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H Wie unterscheiden sich Salzmarschen von Mangroven?
Entlang von Küsten der gemäßigten Breiten entstehen in den Überschwemmungsgebieten, in den Flussmündungsgebieten oder auch im Schutz von Sandbänken oder Inseln Salzmarschen. Die Struktur einer Salzmarsche wird vorwiegend durch den wechselnden Einfluss der Gezeiten bzw. dem unterschiedlichen Salzgehalt des Bodens bestimmt. Bei den dort vorkommenden Pflanzenarten handelt es sich um Strauchgewächse und niederwüchsige Gräser. In den Tropen findet man an den von den Gezeiten beeinflussten Flachküstenbereichen anstelle von Salzmarschen Mangrovenwälder. Im Gegensatz zu den Salzmarschen handelt es sich bei Mangroven um Gehölzformationen, welche durch bis zu 30 m hohe Bäume, bis zu 2 m hohe Sträucher und nur wenig niedrigwüchsige Pflanzenarten gekennzeichnet sind.
J Was ist ein Feuchtgebiet?
Ein Feuchtgebiet ist ein durch hohe Bodenfeuchte oder oberflächige Wasserbedeckung charakterisierter Lebensraum, der im Übergang vom Süßwasser zum Land entsteht. Beispiele für Feuchtgebiete sind Niedermoore, Hochmoore, Auenwälder, Feucht- und Nasswiesen.
K Wie entstehen Sandstrände?
Sandstrände entstehen durch die Verwitterung von Sedimentgestein an den Küsten und im Landesinneren. Diese Verwitterungsprodukte werden durch die Wellenbewegung des Meeres sowie durch Flüsse transportiert und lagern sich als Sand an den flachen Meeresküsten ab.
1.2 Zusammenfassung des Themas Umweltbedingungen
Abiotische Umweltfaktoren (Umgebungstemperatur, Niederschlag und Bodenqualität) bilden die Rahmenbedingungen für das Vorkommen von pflanzlichen und tierischen Organismen. Pflanzliche Organismen bestimmen Struktur und Vielfalt der Vegetation und damit Mikroklima und Ressourcenverfügbarkeit, wie z.B. Futter, Nistplätze oder auch Prädationsschutz, welche in Folge die Vielfalt tierischen Lebens beeinflussen.
Umweltfaktoren und Ressourcen. Umweltfaktoren sind physikalisch-chemische Eigenschaften der Umwelt, welche im Gegensatz zu Ressourcen von Organismen nicht verbraucht werden. Umweltfaktoren werden traditionell in abiotische (unbelebte) und in biotische (belebte) Umweltfaktoren eingeteilt, wobei die Abgrenzung zwischen den beiden Faktoren nicht immer eindeutig ist. Als Ressource wird alles, was ein Organismus nutzt, umwandelt bzw. verbraucht bezeichnet.
Temperatur, atmosphärische Zirkulation und Niederschlag. Der Großteil der klimatischen Zonierung der Erde und auch die Jahreszeiten kommen durch die ungleiche Erwärmung der Erde durch die Sonne und die Schiefe der Erdachse zustande. Die Erde nimmt die Sonnenergie in Form kurzwelliger Strahlen auf, die Erdoberfläche erwärmt sich und gibt Wärme in Form von langwelliger Strahlung an die Atmosphäre ab. Ein Großteil dieser langwelligen Strahlung wird in der Atmosphäre gespeichert und teilweise auf die Erdoberfläche zurückgestrahlt. Die ungleiche Erwärmung von Erdoberfläche und Atmosphäre bewirkt die Zirkulation von Luftmassen und beeinflusst damit die Verteilung des Niederschlags. Beim globalen Wasserkreislauf gelangt Wasser von der Atmosphäre zur Erdoberfläche und dann wieder zurück in die Atmosphäre. Treibende Kraft hierfür ist wieder die Solarstrahlung, welche die Erdatmosphäre erwärmt und die erforderliche Energie für die Verdunstung des Wassers liefert.
Pollenanalysen geben Aufschluss darüber, welche Pflanzengemeinschaften wann und wo vorgekommen sind, da die prozentualen Anteile der Pollen einzelner Taxa für jeden Zeitabschnitt in der Erdgeschichte spezifisch sind und damit eine Rekonstruktion der Vegetationsentwicklung und des jeweiligen Klimas erlauben. Ein weiteres Verfahren für die Altersbestimmungen von Untersuchungsobjekten und deren erdgeschichtliche Einordnung ist die Radiocarbonmethode (14C-Methode). “Historische Faktoren” sind langzeitliche Umweltveränderungen, wie z.B. Eiszeiten, Kontinentaldrift oder Verinselung, welche die Vegetationsentwicklung und das Vorkommen verschiedener Tierarten und Tiergemeinschaften beeinflussen.
Vegetationsstruktur und Boden. Der Boden ist die oberste belebte Verwitterungsschicht der Erdkruste und ist unter dem Einfluss von Klima und Lebewesen entstanden. Bei der mechanischen Verwitterung, werden Gesteine und Mineralien durch die Einwirkung physikalischer Faktoren zerkleinert, während bei der chemischen Verwitterung diese Bruchstücke durch chemische Reaktionen weiter zersetzt werden. Die Bodenbildung wird durch die physikalische und chemische Beschaffenheit des Ausgangsgesteines, klimatische Verhältnisse, biotische Faktoren, Zeit und Relief beeinflusst. Boden ist Lebensraum vieler Pflanzen, Tiere, Pilze und Bakterien und stellt einen wichtigen Faktor im Wasserkreislauf dar. Er dient Pflanzen zur Verankerung und als Wasser- und Nährstoffreservoir. Der Boden ist außerdem ein Medium für die Fixierung von atmosphärischem Stickstoff, sodass die Pflanzen diesen nutzen können. Unterschiedliche Bodentypen tragen zur Komplexität der Umwelt bei und bieten somit einer Vielzahl von Pflanzen und Tieren Raum zu leben.
Geographische Verbreitung terrestrischer Biome und Klima. Terrestrische Biome sind großräumige Lebensgemeinschaften mit den in ihnen lebenden Organismen, die durch ihre Pflanzenwelt abgegrenzt und mit bestimmten Makroklimaten verbunden sind (z.B. tropischer Regenwald oder Tundra). Entsprechend ihrer jeweiligen dominanten Pflanzenformationen unterscheiden sich die verschiedenen Biome in ihrem Spektrum an Lebensformen voneinander. Klimatische Eigenschaften (wie z.B. Niederschlag und Temperatur) werden auf verschiedene räumliche Maßstabsebenen herunter gebrochen.
Als Makroklima bezeichnet man globale und regionale Klimamuster, als Mikroklima hingegen spezifische lokale Klimamuster der bodennahen Luftschichten oder in bestimmten Bodenschichten. Die meisten Organismen leben unter lokalen mikroklimatischen Bedingungen, die nicht zwingend dem Makroklima der Region entsprechen.
Aquatische Lebensräume. Fließgewässer sind in ihrem Verlauf von der Quelle bis zur Mündung durch sich ständig verändernde Umweltbedingungen charakterisiert. Als Anpassung an eine starke Strömung haben Organismen, die in Fließgewässern vorkommen häufig eine stromlinienförmige oder stark abgeflachte Körperform, ziehen sich in schwach strömende (lenitische) Bereiche zurück oder heften sich an ein Substrat, wie z.B. Steinen und Totholz fest. In langsam fließenden Gewässern mit nur geringer Strömung und viel Bewuchs ist hingegen eine schmale Körperform von Vorteil.
Küstennahe marine Lebensräume ändern sich drastisch aufgrund der Anreichung von Nährstoffen, die von der Landoberfläche ins Wasser gelangen. Zusätzlich beeinflussen Wellen, die Gezeiten und die Küstentopografie die für den jeweiligen Küstenabschnitt charakteristische Lebensgemeinschaft aus Pflanzen und Tieren. An Steilküsten heften sich viele Tiere und Pflanzen fest und dauerhaft an das Substrat, um nicht fortgespült zu werden. Tiere auf dem Meeresgrund bewegen sich hingegen oftmals weidend fort.
Ästuare sind Mündungsbereiche, in denen ein Fluss und eine Gezeitenbucht aufeinandertreffen. Hier entstehen Brackwasserbereiche mit unterschiedlichem Salzgehalt. Die dort vorkommenden Tier- und Pflanzenarten haben sich durch spezielle physiologische und verhaltensbiologische Mechanismen entsprechend an die variable Salzkonzentration angepasst. Entlang von Küsten der gemäßigten Breiten entstehen in den Überschwemmungsgebieten, Flussmündungsgebiete oder auch im Schutz von Sandbänken oder Inseln Salzmarschen. Bei den dort vorkommenden Pflanzenarten handelt es sich um Strauchgewächse und niederwüchsige Gräser. In den Tropen findet man in den von den Gezeiten beeinflussten Flachküstenbereichen hingegen Mangrovenwälder. Im Gegensatz zu den Salzmarschen handelt es sich bei Mangroven um Gehölzformationen. Ein Feuchtgebiet ist ein durch hohe Bodenfeuchte oder oberflächige Wasserbedeckung charakterisierter Lebensraum, der im Übergang vom Süßwasser zum Land entsteht.
1.3 Transferfragen zum Thema Umweltbedingungen
Warum erhalten die Regionen um den Äquator mehr Solarstrahlung als die Polarregionen?
Der Anteil der Sonnenenergie, der die Erdoberfläche erreicht, variiert stark mit dem jeweiligen Breitengrad (s. Abb. 1.6). Dabei beeinflussen zwei Faktoren diese Unterschiede: Erstens trifft die Solarstrahlung in den höheren Breiten in einem flacheren Winkel auf die Erdoberfläche dadurch verteilt sie sich über eine größere Fläche als am Äquator. Zweitens muss die Strahlung der Sonne, wenn sie in einem flachen Winkel auf der Erde auftritt, eine dickere Luftschicht mit einer größeren Zahl molekularer Teilchen durchdringen, welche die Sonnenstrahlen stärker reflektieren bzw. absorbieren. Daher ist die an den Polen auftretende Strahlung weniger intensiv als eine entsprechende Strahlung, die senkrecht die äquatornahen Regionen erreicht. Aufgrund dessen folgen die durchschnittlichen Jahrestemperaturen einem globalen Gradienten, wobei sie in den Tropen am höchsten sind und in Richtung der Pole sinken.

Abb. 1.6: Jährliche Sonneneinstrahlung in Abhängigkeit vom Breitengrad.
Die Artenvielfalt vieler Organismengruppen ist in den Tropen am höchsten. Welche Erklärungsmöglichkeiten gibt es dafür?
Das Leben von Organismen hängt, neben physikalischen und chemischen Umwelteigenschaften, von der Vegetation ab, die sowohl Nahrung als auch Schutz bietet. Der tropische Regenwald ist aufgrund der ganzjährigen hohen Sonneneinstrahlung mit den regelmäßigen und verlässlichen Niederschlägen das produktivste Biom der Erde. Die Produktion wird von der enormen Diversität der Pflanzen geleistet und bringt ein entsprechend großes Angebot an Ressourcen für die Tierwelt hervor. So produziert jede Pflanze zu unterschiedlichen Zeiten Früchte, sodass spezialisierte Früchtefresser während des gesamten Jahres Nahrung zur Verfügung haben. Gleichzeitig ist das vielfältige Angebot an frischen jungen Blättern für Herbivore eine verlässliche Nahrungsquelle. Die Lebensräume in den Tropen sind außerdem sehr heterogen und reich strukturiert und ermöglichen eine hohe Diversität von Organismen. Evolutionsgeschichtlich gesehen wird angenommen, dass die Vegetation der tropischen Regenwälder mit ihren Tiergemeinschaften während den Eiszeiten in isolierte „Inseln“ zurückgedrängt wurden, die dann später erneut miteinander verschmolzen sind. Diese „Inselbildung“ hat zur genetischen Isolation von Populationen geführt und ist bei der Artbildung von zentraler Bedeutung (s. Kap. 2).
Warum findet man die meisten Wüsten im Bereich des nördlichen und südlichen 30. Breitengrades?
Bei etwa 30° nördlicher und südlicher Breite sinken abgekühlte und relativ trockene Luftmassen, die von der innertropischen Konvergenzzone in der Höhe polwärts strömen, nach unten (s. Kap. 1.1.2, Frage 3 und 6). Die herabsinkenden und sich dadurch erwärmenden Fallwinde bilden an der Bodenoberfläche Hochdruckzellen aus, die gekennzeichnet sind durch minimale Niederschlagsmengen im Bereich der Subtropen. Warme Luft welche durch ihren hohen Sättigungsdampfdruck mehr Wasserdampf aufnehmen kann, zieht durch Verdunstung Wasser aus der Erdoberfläche und dem Boden und verursacht somit die trockenen Klimabedingungen der in diesen Zonen liegenden großen Trockenwüsten. Zugleich begünstigt der wolkenlose Himmel im Sommer und die intensive Sonneneinstrahlung die Bildung heißer Wüsten im Bereich des nördlichen und südlichen Wendekreises.
Welche Biome der Erde wurden durch menschliche Aktivitäten am stärksten beeinflusst?
Durch menschliche Eingriffe am stärksten verändert wurden natürliche Gras- oder Steppenlandschaften der gemäßigten Breiten, die zu großen Teilen in landwirtschaftliche Nutzflächen wie Acker- und Weideland umgewandelt wurden. Nur durch Ackerbau und großflächige Nutzung des Graslands zur Produktion von Fleisch und Milch, war die starke Zunahme der Weltbevölkerung möglich. Ein weiteres, vom Menschen stark beeinträchtigtes Biom, ist der tropische Regenwald, der zu landwirtschaftlichen Zwecken gerodet wird bzw. dessen Bäume zur Holznutzung gefällt oder durch Feuerrodung zerstört werden.
2 Evolutionärer Hintergrund
Stellen Sie sich vor, Sie haben einen großen Garten, in dem Sie zwei Nistkästen aufgehängt haben. In beiden Kästen nisten Kohlmeisen (Parus major) mit einem Gelege aus jeweils sechs Eiern. Aus den Eiern schlüpfen nach 2–3 Wochen die Küken, und die Eltern müssen nun das Futter für ihre Nachkommen heranschaffen. Das eine der beiden Männchen ist allerdings sehr auffällig gefärbt, wodurch ein Sperber (Accipiter nisus) schnell auf es aufmerksam wird und es nach kurzer Jagd mit seinen Fängen ergreift und tötet. Das Weibchen muss seine Jungen nun alleine großziehen. Da es aber alleine deutlich weniger Futter einträgt, überleben nur drei der sechs Küken, bis sie flügge werden. Zwei von Ihnen sind ebenfalls auffällig gefärbt, da sie dieses Merkmal von ihrem Vater geerbt haben. Auch diese beiden werden kurz nach dem Ausfliegen von dem Sperber erbeutet und gefressen und das dritte überlebt den darauffolgenden sehr harten Winter nicht, weil es nicht ausreichend Energiereserven hatte. Bei dem anderen Meisenpaar tragen beide Eltern das Futter ein. Hier sind alle Küken unauffällig gefärbt und überleben bis zum Ausflug, allerdings sterben drei davon ebenfalls im darauf folgenden Winter. In diesem Beispiel werden also nur die unauffällig gefärbten Küken im nächsten Jahr zur Fortpflanzung kommen, da alle Individuen mit einer auffälligen Gefiederfärbung durch den Prädator ausselektioniert wurden. Das Männchen mit der auffälligen Gefiederfärbung hat daher eine geringere Fitness als das Männchen mit der unauffälligen Gefiederfärbung und bringt keine Gene in die nachkommende Generation ein.
Diese Geschichte soll Ihnen die Grundprinzipien der Evolutionstheorie von Darwin veranschaulichen. Individuen mit dem größten Reproduktionserfolg haben die größte Fitness und beeinflussen die genetischen Merkmale der nachfolgenden Generationen. Hier ist es allerdings wichtig zu bemerken, dass sich die auffällige Gefiederfärbung unter anderen Umweltbedingungen auch positiv auf die Fitness des Männchens auswirken könnte. Wäre der Prädator z.B. nicht vorhanden gewesen, hätte die auffällige Gefiederfärbung auch den Reproduktionserfolg des Männchens erhöhen können, da es durch seine auffällige Färbung eine hohe Attraktivität für Weibchen hat (Sexuelle Selektion) und daher auch mit dem Nachbarweibchen in einem Seitensprung Nachkommen gezeugt hätte. Dies zeigt, dass die Selektion von Merkmalen von den jeweils vorherrschenden Umweltbedingungen abhängt und nicht zielgerichtet ist.
2.1 Fragen und Antworten
Die natürliche Selektion
Die Evolution innerhalb von Arten
Die Ökologie der Artbildung
Klimatische Auswirkungen und Kontinentaldrift
Konvergente oder parallele Evolution
2.1.1 Die natürliche Selektion
A Auf welchen fünf grundlegenden Erkenntnissen baut die Evolutionstheorie von Darwin auf?
1 Die Individuen einer Population sind nicht identisch.
2 Die Variabilität zwischen Individuen ist zumindest zum Teil erblich, d.h. sie hat eine genetische Grundlage, welche an die Nachkommen weiter vererbt werden kann.
3 Alle Populationen reproduzieren Nachkommen im Überschuss. Die Nachkommen haben aber keine maximale Überlebens- und Vermehrungsrate und die meisten dieser Individuen sterben, bevor sie sich fortpflanzen können. Das heißt, es werden weit mehr Nachkommen produziert als in der nächsten Generation auftreten.
4 Unterschiedliche Individuen hinterlassen eine unterschiedliche Anzahl an Nachkommen. Das bedeutet aber nicht nur, dass die Anzahl der produzierten Nachkommen variiert, sondern auch dass deren Überlebenswahrscheinlichkeit bis zur Geschlechtsreife sich unterscheidet und von den Eigenschaften der Individuen abhängt. Dies betrifft ebenso die Nachkommen der folgenden Generationen.
5 Die Anzahl der Nachkommen, die ein Individuum hinterlässt, hängt entscheidend von den Interaktionen zwischen den Merkmalen eines Individuums und seiner Umwelt ab.
S Welche Individuen tragen überdurchschnittlich zu den nächsten Generationen bei?
Individuen, die am besten in der Lage sind, Risiken und Gefahren zu überleben und sich am erfolgreichsten reproduzieren, tragen überdurchschnittlich zu den folgenden Generationen bei.
D Wie ist Fitness definiert und durch welche Hauptkomponenten wird sie bestimmt?
Individuen, die am meisten fortpflanzungsfähige Nachkommen in die nächste Generation einbringen, haben die höchste Fitness. Die Fitness wird durch Überleben und Reproduktion bestimmt.
F Warum wird die Fitness durch den Lebensraum beeinflusst?
Die Anzahl der Nachkommen, die ein Individuum hinterlässt und ob ein Nachkomme bis zur Geschlechtsreife überlebt, hängt entscheidend von den Interaktionen zwischen den Merkmalen eines Individuums und seiner Umwelt ab. So werden Individuen in einem Lebensraum besser überleben und sich fortpflanzen als in einem anderen, wenn sie Eigenschaften besitzen, die in dem einen Lebensraum von Vorteil sind im anderen jedoch nicht.
G Wodurch unterscheidet sich die natürliche Selektion von der Selektion durch den Menschen?
Die Selektion durch den Menschen hat ein bestimmtes Ziel, wie z.B. die Milchleistung einer Kuhrasse zu maximieren. Die natürliche Selektion hingegen hat kein Ziel. Individuen überleben und pflanzen sich erfolgreich fort, weil sie Merkmale haben, die ihnen dieses unter den gegebenen Lebensbedingungen ermöglichen. Die Merkmale wurden aber nicht zu einem bestimmten Zweck ausgewählt.
H Welche Selektionskräfte treiben die Evolution an?
Die Evolution wird sowohl durch physikalische Umweltfaktoren, die Verfügbarkeit von Ressourcen, aber auch durch alle Arten von Interaktionen um Ressourcen oder Sexualpartner, Prädation, Parasitismus etc. angetrieben.
2.1.2 Die Evolution innerhalb von Arten
A Individuen einer Art zeigen oft geographische Variationen ihrer Merkmale. Wie kann man experimentell testen, ob es sich hierbei um eine Anpassung im evolutionären Sinn handelt oder um Reaktionen gleichartiger Individuen auf unterschiedliche Umweltbedingungen?
Diese Frage lässt sich durch reziproke Transplantationsexperimente klären. Dabei werden Individuen wechselseitig zwischen unterschiedlichen Standorten ausgetauscht. Zeigen sie die typischen Merkmale der Fremdhabitate (s. Abb. 2.1, a), so kann man davon ausgehen, dass es sich hier um eine Reaktion gleichartiger Individuen auf die lokalen Lebensbedingungen handelt. Behalten die Individuen jedoch auch im Fremdhabitat zunächst ihre ursprünglichen Merkmale bei, deutet dies auf eine genetische Anpassung an die lokalen Gegebenheiten hin (s. Abb. 2.1, b). Diese Experimente eignen sich insbesondere für Pflanzen (z.B. Umsiedlungsexperimente mit Weißklee, Trifolium repens) und sesshafte Tiere (z.B. Umsiedlungsexperimente mit Seeanemonen, Actinia tenebrosa).

Abb. 2.1: Reziproke Transplantationsexperimente. Dabei werden Individuen wechselseitig zwischen verschiedenen Habitaten ausgetauscht, wo sie neben einheimischen Organismen gezogen werden.
a Die Pflanzen verlieren ihre ursprünglichen Merkmale und zeigen die Merkmale des Fremdhabitats (Reaktionen gleichartiger Individuen auf unterschiedliche Umweltbedingungen).
b Die Pflanzen behalten ihre ursprünglichen Merkmale im fremden Habitat bei (Anpassung im evolutionären Sinne).
S Was versteht man unter Industriemelanismus und warum stellt er ein Beispiel für einen durch den Menschen veränderten Selektionsdruck dar?
Unter Industriemelanismus versteht man das dominante Vorkommen dunkler Farbmorphen von Schmetterlingen oder auch anderer Arten in Industriegebieten. Der Birkenspanner (Biston betularia) war die erste Art bei der man den Industriemelanismus beobachten konnte. Diese Schmetterlinge werden von insektivoren Vögeln gefressen. In Industriegebieten, in denen Hintergründe durch die Luftverschmutzung oftmals dunkel gefärbt sind bzw. der relativ helle Flechtenbewuchs durch das Schwefeldioxid in der Luft an Baumstämmen verloren geht, hat die dunkle Schmetterlingsmorphe einen Selektionsvorteil und wird hier weniger häufig von Vögeln als seinen Hauptfressfeinden detektiert und erbeutet als die helle. In unverschmutzten Gegenden hingegen wird die helle Morphe seltener gefressen, weil sie auf einem helleren Hintergrund für ihre Prädatoren weniger gut zu detektieren ist als die dunklen Schmetterlinge.
D Warum kann eine starke Spezialisierung gefährlich sein?
Einerseits werden Arten durch Spezialisierung an bestimmte Umweltbedingungen, wie z.B. Wasserknappheit nahezu perfekt angepasst. Andererseits siebt die natürliche Selektion hier auch oftmals einen Großteil der Variabilität aus. So kann es vorkommen, dass Individuen hochspezialisierter Arten bei einer Veränderung der Umwelt, wie z.B. dem Auftreten von Krankheiten, oder der Veränderung klimatischer Bedingungen, nicht über die Merkmale verfügen, welche unter den neuen Umweltbedingungen von Vorteil wären. Dies wirkt sich nachteilig auf Überleben und Reproduktion aus und kann zum Aussterben dieser hochspezialisierten Arten führen.
F Warum spricht man von einer Spirale der wechselseitigen Selektion bei dem Wirt – Parasit- bzw. Räuber – Beuteverhältnis?
Räuber und Beute bzw. Wirt und Parasit interagieren miteinander. Durch diese Interaktionen üben beide Teile einen Selektionsdruck auf den jeweils anderen aus. So werden sowohl beim Räuber als auch bei der Beute bzw. Wirt und Parasit Merkmale selektiert, die unter den gegebenen Umständen günstig für Überleben und Reproduktion sind. Dabei spielt natürlich auch die Selektion durch den jeweiligen Gegenspieler eine zentrale Rolle. Die Selektion von bestimmten Merkmalen bei einem der beiden Gegenspieler führt wiederum zu einem veränderten Selektionsdruck auf den anderen usw. So können bei einem Wirt durch die Interaktion mit einem hochspezialisierten Parasit Resistenzen selektiert werden, was wiederum den Selektionsdruck auf den Parasiten erhöht, den Wirt befallen zu können (s. Kap. 4).
2.1.3 Die Ökologie der Artbildung
A Wie kann man nachweisen, ob Individuen unterschiedlicher Populationen zu ein und derselben Art gehören?
Mit dem sogenannten Mayr-Dobzhansky-Test prüft man, ob Individuen unterschiedlicher Populationen in der Lage sind, sich zu kreuzen und reproduktionsfähige Nachkommen zu produzieren. Wenn dies der Fall ist, kann die natürliche Selektion allein die Populationen nicht in zwei Arten aufspalten. Eine auf diese Weise getestete Art entspricht einer biologischen Art und man nennt sie auch Biospezies.
Hier sei angemerkt, dass Eisbär (Ursus maritimus) und Grizzlybär (Ursus arctos horribilis) sich untereinander kreuzen und offensichtlich fruchtbare Nachkommen zeugen können. Entsprechend wären Eisbär und Grizzlybär also keine eigene Biospezies.
S Wie kommt es zur Artbildung durch räumliche Isolation?
Wenn der Genfluss zwischen zwei Teilen einer Population durch eine Barriere verhindert wird, können sich diese Teilpopulationen zu unterschiedlichen Arten entwickeln. Dieser Vorgang wird allopatrische oder geographische Artbildung genannt. Eine natürliche Barriere kann das Meer, welches Inseln umgibt darstellen, aber auch alle anderen Arten von Landschaftsbarrieren, wie beispielsweise Gebirge, Flüsse oder tiefe Täler, die eine Migration von Tieren oder die Bestäubung bei Pflanzen verhindert. Solche Barrieren können z.B. durch Kontinentaldrift entstanden sein. Der Genfluss wird durch diese Barrieren unterbrochen, obwohl die Individuen der Populationen sich theoretisch noch erfolgreich reproduzieren könnten. Während die Teilpopulationen voneinander isoliert sind, können sie sich unabhängig voneinander weiterentwickeln. Zufällige und unterschiedliche Mutationen und Selektionsdrücke treten auf und führen dazu, dass sich die Populationen verschieden entwickeln. Wenn sie dabei so unterschiedlich werden, dass die Individuen der Populationen sich nicht mehr kreuzen und reproduktionsfähige Nachkommen produzieren können, gehören sie zu unterschiedlichen Biospezies, d.h. auch wenn die geographische Barriere aufgehoben wird, ist kein Genfluss zwischen den beiden Teilpopulationen mehr möglich (s. Abb. 2.2).