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153
Wenn die Zuwendung nicht mehr im Endvermögen des Empfängers vorhanden ist, ist umstritten, ob die Zuwendung auch in diesen Fällen von dem Zugewinn des Empfängers abzuziehen ist. Nach h.M.[82] trägt das Risiko eines Untergangs oder einer Verschlechterung des Zuwendungsgegenstandes (bzw. seines Surrogats) der Empfänger. Aus diesem Grund wird auch bei einem ersatzlosen teilweisen oder vollständigen Untergang des Zuwendungsgegenstands der Wert der Zuwendung angerechnet. Im obigen Beispiel würde sich daher an der Höhe des Zugewinnausgleichsanspruchs durch den Untergang des Zuwendungsgegenstands nichts ändern.
154
Die Vorschrift des § 1380 findet indes keine Anwendung, wenn schon nach den allgemeinen Berechnungsvorschriften der Zuwender nicht den größeren Zugewinn erzielt hat.[83] Dieses Ergebnis ergibt sich aus dem Wortlaut des § 1380 Abs. 1 S. 1, wonach der Ausgleichspflichtige dem Ausgleichsberechtigten eine Zuwendung gemacht haben muss.
Beispiel
Ist das beiderseitige Anfangsvermögen der Ehegatten 0 €, das Endvermögen des Ehemanns 80 000 € und der Ehefrau 100 000 €, so steht dem Ehemann grundsätzlich ein Ausgleichsanspruch in Höhe von 10 000 € zu (100 000 € – 80 000 € = 20 000 € : 2). Hatte der Ehemann der Ehefrau eine Zuwendung von 30 000 € gemacht, so würde sich bei Anwendung des § 1380 der Zugewinn der Ehefrau auf 70 000 € ermäßigen. Der Zugewinn des Ehemannes wäre fiktiv um 30 000 € erhöht und würde daher 110 000 € betragen. Der Zugewinn der Ehefrau beträgt nach Anrechnung der Zuwendung 0 €, da die Ehefrau einen negativen Zugewinn von 10 000 € (110 000 € – 70 000 € = 40 000 € : 2 = 20 000 € – 30 000 € = -10 000 €) erzielt hat. Durch die Anwendung des § 1380 wäre der Ehemann benachteiligt, da er in diesem Fall seinen Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe von 10 000 € verloren hätte.
b) Verjährung
155
Die Vorschrift des § 1378 Abs. 4 in der Fassung vom 6.7.2009, wonach die Ausgleichsforderung in drei Jahren verjährte, ist durch Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes vom 24.9.2009[84] mit Wirkung zum 1.1.2010 entfallen. Durch die Streichung des § 197 Abs. 1 Nr. 2 wurden die familien- und erbrechtlichen Vorschriften der regelmäßigen Verjährung der §§ 195, 199 unterworfen.[85]
Hinweis
Nach § 207 Abs. 1 S. 1 ist die Verjährung des Ausgleichsanspruchs bis zur Rechtskraft der Scheidung gehemmt. Dieser Vorschrift kommt vor allem Bedeutung zu, wenn der Güterstand der Zugewinngemeinschaft durch einen Ehevertrag beendet wird. Das gilt auch dann, wenn die Zugewinngemeinschaft vorzeitig aufgehoben worden ist.[86]
c) Rechte des Ausgleichspflichtigen
aa) Stundung des Ausgleichsanspruchs, § 1382
156
Nach § 1382 Abs. 1 S. 1 kann das Familiengericht auf Antrag des Ausgleichspflichtigen die Ausgleichsforderung stunden, soweit sie vom Schuldner nicht bestritten wird und wenn die sofortige Zahlung auch unter Berücksichtigung der Interessen des Gläubigers zur Unzeit erfolgen würde. Davon ist nach § 1382 Abs. 1 S. 2 auszugehen, wenn die sofortige Zahlung die Wohnverhältnisse oder die Lebensverhältnisse der gemeinsamen Kinder nachhaltig verschlechtern würde.
bb) Leistungsverweigerungsrecht wegen grober Unbilligkeit, § 1381
157
Nach § 1381 Abs. 1 kann der Schuldner die Erfüllung der Ausgleichsforderung verweigern, soweit der Ausgleich des Zugewinns nach den Umständen des Falles grob unbillig wäre. Die grobe Unbilligkeit kann sich aus einem Fehlverhalten eines Ehegatten ergeben, wobei auch die Verletzung persönlicher Pflichten eine Rolle spielen kann. Einzubeziehen in die bewertende Betrachtung ist auch die Versorgungslage der beiden Ehegatten, ihr Einkommen und ihr Vermögen. Das Gesetz konkretisiert in § 1381 Abs. 2 einen Fall der Unbilligkeit, wenn ein Ehegatte, der den geringeren Zugewinn erzielt hat, längere Zeit hindurch die wirtschaftlichen Verpflichtungen, die sich aus dem ehelichen Verhältnis ergeben, schuldhaft nicht erfüllt hat. Dazu gehören die Unterhaltspflichten genauso wie die Pflicht der Haushaltsführung, soweit sie einvernehmlich von einem Ehegatten übernommen wurde. Auch die aus § 1353 abgeleitete Rücksichtnahme auf die wirtschaftlichen Belange des anderen ist hier zu nennen. Ob die Verfehlung längere Zeit gedauert hat, ist im Verhältnis zur Ehedauer und zur Schwere der Pflichtverletzung zu sehen.
cc) Verfügung über die Ausgleichsforderung
158
Nach § 1378 Abs. 3 S. 3 kann kein Ehegatte sich vor der Beendigung des Güterstands verpflichten, über die Ausgleichsforderung zu verfügen. Etwas anderes gilt nach § 1378 Abs. 3 S. 2 dann, wenn die Ehegatten während eines Verfahrens, das auf die Auflösung der Ehe gerichtet ist, für den Fall der Auflösung der Ehe eine Vereinbarung über den Ausgleich des Zugewinns treffen. Eine solche Vereinbarung bedarf der notariellen Beurkundung, die auch durch die Protokollierung eines Vergleichs in einem Verfahren in Ehesachen vor dem Prozessgericht erfolgen kann.
dd) Vorzeitiger Zugewinnausgleich
159
Die Ehegatten können gemäß §§ 1385 Nr. 1, 1386 einen vorzeitigen Zugewinnausgleich verlangen, wenn sie drei Jahre getrennt leben. Das gleiche Recht haben die Ehegatten, wenn die in § 1385 Nr. 2–4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. In den Fällen der §§ 1385 und 1386 tritt für die Berechnung des Zugewinns und für die Höhe der Ausgleichsforderung an die Stelle der Beendigung des Güterstands der Zeitpunkt, in dem die entsprechenden Anträge gestellt sind.
4. Ausgleichsansprüche neben dem Zugewinnausgleich
160
Für schuldrechtliche Rückabwicklungsansprüche sind die güterrechtlichen Sonderregelungen über den Zugewinn grundsätzlich abschließend.[87] Daneben sind Ausgleichsansprüche nur in folgenden Fällen möglich:
a) Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrags
161
Haben die Ehegatten ausdrücklich einen Arbeits-, Dienst-, Werk- oder Gesellschaftsvertrag geschlossen, so erfolgt die Abwicklung nach den allgemeinen Regelungen. Ansprüche aus solchen Verträgen sind im Endvermögen der Ehegatten als Aktiva bzw. als Passiva zu berücksichtigen.
b) Ehegatteninnengesellschaft
162
Lesen Sie dazu auch noch einmal die Rn. 41 oben!
Die vermögensrechtlichen Beziehungen der Ehegatten können sich auch nach dem Gesellschaftsrecht richten, wenn eine Ehegatteninnengesellschaft vorliegt.
Beispiel
Die Ehegatten errichten ein Mehrfamilienhaus zur Vermietung.[88] Ein über die eheliche Lebensgemeinschaft hinausgehender Zweck kann dagegen nicht in der Anschaffung eines Einfamilienhauses der Ehegatten gesehen werden.
163
Die Ehegatteninnengesellschaft ist eine BGB-Gesellschaft nach §§ 705 ff. ohne Gesamthandsvermögen und ohne Außenwirkung. Mit der Trennung bzw. mit der Scheidung wird die Gesellschaft aufgelöst. Für die von dem mitarbeitenden Ehegatten erbrachten Leistungen (§ 706 Abs. 2) ist nach § 733 Abs. 2 Wertersatz zu leisten, wobei sich die Dienste als bleibender Wert im Gesellschaftsvermögen niedergeschlagen haben müssen.[89] Die Höhe des Ausgleichs beträgt nach § 722 Abs. 1 die Hälfte des Wertes.
c) Gesamtschuldnerausgleich
164
Erfüllt während der Ehe ein Ehegatte eine Verbindlichkeit, für deren Erfüllung die Ehegatten als Gesamtschuldner haften, ist ein Gesamtschuldnerausgleich nach § 426 in der Regel ausgeschlossen, wenn ein Ehegatte die Haushaltsführung übernommen hat. In diesem Fall haben die Ehegatten etwas anderes i.S.v. § 426 Abs. 1 S. 1 bestimmt, da die Haushaltsführung des einen Ehegatten nach § 1360 S. 2 dem finanziellen Beitrag des erwerbstätigen Ehegatten gleichsteht. Für die Annahme einer anderen Bestimmung i.S.v. § 426 Abs. 1 S. 1 ist der Abschluss einer besonderen Vereinbarung der Ehegatten nicht erforderlich. Eine dem § 745 Abs. 2 entsprechende Regelung enthält § 426 gerade nicht. Im Rahmen dieser Vorschrift hat nach Auffassung des BGH[90] „die besondere Gestaltung des tatsächlichen Geschehens“ von vornherein einen unmittelbaren Einfluss auf die Rechtsbeziehungen der Gesamtschuldner zueinander, ohne dass es in irgendeiner Weise auf eine gestaltende Handlung der Gesamtschuldner ankäme. Deshalb kann sich diese Vereinbarung aus dem Inhalt und Zweck des zwischen den Gesamtschuldnern bestehenden Rechtsverhältnisses oder aus der Natur der Sache ergeben.[91] Mit dem Scheitern der Ehe bzw. mit der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft kann jeder Ehegatte eine Neuregelung verlangen. Dazu bedarf es keiner besonderen Handlung des Ehegatten, der den Ausgleichsanspruch verlangt, da durch die Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft eine „andere Bestimmung“ i.S.v. § 426 Abs. 1 S. 1 nicht mehr gegeben ist. Durch die Trennung lebt der Anspruch auf den Gesamtschuldnerausgleich wieder auf.[92] Die Haftung im Innenverhältnis richtet sich nach der Trennung nach den Miteigentumsanteilen.[93] Die Gesamtschuld wird als Verbindlichkeit in dem Endvermögen der Ehegatten jeweils berücksichtigt.
Hinweis
Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn die finanziellen Belastungen bereits in die Berechnung des Ehegattenunterhalts eingestellt worden sind. In diesem Fall stellt die Berücksichtigung der Verbindlichkeiten bei der Berechnung des Unterhalts eine anderweitige Bestimmung i.S.v. § 426 Abs. 1 S. 1 dar und verdrängt insoweit den Gesamtschuldnerausgleich.[94]
d) Miteigentümergemeinschaft
165
Haben die Ehegatten Miteigentum an einem gemeinsam genutzten Haus oder einer Wohnung, so besteht zwischen ihnen ein Gemeinschaftsverhältnis i.S.v. §§ 1008, 741 ff. Im Falle des Auszugs eines Ehegatten kann der andere Ehegatte nach § 1361b Abs. 3 S. 2 von dem nutzungsberechtigten Ehegatten eine Vergütung für die Nutzung verlangen, soweit dies der Billigkeit entspricht.
Die Pfändung des Rechts eines Miteigentümers, jederzeit die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen zu können, hindert den anderen Ehegatten nicht daran, die Teilungsversteigerung des Grundstücks zu beantragen. § 1258 Abs. 2 ist auf das Pfändungspfandrecht an dem einem Miteigentümer zustehenden Bruchteil und dem ihm nach Aufhebung der Gemeinschaft zustehenden Erlösanteil nicht anzuwenden. Die Beschlagnahme eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück im Rahmen einer Forderungsvollstreckung steht einem Antrag des Miteigentümers auf Teilungsversteigerung des Grundstücks nicht entgegen.[95]
166
Eine während der Trennungszeit getroffene Vereinbarung, wonach ein Ehegatte die im gemeinsamen Eigentum stehende Wohnung zur Alleinnutzung behält und zum Ausgleich dafür die gemeinsam geschuldeten Darlehenslasten allein trägt, führt bei der Bewertung des Endvermögens im Zugewinnausgleich nur dann zum vollständigen Entfallen des Gesamtschuldnerausgleichsanspruchs, wenn sie eine endgültige Freistellung des weichenden Ehegatten von der Darlehensschuld enthält.[96]
Hat ein (selbstständig tätiger) Ehegatte aus steuerlichen Gründen (auch noch) nach Trennung (und Auszug) Zins- und Tilgungsleistungen im Rahmen des sog. Zweikontenmodells auf ein von ihm allein aufgenommenes und grundpfandrechtlich gesichertes Darlehen zur Finanzierung des gemeinsamen Familienwohnheims erbracht, steht ihm gegen den anderen Ehegatten kein Ausgleichsanspruch aus § 426 Abs. 1 S. 1 zu, denn die Parteien sind keine Gesamtschuldner.
Nach der Rechtsprechung des BGH[97] kann zwar ein Ausgleichsanspruch des Darlehensnehmers gegen den anderen Ehegatten auch dann bestehen, wenn die Ehegatten nicht Gesamtschuldner eines Darlehens sind, sondern ein Ehegatte im Interesse auch des anderen ein Darlehen aufgenommen hat. Die Ausgleichsverpflichtung ergibt sich dann aus einer entsprechenden konkludenten Vereinbarung der Ehegatten über die Gestaltung des Innenausgleichs. Entsprechend dem Rechtsgedanken des § 426 Abs. 1 haften die Ehegatten auch in diesem Fall im Innenverhältnis grundsätzlich zu gleichen Anteilen, wenn sich nicht aus Gesetz, einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung, Inhalt und Zweck des Rechtsverhältnisses oder aus der besonderen Gestaltung des tatsächlichen Geschehens etwas anderes ergibt. In ähnlicher Weise lässt sich aus den Bestimmungen über die Bruchteilsgemeinschaft (§§ 748, 755) ableiten, dass die Teilhaber für Verbindlichkeiten in Bezug auf den gemeinschaftlichen Gegenstand nach dem Verhältnis ihrer Anteile haften, wenn sich nicht aus einer Vereinbarung oder aus den besonderen Umständen des Falles etwas anderes ergibt.
167
Während intakter Ehe kann die grundsätzlich hälftige Beteiligung der Miteigentümer an den Belastungen von der ehelichen Lebensgemeinschaft in der Weise überlagert werden, dass sich im Innenverhältnis zwischen den Ehegatten eine andere Aufteilung ergibt. Mit dem Scheitern der Ehe entfällt in der Regel der Grund für eine von der hälftigen Ausgleichsregel abweichende Gestaltung. Denn nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft besteht für einen Ehegatten im Zweifel kein Anlass mehr, dem anderen eine weitere Vermögensmehrung zukommen zu lassen. Das bedeutet indessen noch nicht, dass damit ohne weiteres wieder eine hälftige Ausgleichsregelung zum Tragen kommt. Es ist vielmehr im Einzelfall danach zu fragen, ob an die Stelle derjenigen Rechtsbeziehungen, die durch die Besonderheiten der ehelichen Lebensgemeinschaft geprägt waren, eine andere rechtliche oder tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse tritt, die in ähnlicher Weise wie zuvor Einfluss auf das Ausgleichsverhältnis nehmen kann.
e) Freistellungsanspruch
168
Hat ein Ehegatte während intakter Ehe dem anderen die Aufnahme von Bankkrediten durch Übernahme einer persönlichen Haftung oder durch die Einräumung von dinglichen Sicherheiten ermöglicht, kann er nach Scheitern der Ehe Befreiung von solchen Verbindlichkeiten nach den Regeln des Auftragsrechts verlangen, wenn vertraglich nicht etwas anderes bestimmt ist. Die Geltendmachung des Befreiungsanspruchs unterliegt jedoch Einschränkungen, die sich als Nachwirkung der Ehe sowie nach Treu und Glauben aus den Umständen ergeben können, die zur Begründung der Verbindlichkeiten geführt haben.[98] Eine während der Trennungszeit getroffene Vereinbarung, wonach ein Ehegatte die im gemeinsamen Eigentum stehende Wohnung zur Alleinnutzung behält und zum Ausgleich dafür die gemeinsam geschuldeten Darlehenslasten allein trägt, führt bei der Bewertung des Endvermögens im Zugewinnausgleich nur dann zum vollständigen Entfallen des Gesamtschuldnerausgleichsanspruchs, wenn sie eine endgültige Freistellung des weichenden Ehegatten von der Darlehensschuld enthält.[99]
f) Gesamtgläubigerausgleich
169
Waren die Ehegatten Inhaber eines Oder-Kontos, über das sie jeweils einzeln verfügen konnten, besteht nach dem BGH[100] eine Ausgleichspflicht, wenn ein Ehegatte nach der Trennung mehr als die Hälfte des Guthabens für sich verwendet hat. Die Ehegatten als Inhaber des Oder-Kontos sind Gesamtgläubiger im Sinne des § 428 mit der Folge, dass nach § 430 ein Ausgleichsanspruch hinsichtlich der Hälfte besteht.
Hinweis
Bei Oder-Konten kommt es weder auf die Herkunft der Mittel an noch darauf, aus welchen Gründen das Gemeinschaftskonto überhaupt errichtet worden ist. Gerade bei Ehegatten sind viele Motive denkbar, die einem außenstehenden Dritten unbekannt bleiben. Auch sind nicht die Fälle selten, in denen lediglich die Absicht verfolgt wird, für den Fall der Verhinderung oder des Todes des einen Ehegatten dem anderen die Legitimation zu erleichtern. Im Prozess braucht der Ehegatte daher nur darlegen, dass dem anderen Ehegatten mehr zugeflossen ist als seinem hälftigen Anteil entspricht. Sache des in Anspruch Genommenen ist es dann, eine Gestaltung des Innenverhältnisses darzulegen und notfalls zu beweisen, die eine andere als die vom Gesetz vermutete hälftige Beteiligung oder einen Ausschluss der Ausgleichspflicht ergibt.
170
Ist ein Ehegatte Inhaber eines Einzelkontos, ist er alleiniger Gläubiger einer Guthabensforderung gegenüber der Bank und damit Berechtigter im Außenverhältnis. Ihm steht im Regelfall das Guthaben auch im Innenverhältnis der Ehegatten alleine zu.
g) Unbenannte Zuwendungen
171
Unentgeltliche Zuwendungen unter Ehegatten kommen vor allem in Form der Übertragung von Vermögensgegenständen in Betracht. In bestimmten Fällen werden diese Zuwendungen nach der Rechtsprechung des BGH[101] mangels „Unentgeltlichkeit“ i.S.d. §§ 516 ff. nicht als Schenkungen, sondern als unbenannte Zuwendungen behandelt.[102] Unbenannte Zuwendungen unter Ehegatten werden nicht „unentgeltlich“ i.S.d. §§ 516 ff. erbracht, weil sie nach der übereinstimmenden Vorstellung der Ehegatten um der Ehe willen und als Beitrag zur Verwirklichung oder Ausgestaltung bzw. zur Erhaltung oder Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft erbracht werden und darin ihre Geschäftsgrundlage haben. Eine Rückforderung nach Bereicherungsrecht scheidet aus, weil der Bewirkung der Zuwendung ein familienrechtlicher Vertrag zugrunde liegt, der mit dem Scheitern der Ehe nicht rückwirkend weggefallen ist. Aus diesem Grund ist die Zuwendung mit Rechtsgrund bewirkt worden. Ein Ausgleichsanspruch nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage kommt in der Regel nur bei Gütertrennung der Ehegatten in Betracht, da die Vorschriften über den Ausgleich des Zugewinns als Sonderbestimmungen den allgemeinen schuldrechtlichen Regeln, insbesondere über den Wegfall der Geschäftsgrundlage, vorgehen.
172
Die vom Konto eines Ehegatten erbrachten Zinszahlungen für ein zum Zweck der Finanzierung eines Eigenheims von den Ehegatten gemeinsam aufgenommenes Darlehen kann allerdings eine eigenständige Schenkung sein, da die Zinszahlungen vom Konto des Erblassers zu einer Reduzierung der Verbindlichkeiten der Ehefrau und damit zu einem möglichen weiteren Vermögenszuwachs neben dem Wert ihres Miteigentumsanteils sein können. Für die Annahme einer Schenkung ist es ohne Belang, dass der Erblasser die Erbringung der monatlichen Annuitäten aus dem Darlehensvertrag schuldete und damit nicht freiwillig übernommen hat. Denn die vertragliche Verpflichtung betraf allein das Außenverhältnis des Erblassers zu den Kreditgebern, nicht aber das hier maßgebliche Innenverhältnis zwischen den Ehegatten. Für die Frage einer Bereicherung der Ehefrau aus dem Vermögen des Erblassers ist maßgeblich, ob die Eheleute etwas anderes als den regelmäßigen Ausgleich unter Gesamtschuldnern nach § 426 Abs. 1 BGB für die vom Erblasser erbrachten Zahlungen bestimmt haben. Bei der Prüfung der Frage, ob es sich um eine Schenkung handelt, kommt es darauf an, ob die Zinsleistungen – anstelle von Mietzahlungen – ein gemäß §§ 1360, 1360a geschuldeter Beitrag zu den gemeinsamen Wohnkosten gewesen waren. Wird dies verneint, können die Zinsleistungen eine zusätzliche Schenkung darstellen, die auch für die Berechnung des Ergänzungspflichtteils eines Abkömmlings mit herangezogen werden können.[103]
173
Ein Rückgriff auf die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ist im Rahmen der Zugewinngemeinschaft auf extreme Ausnahmefälle beschränkt und kommt im Allgemeinen nur dort in Betracht, wo die güterrechtlichen Ausgleichsregelungen nicht ausreichen, um schlechthin unangemessene und untragbare Ergebnisse zu vermeiden. Die Grenze der Unangemessenheit und Untragbarkeit wird nicht überschritten, solange der Zuwender einen Ausgleich in Höhe des halben Wertes der Zuwendung erhält. Aber auch wenn sein Ausgleichsanspruch dahinter zurückbleibt, ist eine Korrektur nicht ohne weiteres geboten. In gewissen Abweichungen von der hälftigen Beteiligung verwirklicht sich ein noch normal zu nennendes Risiko, wie es im Zugewinnausgleich angelegt ist und vor dem auch der Ehegatte, der die Zuwendung gemacht hat, nicht völlig bewahrt bleiben kann. Um die Unabweisbarkeit einer Korrektur durch die Anwendung von § 242 zu begründen, müssen weitere Gründe hinzutreten, die den Rückgriff auf die verdrängten Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage unter Berücksichtigung der übrigen konkreten Umstände des Einzelfalles zwingend gebieten. Derartige Gründe kommen in Betracht, wenn der Zuwendungsempfänger keinen Zugewinn aufzuweisen hat, weil die Zuwendung der Erhaltung des Anfangsvermögens gedient hat und dadurch eine Zugewinnausgleichsverpflichtung nicht entstanden ist. Gleiches gilt, wenn der Zuwendende in seinem Auskommen beeinträchtigt ist, weil er mit den ihm verbliebenen Mitteln seinen angemessenen Unterhalt nicht bestreiten kann (Notbedarfsfall).[104]
Beispiel
Beide Ehegatten haben keinen Zugewinn erzielt. Der Ehemann hat der Ehefrau während der Ehe 40 000 € geschenkt. In diesem Fall kann er die 40 000 € nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage zurückverlangen. Das führt dazu, dass der Anspruch auf Rückzahlung im Aktivvermögen seines Zugewinns zu berücksichtigen ist. Seine Ehefrau erhält im Rahmen des Zugewinnausgleichs davon 20 000 € wieder zurück.
174
Ein Ausnahmefall, in dem eine Ausgleichung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage verlangt werden kann, ist in der Rechtsprechung[105] auch dann angenommen worden, wenn neben dem finanziellen Interesse des Zuwendenden an einem wertmäßigen Ausgleich besondere Umstände hinzutraten, die ein schutzwürdiges Interesse an der Rückübertragung des Eigentums an dem zugewendeten Vermögensgegenstand begründeten.
Für Streitigkeiten der Ehegatten, die unbenannte Zuwendungen betreffen, sind nach §§ 23a, 23b GVG, §§ 111 Nr. 10, 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG die Familiengerichte zuständig, da es sich um eine sonstige Familiensache handelt.
Hinweis
Zuwendungen der Eltern, die um der Ehe ihres Kindes Willen an das Schwiegerkind erfolgen, sind nach der neueren Rechtsprechung des BGH[106] nicht als unbenannte Zuwendungen, sondern als Schenkungen zu qualifizieren, auf die die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage anzuwenden sind. Geschäftsgrundlage muss dabei die für das Schwiegerkind erkennbare Erwartung sein, dass die Ehe Bestand haben werde, in deren Rahmen die Schenkung seinem Ehegatten auf Dauer zu Gute kommt. Diese Geschäftsgrundlage entfällt mit dem Auszug dieses Ehegatten aus dem im Alleineigentum des anderen stehenden Hauses und der Ehescheidung. Da Schenkungen der Schwiegereltern unter § 1374 Abs. 2 fallen, sind sie nicht nur im Endvermögen, sondern auch im Anfangsvermögen zu berücksichtigen und wirken sich daher im Zugewinnausgleich nicht aus. Rückforderungsansprüche der Schwiegereltern nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage können daher nicht mit der Begründung verneint werden, dass das beschenkte Schwiegerkind mit dem eigenen Kind der Schwiegereltern in gesetzlichem Güterstand gelebt hat und das eigene Kind über den Zugewinnausgleich teilweise von der Schenkung profitiert. Daneben kommen nach dem BGH auch Ansprüche nach § 812 Abs. 1 Alt. 2 in Betracht. Dafür ist eine Zweckvereinbarung erforderlich, wobei eine positive Kenntnis von der Zweckvorstellung des anderen Teiles notwendig ist, ein bloßes „Kennenmüssen“ genügt nicht.