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Wer die Internal Investigation als Krisenreaktionsmechanismus des Unternehmens sieht, wird die Frage stellen, ob ein solches Vorhaben überhaupt mit dem Projektgedanken verglichen oder die Leitung und Steuerung der Internal Investigation gar als Projektmanagement mit einer betriebswirtschaftlichen, kaufmännischen Ausrichtung betrieben werden kann. Wer vom Gedanken einer Rechtspflicht zur Aufklärung her die Pflicht zur Durchführung einer Internal Investigation ableitet, wird möglicherweise Bedenken haben, wenn Wirtschaftlichkeit und Ressourcenknappheit als Kategorien für eine Pflichterfüllung zugelassen werden. Zuweilen wird das mit der Erfahrung begründet, dass gerade wegen dieser Kriterien im Unternehmen unterentwickelte Kontrollen anzutreffen sind und die Regelkonformität darunter leidet. Wenn eine Unternehmensrevision bspw. infolge der personellen und sachlichen Ausstattung nicht in der Lage war, den „Dingen auf den Grund zu gehen“, dann darf eine etwaige darin liegende Aufsichtspflichtverletzung[2] nicht bei einer Internal Investigation, die sich mit dem gleichen Sachverhalt zu befassen hat, wiederholt werden. Es wird daher darauf zu achten sein, nicht etwa den gleichen Fehler beim Start der Untersuchung zu begehen. Von einem fallweisen Erfahrungs- oder Beurteilungsmaßstab darf aber die Frage des Projektmanagements nicht abhängig gemacht werden.
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In der Rechtsprechung sind durchaus Kategorien wie „Wirtschaftlichkeit“ und „Angemessenheit“ oder „Erheblichkeit“ für die Aufklärung von Sachverhalten anerkannt.[3] Auch die Verfahrensordnungen zeigen durch Ermessensvorschriften,[4] dass der Gedanke der Erforderlichkeit, Verhältnismäßigkeit und Wirtschaftlichkeit längst Einzug in die Ergebnisbeurteilung von Aufklärungsanstrengungen aller Art – besonders auch bei juristisch relevanten Fehltritten von Individualpersonen und Unternehmen – gefunden hat.[5] Schließlich sind sich selbst die Befürworter weitestgehender Präventivmaßnahmen in Unternehmen darüber einig, dass schon eine vollständige, lückenlose Prävention nicht zu erreichen ist, ja lebensfremd erscheint.[6] Erst recht muss dies für nachträglich in die Vergangenheit zurückblickende Untersuchungen gelten. Obwohl es unzweifelhaft richtig ist, dass eine Rechtsregel vom Adressaten uneingeschränkte Befolgung erwartet, ist für die Untersuchung einer Rechtsverletzung von der anlassbezogenen Notwendigkeit auszugehen, Entscheidungsgrundlagen für den – über eine personale oder vertragliche Beziehung hinausgehenden – Aufgriff, die Nachverfolgung und die Sanktionierung zu schaffen.[7] In der Folge lassen sich Art, Umfang, Dauer und Beendigung der Internal Investigation von folgenden Faktoren bestimmen:
– Bedeutung bzw. Erheblichkeit einer (vermuteten oder verdächtigen) Rechtsverletzung für das betroffene und andere verwandte Rechtsgüter; – Dispositionsmöglichkeiten des Betroffenen, d.h. sowohl des Rechtsgutsträgers, eines Mitberechtigten, als auch die Möglichkeiten des durch die Rechtsverletzung etwaig in seinem Verhalten beeinflussten Dritten (insb. durch Anzeige- und Antragsrechte, Auswahlermessen bei mehreren möglichen Reaktionsweisen, Zustimmungsrechte, Kontrollrechte etc.); – Beurteilung von Aufgriffs- und Verfolgungsfristen (bspw. Strafantragsfristen und Strafverfolgungsverjährung); – Wahrscheinlichkeiten einer Rechtsdurchsetzung bei unterschiedlichen Graden an die eigene und die fremde Beweisführung und reziproke Wirkung einer solchen Eskalation auf das Unternehmen (bspw. die Bindung von Ressourcen, die öffentliche Wahrnehmung etc.); – etwaige prozessuale Gegebenheiten der zuständigen Instanz; – etwaige kulturelle und soziale Verhaltensgebote[8] sowie – bei grenzüberschreitenden Sachverhalten die Beurteilung von Aufgriffs- und Verfolgungswahrscheinlichkeiten aus der Sicht der ausländischen Rechtsordnung.5
Allerdings erfüllt nicht jedes Vorhaben einer „Internal Investigation“ den Projektbegriff. So sind bspw. der Auftrag zur Erstattung eines Rechtsgutachtens oder einer anderen sachverständigen Begutachtung, wie es im Schieds- und Gutachterwesen häufiger vorkommt, keine Projekte. Auch die Prozessvertretung oder die außergerichtliche Beratung stellen unabhängig von Art und Umfang der Aufgabe (noch) keine Anforderungen an eine Projektorganisation. Erst wenn eine vielschichtigere Aufgabe zu erledigen ist, die nicht durch eingeübte Routine einer Linienorganisation bewältigt werden kann, die eine Koordination mehrerer Kompetenzen erfordert, die einer unbekannten, unüberschaubaren oder komplexen Sachlage auf den Grund gehen soll und zudem Personen zusammenarbeiten sollen, die vorher noch nicht viel miteinander zu tun hatten, spricht man von einem „Projekt“.[9] Deshalb ist es richtig, sich sowohl als Auftraggeber der Internal Investigation als auch als Auftragnehmer (selbst-)kritisch die Frage zu stellen, ob angesichts von Art, Umfang, Bedeutung und Wirkung der Aufgabenstellung diese als Projekt verstanden und – dann folgerichtig – auch gestaltet, d.h. „gemanagt“ werden muss. Das schränkt keinesfalls den juristischen Anspruch an eine Klärung von Rechtsvoraussetzungen und Rechtsfolgen ein, sondern gibt – wie auch im staatlichen Verfahrensrecht – Gelegenheit, die im betrieblichen Alltag aufgrund der menschlichen Natur anzutreffenden Eigenheiten, Schwächen, Fehler, Versäumnisse oder Lücken rein tatsächlich von qualifizierten Übertretungen zu trennen.
b) Erfolgsfaktoren
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Wesentliche Erfolgsfaktoren für die Durchführung der Internal Investigation sind
– eine möglichst umfassende, der Aufgabe entsprechende Übergabe von Informationen des Auftraggebers an das Projektteam (das schließt alle für den Auftraggeber bekannten und erreichbaren Informationen auch von Tochterunternehmen oder kooperationswilligen Geschäftspartnern ein); – ein möglichst ungehinderter Zugang zu den themenbezogenen individuellen Informationen von Mitarbeitern, von Fachberatern, zum innerbetrieblichem Kontrollwissen und zu den Unternehmensakten; – die fachgerechte Erfassung dieser Informationen durch das Projektteam in geeigneten Systemen sowie die Nachvollziehbarkeit und Willkürfreiheit der jeweiligen daraus resultierenden Wissensreproduktionen; – ressourcenschonende spiegelbildlich gleichartige fachliche Kompetenzen im Unternehmen wie im Projektteam, möglichst schon bei der Erhebung der benötigen Informationen, aber mindestens für die erforderlichen Erläuterungen und Bewertungen der verarbeiteten Informationen; – die uneingeschränkte Unterstützung des Projektteams durch die operative Geschäftsleitung (in diesem Sinne auch die Ausübung von Kontrollkompetenzen der gesellschaftsrechtlichen Geschäftsleitung wie auch der jeweiligen Kontrollorgane, bspw. eines Aufsichtsrats).7
Wer von der Universitätsausbildung her gewohnt ist, mit feststehenden Sachverhalten umzugehen, wird sich zu Beginn einer Internal Investigation klar werden müssen, dass außer dem mit dem jeweiligen Auftraggeber abgesprochenen Auftragsziel – ähnlich wie im strafrechtlichen oder verwaltungsrechtlichen Vorverfahren – nichts wirklich sicher ist oder feststeht. Eine nachvollziehbare, durch ein methodisches und willkürfreies Verfahren geschaffene Tatsachenbasis muss in der Untersuchung erarbeitet werden. Anders als im persönlichen Beratungsmandat lassen sich die Erkenntnisse auch nicht einfach aus den Angaben des Auftraggebers herausfiltern. Dieser wird in der Regel auch nur Ansätze und Anknüpfungspunkte nennen können. Nach ausreichender Reflexion werden sich Auftraggeber und Auftragnehmer der Internal Investigation darauf geeinigt haben, dass die Tatsachenbasis aufgrund einer strukturierten, methodischen Herangehensweise erarbeitet werden muss. Alle so erhaltenen Einzelerkenntnisse sind möglichst unverfälscht und wirklichkeitsnah in der (späteren) Berichterstattung zusammenfassend zu beschreiben und zu würdigen.
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Wird schon in der Aufgabenstellung abgestuft nach technischen, prozeduralen, ökonomischen oder regulatorischen Anforderungen getrennt, sind spezielle, darauf bezogene Anforderungen an das Projektteam, Fachkunde, Methodik, Auftragsumfeld, Durchsetzbarkeit und Ergebnissicherheit zu stellen. Die jeweiligen Stufungen müssen vom Team verarbeitet werden können. So prüfen bspw. Juristen typischerweise lediglich die Einhaltung von Rechtsnormen, Wirtschaftsprüfer regelmäßig die Einhaltung von Vorgaben für die Finanzberichterstattung, Ingenieure häufig die Funktionsfähigkeit von Organisation, Prozessen und Kontrollen sowie deren nützliche Fortschreibung anhand aufgetretener Lücken, Schwächen oder Fehler usw. Eine komplexe Projektaufgabe erfordert daher oft eine Zusammenarbeit dieser verschiedenen Kompetenzen im Team, um sinnhafte und für den Auftraggeber erforderliche Ergebnisse herausarbeiten zu können. Soweit diese Anforderungen im Unternehmensumfeld nicht erfüllt werden können, sollte von vornherein mit einem Team aus externen Fachberatern und Sachverständigen zusammen gearbeitet werden.
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Von der Kompetenz zur juristischen Beurteilung der erlangten Informationen ist aber im Projekt nochmals die Kompetenz zur Projektleitung deutlich zu unterscheiden. Hier sind persönliche Integrität, planerische und organisatorische Kompetenz, ein kooperativer Arbeitsstil sowie Motivationsfähigkeit und Kreativität vor allen Dingen gefragt.[10] Unabhängig von der fachlichen Bildung und Ausrichtung können solche Kompetenzen unternehmensintern in Führungspositionen als auch in Beratungsgesellschaften zu finden sein. Ein verantwortlicher Projektleiter sollte feststehen, bevor eine verbindliche Projektstruktur festgelegt werden kann. Allerdings prädestiniert eine Partnerstellung in einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Steuerberater- oder Anwaltskanzlei nicht automatisch dazu, eine solche Projektverantwortung zu übernehmen. Zu suchen ist eine für Leitungsaufgaben geeignete Persönlichkeit, die sowohl mit Krisen als auch mit Kritik sachlich umgehen kann, sich aber ebenso der Wertschätzung der obersten Führungsebene sicher ist, wie auch des Respekts der Unternehmensmitarbeiter. Führungskräfte der Leitungsebene sollten wegen ihrer vielfältigen sonstigen Aufgaben in der operativen Geschäftsleitung nicht unbedingt gleichzeitig auch Projektleiter sein. Das kann bei einem besonderen Ressortzuschnitt (bspw. eines Vorstandes für Integrität, Recht und Compliance) anders sein.
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Neben den nötigen Kompetenzen spielt auch die Freiheit von Interessenkonflikten eine große Rolle für die Akzeptanz des Projektes und seiner Ergebnisse.[11] Werden bspw. im Rahmen der Internal Investigation zusätzlich zu der stets zu prüfenden einfachen Handlungsverantwortung für einen Compliance-Verstoß auch die Führungsverantwortung sowie die Berichts- und Aufsichtsverantwortung auf Ebene der Unternehmensleitung untersucht, ist das Projekt sinnvollerweise von einer davon unabhängigen und neutralen Instanz als für das Projektergebnis Verantwortlicher (sog. Sponsor) zu betreuen. Dies kann in der Aktiengesellschaft der Aufsichtsrat, in einer GmbH oder einer Personengesellschaft der Gesellschafter sein. Die aktienrechtliche Sonderprüfung (§§ 142 ff. AktG)[12] kommt insoweit den Vorstellungen einer unabhängigen und kompetenten Prüfung nahe, auch wenn eine Internal Investigation nicht an diese Vorgaben gebunden ist. Wird ein Wirtschaftsprüfer, der gleichzeitig Abschlussprüfer der Gesellschaft oder des Konzerns ist, mit der Durchführung der Internal Investigation beauftragt, gelten für ihn deutlich restriktivere Anforderungen.[13]
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Die Verantwortung und Haftung für fachgerechte, nachvollziehbare und willkürfreie Projektergebnisse zählt ebenfalls zu den Erfolgsfaktoren – besonders dann, wenn Externe beauftragt sind. Zwar ist für Tatsachen, die nicht bekannt, nicht erreichbar oder nicht herausgegeben waren (bspw. infolge von datenschutzrechtlichen Schranken), auch eine Haftungsfreistellung erforderlich. Da aber die Internal Investigation in erheblichem Umfang Ressourcen des Unternehmens in Anspruch nimmt, haben sich Auftraggeber der Untersuchung und Projektmanager regelmäßig verantwortlich Rechenschaft darüber abzulegen, ob und in welchem Verhältnis der jeweilige Projektstatus zum geplanten Budget, den Teilzielen des Projekts und dem voraussichtlichen Ergebnis stehen. Zwar steht dem Unternehmen ein weites Ermessen zu, in welchem Umfang Mittel für die Untersuchung ausgegeben werden. Das interne und externe Projektteam hat aber in eigener Verantwortung nach dem Stand aktueller Gesetzgebung, Rechtsprechung und Fachkunde seine Arbeitsergebnisse zu vertreten. Schon aus eigenem Interesse wird daher das Team in umfangreichen Projekten für eine ausreichende Qualitätssicherung[14] (bspw. gutachterlicher Rat, freiwillige Vorlage der Arbeitsergebnisse bei einem Peer-Review etc.) und eine ausreichende Haftpflichtversicherung sorgen müssen.
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Zuletzt sind auch die rechtzeitige, vorausschauende und angemessene Steuerung von Projektrisiken[15] zu bedenken. Dazu gehören wiederum externe und interne Risiken. Ein erstes internes Risiko ist die Ergebniserwartung selbst. Fördert die Internal Investigation andere Ergebnisse zutage, als dies der Auftraggeber wünscht, ist rechtzeitig auf die Notwendigkeit eines Erwartungsmanagements hinzuwirken. Ein weiteres internes Risiko ist der zu erwartende psychologische Widerstand gegen das Untersuchungsziel und die Durchführung von Untersuchungen überhaupt. Je tiefer Rechtsverletzungen, Verfahrens- und Kompetenzverletzungen aufgedeckt werden sollen, je mehr Kausalitäten und Verantwortlichkeiten personal zugeordnet sowie daraus innerbetriebliche Konsequenzen erwachsen sollen, umso mehr tauchen Widerstände auf, treten Skeptiker, Bremser und Gegner auf den Plan. Solche Situationen, die aus Change Management-Projekten bekannt sind,[16] müssen in die Planungen einbezogen werden. Während der gesamten Internal Investigation hat das Projektteam mit Ängsten der Mitarbeiter zu kämpfen, die durchaus nicht nur mit Angst vor den Konsequenzen einer Strafverfolgung gleichgesetzt werden können. Es bestehen Ängste oder auch Aggressionen wegen einer persönlichen Diskreditierung, einem Reputationsverlust, Angst vor Vermögens- und Arbeitsplatzverlust; all dies kann durchaus auch mit Neid, Eifersucht oder anderen Motiven begleitet oder vermischt sein. Dem so erkennbaren Widerstand muss frühzeitig durch Aufklärung, Motivation und Überzeugung, ggf. aber auch durch disziplinarische Maßnahmen begegnet werden. Da die Internal Investigation in der Regel die thematische Aufdeckung von Fehlverhalten bezweckt, ist es ratsam, rechtzeitig mit den Unterstützern der Untersuchung einen Schulterschluss zu finden, möglichst viel Überzeugungskraft in eine Motivation von passiven oder skeptischen Personen zu investieren. Gerade dann, wenn das Unternehmen in eine kommunikative oder strafrechtliche Krise (durch Ermittlungen von Behörden gegen das Unternehmen) gerät, sind besonderer Einsatz, Wertneutralität, Objektivität und Professionalität gefragt.
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Externe Projektrisiken können bspw. darin liegen, dass die Untersuchung es nicht ermöglicht, dem Bedürfnis nach geeigneter und nachhaltiger Krisenreaktion als Antwort auf die die Krise auslösende oder bestimmende Quelle (Kartellbehörde, Ermittlungsbehörde, Kläger in einem Discovery-Stadium, sonstiger Verfahrensanlass) zügig, in geeigneter Weise und Form sowie dauerhaft zu begegnen. Unabhängig davon, welcher Zweck der Internal Investigation vorgegeben ist (s.o.), muss ständig reflektiert und angepasst werden, wenn zu erwarten sein sollte, dass die Krisenreaktion scheitert oder die Ergebnisse der Internal Investigation eine Krise weiter vertiefen. Daher haben gerade solche äußeren Einflüsse bestimmenden Einfluss auf Art, Umfang und Ergebnisfindung der Internal Investigation.
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Umgekehrt wird der externe Projektteilnehmer bei seinem Auftraggeber eine Haftungsfreistellung von etwaigen Ansprüchen Dritter erbitten, die gegen den Auftraggeber oder den Projektteilnehmer vorgehen, um die Beauftragung oder die Art und Weise der Internal Investigation als solche versuchen zum Scheitern zu bringen. Auftraggeber und externer Projektteilnehmer sollten sich darüber einig sein, dass der externe Beauftragte nur für eigenes Fehlverhalten haften kann, nicht aber für interne Widerstände, unzureichende Informationen oder konstruktive Fehlentscheidungen des Auftraggebers. In den vertraglichen Grundlagen der Internal Investigation ist daher dem externen Projektteilnehmer eine entsprechende Haftungsfreistellungsklausel grundsätzlich zu empfehlen.
c) Information und Kommunikation
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Unabhängig von Art, Umfang, Dauer und Erfolg von unternehmensinternen Aufklärungen sind in einem Projekt dieser Art interne und externe Information und Kommunikation zu bedenken. Unter interner Information wird der Austausch von projektrelevanten Informationen sowohl zwischen den Teammitgliedern als auch zwischen Projektleiter (der sog. „owner“) und dem zuständigen Mitglied des Leitungsgremiums (der sog. „sponsor“) verstanden. Unter externer Information und Kommunikation ist grob gesagt sowohl die Berichterstattung der Geschäftsleitung, evtl. der Kontrollgremien, als auch die Information mit externen Behörden (bspw. Kartellbehörde, Staatsanwaltschaft, BaFin, BAFA, Gewerbeaufsichtsbehörden, Steuerbehörden, Datenschutzbeauftragte etc.) zu verstehen. Die Einzelheiten dazu werden in Rn. 122 ff. weiter erläutert.
a) Steuern und planen vom Ziel her – Was soll erreicht werden?
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In einem Projekt müssen die verschiedensten Aufgaben miteinander in eine rationale Beziehung gebracht, ein klarer Ergebnis- und Zielbezug hergestellt, Beginn und Ende des Projektes definiert, Handlungsabläufe, der Einsatz von Methoden und Techniken koordiniert und risiko- wie auch qualitätssichernde Elemente gemeinsam organisiert werden. Daher sind Projektorganisation, Projektplanung, Projektsteuerung und Reporting unverzichtbare Elemente. Hieran können wesentliche Erfolgsfaktoren gemessen werden, die Projektergebnisse können nachvollzogen, auf Willkürfreiheit und Fehleranfälligkeit getestet werden. In den Rn. 33 ff. und 87 ff. werden die wichtigsten Detailfragen hierzu erläutert.
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In der Praxis hat es sich als unverzichtbar herausgestellt, das voraussichtliche Ergebnis einer Internal Investigation zu skizzieren. Wichtig ist dabei nicht die vorausschauende Festlegung des inhaltlichen Untersuchungsergebnisses, sondern das Ergebnisformat. So ist bspw. das Ergebnis einer erfolgreichen Fahrzeugentwicklung ein gebrauchstaugliches, allen technischen, sicherheitsrelevanten und rechtlichen Anforderungen genügendes Fahrzeug, dessen Ausmaß, Design und Ausstattung im Zuge der Projektierung noch festzulegen sein wird. Ergebnis des strafrechtlichen Vorverfahrens ist die Abschlussentscheidung (§§ 169a, 170 StPO). Ergebnis einer sachverständigen Begutachtung ist ein Gutachten, dessen Format durch die Bedürfnisse des Auftraggebers nach weiterer Verwendung bestimmt wird. In diesem Sinne kann Ergebnis einer Internal Investigation sowohl ein schriftlicher oder mündlicher Bericht, eine Begutachtung, eine bestimmte Art der Dokumentation (evtl. im Sinne einer prozessverwertbaren Indizien- oder Beweiskette), eine Amnestierung, ein Bericht über Verhaltensempfehlungen, eine Statusentscheidung, eine Haftungsklage usw. sein. Wird gleich zu Beginn des Projekts diese Anforderung festgelegt, dann kann in der Folge auf die Entstehung dieses Ergebnisses hingearbeitet werden. Es können sodann die Teilschritte, bspw. Fallberichte oder Befragungsprotokolle, Dokumentenauswertungen etc. bestimmt und der jeweilige Projektfortschritt daran gemessen werden.
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Ist das Ergebnisformat festgelegt, müssen alle Projektteilnehmer dazu verpflichtet werden, in ihrem jeweiligen Aufgabenbereich Arbeitsergebnisse vorzulegen. Es genügt nicht, an gemeinsamen Projektsitzungen teilzunehmen und ansonsten passiv das Geschehen zu verfolgen. Um einen Schulterschluss selbst bei unterschiedlichen Ausgangsinteressen zu erreichen, ist die gemeinsame Arbeit am fachlichen Ergebnis unverzichtbar. Werden innerhalb der Internal Investigation Arbeitsgruppen oder „workstreams“ gebildet, sind diese möglichst gemischt zu besetzen, also mit Kompetenzen, die sowohl den Ergebnisbezug sicherstellen (bspw. mit Juristen), als auch mit Kompetenzen, die einen Zugang zu den innerbetrieblichen Ressourcen und Informationen besitzen (bspw. durch Teilnahme der Revision, des Compliance- oder des Rechtsbereichs).
b) Herausforderungen meistern
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Die hausgemachten Herausforderungen einer Internal Investigation im Umfeld von Compliance-Themen sind zahlreich und vielschichtig. Es ist immer zu beachten, dass eine Internal Investigation die bisherige innerbetriebliche Praxis wie auch das Management von Aufgaben und Kompetenzen in Frage stellen kann. Daher sind ausreichend Zeit und Planungsressourcen zu kalkulieren, die wenigstens folgende Faktoren einbeziehen:
– verschiedene Auftraggeber und deren – teilweise widerstreitende – Interessen; – verschiedene Fachgebiete der Berater, deren Stile und Kompetenzen; – Vorstellungen und Vorgaben an die Methodik und Durchdringung der Tatsachenbasis; – verschiedene Erwartungen an Termine, Ergebnisumfang und Ergebnissicherheit.20
Bei den auftraggeberbezogenen Herausforderungen ist vor allem die mehrstufige Interessendivergenz zu nennen, die seit dem bekannten ARAG/Garmenbeck-Urteil des BGH[17] zu einer in der Internal Investigation immer wiederkehrenden Frage führt, wer der eigentliche Initiator und Auftraggeber der Untersuchung ist (Leitungs- oder Kontrollorgan), für wen Informationen und Arbeitsergebnisse bestimmt sind (ein oder mehrere Unternehmensorgane) und wer diese weiter kommuniziert. Die Antwort ist – rechtlich gesehen – ziemlich einfach, wenn auch nicht beliebt: eine vom Unternehmen (gleich von welchem Organ) beauftragte und bezahlte Internal Investigation hat den Interessen des Unternehmens zu folgen und damit für alle beteiligten Organe gleichermaßen einen möglichst vollständigen Informations- und Beurteilungsgrad zu erreichen. Streit um sog. „Informationsinseln“, d.h. eine nur einem einzigen Projektteilnehmer vorliegende Information (bspw. des Vorstandsanwaltes gegenüber dem Aufsichtsratsanwalt), Streit um die „Erstinformation“ (bspw. des Abschlussprüfers gegenüber dem Aufsichtsrat unter Zurücksetzung des Vorstandes) oder um die „Handlungshoheit“ bei der Priorisierung der projektbezogenen Aufgaben behindern die Aufgaben der Gremien und sind dem Ansehen der Unternehmensführung in jeder Hinsicht abträglich.