- -
- 100%
- +
[20]
Meyer-Goßner/Schmitt § 53 Rn. 41.
[21]
BGH NStZ 2007, 712, 713.
[22]
BGHSt 2, 90, 92; 7, 127, 128.
[23]
Meyer-Goßner/Schmitt § 52 Rn. 15 und § 53 Rn. 41.
[24]
BGH NJW 1980, 794, 794.
[25]
Vgl. BGHSt 32, 140, 142; Meyer-Goßner/Schmitt § 261 Rn. 21.
[26]
Meyer-Goßner/Schmitt § 53 Rn. 41.
[27]
Meyer-Goßner/Schmitt § 53 Rn. 42.
[28]
Vgl. BGH NJW 1991, 2844, 2846; Meyer-Goßner/Schmitt § 53 Rn. 44.
[29]
BGH MDR 1980, 815, 815.
[30]
HK-GS/Trüg § 53 Rn. 1.
[31]
LR-StPO/Ignor/Bertheau § 53 Rn. 18.
[32]
OLG Düsseldorf NJW 1959, 821, 821; Meyer-Goßner/Schmitt § 53 Rn. 10.
[33]
OLG Düsseldorf NJW 1958, 1152, 1152; Meyer-Goßner/Schmitt § 53 Rn. 10.
[34]
Meyer-Goßner/Schmitt § 53 Rn. 13.
[35]
Vgl. zur alten Rechtslage HK-GS/Trüg § 53 Rn. 7.
[36]
Meyer-Goßner/Schmitt § 53 Rn. 13.
[37]
LR-StPO/Ignor/Bertheau § 53 Rn. 27.
[38]
Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung vom 21.12.2015, BGBl I, 2517 ff.
[39]
Roxin NJW 1995, 17, 18, m.w.N.; für ein uneingeschränktes Zeugnisverweigerungsrecht demgegenüber Redeker NJW 2004, 889, 890; gegen jedes Zeugnisverweigerungsrecht bspw. SK-StPO/Rogall § 53 Rn. 90. Einen guten Überblick über die bislang vertretenen Auffassungen in Literatur und Rechtsprechung liefern Hamm/Maxin AnwBl 2015, 376, 376 f.
[40]
Hassemer wistra 1986, 1, 13 f. und 17; Meyer-Goßner/Schmitt § 53 Rn. 15.
[41]
Roxin NJW 1992, 1129, 1129 ff.; ders. NJW 1995, 17, 18 ff., m.w.N.
[42]
BGH StV 2003, 883, 884; auch der EuGH stellt maßgeblich auf das Kriterium der Unabhängigkeit ab, vgl. EuGH NJW 2010, 3557, 3560 Rn. 56 f. Vertiefend zur Rechtsprechung des EuGH Hustus NStZ 2016, 65, 66 f.
[43]
LG Bonn NStZ 2007, 605, 606.
[44]
Vgl. Hamm/Maxin AnwBl 2015, 376, 377 f.; Merkt AnwBl 2015, 552, 559; Merkt/Müller ZRP 2015, 173, 175. Die rechtspolitische Kritik an dieser Stelle zu wiederholen und zu ergänzen, ist nicht der Ort. Die Verneinung eines Zeugnisverweigerungsrechts für Syndikusrechtsanwälte dürfte jedoch dazu führen, dass entscheidende Fragen und Aufträge nicht mehr den unternehmenseigenen, sondern stets externen Rechtsanwälten zur Beantwortung und Bearbeitung vorgelegt werden.
[45]
Vgl. BT-Drucks. 18/5201, 40; vertiefend Hustus NStZ 2016, 65, 69 f.
[46]
BT-Drucks. 18/5201, 40.
[47]
BT-Drucks. 18/5201, 40.
[48]
LG Bonn wistra 2000, 437, 438; HK-GS/Trüg § 53 Rn. 8.
[49]
OLG Schleswig SchlHA 1982, 111, 111; LR-StPO/Ignor/Bertheau § 53 Rn. 14; Meyer-Goßner/Schmitt § 53 Rn. 7.
[50]
Meyer-Goßner/Schmitt § 53 Rn. 7.
[51]
OLG Schleswig SchlHA 1982, 111, 111 f.
[52]
BGHSt 38, 369, 370; Meyer-Goßner/Schmitt § 53 Rn. 8.
[53]
Meyer-Goßner/Schmitt § 53 Rn. 8.
[54]
Meyer-Goßner/Schmitt § 53 Rn. 9.
[55]
BGH MDR 1978, 281, 281; HK-GS/Trüg § 53 Rn. 8; Meyer-Goßner/Schmitt § 53 Rn. 9.
[56]
Meyer-Goßner/Schmitt § 53 Rn. 45.
[57]
KK-StPO/Greven § 97 Rn. 5 f.; LR-StPO/Menges § 97 Rn. 52.
[58]
OLG Celle wistra 1986, 83, 83.
[59]
OLG Celle wistra 1986, 83, 83.
[60]
Krause FS Dahs, S. 349, 361 ff.
[61]
Umfassend Göppinger NJW 1958, 241, 243.
[62]
OLG Köln NStZ 1983, 412, 412 f., mit abl. Anm. Rogall; Meyer-Goßner/Schmitt § 53 Rn. 46.
[63]
Beispielsweise durch Benennung als Zeugen, so HK-GS/Trüg § 53 Rn. 24.
[64]
Meyer-Goßner/Schmitt § 53 Rn. 49.
[65]
Meyer-Goßner/Schmitt § 53 Rn. 49.
[66]
BGHSt 42, 73, 75.
[67]
BGHSt 18, 146, 150; Meyer-Goßner/Schmitt § 53 Rn. 49; a.A. OLG Nürnberg NJW 1958, 272, 274; OLG Hamburg NJW 1962, 689, 691.
[68]
BGHSt 18, 146, 150; SK-StPO/Rogall § 53 Rn. 216; OLG Nürnberg NJW 1958, 272, 274; OLG Hamburg NJW 1962, 689, 691.
[69]
LR-StPO/Ignor/Bertheau § 53 Rn. 81.
1. Teil Ermittlungen im Unternehmen › 5. Kapitel Die Rechtsstellung der internen Ermittler › III. Anwendbarkeit des § 53a StPO
1. Grundlagen
18
Um eine Umgehung des Zeugnisverweigerungsrechts nach § 53 StPO zu verhindern, dehnt § 53a Abs. 1 StPO den Anwendungsbereich des § 53 StPO auf die Gehilfen der in § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 1–4 StPO genannten Berufsträger sowie die Personen, die zur Vorbereitung auf den Beruf an der berufsmäßigen Tätigkeit teilnehmen, aus. Über die Wahrnehmung des Rechts zur Zeugnisverweigerung entscheiden – dem telos der Norm entsprechend – verbindlich die in § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 1–4 StPO Genannten (§ 53a Abs. 1 S. 2 StPO), da das Zeugnisverweigerungsrecht der Hilfspersonen aus dem Zeugnisverweigerungsrecht der Berufsträger abgeleitet wird.[1] Eine Ausnahme von der Entscheidungsbefugnis des Berufsträgers ist für den Fall vorgesehen, dass die Entscheidung der Berufsträger nicht in absehbarer Zeit herbeigeführt werden kann, er also beispielsweise unerreichbar und für längere Zeit abwesend oder schwer erkrankt ist. Sagt die Hilfsperson entgegen der erteilten Weisung oder ohne Wissen des Berufsträgers aus, obwohl seine Entscheidung hätte herbeigeführt werden können, ist die Aussage ohne Einschränkung verwertbar.[2] Sagt sie im umgekehrten Fall trotz Aufforderung durch den Berufsträger nicht aus, sind die Beugemittel des § 70 StPO anwendbar.[3] Die Entscheidung darüber, ob die Hilfsperson aussagen soll, kann der Berufsträger unabhängig von der Entscheidung über die Ausübung des eigenen Zeugnisverweigerungsrechts und des Zeugnisverweigerungsrechts weiterer Hilfspersonen treffen.[4]
2. Gehilfen
19
Die Gehilfeneigenschaft des § 53a Abs. 1 S. 1 StPO erfordert weder ein soziales Abhängigkeitsverhältnis noch eine berufsmäßige Tätigkeit, so dass auch sonstige unterstützende Personen wie nur gelegentlich helfende Familienangehörige dem Begriff unterfallen.[5] Das Bestehen eines sozialen Abhängigkeitsverhältnisses und eine berufsmäßige Tätigkeit sind allerdings starke Indizien, dass die entsprechende Person die berufliche Tätigkeit des Berufsträgers auch tatsächlich fördert. Die am häufigsten genannten Gehilfen des Rechtsanwalts sind daher sein Büropersonal und seine angestellten juristischen Mitarbeiter ohne Rechtsanwaltszulassung.[6] Auch ein zur Mandatsbearbeitung herangezogener Dolmetscher ist als Gehilfe anzusehen.[7]
20
Keine Gehilfen sind demgegenüber nach wohl herrschender Auffassung selbstständige Gewerbetreibende, die für den Berufsträger Einzelaufträge erledigen, da auch im Rahmen des § 53a Abs. 1 S. 1 StPO das Verbot der erweiternden Auslegung eingreife.[8] Einigkeit erzielen Rechtsprechung und Literatur dann wieder bei Personen, deren Unterstützungsbeitrag nicht auf den Beruf des Zeugnisverweigerungsberechtigten zielt, beispielsweise Hausmeister oder Reinigungskräfte[9] Ihnen steht kein Zeugnisverweigerungsrecht zu.
3. Teilnehmer zur Vorbereitung auf den Beruf
21
Teilnehmer zur Vorbereitung auf den Beruf sind in Rechtsanwaltskanzleien und Notariaten vorrangig Rechtsreferendare und Praktikanten, in Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaften Lehrlinge.[10]
4. Keine Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht gem. § 53a Abs. 2 StPO
22
Eine Entbindung von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit nach Maßgabe des § 53 Abs. 2 S. 1 StPO gilt nach § 53a Abs. 2 in gleichem Umfang auch für die Hilfspersonen. Der Berufsträger und seine Hilfspersonen können nur gemeinsam entbunden oder nicht entbunden werden.[11]
Anmerkungen
[1]
BGHSt 9, 59, 60 f.; HK-GS/Trüg § 53a Rn. 1.
[2]
LR-StPO/Ignor/Bertheau § 53a Rn. 8; Meyer-Goßner/Schmitt § 53a Rn. 7; a.A. SK-StPO/Rogall § 53a Rn. 42 f.
[3]
KK-StPO/Senge § 53a Rn. 6.
[4]
Meyer-Goßner/Schmitt § 53a Rn. 8.
[5]
KK-StPO/Senge § 53a Rn. 2; Meyer-Goßner/Schmitt § 53a Rn. 2.
[6]
Vgl. Meyer-Goßner/Schmitt § 53a Rn. 4.
[7]
LG Verden StV 1996, 371, 371.
[8]
KK-StPO/Senge § 53a Rn. 3; Meyer-Goßner/Schmitt § 53a Rn. 2; jeweils m.w.N. und Beispielen auch zur Gegenauffassung. Diese wird bspw. vertreten von Bockemühl FS Beulke, S. 647, 650 f., der Detektiven, die nicht im Angestelltenverhältnis für größere Kanzleien, sondern im Einzelfall für kleinere Kanzleien tätig werden, im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz ein Zeugnisverweigerungsrecht zusprechen. Diese Deutung hat einiges für sich.
[9]
LR-StPO/Ignor/Bertheau § 53a Rn. 2; Meyer-Goßner/Schmitt § 53a Rn. 2 mit weiteren Beispielen.
[10]
KK-StPO/Senge § 53a Rn. 5.
[11]
SK-StPO/Rogall § 53a Rn. 37.
1. Teil Ermittlungen im Unternehmen › 5. Kapitel Die Rechtsstellung der internen Ermittler › IV. § 97 StPO
1. Grundlagen
23
Auch das Beschlagnahmeverbot des § 97 StPO soll eine Umgehung des Zeugnisverweigerungsrechts insbesondere der §§ 53 und 53a StPO verhindern.[1] Aus diesem Grund ist bereits die Anordnung und Durchführung der Durchsuchung unzulässig, wenn die gesuchten Sachen dem § 97 StPO unterfallen, und eine einstweilige Beschlagnahme nach § 108 Abs. 1 StPO ausgeschlossen.[2] Der Regelung des § 160a StPO geht § 97 StPO gem. § 160a Abs. 5 StPO insoweit vor, als die Norm eigene Bestimmungen trifft.[3] Einzelheiten sind umstritten.[4] Eine Erstreckung des § 97 StPO auf weitere als die genannten Personen im Wege des Analogieschlusses ist unstatthaft.[5] Der Schutz des Beschuldigten wird aber bereits gewährt, wenn das Verfahren noch gegen „Unbekannt“ geführt wird.[6] In § 97 Abs. 4 StPO wird der Anwendungsbereich auf die Hilfspersonen des § 53a StPO erstreckt.
aa) Grundlagen
24
Zeugnisverweigerungsberechtigt sind im Zusammenhang mit internen Ermittlungen insbesondere die oben in den Rn. 7 ff. genannten Berufsträger. § 97 StPO gilt darüber hinaus jedoch für alle zeugnisverweigerungsberechtigten Personen i.S.d. §§ 52 und 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 1–3b StPO. Der Syndikusrechtsanwalt unterfällt dem Schutz der Norm seit der Neufassung des § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StPO zum 1.1.2016 nicht mehr;[7] es sei denn, er ist im Einzelfall Hilfsperson eines zeugnisverweigerungsberechtigten Berufsträgers.
bb) Stellung als Zeuge, nicht Beschuldigter
25
Da § 97 StPO ausschließlich dem Schutz vor Umgehung der Zeugnisverweigerungsrechte nach den §§ 52 ff. StPO dient, ist die Norm nach herrschender Auffassung nicht anwendbar, wenn der Zeugnisverweigerungsberechtigte selbst Beschuldigter eines Strafverfahrens ist, in dessen Rahmen die Beschlagnahme erfolgt.[8] Das Vertrauensverhältnis zwischen Berufsträger und geschützten Personen werde in diesem Fall nicht berührt.[9] Aus § 97 Abs. 2 S. 3 StPO könne ein Erst-Recht-Schluss gezogen werden.[10] Nur teilweise, dafür aber mit guten Gründen, wird vertreten, dass der Schutz vor Beschlagnahme, dem Wortlaut des § 97 Abs. 2 S. 3 StPO entsprechend, ausschließlich dann entfalle, wenn Berufsträger und Mandant bzw. Patient etc. kollusiv zusammen wirken würden, sich der Berufsträger also an der Tat des Anvertrauenden, einer Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei beteilige.[11] Nur in einem solchen Fall sei der Hilfesuchende nicht schutzwürdig, in anderen Fällen müsste der Vertrauensschutz Vorrang beanspruchen. Die Rechtsprechung folgt jedoch geschlossen der erstgenannten Auffassung. Einen gewissen Schutz der Vertrauensbeziehung erreicht die herrschende Meinung dadurch, dass sie eine Verwertung der beschlagnahmten Unterlagen gegen die geschützte Person nicht zulässt.[12] Die Verwertbarkeit sei auf das Verfahren, in dem die Unterlagen herausgegeben oder beschlagnahmt wurden, zu beschränken. Eine entsprechende Wertung liege auch § 108 Abs. 2 StPO zugrunde.
(1) Keine Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht
26
Die bereits unter Rn. 15 ff. angesprochene Entbindung von der Schweigepflicht i.S.d. § 53 Abs. 2 S. 1 StPO lässt dem telos des § 97 StPO entsprechend[13] das Beschlagnahmeverbot sowohl hinsichtlich des Berufsträgers als auch hinsichtlich seiner Hilfspersonen entfallen.[14] Korrespondierend zu der durch die Entbindung wieder auflebenden Aussagepflicht lebt auch die Herausgabepflicht des § 95 StPO wieder auf.[15] Ein Widerruf der Entbindungserklärung führt nach herrschender Auffassung entsprechend den Ausführungen zum Zeugnisverweigerungsrecht allerdings nicht zu einem Verwertungsverbot der bereits gewonnen Erkenntnisse, sondern allein zu einer Herausgabepflicht der Behörde bzw. des Gerichts bezogen auf die beschlagnahmten Gegenstände.[16]
27
Das Einverständnis des Beschuldigten in die Beschlagnahme führt zur Aufhebung des Beschlagnahmeverbotes, wenn der Beschuldigte alleine berechtigt ist, den Berufsträger von seiner Schweigepflicht zu entbinden.[17] In anderen Fällen bleibt das Beschlagnahmeverbot bestehen.
(2) Sonstiges
28
Verlangt der Beschlagnahmende die Herausgabe einer Sache vom Berufsträger, muss er sein Herausgabeverlangen mit einer Belehrung darüber verbinden, dass die Sache nicht zwangsweise beschlagnahmt werden darf.[18] Ein Verstoß gegen die Belehrungspflicht macht das Beweismittel schon aus diesem Grund unverwertbar.[19] Wird die Sache bei Erscheinen des Beamten ohne Aufforderung spontan und freiwillig zur Verfügung gestellt, ist der Übergebende im Anschluss an die Übergabe zu belehren.[20] Auch sonst heilt eine bei nachträglicher (qualifizierter) Belehrung abgegebene Einverständniserklärung die Verletzung der Belehrungspflicht.[21] Gibt der Zeugnisverweigerungsberechtigte die zu beschlagnahmende Sache nach Belehrung oder in Kenntnis der Rechtslage freiwillig heraus, verzichtet er nach herrschender Auffassung konkludent auf den Schutz des § 97 StPO.[22] Der so erklärte Verzicht ist frei widerruflich und führt im Falle des Widerrufs zu einem Rückgabeanspruch des Berufsträgers.[23] Eine bereits erfolgte Auswertung des Beweismittels kann allerdings in dem betreffenden Verfahren prozessual uneingeschränkt verwertet werden.[24] Dass die Einwilligung des Gewahrsamsinhabers gegen § 203 StGB verstößt, hindert die Sicherstellung nicht.[25]
aa) Schriftliche Mitteilungen i.S.d. § 97 Abs. 1 Nr. 1 StPO
29
§ 97 Abs. 1 Nr. 1 StPO bezieht sich auf schriftliche Mitteilungen zwischen dem Beschuldigten und dem Berufsträger. Unter dem Begriff der schriftlichen Mitteilung werden gemeinhin solche Gedankenäußerungen verstanden, die ein Absender einem Empfänger in Form eines Textes zukommen lässt, damit dieser sie zur Kenntnis nimmt.[26] Der Hauptanwendungsbereich des § 97 Abs. 1 Nr. 1 StPO betrifft daher Briefe, Postkarten und analog § 11 Abs. 3 StGB Texte auf sonstigen Trägermedien, aber auch Skizzen und Zeichnungen sollen erfasst sein.[27] Dass der Berufsträger die Originalmitteilung in Gewahrsam hat, ist keine Voraussetzung, so dass auch Kopien[28] oder zuvor eingescannte Mitteilungen geschützt sind. Auch die eigenhändige Anfertigung durch den Beschuldigten ist nicht zu fordern, so lange ihm die Mitteilung geistig zuzurechnen ist.[29] Eingeschränkt wird der Anwendungsbereich des § 97 Abs. 1 Nr. 1 StPO allerdings durch das Erfordernis, dass ein innerer Zusammenhang zwischen der Mitteilung und dem Zeugnisverweigerungsrecht, also der Tätigkeit des Berufsträgers, bestehen muss.[30] Das Anbahnungsverhältnis einer beruflichen Beziehung ist dieser zuzurechnen.[31] In Bezug auf den Verteidiger ist daher zu fordern, dass die Mitteilung bereits die Verteidigung selbst oder zumindest die Mandatierung eines Rechtsanwalts zu Zwecken der Verteidigung betrifft.[32]
bb) Aufzeichnungen über anvertraute Mitteilungen oder über andere Umstände, auf die sich Zeugnisverweigerungsrecht erstreckt, § 97 Abs. 1 Nr. 2 StPO
30
In § 97 Abs. 1 Nr. 2 StPO werden diejenigen Aufzeichnungen gegen Beschlagnahme geschützt, die die Berufsträger oder ihre Gehilfen über ihnen vom Beschuldigten anvertraute Mitteilungen oder andere Umstände gemacht haben, auf die sich das Zeugnisverweigerungsrecht erstreckt. Aufzeichnungen in diesem Sinne sind alle auf Papier oder anderem Material festgehaltenen mündlichen Mitteilungen oder andere sinnlichen Wahrnehmungen des Berufsträgers, die im Zusammenhang mit seiner Berufsausübung stehen.[33] Solange es sich um eigene Wahrnehmungen des Berufsträgers handelt, ist gleichgültig, wer die Aufzeichnungen schlussendlich fertigt.[34] Beschlagnahmefrei sind analog § 11 Abs. 3 StGB auch Ton-, Bild- und Datenträger.[35] Als gängiges Beispiel für entsprechende Aufzeichnungen seien die Handakten eines Rechtsanwalts genannt. Notarielle Urkunden dürfen im Unterschied zu deren Entwürfen[36] beschlagnahmt werden, da ihr Inhalt gerade zur Kenntnisnahme durch Dritte bestimmt ist und daher als nicht geheimhaltungsbedürftig eingestuft wird.[37]
cc) Andere Gegenstände, auf die sich Zeugnisverweigerungsrecht erstreckt, i.S.d. § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO
31
In § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO werden schließlich so genannte „andere Gegenstände, auf die sich das Zeugnisverweigerungsrecht erstreckt,“ in den Schutz der Norm einbezogen. Über das Merkmal „andere Gegenstände“ erfährt die Norm zunächst keine Einschränkung, so dass von der Kugel, die der Arzt aus dem Körper des Beschuldigten entfernt hat,[38] bis zu allgemeinen Buchungs- und Geschäftsunterlagen[39] alles als tauglicher Gegenstand des Beschlagnahmeverbotes in Betracht kommt.[40] Fraglich ist allerdings, ob sich nicht auch unter § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO nur solche Gegenstände subsumieren lassen, die sich auf Grund des Vertrauensverhältnisses zwischen Beschuldigtem und Zeugnisverweigerungsberechtigtem im Gewahrsam des Letztgenannten befinden. Die lange Zeit überwiegende Rechtsprechung und herrschende Meinung bejahte dies und ging davon aus, dass § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO lediglich einen Auffangtatbestand für solche Gegenstände darstelle, die weder schriftliche Mitteilungen noch Aufzeichnungen seien.[41] Das Beschlagnahmeverbot könne deshalb nicht weiter reichen als in den Nr. 1 und 2, in denen die Beschränkung auf das Verhältnis Berufsträger/Beschuldigter ausdrücklich genannt sei.[42] Die Vertrauensbeziehung zwischen dem Berufsträger und einer dritten, nicht beschuldigten Person werde daher zwar über die §§ 53, 53a StPO, nicht aber über § 97 Abs. 1 StPO geschützt.[43]
32
Eine entsprechende Auffassung hat insbesondere für drei Fallkonstellationen der internen Ermittlungen Bedeutung. Zum einen muss die Frage beantwortet werden, ob auch Gegenstände geschützt sind, die ein Dritter dem Verteidiger zu Zwecken der Verteidigung übergeben hat. Nach Auffassung des LG Mainz sollen solche Gegenstände nämlich beschlagnahmt werden können, da sie nicht von „an diesem Vertrauensverhältnis beteiligten Personen stammen“.[44] Als zweites muss die Frage geklärt werden, ob und in welchem Umfang Geschäfts- und Buchungsunterlagen, die der Beschuldigte zu anderen Zwecken als zur Verteidigung einem Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer übergeben hat, beschlagnahmt werden dürfen, und drittens, ob auch sonstige, übergebene oder vom Berufsträger angefertigte Gegenstände, wie im Rahmen des Mandats gefertigte Protokolle über Interviews, beschlagnahmefrei sind, wenn sich das Verfahren nicht gegen den Mandanten richtet.
33
Nun zur ersten Fallgruppe, für die das Meinungsbild am deutlichsten ist: Unterlagen, die dem Verteidiger von einem Dritten zu Zwecken der Verteidigung übergeben worden sind, werden vom Beschlagnahmeverbot erfasst.[45] Die in allen drei Fallgruppen gegen eine Beschränkung auf das Verhältnis Berufsträger/Beschuldigter angeführten Argumente werden auch hier ins Feld geführt. Bereits der Wortlaut der Nr. 1 und 2 unterscheide sich erheblich von Nr. 3, da dort der Begriff des „Beschuldigten“ nicht genannt werde.[46] Das vorstehende Argument werde noch dadurch verstärkt, dass schon die ausschließliche Anwendung der Nr. 2 auf Umstände, die aus der Beziehung zwischen dem Berufsgeheimnisträger und dem beschuldigten Auftraggeber erwachsen seien, fraglich scheine, da der 2. HS „Aufzeichnungen über andere Umstände, auf die sich das Zeugnisverweigerungsrecht erstreckt“ keine derart enge Auslegung gebiete, sondern auch an § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 1–3b StPO ausgerichtet werden könne.[47] Dass dort aber auch solche Tatsachen und Umstände erfasst werden, die dem Berufsträger von einem Dritten mitgeteilt oder über einen Dritten bekannt geworden sind, ist tatsächlich ganz überwiegende Meinung.[48] Regelmäßig heißt es zu § 53 StPO, von wem, zu welchem Zweck und aus welchem Grund dem Berufsausübenden die Tatsachen bekannt geworden seien, sei gleichgültig.[49] Die Befürworter einer extensiven Auslegung des § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO argumentieren daher weiter, der Sinn und Zweck des § 97 StPO, das Zeugnisverweigerungsrecht der §§ 53, 53a StPO vor Umgehungen zu schützen, spreche damit gegen die in der Rechtsprechung früher regelmäßig anzutreffende Restriktion.[50] Das Schweigerecht und das Beschlagnahmeverbot müssten sich unter teleologischen Gesichtspunkten entsprechen.
34
Soweit die Frage nach von Dritten übergebenen Gegenständen zur Verteidigung im Raum steht, werden diese allgemeinen Argumente aber noch durch das weitere Argument gestützt, dass auch diese Unterlagen unmittelbar das Vertrauensverhältnis zwischen Berufsträger und Beschuldigtem betreffen, auch wenn sie nicht von einem dieser beiden stammen.[51]