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Beispiel 62: Geschäfts- oder Firmenwert
Die Müller KG hat Anfang 2011 die Apollo AG in Form eines sog. asset deals erworben. Infolge einer Unternehmensbewertung nach IDW S 1 wurde der Unternehmenswert der Apollo AG zum Erwerbszeitpunkt auf 1.500.000 € taxiert. Nach der Allokation des Unternehmenswerts auf die einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden wurde ein derivativer Geschäfts- oder Firmenwert i. H. v. 600.000 € aktiviert. Die Apollo AG verfügt zum Erwerbszeitpunkt über ein marktbeherrschendes Patent, dessen Verwertung über einen Zeitraum von sechs Jahren angenommen wurde. Auf Grundlage dieser Einschätzung erfolgte eine lineare Abschreibung des aktivierten Geschäfts- oder Firmenwerts i. H. v. 100.000 € p. a. Zum 31. 12. 2011 konnte die Werthaltigkeit des aktivierten Geschäfts- oder Firmenwerts durch eine entsprechende Unternehmensbewertung nachgewiesen werden. Aufgrund eingetretener Produktionsprobleme im Jahr 2012 verlor die Müller KG weite Teile des Marktpotenzials, das sie durch den Erwerb der Apollo AG erschlossen hatte. Zum 31. 12. 2012 wurde der verbleibende Restwert des Geschäfts- oder Firmenwerts auf nur noch 250.000 € geschätzt. Nach Vornahme der planmäßigen Abschreibung von 100.000 € im Jahr 2012 musste eine außerplanmäßige Abschreibung i. H. v. 150.000 € vorgenommen werden. Die verbleibende Restnutzungsdauer von vier Jahren wurde zum 31. 12. 2012 als weiterhin sachgerecht eingeschätzt.
Im Jahr 2013 konnte die Müller KG erneut Marktanteile und Umsatzpotenziale aufgrund der durch den Erwerb der Apollo AG nutzbaren Werte gewinnen. Eine Bewertung des Geschäfts- oder Firmenwerts führte zu einem Wert von 300.000 €. Nach § 253 Abs. 5 Satz 2 HGB besteht ein Wertaufholungsverbot. Demnach darf die Müller KG die im Vorjahr vorgenommene außerplanmäßige Abschreibung nicht durch eine Zuschreibung korrigieren. Vielmehr sind entsprechend der Restnutzungsdauer von vier Jahren (zum 31. 12. 2012) im Jahr 2013 planmäßige Abschreibungen i. H. v. 62.500 € zu erfassen.
Sonderposten nach § 264c Abs. 4 Satz 3 HGB a. F.
Aufgehoben wurde auch die Regelung zum Sonderposten nach § 264c Abs. 4 Satz 3 HGB a. F. Dieser Betrag in Höhe der aktivierten Bilanzierungshilfen war bisher neben seinem verpflichtenden Ansatz auch ausschüttungsgesperrt. Sofern alle Beträge, die dem Sonderposten zugrunde liegen, fortgeführt werden, ist auch dieser Sonderposten fortzuführen. In diesem Fall gilt auch weiterhin die Ausschüttungssperre nach § 264c Abs. 4 Satz 3 HGB a. F. i. V. m. § 269 Satz 2 HGB a. F.
Beispiel 63: Sonderposten nach § 264c Abs. 4 Satz 3 HGB a. F.
Die Poseidon OHG weist aus einem früheren Gebäudeverkauf in der Steuerbilanz zum 31. 12. 2009 eine Reinvestitionsrücklage nach § 6b EStG i. H. v. 250.000 € aus. In gleicher Höhe ist im handelsrechtlichen Abschluss zum 31. 12. 2009 ein Sonderposten mit Rücklageanteil angesetzt. In 2010 erwirbt die Poseidon OHG das Reinvestitionsobjekt, auf das die Reinvestitionsrücklage übertragen werden kann. Die Anschaffungskosten des Objekts belaufen sich auf 5.000.000 €. Die Nutzungsdauer beträgt 20 Jahre. Die Poseidon OHG hat die Wahl zwischen der Auflösung des Sonderpostens mit Rücklageanteil oder dessen Fortführung. In letzterem Fall hat sie im Jahr 2010 zwei Möglichkeiten: Verrechnung des Sonderpostens mit Rücklageanteil mit dem Reinvestitionsobjekt (Variante 1) oder Übernahme des steuerlichen Bewertungsabschlags (Variante 2).
Bei Variante 1 wird der ersatzweise angeschaffte Vermögensgegenstand im Jahr der Anschaffung in Höhe des Sonderpostens mit Rücklageanteil außerplanmäßig abgeschrieben und zugleich der Sonderposten ausgebucht. In den Folgeperioden wird eine planmäßige Abschreibung des Vermögensgegenstands über die Nutzungsdauer von 20 Jahren auf Basis der verminderten Anschaffungskosten i. H. v. 4.750.000 € (5.000.000 € - 250.000 €) vorgenommen.
Bei Variante 2 wird im Jahr der Anschaffung des Reinvestitionsobjekts der Sonderposten mit Rücklageanteil ergebniserhöhend aufgelöst. Die Übernahme der steuerlichen Kürzung der Anschaffungskosten des Reinvestitionsobjekts löst erneut die ergebniswirksame Bildung eines Sonderpostens mit Rücklageanteil aus. Diese Ergebniseffekte werden im Außerordentlichen Ergebnis gezeigt. Der aufgrund der Übernahme des Bewertungsabschlags gebildete Sonderposten mit Rücklageanteil wird nun zeitanteilig über die Nutzungsdauer von 20 Jahren ergebniserhöhend aufgelöst. Dieser Ergebniseffekt steht den Abschreibungen des Reinvestitionsobjekts gegenüber.
Selbst erstellte immaterielle Vermögensgegenstände und Entwicklungskosten
Bedeutende Änderungen durch das BilMoG haben sich auch im Bereich der selbst erstellten immateriellen Vermögensgegenstände und der Behandlung von Entwicklungskosten ergeben.
ABB. 8:
Aktivierung selbst erstellter immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens

Die bisher geltende Vorschrift des § 248 Abs. 2 HGB a. F., die einen Ansatz selbst erstellter immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens untersagt hat, wurde gestrichen. Das bislang geltende grundsätzliche Aktivierungsverbot für selbst erstellte immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens wurde aufgehoben und durch ein entsprechendes Aktivierungswahlrecht ersetzt. Es besteht nun ein Wahlrecht zum Ansatz der auf die Entwicklungsphase immaterieller Werte des Anlagevermögens entfallenden Herstellungskosten. Mit dieser Regelung wird eine zu den IFRS korrespondierende Vorschrift geschaffen, wenngleich das HGB ein Aktivierungswahlrecht, die IFRS hingegen ein Aktivierungsgebot vorsehen. Eine Aktivierung kommt allerdings nur dann in Frage, wenn von einem hinreichend konkretisierten Vermögensgegenstand ausgegangen werden kann. Explizit hebt § 248 Abs. 2 HGB hervor, dass für nicht entgeltlich erworbene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten oder vergleichbare immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens ein Aktivierungsverbot gilt. Im Gegensatz zum vorstehend erläuterten derivativen Geschäfts- oder Firmenwert besteht weiterhin ein Ansatzverbot für einen originären Geschäfts- oder Firmenwert.
Der Ansatz der Aufwendungen, die auf die Forschungsphase eines Produkts entfallen, ist nach § 255 Abs. 2 HGB untersagt, da diese explizit nicht in die Herstellungskosten mit einzubeziehen sind. Einen definitorischen Versuch der Abgrenzung zwischen Forschung und Entwicklung sieht § 255 Abs. 2a Satz 2 und Satz 3 HGB vor. Demnach darf die Aktivierung erst erfolgen, wenn die Vermögensgegenstandseigenschaft zu bejahen ist.
Die nachstehende Abbildung stellt einzelnen Phasen im Zusammenhang mit der Aktivierung eines selbst erstellten immateriellen Vermögensgegenstands (VGG) dar.
ABB. 9: Aktivierungsvorschriften für selbst erstellte immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens

Steuerlich sieht § 5 Abs. 2 EStG weiterhin eine direkte Aufwandsverrechnung der Entwicklungskosten vor. Dies führt zur Durchbrechung des bisherigen Grundsatzes „handelsrechtliches Aktivierungswahlrecht = steuerliches Aktivierungsgebot”. Die abweichenden handelsrechtlichen und steuerrechtlichen Regelungen implizieren die Abgrenzung latenter Steuern. Zur Abgrenzung latenter Steuern bei Personenhandelsgesellschaften vgl. Kapitel 8.
Beispiel 64: Selbst erstellte immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens
Die Know-How OHG ist im Bereich der Wissensforschung tätig. Im Jahr 2012 fallen Forschungskosten von 900.000 € an. Nach den erfolgreichen Tests des Prototyps der neuen Lernsoftware „Know better” fallen für die Entwicklung des Produkts weitere Entwicklungsaufwendungen von insgesamt 4.500.000 € an. Die voraussichtliche Nutzungsdauer beträgt zehn Jahre, der Steuersatz 15 %. Aus Vereinfachungsgründen ist für das Jahr 2012 keine planmäßige Abschreibung vorzunehmen. Zum 31. 12. 2012 ist die Werthaltigkeit der angesetzten Beträge durch entsprechende Marktstudien nachgewiesen, sodass kein Wertberichtigungsbedarf gegeben ist. Im Jahr 2012 sind – unter der bilanzpolitischen Zielfunktion, ein möglichst hohes Ergebnis bzw. Eigenkapital auszuweisen – 4.500.000 € zu aktivieren. Gleichzeitig sind passive latente Steuern i. H. v. 675.000 € (15 % von 4.500.000 €) anzusetzen. Im Jahr 2013 sind die aktivierten Entwicklungsaufwendungen abzuschreiben (zeitanteilig planmäßig um 450.000 €). Gleichzeitig sind die passiven latenten Steuern anteilig (i. H. v. 67.500 €) aufzulösen.
Herstellungskosten
Die in § 255 HGB geregelte Herstellungskostenuntergrenze wird nach den Vorschriften des BilMoG an die bisherigen steuerrechtlichen Regelungen angepasst. Nach § 255 Abs. 2 HGB zählen demnach zu den aktivierungspflichtigen Herstellungskosten die Materialeinzelkosten, die Fertigungseinzelkosten und die Sondereinzelkosten der Fertigung sowie angemessene Teile der Materialgemeinkosten, der Fertigungsgemeinkosten und des Werteverzehrs des Anlagevermögens, soweit dieser durch die Fertigung veranlasst ist. Einzelfallabhängig zählen dazu auch Abschreibungen auf nach § 248 Abs. 2 HGB aktivierte Entwicklungsaufwendungen. Soweit handelsrechtliche Abschreibungen auf selbst erstellte immaterielle Vermögensgegenstände nach § 248 Abs. 2 HGB anfallen und bei den Herstellungskosten zu berücksichtigen sind, stehen sich handels- und steuerrechtliche Herstellungskosten in unterschiedlicher Höhe gegenüber. Auf die durch den Bewertungsunterschied entstehenden Differenzen zwischen der Handels- und der Steuerbilanz sind latente Steuern abzugrenzen.
Unmittelbar der Produktion zurechenbare Kosten sind die Kostenbestandteile, die in Abhängigkeit der Erzeugnismenge variieren. Folglich sind Einzelkosten als variable Kosten anzusehen.
Es verbleibt dem Bilanzierenden ein Wahlrecht, über die vorgenannte Herstellungskostenuntergrenze hinaus angemessene Teile der Kosten der allgemeinen Verwaltung sowie angemessene Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung anzusetzen, soweit diese auf den Zeitraum der Herstellung entfallen.
Für Vertriebskosten bleibt es beim Aktivierungsverbot. Ebenfalls besteht ein Ansatzverbot für Forschungskosten.
ABB. 10: Herstellungskostenermittlung

Entsprechend den grundsätzlich Ende 2012 beschlossenen Einkommensteuer-Änderungsrichtlinien 2012 – EStÄR 2012 – sind künftig für die Ermittlung der steuerrechtlichen Herstellungskosten neben den bisher in den Herstellungskosten zu erfassenden Kosten zusätzlich auch ein angemessener Teil der Kosten der allgemeinen Verwaltung, ein angemessener Teil der Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung verpflichtend anzusetzen. Damit verbleiben nach den aufgezeigten steuerlichen Änderungen keine Wahlrechtsbestandteile hinsichtlich der Herstellungskosten mehr, sondern der steuerliche Ansatz der Herstellungskosten muss zu Vollkosten erfolgen. Künftig fallen also die Herstellungskosten bei Anwendung der handelsrechtlichen Wertuntergrenze zwischen der Handels- und der Steuerbilanz auseinander. Die Neuregelungen treten mit ihrer Veröffentlichung im Bundessteuerblatt in Kraft. Die bisherige Herstellungskostenuntergrenze darf weiterhin für das Jahr 2012 angewendet werden. Die Neufassung ist nach ihrer Veröffentlichung im Bundessteuerblatt erstmals für 2013 zu berücksichtigen.
Beispiel 65: Herstellungskosten
Im Sachanlagevermögen der Gamma KG befindet sich eine Maschine, die von der Gesellschaft im Jahr 2007 selbst hergestellt wurde. Der Buchwert zum 31. 12. 2011 beträgt 2.700.000 €. Die Bewertung erfolgte im Zeitpunkt der erstmaligen Erfassung zu Einzelkosten – der zu diesem Zeitpunkt zulässigen Wertuntergrenze der Herstellungskosten.
Im Februar 2012 rüstet die Gamma KG die Maschine nach, um sie an die neuen Erfordernisse für den Einsatz im Unternehmen anzupassen. Es fallen Fertigungseinzelkosten i. H. v. 1.060.000 €, Materialgemeinkosten i. H. v. 1.200.000 € sowie anteilige fertigungsbezogene Abschreibungen i. H. v. 100.000 € an. Da die Nachrüstung eine wesentliche Verbesserung der Maschine darstellt, müssen die Kosten dafür aktiviert werden. Für die Bewertung der Nachrüstung in 2012 sind zwingend die Regelungen des § 255 Abs. 2 HGB anzuwenden. Daher sind nicht nur die Einzel-, sondern auch die Gemeinkosten zwingend anzusetzen. Der Buchwert der Maschine steigt daher zum 31. 12. 2012 um 2.360.000 €.
3.2 Buchung erfolgsneutraler Umstellungseffekte auf Ebene der Personenhandelsgesellschaft
3.2.1 Erfolgsneutrale Umstellungseffekte
Das Übergangsrecht des BilMoG sieht für bestimmte Bilanzposten, die nach neuem Recht nicht mehr gebildet werden dürfen, Beibehaltungs- bzw. Fortführungswahlrechte vor (Art. 67 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 bzw. Abs. 4 Satz 1 EGHGB). Davon sind beispielsweise Aufwandsrückstellungen nach § 249 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 HGB a. F. oder Sonderposten mit Rücklageanteil betroffen. Wird von dem Beibehaltungs- bzw. Fortführungswahlrecht kein Gebrauch gemacht, sind die betroffenen Bilanzposten im Regelfall erfolgsneutral aufzulösen und in die Gewinnrücklagen einzustellen bzw. mit diesen zu verrechnen (Art. 67 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 Satz 2 bzw. Abs. 4 Satz 2 EGHGB). Die erfolgsneutrale Buchung gilt außerdem für die erstmalige Anwendung der Vorschriften zu latenten Steuern nach § 274 HGB.
Bei Personenhandelsgesellschaften stellt sich mit Blick auf die oben beschriebene erfolgsneutrale Buchung das Problem, dass die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften eine Bildung von Gewinnrücklagen nicht vorsehen. Auch Gesellschaftsverträge von Personenhandelsgesellschaften berücksichtigen in vielen Fällen keine Gewinnrücklagen. Damit stellt sich die Frage, wie die Buchung der erfolgsneutral zu behandelnden Sachverhalte bei den Personenhandelsgesellschaften zu erfolgen hat, die über keine Gewinnrücklagen verfügen. Die gleiche Problematik ergibt sich auch für laufende erfolgsneutrale Buchungen, die nicht mit der BilMoG-Umstellung in Verbindung stehen. Ein Lösungsansatz wurde durch den Arbeitskreis „Personengesellschaften” des IDW erarbeitet und in seiner 64. Sitzung am 21. 1. 2010 dargestellt.
Merke:
Bei Personenhandelsgesellschaften sind regelmäßig keine Gewinnrücklagen vorgesehen. Daraus ergeben sich Probleme im Hinblick auf die Buchung der in den Gewinnrücklagen zu erfassenden erfolgsneutralen Umstellungseffekte.
Für die Klärung dieser Frage ist zwischen positiven und negativen Differenzbeträgen aus der Umstellung zu unterscheiden.
3.2.2 Behandlung positiver Differenzbeträge
ABB. 11: Erfolgsneutrale Abbildung positiver Differenzbeträge aus der BilMoG-Umstellung

Besteht aufgrund von gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen (Gesellschaftsvertrag, Gesellschafterbeschluss) eine gesamthänderisch gebundene Rücklage, so ist eine erfolgsneutrale Verbuchung eines positiven Differenzbetrags in diese Rücklage vorzunehmen. Durch Gesellschafterbeschluss können die Gesellschafter der Personenhandelsgesellschaft auch die unmittelbare Dotierung eines positiven Differenzbetrags in den Kapitalkonten vereinbaren.
Bestehen hingegen keine von den gesetzlichen Vorschriften abweichenden Regelungen zur Bildung einer gesamthänderisch gebundenen Rücklage im Gesellschaftsvertrag oder durch Gesellschafterbeschluss, ist ein positiver Differenzbetrag den Kapitalkonten der Gesellschafter unmittelbar anteilig zuzuschreiben. Nach den gesetzlichen Regelungen des Gesellschaftsrechts steht den Gesellschaftern einer Personenhandelsgesellschaft ihr Gewinnanteil unmittelbar ohne Gewinnverwendungsbeschluss zu. Dieses Entnahmerecht erstreckt sich auch auf den positiven Differenzbetrag aus der BilMoG-Umstellung.
Ein anderes Bild zeigt sich, sofern gesellschaftsvertragliche Regelungen bestimmen, dass ein Gesellschafterbeschluss über die Ergebnisverwendung zu fassen ist. In diesem Fall kann ein positiver Differenzbetrag nach den Mehrheitsvorgaben des Gesellschaftsvertrags für die Beschlussfassung von den Gesellschaftern entnommen werden. Dies gilt sowohl für einen unmittelbar auf den Kapitalkonten erfassten positiven Differenzbetrag als auch für einen in der gesamthänderisch gebundenen Rücklage erfassten positiven Differenzbetrag.
Ein positiver Differenzbetrag ergibt sich beispielsweise, wenn ein Sonderposten mit Rücklageanteil oder eine nach neuem Recht nicht mehr zulässige Aufwandsrückstellung aufgelöst wird. Die Verteilung der positiven Differenzbeträge erfolgt anteilig.
Merke:
Sieht der Gesellschaftsvertrag eine gesamthänderisch gebundene Rücklage vor oder wird ein Gesellschafterbeschluss zur Dotierung einer derartigen Rücklage getroffen, erfolgt die Erfassung eines positiven Differenzbetrags in dieser Rücklage. Wurden hingegen keine von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Regelung zur Bildung einer solchen Rücklage getroffen, ist der Differenzbetrag den Kapitalkonten der Gesellschafter unmittelbar anteilig zuzuschreiben.
Beispiel 66: Erfolgsneutrale Anpassung mit positivem Differenzbetrag
An der ABCD KG sind A als Komplementär mit 10 % am Ergebnis und Vermögen der KG sowie die Gesellschafter B, C und D als Kommanditisten mit jeweils 30 % beteiligt. Weder der Gesellschaftsvertrag noch ein Gesellschafterbeschluss haben eine gesamthänderisch gebundene Rücklage bestimmt. Für die Gesellschafter werden Kapital- und Privatkonten geführt. Auf die Betrachtung latenter Steuern wird verzichtet.
Die Kapitalkonten der Gesellschafter haben zum 31. 12. 2009 folgenden Stand:

Die ABCD KG hat im Geschäftsjahr 2008 eine Rückstellung für Generalüberholung (nach § 249 Abs. 2 HGB a. F.) i. H. v. 2.000.000 € gebildet, die nach neuem Recht nicht mehr zulässig ist. Die KG entscheidet sich zum Umstellungszeitpunkt (1. 1. 2010) die Rückstellung aufzulösen. Die Auflösung hat nach dem Übergangsrecht des BilMoG erfolgsneutral zugunsten der Gewinnrücklagen zu erfolgen. Da weder das gesetzliche noch das gesellschaftsvertragliche Regelstatut der ABCD KG solche Gewinnrücklagen vorsehen, hat die erfolgsneutrale Auflösung der Rückstellung über die Kapitalkonten der Gesellschafter zu erfolgen. Die Kapitalkonten der Gesellschafter erhöhen sich zum 1. 1. 2010 um folgende Beträge:

Es kommt am 1. 1. 2010 zu folgender Buchung:

Die Kapitalkonten der Gesellschafter haben zum 1. 1. 2010 damit folgenden Stand:

Den Gesellschaftern der ABCD KG steht es zu, entsprechend den gesellschaftsvertraglichen Regelungen der KG die den Kapitalkonten zugeschriebenen positiven Differenzbeträge zu entnehmen.
3.2.3 Behandlung negativer Differenzbeträge
Auch die Behandlung eines negativen Differenzbetrags, der aufgrund der gesetzlichen Regelungen im Zeitpunkt der BilMoG-Umstellung gegen die Gewinnrücklagen gebucht werden muss, ist davon abhängig, ob von den gesetzlichen Regelungen abweichende Vereinbarungen zur Bildung einer solchen Rücklage bestehen.
ABB. 12: Erfolgsneutrale Abbildung negativer Differenzbeträge aus der BilMoG-Umstellung

Besitzt die Personenhandelsgesellschaft aufgrund gesellschaftsvertraglicher Vereinbarungen bzw. aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses eine gesamthänderisch gebundene Rücklage, ist ein zu verrechnender Differenzbetrag vorrangig mit der gesamthänderisch gebundenen Rücklage zu verrechnen. Übersteigt der negative Differenzbetrag die gesamthänderisch gebundene Rücklage, kommt es zu einer anteiligen Minderung der Kapitalkonten der Gesellschafter.
Besteht bei der Personenhandelsgesellschaft keine gesamthänderisch gebundene Rücklage, kommt es in Höhe des negativen Differenzbetrags unmittelbar zu einer anteiligen Minderung der Kapitalkonten der Gesellschafter. Bestimmen die Regelungen des Gesellschaftsvertrags die Führung von Verlustsonderkonten als Unterkonten der Kapitalkonten, so kann die Verbuchung eines negativen Differenzbetrags anteilig auf den Verlustsonderkonten der Gesellschafter erfolgen.
Führt die Minderung der Kapitalkonten durch negative Differenzbeträge zu negativen Kapitalkonten, übersteigen also die anteiligen negativen Differenzbeträge die Guthaben der Gesellschafter auf den Kapitalkonten, haben Personenhandelsgesellschaften i. S. d. § 264a Abs. 1 HGB die Bestimmungen des § 264c Abs. 2 Satz 3 bis Satz 6 HGB zu beachten. Danach sind die den Kapitalanteil übersteigenden negativen Differenzbeträge auf der Aktivseite getrennt auszuweisen. Diese Aktivposten sind entweder als „Einzahlungsverpflichtungen persönlich haftender Gesellschafter” oder „Nicht durch Vermögenseinlagen gedeckter Verlustanteil eines Komplementärs bzw. Kommanditisten” zu bezeichnen. Zur Darstellung negativer Kapitalkonten der Gesellschafter wird auf Kapitel 6.6.2 verwiesen.
Beispiel 67: Erfolgsneutrale Anpassung mit negativem Differenzbetrag
An der ABC OHG sind die Gesellschafter A, B und C zu jeweils 1/3 beteiligt. Weiterhin besitzt die ABC OHG keine gesamthänderisch gebundene Rücklage. Die ABC OHG verfügt über ein Grundstück, welches in der Steuerbilanz mit einem Buchwert i. H. v. 100.000 € ausgewiesen wird, während es in der Handelsbilanz mit einem Buchwert i. H. v. 1.000.000 € bilanziert ist. Auf Ebene der ABC OHG wird ein Steuersatz von 15 % unterstellt. Die divergierende Bewertung des Grundstücks in Handels- und Steuerbilanz führt zur zwingenden Abgrenzung passiver latenter Steuern. Die Höhe der passiven latenten Steuern berechnet sich wie folgt:
1.Ermittlung des Unterschiedsbetrags zwischen dem handels- und dem steuerrechtlichen Wertansatz: 1.000.000 € - 100.000 € = 900.000 € 2.Ermittlung der latenten Steuern auf den Unterschiedsbetrag: 900.000 € x 15 % = 135.000 €Die passiven latenten Steuern sind den Gesellschaftern gemäß ihrem Kapitalanteil anteilig zuzuteilen. Da die latenten Steuern erfolgsneutral abzugrenzen sind, erfolgt eine unmittelbare Verbuchung auf den Kapitalkonten.
Am 1. 1. 2010 kommt es zu folgender Buchung:

Variante 1
In einer ersten Variante weisen die Kapitalkonten der Gesellschafter zum 31. 12. 2009 die folgenden Stände aus:

Nach der Erfassung des negativen Differenzbetrags weisen die Kapitalkonten der Gesellschafter folgende Beträge aus:






