine fixe Konstante in den Kanzleien. Sie sind fast wie in Stein gemeißelt und werden – so meine Beobachtungen – über Partnergenerationen weitergeführt. Woran am wenigsten gerüttelt wird, ist die Vorgangsweise der Berechnung und Erstellung der Honorare. In internen Gesprächen werden dann subjektive Erfahrungen, die natürlich von der eigenen Erwartung geprägt sind, als allgemeingültige Wahrheiten weitergegeben. Und ganz im Sinne einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung treten sie dann auch immer wieder ein. Sie bestätigen damit das selbst geschaffene (Welt-) Bild der Honorargestaltung.

Betrachten wir die Mythen im Detail:

Beispiel Nehmen wir an, Sie erledigen für einen Mandanten eine Umwandlung und rechnen dafür 10.000 € ab. Wenn nun einen Monat später ein anderer Mandant das nahezu idente Anliegen hat, wie viel würden Sie ihm berechnen? Werden in Ihrer Kanzlei auch dem zweiten Mandanten 10.000 € in Rechnung gestellt? Werden 10.000 € abgerechnet, auch wenn der Zeitaufwand nur ein Bruchteil dessen war, den der erste Mandant verursacht hatte?
Wenn der zweite Mandant aufgrund der geringeren Anzahl von Stunden weniger bezahlt als der erste, dann ist die Abrechnung nach Zeit offensichtlich unfair. Der erste Mandant zahlt tendenziell zu viel, weil er die gesamten „Forschungs- und Entwicklungskosten“ zu tragen hat, alle weiteren Mandanten bezahlen tendenziell zu wenig. Nutzen Sie die sich bietenden Möglichkeiten der freien Vereinbarung des Honorars unter Berücksichtigung der beschriebenen Effekte.













Hinweis
Die Klärung der Frage über die Gedankenwelt des Steuerberaters zum Honorar ist ein Fundament für die erfolgreiche Umsetzung einer mandantenorientierten Honorargestaltung. Dies deswegen, weil Klarheit im Denken Voraussetzung für eine klare Kommunikation ist. Wer sich selbst nicht sicher ist, wird niemals dauerhaft überzeugend für andere sein können.
12. Wie kann ich selbstsicher mein Honorar verkaufen?




